Ostkarpaten 2018


 

Von Muntii Calimani über Muntii Bistrita, Muntii Suhard, bis hinüber in die Muntii Rodna ...

Fotos: Wilhelm Scherz

Es ist Herbst 2018 ... Auf dem Wunschzettel stehen wieder einmal die rumänischen Ostkarpaten. Im Grunde ist mein Vorhaben eine Fortsetzung jener Wanderung aus dem Jahr 2010. In den acht zurückliegenden Jahren sind Wünsche, Sehnsüchte und Träume ordentlich "durchgegoren" und obwohl ich mich in vertrauten Gefilden bewege, so sind dennoch die meisten Abschnitte dieser Tour neu für mich. Also eine sehr gute Motivation für die lange Distanz. Knapp 200 km reine Wanderstrecke (abzüglich der Autostopp-Distanzen) waren es am Ende der Tour.  15 Wandertage (incl. An.- und Abmarsch) waren für diese Zeit ein gutes und angenehmes Maß, so dass man im Nachhinein der Tour auch einen "Erholungseffekt" attestieren konnte ... :-) ... Zusätzlich erleichternd war es, dass ich mich bei der Tour alle 4-5 Tage mit Lebensmitteln neu versorgen konnte. Natürlich hatte ich auch ein gewisses "Muss" in der Planung und so war klar, dass die Abschnitte der Gebirge Calimani, Bistrita (persönliche Erstbegehung) und Suhard (Abschnittsweise) zum "Pflichtprogramm" gehörten. Je nach Zeit, Wetterlage und körperlicher Verfassung würde sich am Pasul Rotund dann zeigen was noch drin ist. Mit diesem seelischen "Bärenhunger" machte ich mich dann auf den Weg ... 




 

Die Anreise ...

Diesmal wählte ich die Anreise nach Rumänien über eine international agierende Buslinie. Bisher hatte ich mich davor immer gescheut, aber diesmal passte es schlicht. Abfahrt vom ZOB Berlin gegen 14:40 Uhr und bereits am nächsten Morgen gegen 08:45 Uhr erblickte ich die sich allmählich durchsetzende Sonne auf rumänischen Boden. Um 09:15 Uhr war der Busplatz "Autogara CTP" in Arad erreicht. Um 12 Uhr ging es dann per Maxitaxi weiter nach Oradea und gegen 13:40 Uhr hatte ich mich dort in meinem Hotel einquartiert. 

Da die Anreise innerhalb Rumäniens zu meinem Wandergebiet in den Ostkarpaten durch das halbe Land hindurch verläuft, bot es sich an, einige rumänische Metropolen  zu besuchen. So nutze ich den "angebrochenen" Tag für ausführliche Streifzüge durch Oradea (Großwardein / Nagyvárad / Velký Varadin). Im Jahr 2004 war ich letztmalig in dieser Stadt und so staunte ich nicht schlecht, wie sich Oradea in den zurückliegenden Jahren herausgeputzt hat!



 

Biserica cu Luna

Ja, da liest man richtig, die Catedrala ortodoxa "Adormirea Maicii Domnului" hat den Beinamen: "Mondkirche". Und in der Tat erblickt man im unteren Teil des Kirchturms ein rundes Fenster mit einem darin befindlichen Mond, welcher die jeweilge Mondphase anzeigt (siehe nachfolgendes Foto). Am Eingang zur Kirche finden wir eine deutsch-sprachige Infotafel zur Geschichte der Kirche und ihrer Gläubigen:

"Die Mondkirche ... ist die Frucht des Zusammenlebens ... der rumänischen, macedo-rumänischen und serbischen Orthodoxen ... Am 27. September 1784, um den Aufstand von Horea, genehmigt der Kaiser (Joseph II.) die Errichtung der Kirche ... Am 9. November 1784, legt der Bischof von Arad, Petru Petrovici den Grundstein der Kirche, die in weniger als 6 Jahren errichtet werden sollte. ... Die Kirche wurde von Architekt Iacob Erder im Barock-Stil mit neoklassischen Elementen entworfen. ..."


 

Die Mondkirche


"... Was die Kirche bekannt gemacht hat, ... ist die für Europa in seinem Mechanismus einzigartige Kirchturmuhr ... die das Gepräge des Wiener Meisters Georg Rueppe trägt. Es geht um eine Turmuhr die in Verbindung mit einem in der Wand des Kirchturms liegenden Mondglobus geschaffen wurde, der auf der Außenseite sichtbar ist (halb schwarz und halb gold), ... Der Mechanismus des Globus steht mit  dem Mechanismus der Turmuhr in Verbindung,  so dass sich alle 28 Tage der Globus in seiner Achse herumdreht und auf die Phasen des Mondes hinweist. ... Die Kirche wurde am 11. Juni 1832 von Maxim Manuilovici, Bischof von Varset und Verwalter der Diözese von Arad und Oradea, geweiht. ..."

 


 

Die historischen Altstadtviertel

... sind weitgehend saniert - auch ohne die Fördergelder einer "Europäischen Kulturhauptstadt" :-) !!! Wohlfühlfaktor auf Anhieb ... so mein ganz persönliches Empfinden! Oradea ist die Landshauptstadt des Judetul Bihor. Die Stadt erstreckt sich über eine Fläche von über 11000 ha. Die ausgedehnten Altstadtviertel befinden sich zu beiden Seiten des durch die Stadt fliessenden Crisul Repede. Die Besiedlung dieses Gebietes geht bis auf die Jungsteinzeit zurück. In dem Gebiet zwischen den Flüssen Crisul Mic, Crisul Repede und Crisul Negru gab es zahlreiche dakische Besiedlungen, welche auch nach der römischen Besetzung sich noch ausserhalb deren Machtbereiches befanden und als freie Daker in der weiteren Geschichte einen durchaus regen Handel mit den Römern unterhielten. Zwischen dem 4.-10. Jahrhundert zogen zahlreiche Wandervölker durch dieses Land. Im Fortlauf der Geschichte lesen wir im alten Rumänienreiseführer von V. Cucu und M. Stefan (Editura Sport-Turism / 1978) (2): "... Im 9.-10. Jh. wurde hier ein Wojewodat unter Menumorut gegründet, dessen Sitz die Festung Biharca war. Über diese Zeit gibt die Chronik des anonymen Notarius des Königs Bela III., die unter dem Titel Gesta Hungarorum bekannt ist, aufschlußreiche Informationen. Nach harten Kämpfen wurde die Festung von Ungarn besetzt. Gleichzeitig haben hier in diesem Gebiet - ebenso wie in anderen Gebieten Transsilvaniens - rumänische Verwaltungsbezirke weiterbestanden, wie zum Beispiel von Suplacul (der als Bezirk von Zeplak im Jahre 1374 urkundlich erwähnt wird) und der (1444 erwähnte) Bezirk von Beius. Im Jahre 1204 erwähnt eine päpstliche Urkunde das Vorhandensein einer zahlreichen orthodoxen Bevölkerung in der Diözese von Oradea und fordert dringliche Maßnahmen, um sie dem Papst untertänig zu machen. ..."


 

Piata Unirii

Inmitten des weiträumigen Platzes befindet sich eine Reiterstatue des rumänischen Fürsten Mihai Viteazul. 

Aber greifen wir an dieser Stelle noch einmal den erwähnten  Wojewod Menumorut auf. Ihm ist wahrscheinlich der Ortsbegriff "Bihor" (Bihar) zu verdanken. So schreibt Dr. A. Adolf Schmidt im Buch "Das Bihar-Gebirge an der Grenze von Ungarn und Siebenbürgen" (Wien 1863):

"... Wenn der Herzog Menumorout des Anonymus wirklich ein Bulgare war, so ist allerdings kein Zweifel, dass der Name seiner Veste ein slavischer war und die Schreibart Bihor, vom slavischen "hora" Berg, wäre dann auch etymologisch gerechtfertigt. ... Die Romanen haben für das Gebirge keinen Collektiv-Namen; das Comitat nennen sie Tiera Biharia, daher könnte man allerdings dieses Hauptgebirge des Komitats auch "Biharia" nennen, ...

 http://www.oradea.ro/pagina/turismul-in-oradea 


 

Cetatea Oradiei

Und was war ich überrascht, wie die gesamte Festungsanlage samt Kirche, Verwaltungs- und Lagerhäusern durchgehend saniert wurde. Sogar eine kleine Freilichtbühne gibt es jetzt inmitten der grossen Burganlage, welche das kulturelle Leben der Menschen zusätzlich bereichert. Zitieren wir noch einmal aus dem oben erwähnten Reiseführer (2): "... Cetatea Oradiei. ... Die ersten Wehrmauern der Festung von Oradea stammen aus dem 11. Jh.. Da diese Bauten von dem Tatarensturm im Jahre 1241 zerstört wurden, ist heute nichts mehr von ihnen zu sehen. Im Laufe des 14.-15. Jh. wurden neue Befestigungsanlagen errichtet, die aber in eine weitere Basteienfestung einbezogen wurden, die zwischen 1570 und 1589 entstand. Im 17.-18. Jh. wurde sie stark umgebaut.


 

Abfahrt

Der Preis für den Fahrschein, etwas über 7 Euro für eine Strecke von 283 km durch mitunter wunderschöne Landschaften, ist für westliche Reisende erstaunlich günstig. Erstaunlich pünktlich verlasse ich den Zug am Nachmittag in Ilva Mica. Per Autostopp waren jetzt noch 10 km bis nach Lesu zu absolvieren und so hatte ich auf dem Bahnhof von Ilva Mica alle Antennen ausgefahren. Viele Autos holten hier ihre angereisten Familienmitglieder ab und mir blieb nur wenig Zeit, den richtigen Wagen zu finden, der mich dann auch noch mitzunehmen sich bereit erklärt. Auf Grund meines grossen Rucksacks bin ich auch nicht gerade ein idealer Mitreisender. Ich entschied mich  für eine rote Limosine, bei der gerade der Vater das Gepäck seiner Tochter im Auto verstaute. Und "Bingo" ich hatte ein riesen Glück. Der Vater war der Vizebürgermeister von Lesu und seine Tochter hatte ganz frisch ihre Fahrerlaubnis absolviert und durfte jetzt erstmals das Familienmobil steuern. So hatte ich Zeit, vom Vater Neuigkeiten über Lesu in Erfahrung zu bringen. In Lesu setzte der Vater seine Tochter ab und brachte mich noch zum Einstiegsweg, welcher hinauf auf den Vf. Heniul Mare führt. Was für ein Glück ... und es war noch nicht zu Ende. Während meines Anmarsches auf einem wirklich schlechten Forstweg hörte ich bei den ersten steilen Serpentinen plötzlich ein Auto. Neee wa? Kann eigentlich nicht sein. Aber da hatte ich die Rechnung wieder einmal ohne die tollkühnen rumänischen Autofahrer gemacht. ...


 

Da kommt das Auto

... ja wirklich, ein Pickup 4x4, älterer japanischer Bauart. Ein Gruppe von 4 jungen Leuten hielt neben mir an. "Einsteigen" ... sagte der Fahrer ... und ich: "Nein ich laufe lieber zum Gipfel." Dann sagte der Fahrer: "Es gibt auch Bier!" ... das hätte er nicht sagen dürfen und wenig später sassen wir zu fünft im Wagen. Das Allradfahrzeug kratzte sich mühsam nach oben. Auf dem Gipfel hielten wir beim grossen Sendeturm, welcher in den 1980er Jahren erbaut wurde und heute noch zur Rundfunkübertragung genutzt wird. Die jungen Leute kannten die zwei diensthabenden Männer der Station und begrüssten sich. Danach durften wir auf den Turm der Station (Foto) und genossen die Aussicht bei beeindruckender Wetterlage. Der Vf. Heniul Mare (1611 m) ist der höchste Berg der Muntii Bargau.  Im Jahr
2010  hatte ich den nördlichen Abschnitt des Gebirges bewandert und so wollte ich diesmal wenigstens den höchsten Gipfel noch rein "obligatorisch" mitnehmen. Sozusagen zum "Einwandern" :-) ... 


Abendstimmung


Mein Zeltlager errichtete ich gleich neben der Rundfunkstation.  Es blieb noch ein wenig Zeit, um im letzten Tageslicht die nahe Umgebung abzuwandern. Am nächsten Morgen machte ich mich mit vollem Gepäck dann an den supersteilen Abstieg immer entlang der Seilbahnstrecke bis hinunter ins Haupttal. Bis runter nach Prundu Bargaului war das ein Abstieg über 1000 Höhenmeter. Im unteren Tal angekommen, wollten mir meine Beine beinahe nicht mehr gehorchen :-) ... Nach ausführlicher Verschnaufpause lief ich dann noch bis zur nahen Seilbahnstation. Mit kleinen runden 1-Mann-Kabinen wird hier die Rundfunkstation noch heute mit allen wichtigen Dingen versorgt. Klar, ich hätte auch eine Abfahrt von Oben her organisieren können, aber da mir schon die Hälfte des Aufstiegs verloren ging, so wollte ich doch wenigstens den Abstieg mit eigener Kraft "vollstrecken". 


