Ostkarpaten 2010 - Teil 3

Muntii Rarau-Giumalau

Fotos: Wilhelm Scherz

Das Bild zeigt die Pietrele Doamnei auf dem Rarau-Massiv, dem wohl bekanntesten Anziehungspunkt  in den Muntii Rarau-Giumalau. Wie der Name es schon sagt, wird das sich über 375 km² erstreckende Gebirge von zwei Hauptmassiven dominiert: dem von kristallinen Schiefer geprägten Vf. Rarau (1651 m), sowie dem höchsten Gipfel, den von Kalkstein überlagerten Vf. Giumalau, welcher mit seinen 1857 Metern, zugleich der höchste Gipfel der Muntii Rarau-Giumalau ist. Während sich auf dem Rarau-Massiv saisonal zahlreiche Touristen und Tagesausflügler tummeln, ist das Giumalau-Massiv eher eine Begegnungsstätte für den klassischen Bergwanderer. Auf meiner Schnuppertour im Herbst 2010 wollte ich beide Massive kennen lernen, um zu schaun, welche weiterführenden Geheimnisse und Verlockungen sich hier noch für künftige Bergtouren auftun. 

Der Hauptkamm der Muntii Rarau-Giumalau mit seinem s-förmigen Verlauf beginnt im Nordwesten beim Pasul Mestecanis (1096 m), wo sich nordwestlich die Gebirgszüge der Obcina Mestecanisului anschliessen. Dem S-förmigen Verlauf folgend, gehen die Muntii Rarau-Giumalau in Südost bei Saua Prislop, zwischen den Gipfeln Arsita Rea (1324 m) und Vacaria (1383 m) direkt in die Muntii Stanisoara über (Markierung "rotes Band"). Der Kammverlauf erstreckt über ca. 40 km. 


 

Pensiunea Zugreni

Die Pension https://www.facebook.com/complexturisticzugreni war nicht zufällig als Ausgangspunkt für meine Wanderung in die Muntii Rarau-Giumalau gewählt.  Schliesslich hatte ich anfangs geplant, von den Muntii Calimani aus direkt in die Muntii Bistrita hinüberzuwandern. Dem alten Kammwanderweg  -rotes Band- folgend, hätte die Tour durch das Bistrita-Gebirge genau hier bei Pensiunea Zugreni (745 m) geendet. Direkt neben der Pension kann man auch unmittelbar am Bistrita-Fluss sein Zelt aufschlagen!

Vor dem Aufstieg

... auf Masivul Rarau hinterlege ich mein großes Gepäck noch in der Gaststätte der Pensiunea Zugreni und mache einen Kurzausflug in die Cheile Bistritei (Cheile Zugrenilor). ...

 

Blick auf Cheile Bistritei

Ca. einen Kilometer talwärts gelangt man zu einem hohen Felsvorsprung links der Strasse. Man kann hinter der dortigen Biegung der Strasse problemlos bis auf den Felsspitz hinaufsteigen. 

 

Der Anmarsch 

... auf Masivul Rarau verläuft gegenüber der Pensiunea Zugreni zunächst problemlos. Direkt an der Strasse befindet sich eine grosse Infotafel und - im Gegensatz zum Nationalpark Muntii Calimani - deutlich lesbare Wegweiser! Folgende Wanderwege findet man hier als Ausgangspunkt: "Rotes Dreieck" ... Hotel Alpin Rarau = 3 Stunden; "Gelbes Kreuz" ... nach Pojorata = 6 Stunden; "Blauer Punkt"... nach Valea Putnei Sat über Vf. Giumalau = 10 Stunden und bis Cabana Giumalau = 3 Stunden. Betreut wird das Netz der Wanderwege, welches recht gut erhalten ist, über die Salvamont-Organisation Vatra Dornei ... Kartenübersicht Rarau-Giumalau und Bistrita

Vom Bistrita-Tal beginnend, folgte ich der Markierung "rotes Dreieck". Die ersten 5-6 km ging es entlang eines Forstweges. Nach einer Weggabelung dann ein vom Hochwasser vollkommen weggespülter Forstweg ... aber die Markierung "rotes Dreieck" war stets vorhanden! Schliesslich steigt ein schmaler romantischer Pfad steil bergan bis zu einer Forstrasse, welche direkt zum Hotel Alpin Rarau führt. 