Per Taxi


... ging es dann über endlos lange Strassendörfer bis hinüber zum Lacul Colibita.  Am Restaurant Fishermans Colibita (Bild) stieg ich 13 Uhr ab und gönnte mir zunächst ein prächtiges Mittagessen. Gegen 15 Uhr war ich "unternehmerisch" gesehen wieder vollständig hergestellt und setzte den Weg fort bis zum letzten Dorf Colibita am Ende des gleichnamigen Sees, wo ich in der Pensiunea Roua Calimanilor einkehrte. Nach kurzer Absprache des Abendessens (gute traditionelle Küche) und dem Versprechen der Wirtin, dass sie mir einen Kontaktmann ausfindig macht, der mir die Kirche zur Besichtigung öffnet, machte ich mich auf den Weg ins nahe Magazin Mixt. Das Wetter war angenehm und so setzte ich mich zu zwei staatlich angestellten Forstbeamten, welche vor dem Magazin auf ein Auto warteten. Ein paar Infos von Einheimischen über die hiesigen Wälder aus erster Hand. sind immer interessant. 


Am späteren Nachmittag

... besuchte ich dann die kleine Dorfkirche. Eine Inschrift (Pisanie) im Pronaos der Kirche gibt uns folgende Auskunft: "... Die heilige Kirche wurde in den Jahren 1983 - 1984 erbaut. Grosse Anstrengungen leisteten die Priester Lazurca Ioan und Timore Emil, sowie zahlreiche Gemeindemitglieder. Die Innenbemalung und alle Ausstattungsarbeiten erfolgten unter Pr. Vlasin Arghir in den Jahren 1996 - 1998. Die Innenbemalung erfolgte durch Faur Mihai. Die heilige Kirche wurde am 14. Juni 1998 durch I.P.S. Irineu Pop Bistriteanu eingesegnet."


Der eigentliche Ort


... Colibita befand sich auf dem heutigen Grund des Stausees. So ist es sehr interessant, dass die neue Kirche beinahe in den gleichen Ausmassen und gleicher Grösse hier wieder errichtet wurde. Die alte Kirche von Colibita wurde 1881 unter der Leitung des Priesters Vasile Pavel erbaut. Im Jahr 1867 kam der aus der Maramures stammende Mönch Ilarion Maria nach Colibita und leitete die Kirchgemeinde von 1908 - 1930. Aus dieser Zeit stammen auch die beiden Kirchglocken, welche in einem kleinen Glockenturm neben der Kirche verwahrt werden. Einer Überlieferung nach wurden die beiden Glocken von einem Gläubigen aus Poiana Stampei gestiftet, nachdem seine scheinbar geistig verwirrte Frau durch die Gebete des Mönches Ilarion Maria geheilt wurde. Weitere Priester folgten im Laufe der Zeit. ... Am 24. November 1983 erfolgte die letzte Messe in der alten Kirche, bevor diese im Laufe der Flutung des Stausees abgerissen wurde. 


Nächster Tag


Schon am Vorabend wollte meine Wirtin wissen, was ich denn zum Frühstück wünsche. Na ganz klassisch: Speck, frischen Käse, Eier, Knoblauch und frische Milch vielleicht?! Und so verlies ich am nächsten Morgen gut gesättigt die Pensiunea Roua Calimanilor. Am Magazin Mixt musste ich mein Wandergepäck aber noch einmal absetzen. Dem Inhaber des Magazin Mixt war es am gestrigen Tag
 beinahe peinlich, dass er keinen Selbstgebrannten zum Verkosten hatte. So sollte dies am heutigen Tage also nachgohlt werden. Hier wird traditionell doppelt gebrannt und ich bekam einen(zweidrei...) 1-A-Pflaumenschnaps präsentiert! Nun aber hies es Abschied nehmen von den gastfreundlichen Bewohnern von Colibita! Es ging über die kleine Streusiedlung Gura Colbului immer weiter der Forststrasse folgend durch das Colbu- und Colbul-Tal. Dort beginnt dann ein schmaler Pfad mit der Markierung "rotes Dreieck" in Richtung Muntele Viisoru. Der Aufstieg über ein paar Felskuppen wurde dann sogar einmal richtig anspruchsvoll. Ab dem Vf. Viisoara (1810 m) ging es dann auf recht ebenen Pfaden weiter. 


Vf. Stracior (1963 m)

Hier hinauf war noch ein erneuter Anstieg zu überwinden. Aber die Ausblicke entschädigten für alle zurückliegenden Strapazen des ca. 7-stündigen Anmarsches von Colibita. Im Hintergrund des Bildes sieht man den Vf. Bistriciorul (1900 m). Mein weiterer Weg zweigt aber bei der mittleren Gipfelzacke nach links ab. ... 


Fernblick

... vom Vf. Stracior in östlicher Richtung, wo mein weiterer Kammweg verläuft. Ganz im Hintergrund (links der Bildmitte) erkennt man schon den fernen Vf. Pietrosul (2100 m). Rechtsseits erkennt man eine sich auf dem absteigenden Grat nach links ziehende Bergweide. Der kleine Gipfel rechts der Bergweide (Piciorul Arsurilor) ist der Vf. Piciorul Popii (1837 m). Der Wanderweg führt direkt über den oberen Abschnitt von Piciorul Arsurilor und führt zuvor durch eine Krippelkieferbewaldung. Danach steigt der Pfad (Markierung "rotes Band") hinunter in die Bergsenke von Curmatura Tihului. Dort gibt es einen Lagerplatz mit nahe gelegener Quelle. Allerdings ohne die schönen Fernblicke, weswegen für mich klar war, dass ich bei Piciorul Arsului mein Zelt aufschlagen werde. Auf dem Weg durch den Krippelkieferwald stiess ich auf erste Bärenlosungen. Die Pelzis und ich, wir werden uns wohl für diese Nacht arrangieren müssen :-) ... 


Traumplatz

Mein Zeltlager bei Piciorul Arsului. Wenn man der hiesigen Hochweidefläche nach links leicht absteigend folgt, gelangt man zu einer Stana (Schäferhütte). Dort befindet sich rechtsseits in einer Bergsenke ebenfalls eine kleine Quelle. Nach Zeltaufbau und Wasserholen war dann gegen 19 Uhr Feierabend angesagt. Wie oft sagt man das Wort "Feierabend" einfach so vor sich hin, ja klar, Schluss mit Arbeit und so, aber hier die abendlichen Ausblicke zu geniessen, das war ein wahrer "feierlicher Abend" mit Bier und Pflaumenschaps!!!

Morgenstimmung

... auf Piciorul Arsului! Es war eine ruhige Nacht und die ersten Sonnenstrahlen liessen mein Zelt binnen  Kürze zum Schwitzkasten werden ... Also nix wie raus in die freie Natur. 

Ich breche auf

... und stosse nach nur wenigen Metern unterhalb meines Zeltplatzes auf dem Pfad in Richtung Curmatura Tihului auf eine frische Bärenspur. Im Vergleich zu meiner Waderschuhgrösse 45 scheint es sich noch um einen heranwachsenden Racker zu halten. 

Der nächste Ausblick
 
... hinter Curmatura Tihului befindet sich nahe Vf. Ruscii (1913 m). Hier eröffnet sich wieder eine schöne Sicht und in der Ferne zeigt sich bereits der Vf. Pietrosul. An dieser Stelle stösst man auf die "Via Maria Theresia" (Maria Theresia Weg). Dieser Weg war auf meiner Tour im Jahr 2010 teils völlig verwachsen. Mittlerweile gibt es in Rumänien sehr starke und engagierte Verbände von Natur- und Sportfreunden, welche zudem die historischen Besonderheiten der Rumänen in Transsilvanien implantieren. Der Maria Theresia Weg verläuft in der Regel etwas unterhalb des Kammwegs ("rotes Band"). Nur ab und an kreuzen sich diese Trassen. Die Initiatoren der "Via Maria Theresia" haben eine gut aufgemachte Webseite:
https://via-maria-theresia.ro/ 
Die engagierten Macher dieser Initiative sind eng verbunden mit
 https://www.viatransilvanica.com/  ...
und diese Initiatoren haben sogar einen Deutsch-sprachigen Wanderführer ins Netz gestellt:
 https://www.viatransilvanica.com//media/3003/ghid-vt-ge-update-11-2020.pdf 

Eine grosse Infotafel

... mit Tisch und Bänken befindet sich hier, nahe dem Vf. Ruscii. Die Infos zur Geschichte der Rumänen sind in Rumänisch, Ungarisch, Englisch und Deutsch verfasst. Hier an diesem Ort verweist man auf die Geschichte von Tanase Todoran:

Der Rastplatz des Tanase Todoran
Tanase Todoran, der als Anastasie Todoran heilig gesprochen wurde und aus den Dokumenten als Danilas Todoran bekannt war, wurde in Bichigiu im Jahr 1659 geboren und im Gedankengut der Rumänen aus Nasaud als ein legendärer Charakter  wegen seines Alters und seiner Taten wahrgenommen. Die meisten Historiker sind der Meinung, dass er zu der Zeit der Ereignisse im Jahre 1763 ungefähr 104 Jahre alt war, ein ungewöhnliches Alter in einer Eopche, wo die Lebenserwartung zwischen 60-65 Jahren lag.
Tanase Todoran war Hauptmann seiner Gemeinde und Steuereintreiber in den Gemeinden von Bichigiu Tal und Salauta. Von Jugend an war er in einem Regiment der königlichen Armee aus Wien tätig. Aus unbekannten Gründen floh er und kam auf versteckten Gebirgspfaden nach Transsilvanien zurück. Laut einigen Historikern war er nach seiner Rückkehr ein naher Bekannter von Pintea dem Tapferen. Nach dessen Tod überquerte er die Karpaten in das Gebiet Moldau, woraufhin er in Mihai Racovits Hof Soldat war. Er kehrte nach mehreren Jahren nach Transsilvanien zurück, weil er dachte, dass seine Fehler vergeben seien. Aber er wurde wieder gefangen und für ein paar Jahre in den Binderturm der Bistritzer Burg gesperrt. Nach seiner Befreiung, trotz seines hohen Alters, hatte er sich aktiv am sozialen Leben von Somes Tal beteiligt.
Zwischen 1761 - 1762 verhandelte er zusammen mit anderen Hauptmännern aus der Gemeinde in Wien mit dem Wiener Rat von Maria Theresia die Militarisierung von 21 Gemeinden aus den Bichigiu Tal, Salauta und Somes Mare Tal. Man sagt, dass er Teil der rumänischen Gruppe war, die persönlich nach Wien gegangen ist, wo ihnen versichert  wurde, dass die Rumänen aus Nasaud nach der Militarisierung Erleichterungen bekommen werden.
Am 10. Mai 1763 kam General Buccov nach Salva auf das "Mocirla" genannte Plateau, um bei der Vereidigung der neuen Soldaten teilzunehmen. In seiner Begleitung war Bischof Petru Pavel Aron, der die zwei Flaggen des II. Infanteriebatallions einweihen sollte. Der alte Tanase Todoran unterbrach aber die Zeremonie, indem er nach vorne kamund zu den Soldaten der neuen Kompanien in folgender Weise sprach: "Seit zwei Jahren sind wir Soldaten, Grenzsoldaten, aber immer noch haben wir kein Dokument von dieser großen Königin bekommen, dass wir freie Menschen sind. Sie haben uns als Leibeigene eingetragen, wir leisten Beiträge, dienen, unsere Kinder werden bis ans Ende der Welt gehen und ihr Leben geben. Hört zu, christliche Rumänen, nur dann werden wir weiter dienen, wenn wir Dokumente von der Königin sehen, die unsere Rechte stärken, und eher nicht! Nur über unsere Leichen!" Bei diesen Worten haben die Soldaten ihre Waffen auf den Boden gelegt, die sie danach wieder in die Hände nahmen, damit die Offiziere gezwungen waren, diesen Distrikt zu verlassen.
In Folge der Untersuchungen der Behörden wurden 19 Männer zum Tode verurteilt. Vier Urteile wurden ausgeführt: Der alte Todoran wurde aufs Rad gespannt, Vasile Dumitru aus Mocod, Man Grigore aus Zagra und Vasile Oichi aus Telciu wurden aufgehängt. Die anderen 15 mußten 10 mal an einer Reihe von 300 Soldaten Spießruten laufen. Diese Qualen erlitten Todoran und seine Kameraden in Salva auf dem Plateau am 12. November 1763. ...
Teodor Tanco legte fest, dass "Todorans Opfer nicht vergeblich war". In weniger als einem Jahr, am 16. März 1764, erließ die Königin eine "Patenta mit Konzessionen", welche nicht nur Verpflichtungen, sondern auch Rechte und Begünstigungen der rumänischen Grenzsoldaten enthielt.

Rückblick

 ... auf den Doppelgipfel: Vf. Bistriciorul (linksseits) und Vf. Stracior (rechts). Und vielleicht bietet sich an dieser Stelle auch ein kleiner historischer Rückblick in die Geschichte der ein unterdrückten Rumänen in Transsilvanien. In dem Buch "Die rumänische Frage" - Siebenbürgen und Ungarn (Wien, Budapest, Graz, Klausenburg / 1892) finden wir noch eine sehr interessante geschichtliche Anmerkung:
"... Im Jahre 1741 kam die Kaiserin Maria Theresia nach Pressburg zum Landtage und bat, den Kronprinzen Josef im Arme haltend mit Thränen in den Augen: die Magnaten Ungarns möchten ihr gegen Friedrich II. von Preussen und gegen ihre Feinde, welche das Reich überfallen hatten, Hilfe gewähren. Da zogen die Magnaten Ungarns sofort ihre Säbel und leisteten das bekannte Gelöbnis: Moriamur pro rege nostro Maria Theresia! Gewiss, sehr schön! Doch die Magnaten gingen nach Hause und bildeten zum grossen Theile aus der Jugend des rumänischen Volkes Regimenter!! Die österr.-ung. Regimenter Nr. 31, 33 und 37, welche damals 'pro rege nostro' ihr Blut zu vergiessen geführt wurden, waren rumänische Regimenter, eine Tatsache, die hier aller Welt bekannt ist ..."