 

Die Cabana Rarau

... http://www.rarau-turism.ro  ... verwirrt den Wanderer von ihrer Bezeichnung her, vermutet man doch unter dem Namen eine schlichte Wanderhütte. In der Tat gab hier zuvor eine alte Holzhütte (1933), genannt Casa Rarau "Mitropolitul Nectarie". Angeregt über den "Touring-Clubul Romaniei / Sektion Pietrele Doamnei" fanden schon zu jener Zeit viele Ausflügler den Weg auf das Rarau-Massiv. ... Viele Jahre später, nämlich am 29.09.2010 traf ich hier gegen 15 Uhr ein. Es war ein Mittwoch und zudem Ende September, was bedeutete, dass ich keinen einzigen Touristen antraf. Hier an diesem Ort wollte ich unbedingt - der Tradition entsprechend - ein Quartier in der "Cabana Rarau" beziehen. Da alle Zimmer frei waren, hatte ich eine grosse Auswahl und einigte mich mit dem Wirt über ein Zimmer mit Balkon mit Blick auf den Vf. Rarau - im Preis inbegriffen eine Glücks-Tuica jeden Morgen zum Frühstück!

 

Pietrele Doamnei

Unmittelbar bei Cabana Rarau beginnt ein neu angelegter Wanderweg mit der Markierung "blaues Kreuz", welcher zum nahen Felsareal führt. 

 

Blick von den Felsklippen der Pietrele Doamnei

... auf Cabana Rarau, sowie die weissen Felsklippen der dahinter liegenden Piatra Soimului ... aber dazu kommen wir später!

 

Vorsicht im Winter!

Zwischen dem Bruchgestein um Pietrele Doamnei gibt es einige tiefe Spalten, in denen man bis in eine Tiefe von ca. 10 m hinabklettern kann. Im Winter sind diese Öffnungen teils von Schnee und Eis überlagert!

 

Blick von Pietrele Doamnei gen Südost

Bei klarer Sicht hat man einen Blick bis auf das Ceahlau-Massiv. 

 

Blick von gleicher Stelle

...durch´s  Tele, auf das ferne Masivul Ceahlau.

 

Die Wetterstation 

... befindet sich nahe der Pietrele Doamnei. Im Hintergrund erhebt sich der Vf. Rarau mit den weithin sichtbaren Sende.- und Funkanlagen. 

 

Ausblick westlich des Vf. Rarau 

... auf die Obcinele. Unten verläuft das Tal der Moldova. In der Bildmitte erhebt sich der VF. Tomnatecu (1302 m) als östlichster Ausläufer der Obcina Feredeului. Im Bildhintergrund verläuft die Obcina Mare.

 

Tradition und Moderne 

... dicht beieinander :-) ... traditionelle Schäferhütte und die modernen Sendeanlagen auf dem Rarau-Gipfel.

 

Blick nahe Piatra Zimbrului 

... gen Ost auf die Felszacken der Popii Raraului. 

 

Popii Raraului (1628 m)

Der Traktorenpfad unterhalb der Popii Raraului führt direkt hinüber nach Slatioara. Weiterhin gelangt man, der Markierung -rotes Band- folgend, über Saua Prislop direkt in die Muntii Stanisoara. 

 

Abendliche Ausblicke 

... auf den von Wolken verhüllten Vf. Pietrosul (1791 m) der Muntii Bistrita. Rechts im Bild: die Pietrele Doamnei.