Nahe Vf. Gruiu (1882 m)

... mit Blick gen Süd auf Vf. Tihu (1799 m) mit seinen zahlreichen Felszacken. Über diese Zacken führt ein Pfad hinüber nach Lunca Bradului (Markierung "gelbes Kreuz"). 

Und schon fast greifbar

... der Vf. Pietrosul mit seiner prägnanten Gipfelkuppe und zugleich die höchste Erhebung der Muntii Calimani. 


Blick nordwestlich

 ... der Gipfelkuppe des Vf. Pietrosul über den schmalen Grat der Coada Pietrosului hinweg, auf die zurückgelegte Strecke des Calimani-Hauptkamms. 

Vf. Pietrosul (2100 m)

Blick vom Gipfelkreuz gen  Nordwest. Im Jahr 2010 baute ich mein Zeltlager nördlich des Vf. Pietrosul bei Coada Pietrosului auf. Am nächsten Tag hinderten mich Wind, Nieselregen und Nebel am Aufstieg zum Vf. Pietrosul und ich nahm den damals noch verwachsenen Maria Theresia Weg hinüber nach Saua Negoiul. Deswegen hatte ich mit MEINEM LIEBEN VF. PIETROSUL noch eine Rechnung offen und wollte unbedingt eine Nacht auf dem Gipfel verbringen. Diesmal war mir Mutter Natur in jeder Hinsicht gnädig gestimmt und ich erreichte gegen 15 Uhr den Gipfel. 

Südöstlich

 ... erhebt sich der flache Buckel des Vf. Retitis (2021 m). Aber dorthin geht es erst am nächsten Tag. Rechts im Bild sieht man die helle Gipfelkuppe des Negoiul Unguresc. Das helle Areal (hinter dem Kreuz) sind die Überbleibsel des ehemaligen Vf. Negoiul Romanesc, dessen Gipfelkuppe der ehemaligen Schwefelmine zum Opfer gefallen ist. 

Auf Vf. Pietrosul

... mit Blick gen Südwest. Ich hatte extra für eine Übernachtung auf dem Gipfel 3 Liter Wasser mitgenommen und so gab es in feierlicher Gemütlichkeit erst einmal einen Kaffee und einen ordentlichen Gipfeltrunk aus der Palinkaflasche! Und endlich ... eine Nacht auf dem höchsten Gipfel der Muntii Calimani!!!



Morgenstimmung


 ... auf Vf. Pietrosul (2100 m), ca. 40 Höhenmeter unter der weithin sichtbaren Gipfelkuppe. Rechtsseits unter der Gipfelkuppe zweigt in nördlicher Richtung der lange Bergkamm in Richtung der Pietrele Rossii (Piatra Rosii) und der Stancile Doisprezece Apostoli ab. Vom Vf. Pietrosul bis Pietrele Rosii sind es ca. 8 km Luftlinie. Die Pietrele Rosii waren mitte bis ende des 19. Jh. einst der Schnittpunkt von drei zusammenkommenden Landesgrenzen: Siebenbürgen, der Bukowina und der Moldau. Eine gute Gelegenheit, an dieser Stelle einmal die Grenzsicherung Siebenbürgens zu jener Zeit ein wenig zu beleuchten und wir zitieren aus dem Buch
...

"Statistische Skizze der Siebenbürgischen Militär-Gränze" (1)

 ... von J.H. Benigni von Mildenberg (Hermannstadt 1837).
"Der kommandierende General Siebenbürgens, General der Kavallerie Freiherr von Buccow, machte im Jahre 1761 den Vorschlag, das Militär Gränz Institut auch auf Siebenbürgen auszudehnen. Er brachte dazu die Militärisierung der an der Gränze gelegenen Szekler-Stühle in Vorschlag, ... Für die nicht von Seklern bewohnte Landesstrecke brachte er die Errichtung einer Gränzmiliz aus Walachen in Vorschlag, ... Wesentlich waren es aber Teile des Sachsenlandes, verbunden mit mehreren Fiskal- und adelichen Besitzungen, aus welchen die walachischen Gränzbezirke gebildet wurden. ... Buccows Plan wurde von der Kaiserin Königin Maria Theresia genehmigt, und noch im Jahre 1762 schritt er zur Ausführung, aber bedeutende Schwierigkeiten ... machten ihm die Realisierung unmöglich. Diese wurden von Feldmarschallieutenant Baron Siskowitz übertragen, ... und im Jahre 1764 die Errichtung der Sekler, im Jahre 1766 aber jene der walachischen Gränze vollendete. Ursprünglich wurden in der siebenbürgischen Gränze sechs Gränz Regimenter errichtet, zwei Sekler, und eben so viele walachische Infanterie Regimenter, ein Seklerhussaren und ein walachisches Dragoner Regiment. ... Das walachische Dragoner Regiment wurde im Jahre 1770 wieder aufgelöst ... Diese ganze, beträchtlich ausgedehnte Gränzstrecke ist in fünf Regimentsbezirke eingetheilt, ... Der ausgedehnteste dieser Bezirke ist jener des ersten Walachen Inifanterie Regiments. Dieser läuft nämlich durch den Hunyader, Unter- und Ober-Albenser Comitat, Szászvároscher und Hermannstädter Stuhl, dann durch den Fagarascher bis in den Kronstädter Distrikt, beinahe durch die Hälfte des ganzen siebenbürgischen Militär-Gränzzugcs. Auf dieses folgte das zweite Sekler Infanterie Regiment im Háromszéker Stuhle, und dem zu Udvarhely gehörigen Filiastuhle Bardotz. Beträchtlicher, als jene des zweiten, ist die Gränzstrecke des ersten Sekler Infanterie Regiments, welches im Csiker Stuhle, und in dem zu diesem gehörigen Filialstuhle Gyergyó aufgestellt ist. Das zweite Walachen Infanterie Regiment, dessen Bezirk, der kleinste unter allen, sich durch den Koloscher und Dobokaer Comitat, und den zu Bistritz gehörigen Rodnaer Distrikt ersteckt, schliesst die Reihe der siebenbürgischen Gränz Regimenter. Das Sekler Hussaren Regiment liegt in den Bezirken der beiden Sekler Infanterie Regimenter und des ersten Walachen Regiments zerstreut; ..."
Mornellregenpfeifer  (Charadrius morinellus)

De
Den ganzen Morgen huscht der kleine Racker um mein Zelt herum. Warum nur denken viele Leute immer, dass man in den Bergen so allein ist???
:-)
Pause auf dem Vf. Negoiul Unguresc (2081 m)

Die Bezeichnungen "Negoiul Unguresc" (ungarischer Negoi) und "Negoiu Romanesc" (rumänischer Negoi) geben darüber Aufschluss, dass in früheren Jahrhunderten hier oben die Grenze zwischen dem Königreich Ungarn und dem rumänischen Fürstentum verlief.  

Blick auf das Plateau

 ... des einstigen Vf. Negoiu Romanesc. Rechts oben der flache Vf. Retitis. Dort hinüber geht mein Weg und ich freue mich schon auf ein Wiedersehen mit meinem Freund Cruceanu Alexandru, welcher die dortige Cabana leitet. Das ich beim Anmarsch auch wieder auf die sympatische Mara stossen würde, war kurze Zeit später eine zusätzliche Überraschung. Mara kam mir mit einer Freundin entgegen und sie erzählte mir, dass wir uns etwas beeilen sollten, denn auf dem Vf. Retitis findet heute noch ein wichtiges Ereignis statt. 
Nahaufnahme

 ... bei Saua Negoiul auf die abgetragene Kuppe des  Vf. Negoiu Romanesc.



Auf dem Vf. Retitis (2021 m)

 ... befindet sich das grosse Gebäude der Wetterstation, sowie links daneben die Cabana Roza Vanturilor. Nachdem es ein herzliches Wiedersehen mit dem Meteorologen und Cabanier Crucianu Alexandru gab und ich mein Gepäck in der Cabana abgelegt hatte, zog es mich sodann gleich wieder nach draussen, denn hinter der Cabana auf der höchsten Erhebung des Plateaus gingen geschäftliche Dinge vor sich
...

In grossem Eifer

 ... waren einige Männer damit beschäftigt, mehrere Felsplatten aufzurichten. Ein Hirte hatte die freie Zeit dieses Jahres dazu genutzt, um eine wichtige Botschaft in Stein zu meisseln:
"1918-2018 ... Zu Ehren der Menschen, die für Grossrumänien gerungen haben." ...
Und nein, es handelt sich hier nicht um einen grossen nationalen Feiertag, denn der findet jeweils am 1. Dezember statt, sondern um die Initialen und die tief verwurzelte Herzensangelegenheit einiger rumänischer Bürger, welche der Wiedervereinigung der Rumänen im Jahr 1918 feierlich gedenken. Es ist zwar das Jahr 1919, in dem die Zusammenführung der betreffenden ungarischen Länder mit den altrumänischen Gebieten zu "Romania mare" (Großrumänien) auf der Pariser Konferenz erfolgte, aber bereits der 7. Mai 1918 (Friedensschluss von Bukarest), der 9. April 1918 (Vereinigung Bessarabiens mit Rumänien), der 27. Oktober (Versammlung der Bukowinaer Rumänen), sowie der 28. November (Anschluss der Bukowina an das Mutterland) schufen das unumkehrbare Faktum der grossen Wiedervereinigung. 

Und alle

 ... Teilnehmer zeigten sich traditionell ganz oder teilweise im Nationalkostüm. Leider hatte ich da nur meine Wanderbekleidung zur Auswahl, die aber von reichlich "rumänischer Erde" gezeichnet war!!!

Insgesamt 7 orthodoxe Priester

 ... nahmen  an der Einweihung  der kleinen Gedenkstätte teil. Ausserhalb der traditionellen rumänischen Fürstentümer (Altrumänien), war die orthodoxe Kirche (nicht unierte) über Jahrhunderte hinweg der feste Halt für die Identität der unterdrückten Rumänen, welche lange Zeit von allen Rechten ausgenommen waren. In dem kleinen Privatmuseum der Familie Metes in Geomal (Apuseni) bekommt man einen Überblick über die Situation der Rumänen in Transsilvanien über die früheren Jahrhunderte hinweg. Das es dennoch den Rumänen gelang, ihre Riten, Bräuche und Sitten zu bewahren, die über alle Regionen hinweg eine erstaunliche Gleicheit aufweisen und gar französische Ethnografen in Erstaunen versetzten, ist ohne die konfessionelle Begleitung über die Jahrhunderte hinweg womöglich kaum zu erklären. Die heute noch so starke Bindung der Rumänen an die orthodoxe Kirche muss uns somit nicht verwundern.     

Eine Statistik

 ... aus "Deutsche Tagespost Nr. 99 und 100, Jahrgang 1920" (Auszug aus Groß-Rumänien / C.G. Rommenhöller / Berlin 1926) (3) verdeutlicht auf besonders deutliche Weise, wie sinngebend die Vereinigung der Altrumänischen Gebiete mit jenen von Bessarabien, der Bukowina, Teilen ungarischer Länder (Banat, Maramures, Siebenbürgen ...) war.  
LUnd fügen wir an dieser Stelle,

 ... uns erinnernd an das Schicksal des alten Tanase Todoran und seiner Freunde, eine weitere Statistik aus (1) an: "... Die Siebenbürgische Militär Gränze zählt 11 Marktflecken und 284 Dörfer. Von Gränzern und Provinzialisten gemeinschaftlich werden bewohnt 7 Marktflecken und 224 Dörfer. Rein von Gränzern bewohnt sind 4 Marktflecken und 60 Dörfer. ... Nach der Verschiedenheit der Abstammung zählte man unter der Bevölkerung: Beim 1. Sekler Infanterie Regiment: 19 Sloven., 35 Walachen, 39420 Ungarn und Sekler, 75 Deutsche, Zusammen: 39549; ... 2. Sekl.Inf.R.: 24 Sloven., 310 Walachen, 34836 Ungarn und Sekler, 79 Deutsche, 10 anderer Nationen, Zusammen: 35259; ... 1. Walachen Infanterie Regiment: 25 Sloven., 27568 Walachen, 914 Ungarn und Sekler, 222 Deutsche, 162 anderer Nationen, Zusammen: 28891; ... 2.  Wal.Inf.R.: 39 Sloven., 34328 Walachen, 72 Ungarn und Sekler, 206 Deutsche, 230 andere Nationen, Zusammen: 34875; ... Sekler Husaren.: 9 Sloven., 8045 Walachen, 21346 Ungarn und Sekler, 75 Deutsche, 12 anderer Nationen, Zusammen: 29487 ..."
Eine ungarische Statistik (Magyarerszág statisztikája) aus dem Jahr 1880 gibt folgenden Aufschluss über die grössten Bevölkerungsgruppen in Siebenbürgen: Rumänen = 1,154.883; Magyaren = 630.477; Sachsen = 211.748 ...
Nach vielen Stunden

 ... grosser Feierlichkeiten des vergangenen Tages unternahmen Mara und ich schon beinahe traditionsgerecht eine Wanderung hinauf zum Vf. Negoiu Unguresc und durch die nahe ehemalige Schwefelmine. 
Die riesige Kaldera

 ... innerhalb der Mine hat sich in den zurückliegenden Jahren erstaunlich schnell mit Geröll und Sedimenten verfüllt. Der einstige Tunnel auf dem Grund des Tales, über welchen die Wässer und Schlämme abgeführt wurden, ist nur noch an einem herausgebauten Sickerschacht zu erkennen. 
Auch aus der Distanz

 ... wirken die terrassierten Steilhänge des verbliebenen Vf. Negoiu Romanesc sehr beeindruckend. An dieser Stelle führt auch wieder der Maria-Theresia-Weg vorbei. Ich verabschiede mich hier von Mara, die wieder zu Tale schreitet und ihrem Alltag nachgehen muss. Auf meinem Aufstieg hinauf zum Vf. Pietricelul schweife ich mit dem Teleobjektiv umher und mache eine weitere interessante Entdeckung. Na toll, ... so wird das Jahr kommen, in dem ich erneut über die Muntii Calimani gehe!
Auf dem Hochplateau

 ... nahe Vf. Pietricelul (1993 m) pausiere ich ausgiebig und geniesse eine vorbeiziehende Unwetterfront. 
Am nächsten Tag
 
... verabschiede ich mich von meinem Freund Crucianu Alexandru. "Nach dem Mittag wird es Regen geben" ... sagt er noch zu mir und ich mache mich zügigen Schrittes auf den Weg hinüber zum Vf. Caliman Izvor ... Ich blicke über die riesige vulkanische Kaldera hinweg auf die einstige Schwefelmine. 
Blick

... vom flachen Gipfel des Vf. Caliman Izvor (2032 m). Noch hält das Wetter!

Nahe Vf. Calimanul Cerbului (2013 m)

 ... blicke ich gen Ost auf die noch fernen Berge der Muntii Bistrita. Und nun höre ich in der Ferne auch schon das Grollen eines Berggewitters. Über ausladende Hochweideflächen steige ich hinunter zu Fundul Bucinisului
...
Bei Fundul Bucinisului (1530 m)

 ... mache ich Pause. Kurz zuvor traf ich einen Italiener, welcher hier mit einem alten roten Dacia mit seiner rumänischen Frau zur Blaubeerernte verweilt. Natürlich machten wir einen Plausch miteinander. Der Verkauf von Blaubeeren wäre zur Zeit wohl recht lohnenswert, wie mir der Italiener versicherte. Aber so soll es auch sein, denn die Ernte an sich ist durchaus recht mühsam. ...
Und wie ich so am unteren Ende der Hochweidefläche von Fundul Bucinisului pausiere und mir darüber Gedanken mache, wie ich im weiteren Zuge jetzt hinüber nach Dragoiasa komme, bricht schlagartig eine Unwetterffront herein. Ich stehe nicht lange unter einer uralten Fichte, da kommt der rote Dacia angefahren. Nein, dass ich da mitfahren könnte, bei dem vollgeladenen Auto, kam mir Gedanklich gar nicht erst in den Sinn. Aber das Auto hielt und die rumänische Frau des Italieners winkte mich heran. "Einsteigen" ... "O.K." ... "Aaaah Multumesc ..." ... "Oh nici problema" ... Dann erst kam die Frage wo ich denn hin will. Da ich überhaupt nicht davon ausging, dass von hier aus auch nur eine Mücke je hinüber nach Dragoiasa fliegt, sagte ich in der Hoffnung, irgendwo günstig abgesetzt zu werden: "Dragoiasa". O.K. ... Und dann fuhren wir über verschlungene Waldwege und ich weis bis heute noch nicht, wo entlang die Reise ging. Aber irgendwann waren wir dann in Dragoiasa. Und nein, das Glück hatte noch kein Ende. "Wohin ich denn von hier aus weiter will?" "Borsec" ... sagte ich. "Wir wollen nach Toplita, wenn du beim Benzingeld noch was drauflegst, dann bringen wir dich auch noch schnell nach Borsec". Ufff, das war Glück im Glück aller Glückseeligkeiten - oder anders gesagt: Rumänische Gastfreundschaft!!!
Borsec

Am späteren Nachmittag eines Sonnabend wurde ich bei noch anhaltenden Nieselregen im unteren Stadtviertel von Borsec (Borsec de Jos / Alsó Borszék) direkt vor einer Pension abgesetzt. Wenig später hatte ich mich dort einquartiert. Nach einer Ciorba und einem richtig guten ungarischen Bier machte ich mich auf nach Borsec de Sus (Felsö Borszék), wo sich auch die Kuranlagen befinden. Zuerst besuchte ich die eben noch geöffnete Touristinformation und fand dort eine recht engagierte Dame vor.  Anton Kurz schreibt in seinem Buch "Borszék" (Kronstadt 1844) (2):

"... Man erzählt sich wohl Geschichten, daß schon im Jahre 1439 Jäger die Mineralquellen in diesem Thale entdeckt hätten, und daß in viel späterer Zeit ein blutspeiender Hirte hier eine Genesung gefunden und auf die Heilkraft des Wassers aufmerksam gemacht habe; - aber das sind nur Geschichten und Sagen, ... Bei Errichtung des ersten Szekler Grenz-Infanterie-Regiments im Jahre 1762 stand auf der Stelle dieses Gebäudes blos ein Wachthaus ... und sonst kein anderes Gebäude. ... 1764 in Borszég folgende Häuser erbaut waren: a) Das Regimentshaus des I. Szekler Regiments ... b) Das Wachthaus; ... c) Das Haus des verstorbenen Oberkönigsrichters Michael Sándor de Csik-Szent Domokes. Die Benützung Borszéks zu einem förmlichen Kurorte, gleichsam der Anfang seiner Entstehung, fällt also in den Zeitraum zwischen die Jahre 1762 und 1764 ..."
Pestera cu Gheata

Es ist Sonntag, der 16. September 2018. Und so passte es gut, an diesen Tag eine Rundwanderung durch und um Borsec mit kleinem Gepäck zu unternehmen. Das kleine Karstgebiet im Osten des Kurortes steht schon sehr lange auf meinem "Wunschzettel" nd so besuchte ich zuerst die Pestera cu Gheata (Eishöhle). Laut einer Infotafel herrscht hier eine Temperatur von 3-4 °C vor. 

Über die "Eishöhle"

schreibt Anton Kurz:

"... Der Eingang ist anfänglich so nieder, daß man in tiefgebückter Stellung ungefähr 10 Schritte zurücklegen muß, bis man sich aufrecht stellen und gehen kann. Sie ist gegen hundert Schritte lang, ... stellenweise ziemlich breit, und endigt in einer Eisgrube, die immer niederer und unzugänglicher wird. Aus dieser Grube wurde das Eis zur Verfertigung unseres Gefrorenen geholt, welches mit Aexten aufgeschlagen werden mußte. Ich habe selbst im heißen Sommer, und zwar im August des Jahres 1841 Eis aus dieser Höhle gebracht ..."

Eine kleine Schlucht

... führt zur nahen Bärenhöhle, von der sich die Einheimischen in früherer Zeit erzählten, dass hier im Winter die Bären ihr Winterquartier haben. 

Grota Ursilor

Die Länge der kleinen Höhle beträgt ca. 60 Meter. 

Kartentipp: Wer im unmittelbaren Umkreis von Borsec auf Wanderung gehen will, der bekommt in der Tourist-Information im Zentrum des alten Kurortes eine gute Wanderkarte. Diese umfasst das Gebiet nördlich bis Bilbor - Bistricioara, östlich bis Capu Corbului, südlich bis Pasul Chiozrez - Vf. Chiozrezul Mare, westlich bis Secu ... in einem Massstab von 1:30000, sowie einen Satdtplan von Borsec in 1:8000. ... Borsec si Imprejumiri / Harta Turistica / Hiking  map.

cIzvorul Stravechi / Mofeta

Eine Tourist-Info über diesen Ort weist auf die bereits erwähnte Legende mit dem kranken Hirten hin. In einer Doline befindet sich eine versiegte Quelle, deren Gase aber noch heute hier austreten. Die Quelle versiegte in Folge des einst angelegten Travertinsteinbruchs. Den hier noch austretenden Gasen sind - unter fachlicher Aufsicht - heilende Wirkungen bescheinigt. Im Jahr 1870 wurde die Doline von einem Bauwerk eingefasst, um die austretenden Gase touristisch zu nutzen.


A
Im Innern

... der Mofeta. Es ist schon eine verrückte Sache hier. Man kann  je nach Preis eine Kurzbehandlung oder auch eine längere Sitzung in Anspruch nehmen. Aber ein Schild weist darauf hin, dass man die Behandlungen steigern soll: erst 5, 7, 10 und dann 20 Minuten. Ohne Schuhbekleidung steigt man in die umbaute Doline hinab. Der Aufseher hält ein Zündholz auf den Grund des Bodens ... aber man sieht keine Flammen oder dergleichen. Nach kurzer Zeit schon steigt einem an den Beinen eine behagliche Wärme auf. Aufrecht stehend, oder auch sitzend, nimmt man die Gase nicht direkt wahr. Aber beugt man sich mit dem Kopf in die Tiefe, so fährt einem ein stechendes Gasgemisch in die Lunge. 

Historisches Foto

... in der Mofeta - passend zum vorherigen Besuch der Bärenhöhle! 

Als Indikationen für eine Behandlung in der Mofeta sind benannt: Herz.- Kreislauferkrankungen (perifere Arteriopathien, Thromboflebitis, Venopathien, ...), Nachbehandlung bei Schlaganfällen, arterielle Hypertonie Stadium I und II, Valvulopathien ohne hämodynamische Störungen, chronisch degenerative Gelenkerkrankungen, subartikuläres Rheuma, prophylaktische Wirkungen bei Menschen mit kardiovaskulären Risiko (hohe Cholesterinwerte, Raucher), sowie positive Effekte bei sexueller Impotenz ...

Kontraindikationen: Ischämische Kardiopathie mit häufiger Krise, Menschen mit Herzrhythmusstörungen, nach einem kurz zurückliegenden Myokardinfarkt, evolutionären Valvulopathien, arterieller Hypertonie im Stadium III und IV, Verdauungs- und Nierenerkrankungen. Ganz unten auf dem Infoplakat ist vermerkt: "Die Behandlung erfolgt nur auf Empfehlung des Balneologen und unter seiner sorgfältigen Beobachtung!" ... Aber im Grunde reicht das ganz normale Ticket beim Einlass :-) !!!

Izvorul Pierre Curie

Die Quelle befindet sich auf dem Weg zwischen der Mofeta und der Aussichtsplattform Cetatea Bufnitelor (bei welcher aber hoch gewachsene Fichten allmählich die Aussicht versperren). Die Quelle wurde im Jahre 1932 entdeckt und trägt den Namen "Pierre Curie" in Erinnerung an den französichen Wissenschaftler, welcher das Radium entdeckte. Es ist dies die einzige Quelle in Borsec, welche Radium in dieser Konzentration enthält. Nach chemischen Analysen durch Dr. Zinca Niculescu aus Ploiesti wurde festgestellt, dass ein Liter dieses Quellwassers 21 Millicurie enthält. Die chemische Zusammensetzung des Wassers ist identisch mit jenen Wässern der Quellen von Bad Gastein (Gasteiner Heilstollen). Nur ist hier in Borsec das Alles in freier Natur mitten im Wald  vorfindbar!

Baile de Soare

... auf Baia-Poiana Zanelor. Ganz in der Nähe befindet sich auf etwas höherer Lage der Izvorul Spring. Dessen Wasser beinhaltet gemessen in mg/l: Lithium = 0.77; Natrium = 360; Kalium = 66; Magnesium = 263; Kalzium 497; Eisen = 0.01; Fluorid = 1.36; Chlorid = 82; Sulfat = 18 ... Es ist davon auszugehen, dass dieses etwas tiefer gelegene Bad ähnliche Werte aufweist. 

Mitten in der Altstadt

... von Borsec befindet sich das Badehaus Baia Ó-sáros. Das Bad (früher übersetzt: das alte Bad mit Schlamm) existiert seit 1869 und hieß einst Baia Venus. Mitte des 20. Jh. wurde das Bad zusammen mit anderen Mineralwasserbädern abgerissen, um dort eine Polyklinik und das Kurinstitut zu bauen. ... Aber das ist Vergangenheit. Heute erfreut sich der (ehem.) Bürgermeister Mik József darüber, dass es gelungen ist, ein neues Bad zu errichten, dessen Architektur sich an jener aus früherer Zeit orientierte. Das Bad verfügt über einen Warm- und einen Kaltwasserpool. Der Bau wurde mit 300.000 Euro durch das Ministerium für regionale Entwicklung (Tourismus) finanziert. 