 

Piatra Soimului

... Die Liebesbank! Ganz in der Nähe von Cabana Rarau befindet sich ein alter Wegweiser mit der Aufschrift "Piatra Soimului / 15. min." Hier treffen sich - nach Auskunft des Cabaniers - am Abend die Liebespaare zum Sonnenuntergang. Die Liebe in den Bergen vernachlässigend, war es mir aber dennoch wichtig den Sonnenuntergang zu erleben. Leider aber kam ich von meiner Rundwanderung über Rarau zu spät ans Ziel und der Blick auf den Vf. Giumalau war ebenfalls durch eine Wolke verhüllt. Egal, beim nächsten Mal werde ich sicher pünktlich sein :-) !!!

 

Verdientes Abendbrot

... in Cabana Rarau!

 

Schitul Rarau

Nächster Tag:  Kleine Rundtour Cabana Rarau - über den Fahrweg hinunter nach Schitul Rarau. Rückweg über Popii Rarau nach Cabana Rarau.

Schitul Rarau: Bereits im 15. Jahrhundert bestand hier eine Einsiedelei. Es gibt Hinweise darauf, dass in der unruhigen Zeit um 1538 Frau und Kinder des Fürsten Petru Rares hier bei den Mönchen eine sichere Zuflucht fanden. Zum Dank dafür stiftete der Fürst in den darauf folgenden Jahren Gelder für die Gründung eines kleinen Klosters, welches im Jahr 1541 gegründet wurde. Die neue Kirche (rechts im Bild) wurde im Jahr 2000 durch G.S. Gherasim Putneanul geweiht. Heute gibt es hier 26 Mönchszellen und einige Unterkunftsmöglichkeiten für orthodoxe Pilger. Von Chiril aus erreicht man das Kloster über eine alte teilweise befestigte Forststrasse (ca. 12 km). 

 

Messe

  • ... in der neuen Kirche von Schitul Rarau. Das kleine, von Mönchen bewirtschaftete Kloster befindet sich auf einer Höhe von 1400 Meter. Das Kloster wurde nicht durchgehend seit seiner Entstehung bewirtschaftet und unterhalten. Mit der Besetzung der Bukowina durch die österreichischen Truppen wurde das Leben der Mönche nach 1776 akut behindert und im Jahr 1786 kam es zur Schliessung und Zerstörung des Klosters durch die Österreicher. 

 

Nach 1918 

... kam es zur Neueröffnung des Schitul Rarau. Es ist anzunehmen, dass die alte Holzkirche aus dieser Zeit stammt. Die Bemalung der Tür zwischen dem Pronaos und dem Naos ist allerdings mit dem Jahr 1884 signiert. 

 

Blick auf die Ikonostase

... der alten Holzkirche. ... Im Jahr 1959 gab es erneut starke Einschränkungen des religiösen Lebens in Schitul Rarau, so dass dieses Kloster bis zur politischen Wende in Rumänien nur als Einsiedelei unterhalten wurde. Erst im Jahr 1990 begann man erneut mit dem Aufbau des heutigen Klosters, in dem jetzt ca. 20 Mönche leben. 

Vom Kloster Rarau aus kann man direkt zum Vf. Popii Rarau hinaufsteigen - einfach am Klosterausgang dem kleinen Bach talhochwärts folgen. Weiter oben geht es dann über Hirtenpfade noch einmal etwas steiler bergan. Laufzeit ca. eineinhalb Stunden bis Popii Raraului. 

 

Dieses historische Foto

... findet man in der Cabana Rarau im Eingangsbereich. Im Bild zu sehen: die Casa Rarau "Mitropolitul Nectarie". In dieser um oder vor 1933 erbauten Holzhütte gab es neben einer unterkellerten Küche, auch drei Zimmer für Wanderer. Insgesamt hatte die Hütte eine Kapazität von 18 Betten. 