Am Nachmittag

... nutzte ich die verbleibende Zeit für eine kleine Wanderung auf die nördlichen Anhöhen von Borsec. Oben, bei Vf. Fagului angekommen, sah ich unter mir auf der Hochweide eine Kuhherde umherziehen, welche neben den Hirten von zahlreichen grossen Hunden begleitet wurde. Einige derer zogen im weiten Umfeld umher und so kam es zur freundschaftlichen Bande mit drei der grossen Recken. Als ich nach einer Weile zu einem etwas tiefer gelegenen Pavillon ging, begegnete ich der Kuhherde und einem der Hirten. Im gleichen Moment kam einer meiner neuen Freunde  auf mich zugerast und der Hirte hatte kurzzeitig einige Sorge um mich - nicht wissend, dass wir längst schon die Bande der Freundschaft geschlossen hatten! 

:-)

Die Wandermarkierungen

... rund um Vf. Fagului sind gut ausgeschildert und bestens für Kurzausflüge in das nahe Bergland geeignet. Eigentlich hätte ich am nächsten Tag über diese Trasse in die Muntii Bistrita hineinwandern können. Aber der Abwechselung zur Liebe trampte ich am nächsten Morgen mit Sack und Pack auf der Nationalstrasse -15- (welche hinüber nach Tulghes führt) zunächst bis nach Capu Corbului. Von hier aus hiess es dann: Auf in die Muntii Bistrita! Die ersten Kilometer ging es entlang der Valea Bistricioara und danach rechts ab nach Valea Seaca. ...

Abzweig

... hinter Valea Seaca in die Valea Tiblesul. Laut Auskunft eines Forstmanns führt ein befestigter Forstweg noch ca. 4 km bergauf. Dann muss man über einen alten Holzungspfad steil zum Kamm emporsteigen. An der Wegbiegung in die Valea Tiblesul steht auf einem Hinweisschild: "Tarc pentru cresterea mistretilor Tibles - Noroiu ... U.P. VIII ... u.a. 24-41" ... Häää ... ein Aufzuchtreservat für Wildschweine??? Wo es doch in den Bergen überall frei lebende ihrer Spezies gibt???

Tarc pentru cresterea mistretilor

Schon nach kurzer Zeit in der Valea Tiblesul verläuft rechts des Forstweges ein ewig langer Matallzaun. Ausgetretene Wildpfade zeigen, dass es nicht wenige Tiere hier gibt. Und siehe da, weiter oben im Tal zeigt sich eine ganze Rotte in einiger Entfernung. 

Ich steige weiter empor ...

in Richtung des Vf. Tiblesul Mare (1664 m). Nahe des Gipfels befindet sich nördlich davon eine Wegkreuzung bei  Saua Tibles (1569 m). Ein Wegweiser zeigt an: Vf. Grintiesu Mare (4 h) ... Sat Grinties (10 h) = rotes Band; Saua Vamanu (6 h) = rotes Band; Saua Cristisor (li. Foto / 1/2 h) ... Vf. Budacului (1,5 h) ... Brosteni (9,5 h) = rotes Kreuz. Im Bildhintergrund erkennt man die Hochweidefläche des Vf. Intre Borci (1831 m), welcher über eine direkte Kammverbindung mit dem Vf. Budacu verbunden ist. Letzterer ist auch mein Ziel und ich umgehe zunächst in einem grossen Halbkreis das hiesige Endtal. Linksseits steigen die Hänge zum Vf. Bitca Cristisor (1667 m) empor. Im Bereich des Endtales gibt es einige Quellen. Für mich war das sehr günstig, um Wasser mit hinauf zum nahen Vf. Budacului zu nehmen. Etwa hier überschreite ich jetzt die historische Grenze zwischen Siebenbürgen (Szeklerland) und der Moldau. Ich werde also heute Abend auf dem Dach der Moldau schlafen :-) !!! 

Mein Zeltlager

... auf dem Vf. Budacului (1859 m). Man sieht den Kammverlauf hinüber zum Vf. Intre Borci, hinter dem es eine Schäferhütte (Stana) gibt. In der Ferne (Bildmitte) erkennt man die Umrisse von Masivul Ceahlau. Hier auf dem Vf. Budacu, welcher zugleich der höchste Gipfel der Muntii Bistrita ist, hat man einen traumhaften Rundumblick!

Blick gen Nord

Oberhalb der Bildmitte verläuft von links nach rechts das tiefe Tal der Negrisoara, welche nahe dem Pasul Paltinis entspringt und bei Brosteni in der Bistrita mündet. Von links unten (Bild) kommend, verläuft das Tal der Neagra, welche wiederum in der Negrisoara mündet (rechts der Bildmitte).


 

Es ist windstill

... auf dem Vf. Budacu (1859 m) und ich erlebe einen wunderschönen Sonneuntergang. 

Muntii Bistritei

An dieser Stelle ein paar Auszüge aus "Die Bergwelt Rumäniens" von Walter Kargel:

"... Das Bistrita- (Bistritza-) Gebirge = Muntii Bistritei - leitet im Norden die kristalline Kette der mittleren Gruppe der Ostkarpaten ein. Höchster Gipfel ist der Budacu (1859 m). Das Gebirge wird durch das Neagra- (Brostenilor)-Tal in einen nördlichen und einen südlichen Gebirgsstock geteilt. ... Umgrenzung: Norden und Nordosten: Bistrita-Tal gegen das Giumalau-Rarau- und das StanisoaraGebirge; Süden: Bistricioara-Tal gegen Ceahlau und Hasmas; Südwesten: die Senken von Paltinis, Dragoiasa und Bilbor gegen das Calimani-Gebirge. ...

Morgenstimmung

... auf Vf. Budacu. 

Ausblick gen Nord

... auf Muntii Bistritei. Wunderschön vom Nebel besetzt sind die Täler der Neagra (links), der Negrisoara (Bildmitte nach rechts verl.), sowie der Bistrita (ganz rechts). Die Längsausdehnung des Gebirges verläuft von Südost nach Nordwest (ca. 53 km), sowie in der Breite von Südwest nach Nordost (ca. 20 km). Die Gesamtfläche des Gebirges beläuft sich auf ca. 1100 km². 

Stana

... bei Batca Cristisor. Hier werden Kühe gehütet. Die Herde war längst schon auf der Hochweide unterwegs und einige Hirtenhunde lagen weit verstreut gelangweilt im Gras herum. Ich hatte mich dazu entschieden, hinter der Hütte einen Direktabstieg hinunter in die Valea Cristisoru querfeldein zu unternehmen - auch um vielleicht auf ein paar Wildspuren zu stossen. Derer gab es nur wenige, aber dafür stiess ich auf ein Erdloch, welches von ziemlich aggressiven Erdwespen bevölkert wurde. Nach einiger Distanz liessen die Verfolger aber von mir ab :-) ... Unten im Tal folgte ich dann noch ca. 4 km dem Forstweg bis zum Ende der Valea Cristisoru.  

...

Bei Valea Neagra ...

Die einstige Grenze zwischen Siebenbürgen und der Moldau verlief entlang der Neagra (ab Dragoiasa - Glodu). Bei der Einmündung des Cristisoru in die Neagra zweigt der Grenzverlauf ab und folgt der Valea Cristisoru talaufwärts bis zum Vf. Tiblesul Mare. Im Weiteren verläuft die ehemalige Grenze dem Kammverlauf folgend (rotes Band) über Vf. Albia - Piatra Rosie - und endet bei Vama Prisecai (hinter Tulghes) in der Valea Bistricioara. 

Ich bin derweil in der Valea Neagra angekommen. Hier schliesst sich eine Forststrasse in Richtung Valea Negrisoara an. Nach ca. 6 km hatte ich das Tal dann bei Vacaria Regelui erreicht. Hier führt mein Weg wieder talhochwärts. Das ansich malerische Tal bot einen schrecklichen Anblick. Die geamten Berghänge zur nördlichen Seite des Tales hatten zwei Jahre zuvor einen schweren Windbruch erlitten. Eine Forstfirma aus Brosteni ist hier mit der Bewirtschaftung der steilen, von Felsen durchsetzten Berghänge befasst. Teils kann das Holz nur mit  Seilzügen geborgen werden, teils mit Pferden und da wo es die Topografie zuliess, arbeiteten sich die schweren Forsttraktoren die Hänge hinauf. Die südlichen Abhänge des Tales waren durchweg intakt. Seit zwei Jahren halten hier die Aufräumarbeiten an und sie werden wohl mindestens noch ein ganzes Jahr andauern. Beim Abzweig der Valea Pinul pausierte ich bei einem schwer beladenen Holzlaster und kam mit dem Fahrer ins Gespräch. Aber in gepflegter Gastfreundschaft holte der Fahrer erst einmal seinen Selbstgebrannten und zwei Gläser aus dem LKW und so plauderten wir ca. eine halbe Stunde miteinander. Meine Kräfte waren durch den Schnaps wieder hergestellt (oder der Schmerz abgedämpft?!), so dass ich mich wieder auf den Weg in Richtung Darmoxa machte. 

Und so ging es weiter ...

... Kurz vor dem Izvorul Misterios hielt eine junge Dame mit ihrem Duster und wollte wissen wohin mein Weg geht. Sie bot mir an, mich mitzunehmen. Kurz vor Darmoxa hielten wir bei einer Holzungsbrigade. Die Dame sprach mit den Leuten und deutete mir an, dass ich mein Gespäck in einen Kleinbus umladen soll. In Darmoxa hielten wir an einem Magazin Mixt auf ein Bier. Die Forstleute erzählten mir, dass die junge Dame die Tochter des "Patrons" der Forstfirma sei und sie boten mir an ... so ich interessiert sei, mich bis zum neuen Kloster am Pasul Paltinis (1306 m) mitzunehmen. Ich war interessiert, denn meine Fusskilometer waren heute nicht die schlechtesten. Am Nachmittag errichtete ich dann mein Zelt oberhalb des Pasul Paltinis über Dealul Chilenilor (Foto) nahe des Vf. Vanat (1642 m). Mit kleinem Gepäck stieg ich danach wieder hinunter zum neuen orthodoxen Kloster "Manastirea Adormirea Maicii Domnului" ...

Manastirea Maicii Domului

... am Pasul Paltinis (1306 m). Vor dem Pass liegt das Bergdorf Catrinari und hinter dem Pass geht es hinab nach Paltinis und dem ebenfalls nicht weit entfernten Dragoiasa. Aha, Dragoiasa, da schliesslich der Kreis, denn hier kam ich bei meiner Anreise nach Borsa vorbei. Mein Interesse gilt aber dem Pasul Paltinis, denn hier verläuft die Wandermarkierung "rotes Band" hinüber nach Manastirea Piatra Taieturii und weiter in Richtung des Vf. Pietrosu Bistritei ... 


Eine Inschrift

... über dem Eingangsportal zum Kloster gibt eine erste Auskunft über die noch junge Geschichte des Anwesens: 

Manastirea Adormirea Maicii Domnului (Kloster Maria Himmelfahrt) ... erschaffen mit Hilfe des Vaters, des Sohnes - ein Werk des Heiligen Geistes. Diese Kirche wurde mit dem Segen von I. P. S. Pimen, Erzbischof von Suceava und Radauti, in den Jahren 2006 - 2007 erbaut. Die Initiatoren sind Gheorghe und Stela Acatrinei. Kirchweihfest: Hramul Sf. M. Mc. Ioan cel Noua de la Suceava. Die Stiftung des Klosters erfolgte in Gedenken an den Sohn Ionut-Cristian, welcher im Jahr 1995 verstorben ist. Das Grundstück des Klosters wurde gestiftet von der Familie Andrei und Alexandrina Acatrinei mit den Söhnen und Neffen, von Familie Mrejeru Tatiana mit Söhnen und Enkeln, sowie Mrejeru Valerian und seiner Familie. Das Klostergrundstück wurde von Erzbischof I. P. S. Pimen am 2. Juni 2006 gesegnet. Die Segnung der Kirche erfolgte am 7. Oktober 2007 durch I. P. S. Theodosie.

Die freunliche Äbtissin

... führte mich auf meinen Wunsch hin durch die zwei wunderschönen Kirchen. Wir besuchen zuerst die Kirche rechtsseits des Klosters.

Im Anschluss

gehen wir in die linksseitige Kirche. Insgesamt 8 Nonnen und bewirtschaften hier zur Zeit das abgelegene Kloster. ...  Ich tätige noch eine Spende und im Anschluss daran fragt mich die Äbtissin, ob ich denn schon etwas gegessen hätte. Das "Nein" gar nicht erst abwartend, wurde ich in die Küche des Klosters gebeten. Zuerst bekam ich eine leckere Gemüsesuppe gereicht, dazu ein Sirupgetränk aus Waldfrüchten, es folgte ein Teller mit Spiegeleiern und Brot, danach dann Kartoffeln mit Käse und Blumenkohl vermengt. Alles äusserst schmackhaft. Und damit nicht genug, denn als ich mir noch meinen Wassersack für´s Zeltlager füllte, reichte mir eine Nonne noch ein Glas Pflaumenmuss, Gurken und ein Glas Sakusca. Meine Lebensmittelvorräte waren jetzt also mehr als nur perfekt ... ich trug fortan ein 10-Sterne-Restaurant mit mir herum! Die späten Abendstunden am Zelt bei klaren Sternenhimmel passten einfach wunderbar zu der ganzen Stimmung. LINISTE!

Markierungen

... und Wegweiser. In der Gegend um Borsec und insgesamt im Süden der Muntii Bistritei sind die Markierungen relativ gut. Zur nördlichen Seite hin sind einzelne Trassen hinreichend markiert, insbesondere Der Abschnitt "rotes Band" welcher bei Cheile Zugrenilor über den Vf. Pietrosu Bistritei - Vf. Lespezi - Vf. Bucinisului - Man. Piatra Taieturii - Pasul Paltinis führt, ist halbwegs (mit einigen Irritationen) gut markiert. Stellenweise sind es noch uralte und nicht aufgebesserte Markierungen (s. Bild). 

Was das Kartenmaterial angeht, da war bis zum Jahr 2009 dieses Gebirge noch ein schwarzer Fleck innerhalb der rumänischen  Karpaten. Auch in der einst umfassenden Serie der Muntii Nostri gab es keine Ausgabe über dieses Gebirge. Im Jahr 2009 wurde dann über die ungarische Firma Dimap eine Wanderkarte herausgegeben: 

Muntii Bistritei / Besztercei-havasok / 1:70000. 

Weiter

... ging meine Tour am nächsten Tag über Manastirea Piatra Taieturii - Vf. Rusului - über eine Passstrasse (1320 m) hinweg (bis hier viel Windbruch und Holzungen in den Wäldern). ... Manastirea Piatra Taieturii sieht man schon aus einiger Entfernung. Das Kloster befindet sich auf einem kleinen Plateau. 

Manastirea Piatra Taieturii

Hier wirtschaften einige wenige Mönche. Das Kloster befindet sich auf knapp über 1400 Meter in sehr abgeschiedener Lage. Mit dem Auto kann man es von der Gemeinde Panaci her auf schlechten teils unbefestigten Wegen erreichen. Eine erste Einsiedelei wurde während des 1. Weltkrieges in unmittelbarer Nähe des heutigen Denkmals (Gedenke der Helden des I. WK) errichtet. Neben der grossen Kirche (li.) befindet sich die Winterkapelle / Paraclis (Bildmitte). Das Paraclis ist dem heiligen Prophet Elija (Hram: "Sf. Prooroc Ilie") gewidmet. Die Segnung der kleinen Kirch erfolgte am 11. September 1994. Der Glockenturm (re. im Bild) wurde im Jahr 2000 erbaut und im Jahr 2003 endeten die Arbeiten an der "Pestera Sf. Antonie" (links des Glockenturms) mit dem darauf befindlichen grossen Kreuz.

Biserica Maicii Domnului

Der Grundstein für das eigentliche Kloster wurde im Jahr 1933 vom Priester Iosif Achirilei gelegt. Das Gelände war Eigentum seiner Familie. Im September des Jahres 1933 wurde die zunächst kleine Klosterklause vom Metropolit der Bukowina Nectarie Cotlaciuc heilig gesprochen. An der Feierlichkeit nahmen mehrere Priester und Diakone teil. Der Priester Iosif Achirilei kümmerte sich bis zum Jahr 1945 und die Verwaltung und den Ausbau des Klosters. Pr. Iosif Achirilei liegt heute in einem Grab innerhalb der grossen Kirche bestattet. In den Jahren 1945 - 1956 betreute Protosinghel Matei Bordos, welcher eigentlich aus Bessarabien stammt, das Anwesen und erstellte zudem eine schriftliche Chronik über die noch kurze Geschichte des Klosters. 

Im Innern

... der Biserica Maicii Domnului. ... In den Jahren 1956 - 1959 leitete Protosinghelul Doroftei Cucos das Kloster. Sein Amt endete mit dem staatlichen Dekret 410/1959. Zu dieser Zeit wurden zahlreiche Klöster - wenn auch nicht alle - aufgelöst. 1962 wurde das Kloster abgerissen. 

 Mit der politischen Wende in Rumänien gab am 1. Juni 1990 Erzbischof Pimen seinen Segen zur Gründung des neuen Klosters. Das Fundament der grossen Kirche wurde auf dem einstigen Fundament der alten gegossen und auch das Kirchweihfest war wie früher der "Geburt der Mutter Gottes" ausgelegt. Am 10. November 1991 wurde Protosinghel Antonie Brehuescu (Schüler unter dem Priester Kleopa Ilie aus dem Kloster Sihastria Neamt) zum Abt des im Aufbau befindlichen Kosters benannt. Die grosse Kirche wurde im Rohbau am 1. Juni 1997 fertiggestellt und geweiht. 1998 waren die Innenbemalung und alle Einrichtungsarbeiten abgeschlossen. 

Pestera Sf. Antonie

Auf der felsigen Erhöhung befindet sich eine kleine Grotte, sowie eine darfüber befindliche Aussichtsplattform. Im 2. Weltkrieg befand sich auf diesem Felsen eine Maschinengewehrstellung. 

Die Spender für den Aufbau des neuen Klosterkomplexes stammen allsamt aus der Bevölkerung des in der Tiefe liegenden Dorna-Beckens.

Innerhalb

... der kleinen Grotte der "Höhle des Heiligen Antonius" befindet sich eine ganz kleine Kapelle. Das schöne Wandgemälde ist in Tempera gefertigt.  


Ausblicke

... nahe Vf. Rusdului auf das breite Dorna-Becken. Dahinter erheben sich die Muntii Suhardul. Mein Weg geht weiter entlang von Windbruch und Holzungen peprägter Waldungen bis zur Passstrasse (1320 m). Hier muss man ca. 100 m rechts der Strasse folgen und dann linksseits einen Waldweg einschlagen. Weiter ging es über Vf. Busuiocului (1416 m). Unterhalb des Vf. Bradia (1397 m) gelangt man auf eine Hochweidefläche. Hier befindet sich eíne Quelle - der erste Punkt zum Wasser nehmen! Zu der Zeit pausierte hier auch eine Schafherde und ich kam mit dem Hirten ins Gespräch. Nach der Pause lies es sich der Hirte nicht nehmen, mich bis zum Abzweig bei Piciorul lui Hirica zu begleiten um mir dort den richtigen Abzweig zu zeigen. Multumesc! 

Vipera berus

Dieses hübsche Exemplar einer Kreuzotter von selten dunkler Prägung pausierte mitten auf dem Waldweg nahe Piciorul Vulpariei. Der weitere Weg war zunächst ziemlich einfach - führte er doch immer auf dem hohen  Bergrücken entlang. Aber am Vf. Gruiu änderte sich die Lage schlagartig. Auf dem breiten Bergrücken, gehen mehrere breite Schneisen im Fichtenwald kreuz und quer. Schon auf der Wanderkarte hatte ich gesehen, dass am Vf. Gruiu 5 Wege zusammenkommen. Die Zeit war schon fortgeschritten und so unternahm ich einen Versuch, kam aber am Piciorul Gruiu zu weit nach Osten ab. Also wieder zurück und so baute ich westlich des Vf. Gruiu gegen 18 Uhr mein Zeltlager auf. So blieb mir noch genug Zeit, nach Wasser zu suchen. Ein Stück unterhalb der schönen Hochweidefläche befindet sich eine Stana. Die Hirten waren hier aber schon abgezogen. Aber immerhin gab es linksseits der Hütte eine kleine Quelle. 

Abendstimmung

... am Zeltlager unterhalb Vf. Gruiu (1558 m). Der Abend war bei äusserst milden Temperaturen einfach fantastisch. In der Ferne erhellen die Lichter von Vatra Dornei das Dorna-Becken. Und zwei Büchsen Bären-Bier (Bere ursus) hatte ich seit Darmoxa auch noch im Gepäck. Dazu kommen noch meine kulinarischen Spezialitäten vom Nonnenkloster am Pasul Paltinis. Mehr kann man einem Tag einfach nicht abgewinnen!!! 

:-)

Morgenstimmung

... bei Vf. Gruiu. Die Täler sind noch von Wolken verhüllt, während mich schon in aller Frühe die Sonnenstrahlen ins Freie locken. Traumwetter also für meine lang ersehnte Tagestour 

...

Zur Vorgeschichte:

Dieses Foto machte ich im Jahr 2010, als ich auf Masivul Rarau verweilte. Der gegenüber liegende Gipfel des Pietrosu Bistritei in den Muntii Bistritei war so wunderschön in Wolken gehüllt, als stünde ein Vulkanausbruch bevor. Was für ein anmutiges Bergland. Das von dort aber ein sehr steiler Abstieg ins Tal der Bistrita ansteht, war mir natürlich auch schon bekannt. Nun aber sollte es endlich so weit sein, der "Traumberg" wird nun endlich bestiegen!

Bei Vf. Ciungi (1646 m)

Die morgendliche Suche nach dem richtigen Weg ab dem Vf. Griui kostete mich noch einige Mühe, aber dann ging es zügig voran. An der alten Hirtenhütte bei Prislop machte ich eine letzte Pause und füllte meine Trinkwasservorräte auf, denn ab jetzt gibt es praktisch über die Gipfel bis hinunter in die Valea Bistrita keine Quelle mehr. Über die Hochweide unterhalb des Vf. Ciungi gibt es keiue Markierung, aber hier ist es im Grunde recht simpel: immer bergauf! Mich beschäftigte nur noch eine Frage: Auf der Wanderkarte von Dimap führt der Wanderpfad nicht direkt über den zwei Gipfelkuppen, sondern etwas unterhalb westlich davon entlang. Muss ich also mein Gepäck zurücklassen um den Gipfel zu machen? Vor der Gipfelkuppe des Vf. Bistritei legte ich meinen Rucksack ab und kraxelte zunächst nur mit meinem kleinen Tagesrucksack hinauf. Und siehe da, mitten auf dem felsigen Grat die Markierung "rotes Band". Perfekt, und so holte ich mein grosses Gepäck nach. 

Auf Vf. Pietrosul Bistritei (1791 m)

Endlich, geschafft, super!!! Der Blick reicht bei klarer Sicht hinüber zum Masivul Giumalau (links) und dem Masivul Rarau (rechts) ... gut zu erkennen an seinen weissen Felszacken. Der Pfad führt über eine weitere kleine Anhöhe und steigt dann noch einmal zum nahen Vf. Bogolini (auch Vf. Pogolinu genannt / Bildmitte) auf. Von dort aus geht es dann wirklich steil bergab zur Cheile Zugrenilor in der Valea Bistrita. 

Vf. Bogolini (1748 m)

Im Bildhintergrund der Vf. Pietrosul Bistritei. Noch einmal pausiere ich ausgiebig und geniesse das Panorama rundum. Gipfelfoto natürlich rein obligatorisch - als Symbol für einen lang erfüllten Traum! 

Blick durch´s Tele

... auf die Felszacken der Pietrile Doamnei (Masivul Rarau). Schliesslich kam der steile Abstieg. Von 1748 m geht es hinunter bis auf 760 m. Stellenweise waren die Abstiege so steil, dass der Boden weggebrochen war und man nur noch auf dem Hosenboden bis zum nächsten, tiefer stehenden Baum rutschen konnte. Zum Glück hatte es zuvor nicht geregnet. Für den mühsamen Abstieg benötigte ich mit meinem schweren Gepäck zweieinhalb Stunden. Gegen 19 Uhr hatte ich dann die Cabana Zugrenilor erreicht. Nach Überschreiten der Brücke zur anderen Seite der Bistrita hin, überschreite ich erneut auch eine historische Grenze: von der Moldau in die Bukowina :-) ... An der Nationalstrasse -17 B- wartete ich nicht lange und konnte mit einem Maxitaxi bis Vatra Dornei fahren. 

In Vatra Dornei

... angekommen, nahm ich mir am Busbahnhof ein Taxi und lies mich in Dorna Bai neben dem Bahnhof vor meinem Lieblingshotel Silva absetzen. Ich war fix und alle von der Tagestour, aber wohl wissend um das gute Essen im Restaurant des Hotels, huschte ich schnell unter die Dusche und dann wurde Hunger und Durst gestillt. Im Anschluss daran war ich wieder so fit, dass ich noch ein wenig durch die Kurstadt schlenderte und das Nachtleben genoss. Die Pläne für den nächsten Tag sind schon gefasst und so lies ich die späten Stunden in meinem Hotelzimmer noch mit Etno-TV und Bere ursus ausklingen.

Schitul Sf. Cruce

... in den Muntii Suhardul. ... Nach einem super Frühstück im Hotel Silva in Dorna Bai, machte ich mich schnell noch auf den Weg ins nahe Büro von Salvamont Vatra Dornei, welches auch die Tourist-Information beherbergt. Von den dort sehr engagierten Leuten bekam ich noch einiges an Informationsmaterial über das umliegende Bergland. Anschliessend holte ich mein Gepäck und suchte mir einen netten Taxifahrer direkt vor dem Hotel, mit dem ich den Transport nach Ciocanesti vereinbarte. Direkt bei dem Eiermuseum in Ciocanesti lies ich mich absetzen und begann mit meinem Anmarsch in die Muntii Suhard. Im Jahr 2010 hatte ich bereits von Dorna Candrenilor aus die Muntii Suhardul bis hinüber nach Ciocanesti bewandert. Jetzt wollte ich den weiteren Abschnitt bis Pasul Rotunda begehen. Kurz vor der Klosterklause Schitul Sf. Cruce kam mir eine Gruppe älterer Rumänen entgegen, die das kleine Kloster besuchen wollten. Dieses wäre leider zu, Niemand zugegen und zwei grosse Hirtenhunde bewachen das Eingangstor unter dem Glockenturm. Zwei grosse Hunde?! Na da wusste ich doch was für Raufbolde das waren, denn die hatte sich der Priester im Jahr 2010 als junge Welpen einst aus der Gegend bei Sibiu besorgt.   

Ohne Probleme

... konnte ich das Tor zum Kloster durchschreiten und die beiden Raufbolde, die mir anfangs entgegengestürmt kamen, hielten sich dann aber in sicherer Entfernung von mir. Ich ging zum Wohnkomplex des Anwesens. Niemand zugegen. O.K. dann versuchen wir es mal im Küchengebäude im hinteren Teil des Arals und siehe da, traf ich doch die Mutter des Priesters an. Der Priester sei die Tage leider verreist und so passt die Mutter derzeit allein auf die Klosterklause auf. Nach einem Kaffee besuchte ich noch die Holzkriche und hinterlies eine Spende. 

Auf dem Kamm bei Batca Tarsului

... über Schitul Sf. Cruce gehen vier Trassen zusammen: Vatra Dornei - blaues Band (8-9 h); Vf. Omu - blaues Band (5-6 h); Cosna - roter Punkt (2-3 h ... Abmarschzeit talwärts!); Ciocanesti - roter Punkt (2,5 h ... Abmarschzeit talwärts!). Als Gesamtüberschreitung des Kammwegs über die Muntii Suhard von Vatra Dornei bis Pasul Rotunda sind 16-18 Stunden reine Laufzeit angegeben. Die Zeiten auf dem Kammweg (blaues Band) sind allerdings sehr ambitioniert und nicht geeignet für Bergwanderer mit grossem Gepäck. Hinzu kommt erschwerend, dass nicht immer eine durchgehende Wandermarkierung zu finden ist und man einige Zeit zur Orientierung benötigt. Sicher, im Grunde immer auf dem Kamm entlang ... aber bei schlechter Sicht oder gar Bergnebel sieht das dann schon anders aus. Walter Kargel veranschlagt folgende Zeiten: Von Vatra Dornei bis Recele (bei Schitul Sf. Cruce) = 8-10 Stunden; von Recele bis Rotunda-Pass = 13 Stunden. Da wären wir dann schon bei ca. 23 Stunden Laufzeit über den gesamten Verlauf des Gebirges. Man sollte also mindestens drei Tage für die Kammwanderung veranschlagen. Im Übrigen überschreiten wir hier bei Batca Tarsului die historische Grenze vom einstigen Gebiet der Bukowina hinüber nach Siebenbürgen. Nach Norden verläft die Grenze nach NW und folgt dann dem Diaca-Bach bis ins Tal der Bistrita Aurie oberhalb von Botos. Nach Süden verläuft die Grenze talwärts bis Cosna ...

Zeltlager bei Pietrile Rosii

Auf gehts ... zunächst über die folgenden Bergkuppen bei Batca Tarsului (1548 m), links vorbei am Gipfel des Vf. Sveitaria (1562 m / rechts im Bild) und weiter auf dem Kammweg (Traktorenpfad) bis zum kleinen Lacul Icoana (künstlich angelegter See) Munte Rotunda (1461 m). Hier zweigt man nach rechts ab in den Wald und folgt dem weiteren Weg. Nach einiger Zeit verliert sich die Markierung.  Trotz der fehlenden Markierung hielt ich mich unmittelbar am aufsteigenden Bergkamm bei Muntele Rotunda. Zur anderen Seite ging es wieder ein Stück hinab und ich orientierte mich kurz über die Navi-App "Maps 3 D". O.K. alles richtig soweit. Wenig später öffnete sich das Bewaldete Gelände und ich kam auf eine Hochweidefläche bei Saua Diecilor. Ich baute mein Zelt über einer Felsklippe auf, von wo aus schöne Fernblicke garantiert waren. Zum Wasserholen musste ich ein Stück tiefer zu einer verlassenen Stana hinabsteigen. Auch über meinem Zeltlager befand sich eine verlassene und teils eingefallene Hirtenhütte. So hatte ich Holz für ein kleines Lagerfeuer für die späten Abendstunden. 

Vf. Pietrile Rosii (1773 m)

Am nächsten Tag geht es weiter in Richtung des Vf. Omu. Ich halte eine kurze Pause auf Vf. Pietrile Rosii. Es gab reichlich Blaubeeren und so konnte das Pausenbrot getrost im Rucksack verbleiben.  Markierungen gibt es hier nur sporadisch und teils trifft man auf Reste der alten Kammmarkierung "rotes Band". Aber bei der guten Sicht hatte ich den Vf. Omu jetzt immer im Blick. 

Vf. Omu

Der Blick hinüber zum Vf. Omu lässt offenes Gelände vermuten. Aber der weitere Pfad verläuft durch kompakte Krippelkieferbestände. Mit dem grossen Gepäck kostete dies einige Mühe. 

Geschafft!

Der Vf. Omu (1932 m) ist die höchste Erhebung der Muntii Suhard. Ich geniesse die wunderschöne Rundumsicht auf die Muntii Rodnei (Bildhintergrund), Muntii Bargaului, Muntii Calimani und die nordöstlich verflaufenden Höhenzüge der Obcina Mestecanis. Zeit für ein paar Anmerkungen aus dem Buch "Die Bergwelt Rumäniens" von Walter Kargel:

"... Der 35 km lange, kristalline SUHARD-Kamm setzt den RODNA-Kamm jenseits des Rotunda-Passes (1271 m) gegen Südosten bis Vatra Dornei (795 m) fort. Höchster Gipfel ist der Omul (1932 m), Fläche: 325 km². ... Das SUHARD-Gebirge wird in drei Gebirgsstöcke unterteilt: Omu (1932 m) in NW zwischen Rotunda-Paß und Diecilor-Sattel (1400 m), Faraoane (1715 m) zwischen Diecilor und dem Sattel (1300 m) zwischen Piciorul Stejii (1398 m) und Vf. Iacob (1372 m) zuletzt im SW der Ousoru (1639 m)...."

Blick gen Nordwest

... auf den noch fernen Gebirgskamm der Muntii Rodnei. Mein weiterer Weg folgt im Groben den Hochweideflächen bis Vf. Cociorbii (1593 m / rechts der Bildmitte) und steigt danach über Poiana Rotunda zum Pasul Rotunda ab. Der hier verlaufende Traktorenpfad, über welchen die vielen Hirtenhütten versorgt werden, verläuft über unendlich viele Kurven und Serpentinen, so dass ich am Ende noch knapp 3 Stunden bis zur Cabana Croitor Rotunda unterwegs war.

Cabana Croitor Rotunda

Zum späten Nachmittag erreichte ich mein Ziel und es war nicht nur ein Ziel, sondern das zu erreichende MUSS meiner Tour. Im Vorfeld lies ich es offen, ob ich von hier aus nach Sant - Rodna absteige, oder aber je nach Zeit und Wetterlage noch eine Tour dranhänge. Zunächst aber fühlte ich mich wie ein ausgedorrter Trockenfisch und hätte mir der nette Cabanier nicht augenblicklich zwei Büchsen Bier verkuaft, dann wäre ich wohl beim ersten Windhauch ohne mein schweres Gepäck zum Himmel aufgestiegen :-) ... Und der Cabanier hatte noch eine Spezialität im Angebot. Er sammelt in den nahen Wäldern eine bestimmte Flechtenart, aus welcher hier traditionell Tee zubereitet wird. Das Angebot nahm ich dann ebenfalls gerne einmal an. Für die folgende Nacht kündigte der Wetterbericht Regen an und der Cabanier bot mir zur Übernachtung ein Stübchen in einem Nebengebäude an. Multumesc! Es war Samstag und somit waren die Plätze in der Cabana ohnehin ausgelastet. Am Abend unternahm ich noch einen Spaziergang zu den etwas tiefer gelegenen Fereinhäusern und wurde auch prompt von rumänischen Freunden auf einen guten Selbstgebrannten eingeladen!

Am nächsten Tag

... schien wieder die Sonne und das hiess also weiter auf dem Gebirgskamm der hier beginnenden Muntii Rodnei entlang. Den Abschnitt zwischen dem Pasul Rotunda und dem Vf. Ineu im Rodna kannte ich noch nicht und so freute ich mich, um auch diese Strecke einmal bewandern zu können. Man folgt im Grunde einer unbefestigten Bergstrasse immer am Berg ansteigend. Für die Wanderer veläuft die Markierung "rotes Band" ab und an abseits der Strasse. Später endet der Weg kurz ca. 1 km vor dem Vf. Ineut. So geniesse ich erst einmal den Blick in das riesige Endtal der Valea Lala (Bild). Links oben im Bild erblickt man den Vf. Ineu (2279 m). Vom Ende des Fahrwegs zweigen zwei Wegmarkierungen ab: Der "rote Punkt" führt zunächst in die Valea Lala, um dann im Tal bergauf über die Bergseen Lacu Lala Mare und Lacu Lala Mica zum Kamm emporzusteigen. Ich entschied mich für das "rote Band", welches über feliges Gelände steil zum Vf. Ineut hinaufführt. 

Beim Aufstieg

... zum Vf. Ineut. Über den Wolken und so ... einfach toll!

Vf. Ineut (2222 m)

Der Blick geht gen Südwest über das Siebenbürgische Becken hinweg. 

Blick

... vom Vf. Ineut gen Nordwest auf den Vf. Ineu (2279 m). Im Kar oberen Kar der Valea Lala erkennt man die zwei Bergseen, den Lacu Lala Mica und den grossen Lacu Lala Mare. Wärend einer Pause denke ich zurück an den 15. Juni 1990. Es war ein Freitag, ich startete in der Valea Vinului gegen 9 Uhr in die Muntii Rodna. Der Tag begann sonnig, aber nach kurzer Zeit des Aufstiegs wurde es dann echt lausig. Wind, Regen, Nebel, Gewitter und kaum ein Weg auf der später beginnenden Hochweidefläche auszumachen. Etwa bei Saua Curatel tauchte im Nebel eine Schafherde auf. Der Hirte gab mir etwas Orientierung in Richtung Vf. Ineu (Kuhhorn). Dennoch war es ein ewiges Hin- und Herirren. Aber ich hatte die Gewissheit, dass man oben am Berg auf den Kammweg stossen muss. Irgendwie landete ich dann bei Saua cu Lac, zwischen dem Vf. Ineu und dem Vf. Ineut. Die Wolken brachen kurz auf und ich erblickte das Kuhhorn. Keine Frage, hier im vor mir befindlichen Tal liegen die zwei Lala-Seen. Gegen 17 Uhr hatte ich mein einwandiges Fichtelberg-Zelt am kleinen Lala-See im Nebel errichtet. Auch den nächsten Tag war ich hier bei andauernden Nebel und Nieselregen gebunden. Erst am folgenden Tag setzte ich meine Kammwanderung bis hinüber nach Romuli fort. ... Wie lange ist das schon her! :-) ...

Am Fusse der Gipfelzacke

... des Vf. Ineu. Mein Weg geht weiter Richtung Saua Gargalau. Auf dem gesamten Abschnitt bis Vf. Omului herrschte - ganz wie im Jahr 1990 Nebel und Niesleregen vor. 

Auf Vf. Omului

... enden plötzlich die über den Kamm fegenden Wolken und klare Sicht kommt auf. Ich blicke gen Nordwest auf den weiteren Verlauf des Hauptkamms. 

Blick auf den Vf. Gargalau (2159 m)

... aus südlicher Richtung vom Vf. Omului (2134 m). Dorthin geht mein weiterer Weg und ich stosse auf dem Vf. Gargalau auf die historische Grenze zwischen Siebenbürgen und dem ungarischen Königreich (dem ungarischen Comitat Marmarosch). Vom Vf. Gargalau verläuft die alte Grenze einem nach rechts folgenden Ausläufer um dann dem Tal der Bistrita bis kurz vor Carlibaba. Dort, wo aus dem Suhardul der Magura-Bach und von Norden der Tibau-Bach in den Raul Bistrit münden, stossen die drei Grenzen aus Siebenbürgen, Ungarn und der Bukowina zusammen (2. Hälfte des 19. Jahrhunderts). In westlicher Richtung folgt die Grenze zwischen dem einstigen Siebenbürgen und dem ungarischen Comitat Marmarosch (Maramures) vom Vf. Gargalau aus in direkter Kammlinie des Rodna-Gebirges bis zum Pasul Setref, um dann weiter dem Hauptkamm der Muntii Tibles zu folgen. ... 

Es ist schon spät und so entscheide ich mich, auf dem Vf. Gargalau dem rechten Kammausläufer ein kleines Stück zu folgen, um dann direkt am Berghang zum Lacu Izvoru Bistritei hinabzusteigen ...

Mein Zeltlager

... am Lacu Izvoru Bistritei (ca. 1650 m), nördlich der steilen Abhänge des Vf. Gargalau. Über Tage kündigte sich schon eine Schlechtwetterfront an und in der folgenden Nacht sollte diese nun hereinbrechen, einhergehend mit einem rapiden Temperatureinbruch und Schneefall in den Hochgebirgen. Ich hatte hier eine ziemlich geschützte Lage und würde am nächsten Tag auch bei sehr schlechtem Wetter einen gut machbaren Abstieg nach Complex turistic Borsa vorfinden. 

Cascada Cailor

Die Nacht war von starken Fallwinden gezeichnet und ich war froh, nicht mehr im Kammbereich des Gebirges zu verweilen. Im Radio hörte ich beim Frühstück, dass es einige Notfälle gab und die Salvamont-Leute Bergwanderer retten mussten. Insbesondere im Fagaras-Gebirge musste man einige Gruppen ins Tal führen. Ein Mann ist dort in der zurückliegenden Nacht erfroren. Die Wetterprognose sagte ich für die folgenden Tage in den Bergen nichts Gutes und so war für mich klar: Abstieg nach Complex turistic Borsa. Der Weg führte vorbei an der schönen Cascada Cailor. 1991 stieg ich hier auf einer weiteren Rodna-Tour ein und besuchte die über dem Wasserfall befindliche Hirtenhütte. Der Abstieg erfolgte damals vom Vf. Pietrosu aus über die Rezervatia Naturala Pietrosului hinunter zum Casa Laborator und weiter nach Borsa. Diesmal aber "strandete" ich bei Complex turistic Borsa und im ersten Restaurant fiel ich pünktlich zur Mittagszeit zum Mittagbrot ein. Am Nachmittag ging die Reise dann von Borsa aus per Maxitaxi direkt nach Cluj-Napoca.

In Cluj-Napoca

... mietete ich mich in einem Hotel für zwei Nächte ein. Das Glück wollte es, dass auch mein guter Freund George Iurca aus der Maramures sich ebenfalls bei seiner Tochter hier aufhielt. Zum Abend gab es ein freudiges Wiedersehen! Am nächsten Tag stand viel auf meiner Wunschliste - hatte ich der Stadt doch viele Jahre keinen Besuch mehr abgestattet. Wie alle Metropolen in RO entwickelt sich auch Cluj-Napoca prächtig. Die Altstadtviertel sind weitgehend renoviert und die vielseitige Gastronomie lädt zum Verweilen ein. 

Das Denkmal

... von Avram Iancu zeigt, wie sehr die Rumänen den Anführer der Bauernaufstände des Jahres 1848 noch heute verehren. Die langen Waldhörner (tulnic) waren im Wiederstand gegen die ungarischen Militärverbände eine grosse Hilfe als seiner Zeit moderne "Fernmeldetechnik". Mit der traditionellen tulnic war es ein Leichtes, sich über weite Strecken in den Muntii Apuseni zu verständigen. Im Hintergrund erhebt sich die grosse orthodoxe Kathedrale - welche der dritthöchste Kirchbau in Rumänien ist. Ein Jahr nach der endgültigen Vereinigung der Länder zu Grossrumänien erfolgte der Bau im Jahr 1920 und endete im 1930. Über Jahrhunderte waren die Rumänen in den 12 Städten Siebenbürgens von einer Einbürgerung ausgeschlossen. Aber die Einschränkungen der Rumänen in Siebenbürgen waren noch viel weitgehender: sie beeinflussten die Handelsbeschränkungen, als auch die gewerblichen Einschränkungen  - sofern sie sächsischen Zünften eine Konkurrenz bedeuten könnten. Der grosse Gubernator Baron Samuel von Brukenthal äussert sich seiner Zeit über die Rumänen: "... Die Walachen sind im gesetzlichen Verstande keine Nation, sondern, ein plebs oder Volk; sie werden von den Gesetzen geduldet, aber zugleich von allen Freiheiten und Rechten ausgeschlossen. ..." (aus: Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Freiherrn Samuel v. Brukenthal ... / J. G. Schaser / Hermannstadt, 1848). ... Es lohnt dabei noch einmal einen Blick auf eine Bevölkerungsstatistik (Siebenbürgen) aus dem Jahr 1766 zu werfen: "... Auf dem Territorium lebten 1766  1.453742 Bewohner, von denen etwas mehr als die Hälfte, nämlich 760.000 (52%) Rumänen waren, vor denen wiederum rd. 5/6 der griechisch-orientalischen (634.454), 1/6 der griechisch-katholischen Kirche (127.080) angehörten. Die restlichen 48% der Bewohner verteilten sich auf rd. 95.000 Sachsen (6,5%), 590.000 Magyaren (41%) und etwa 8000 sonstige (0,5%), z.B. Armenier, Griechen, Bulgaren und Zigeuner." (Geschichte und Gesellschaft / Emanuel Turczynski / Konfession und Nation / 1976 / Pädagogischer Verlag Schwann Düsseldorf)

Catedrala Greco-Catolica Cluj

Im Jahr 1992 begann man mit dem Bau der neuen Griechisch-Katholischen Kathedrale in Cluj-Napoca, welche sich unweit der Catedrala Ortodoxa befindet. Während meines Besuchs war das Kellergeschoss der Kirche schon vollkommen ausgebaut und befand sich in Nutzung. Darin enthalten sind Versammlung-, Ausstellungs-, Gebetsräume und ein Kirchen-Shop. Im Hauptflur des Untergeschosses befindet sich zudem eine sehr interessante Dokumentation über die Geschichte der Griechisch-Katholischen Kirche in Siebenbürgen. Dazu gehören viele Dokumente und historische Fotos.

Historisches Foto

... aus der ... aus der Griechisch-Katholischen Kathedrale: Bischof Iuliu Hossu verliest die "Resolution der Nationalversammlung von Alba Iulia". Dabei wird die Union Siebenbürgens mit Rumänien ausgerufen. Der Bischof betont dabei die vollkommene nationale Freiheit für alle mitwohnenden Nationalitäten. Iuliu Hossu wurde am 17. April 1917 von Papst Benedikt XV. zum Bischof (riechisch-katholisch) von  Gherla ernannt. Später im Königreich Rumänien wurde Iuliu Hossu Bischof von Cluj - Gherla. Durch Papst Pius XII.  berufen, fungierte er 1941 - 1947 als Apostolischer Administrator von Oradea Mare. Nach der Machtübernahme der Kommunisten wurde Iuliu Hossu (neben vielen anderen hohen Würdenträgern der Grichisch-Katholischen Kirche) 1948 verhaftet und war von 1950 - 1955 im Gefängnis in Sighet inhaftiert. Bis zu seinem Tode im Jahr 1970 verbrachte er die letzen Jahre in Hausarrest. 

Die Viefalt der Ethnien

... und ihrer Nationalkostüme (Trachten) im einstigen Raum Transsilvanien findet man auf wirklich fantastische Weise im "Muzeul Etnografic al Transilvaniei" präsentiert. Danebst besuchte ich auch noch das Apothekermuseum nahe der Babes-Bolyai-Universität, verschiedene Expositionen im Turnul Croitorilor u.v.m. ...  

Historisches Foto

... im Ethnografischen Museum aus dem Jahr 1926. Es zeigt den Beerdigungszug einer alten Frau im Jahr 1926 in der Gemeinde Poienita Voinii im Westen der Poiana Rusca im heutigen Landsbezirk Hunedoara. Es ist die dort lebende rumänische Volksgruppe der "padureni". 

Die letzte Stunde

... in Cluj-Napoca verbringe ich auf einer Terasse über der Stadt bei Kaffee und Kuchen.  Was die Historie der Stadt angeht, zitieren wir noch einmal aus dem alten Rumänien-Reiseführer (2): "... Zur Zeit der Daker war die Siedlung unter dem wahrscheinlich thrakisch-skytischen Namen Napoca bekannt. Die Römer behielten den Namen bei; unter Kaiser Hadrian (117-138), ... erhielt Napoca Stadtrecht (Munzipium) und zwischen 180 und 192, unter Commodus, wurde es eine Kolonie. ... In der Zeit der ungarischen Herrschaft war Cluj das militärische Verwaltungszentrum des gleichnamigen Komitats; eine Urkunde des Jahres 1213 erwähnt 'Castrum Clus' und eine weitere aus dem Jahre 1235 die benediktinische Abtei Cluj-Mamastur. Beim Tatarensturm vom Jahre 1241 wurde die Festung vollständig zerstört ...In dieser Zeit berief der König Geyza II. deutsche Ansiedler aus dem Rheinland und aus Niedersachsen, die nachmaligen Siebenbürger Sachsen, nach Transsilvanien. Karl Robert verlieh ihr das Stadtrecht (civitas) ...".

Arad

Ich hatte noch zwei Nächte in Arad bis zur Abreise und spaziere durch die vielen Gassen der Stadt. Und noch einmal denke ich dabei an die Vereinigung der Länder zu Grossrumänien und überlege so, was für ein wirtschaftliches Erbe die verschiedenen einstigen Länder eingebracht haben. Und da kommen doch ganz interessante Fakten heraus. Zitieren wir C.G. Rommenhöller (Groß-Rumänien / Berlin 1926) (3): "...Die chemische Industrie, über die Rumänien heute verfügt, umfasst 187 Betriebe ... Diese bestehen aus: Petroleumraffinerien (69); Seifen- und Kerzenfabriken (50); Fabriken für chemisch-technische Produkte (16); Eisenfabriken (13); Holz- und Kohledestillerien (11); Farbenfabriken (8); Fabriken für pharmazeutische Produkte (6); Fabriken für flüssige Kohlensäure (5); Schwefelsäure- und Sulphatfabriken (5); Soda- und Pottaschefabriken (3); Sauerstoff- und Azetylfabriken (1). ... Von den im vorhergehenden besprochenen 187 chemischen Fabriken enfallen: auf das Altreich (123); auf Siebenbürgen (57); die Bukowina (5); das Banat (1); Bessarabien (1)....

Catedrala romano-catolica

Die Kirche mit ihrem riesigen Säulenportal gehört sicher zu den beeindruckendsten Bauwerken der Stadt. Die Kirche wurde in den Jahren 1902-1904 nach den Bauplänen des Architekten Emil Tabakovics im Neobarock-Stil erbaut. Der Kirchturm ist 56 m hoch.

Im Innern

... der Kirche. Das Altarbild stammt aus der Werkstatt des Malers Johann Vastagh und stellt eine Szene aus dem Leben des heiligen Antonius von Padua dar. 

Und auch über Arad gibt es noch ein paar Auszüge zur Historie: Eine Zeitlang hatten hier einige Abteilungen der Legio XIII "Gemina" ihren Standort. ... Im Jahre 1156 wird die Stadt Arad in Urkunden bestätigt, und ein Dokument aus dem Jahr 1214 erwähnt einen Komes von Arad. Um 1241 wurde die Stadt von Tataren gebrandschatzt und weitgehend zerstört. 1514 gab es unter Gheorghe Doja einen Volksaufstand, wobei auch die Festung Arad besetzt wurde. Um 1550 wurde Arad von den Türken besetzt und erst im Jahre 1600 wurde die Stadt durch ein Siebenbürgisches Heer unter Fürst Michael den Tapferen befreit. Nach 1866 führte der zunehmende Einfluss der Habsburger zu erschwerten Bedingungen für die Arader Bevölkerung. 1703 kam es zu Aufständen unter dem Fürsten Franz Rákoczi II.. Erst mit Beginn  des 19.Jh. erlebte die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung. Es folgte die ungarische Revolution 1848. Von der Stadtbevölkerung hatten die Militärs unter Habsburger Führung keine Unterstützung bei der Stadtbevölkerung. Nach der Niederschlagung der Ungarischen Revolution durch Habsburger- und Russische Militärs wurden zahlreiche ungarische hochrangige Pesönlichkeiten des Aufstandes hingerichtet. Ein Denkmal im Parcul Reconcilieri Ramano-Maghiare ehrt die hingerichteten Ungarischen Würdenträger. Kurze Zeit später arrangierten sich Österreich und Ungarn in der Form einer Doppelmonarchie, wobei die Ungarn eine ziemlich starke Magyarisierungspolitik betrieben, was wiederum den rumänischen, deutschen, serbischen und slowakischen Bevölkerungsgruppen einige Sorge bereitete. 

Der Kulturpalast

... der Stadt Arad nahe dem Mures. In einem Reiseführer aus dem Jahr 1932 lesen wir über dieses Bauwerk: "... Es ist ein hochinteressantes künstlerisches Konglomerat der verschiedensten Bauarten, jede Seite ist im Stile einer anderen Bauperiode, bzw. Kunstepoche gehalten, von der Antike bis zur Renaissance. Der waghalsige Versuch solcher Verschmelzung wurde künstlerisch gelöst und wirkt überaus harmonisch. ..." Heute befinden sich in dem Gebäude ein Theater- und Konzertsaal, sowie im hinteren Bereich des Gebäudes ein riesiges  Museum, unterteilt in Naturkunde und mehreren zeitlich untergliederten Abteilungen zur Historie. In einem Extra-Abteil ist ein riesiges Einbaum-Boot zu besichtigen. Das 1.117 cm lange Boot wurde aus einem einzigen Eichenstamm gefertigt (Breite 92 cm, Höhe 65 cm) und zählt wohl zu den grössten Exemplaren, welche in Europa je geborgen wurden. Das Boot ist von Spezialisten im Naturpark Lunca Muresului geborgen und aufwendig konserviert worden. 

Der Ausklang

... meiner Wander- und Kulturreise durch mehrere Städte und über einige Gebirge und historische Landesgrenzen hinweg, findet ganz bedächtig am Ufer des Mures statt. Hier in der gemütlichen Gaststätte des Wassersportclubs von Arad entgehe ich noch einmal dem Trubel der quirligen Stadt bei Kaffee und Bere ursus. Die Rückreise mit einer international agierenden Buslinie läuft nicht gänzlich konfliktfrei, aber am Ende bin ich dann doch in der Heimat gelandet und benötige wohl Jahre, bis alle Eindrücke der Reise verarbeitet sind ... weswegen dieser Bericht auch erst anno 2020 das "onlineare" Licht der digitalen Welt erblickt!



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