Nachdem ich von meiner zweiten Tageswanderung über Schitul Rarau am späten Abend in Cabana Rarau ankam, ging ich sogleich ins Restaurant, wo zwei Herren mittleren Alters auf Schnaps und Bier beisammen saßen. Einer der beiden war Chef einer grossen, nahe gelegenen Stana und der andere ein verzweifelter Bauunternehmer, welcher am heutigen Tage von seinen Arbeitern wegen eines der zahlreichen regionalen Kirchfeste verlassen wurde. Er betreut ganz in der Nähe ein von der EU finanziertes Projekt, mit dem er bei der Bauausführung schon im Rückstand ist. Da ich auch hier entsprechend der Gastfreundschaft mit an den Tisch geladen wurde, bekam ich wieder einmal einen tiefen Einblick in die Alltagssorgen der rumänischen Geschäftswelt! 

 

Ein weiteres historisches Foto

... zeigt ein eingerahmter Zeitungsartikel im Eingangsbereich der Cabana Rarau. Das Bild zeigt König Mihai, der an einem 21. Juni der Casa Rarau "Mitropolitul Nectarie" mit seinem Gefolge einen Besuch abstattet. Das Jahr des Besuches ist dem Zeitungsausschnitt nicht zu entnehmen, es muss aber in der zweiten Amtszeit König Mihais zwischen 1940-1947 entstanden sein. 

 

Bei Saua Fundu Colbului (1285 m)

... ergibt sich ein Blick hinweg über die Valea Colbu, sowie das versteckt gelegene Kloster "Manastirea  Sf. Ioan Iacob Corlateni", welches von Mönchen bewirtschaftet wird. Im Hintergrund erheben sich bereits die Gipfel der Obcina Mare. Im Herbst 2010 fanden auf der Forststrasse, welche von Cabana Rarau hinunter nach Pojorata führt, umfassende Ausbauarbeiten statt. Im Jahr 2012 waren die Bauarbeiten weitgehend abgeschlossen. Heute kommt man mit dem PKW über eine gut ausgebaute Bergstrasse bis kurz vor Cabana Rarau. Der Fahrweg von Chiril hinauf nach Rarau ist immer noch in einem sehr schlechten Zustand und beinahe nur noch von Allradfahrern befahrbar. Kurz vor Saua Fundu Colbului verlässt auch der Wanderer auf seinem Weiterweg nach Vf. Giumalau endlich die Bergstrasse und bewegt sich fortan auf einsamen schmalen Waldpfaden!

 

Eisige Temperaturen

... und Nebel herrschen bei meiner Ankunft am riesigen Kreuz auf dem Vf. Giumalau (1857 m). 

 

Vf. Giumalau (1857 m)

Das riesige Gipfelkreuz ist leider vom Nebel verhüllt und die Sicht reicht keine 50 Meter weit. Es ist noch früher Nachmittag und so steige ich nach kurzer Rast zunächst zur Cabana Giumalau hinab. 

Hier auf dem Gipfel des Vf. Giumalau zweigen Wanderwege in drei Richtungen ab: Blauer Punkt: Mestecanis (5 h), Cabana Giuimalau (1/2 h), Cabana Zugreni (3 h); Blauer Punkt: Pojorata (4 h), Valea Putnei (5 h); Rotes Band: Cabana Rarau (4-5 h).

Das Gipfelkreuz wurde im Jahr 1908 erbaut. Eine Inschrift verweist darauf: "CONSTRUITA IN ANUL 1908 DE FONDUL BISERICESC ORT. ROM. BUCOVINA ..." Umfassende Rekonstruktionsarbeiten fanden im Jahr 2007 statt.

 

Der kleine Altar

... unter dem Gipfelkreuz beherbergt einiges Utensil religiöser Prägung, sowie eine schriftliche Aufforderung, sich auf diesen religiösen Platz ordentlich und gebührend zu benehmen.  

 

Cabana Giumalau

Die Cabana befindet sich auf ca. 1640 m und hat eine Kapazität von 28 Betten. Bewirtschaftet wird die Cabana von Constantin und Dana Popescu. Erbaut wurde die Wanderhütte im Jahr 1952. Der Wanderer kann hier eine Unterkunft als Selbstversorger beziehen. Nach meinen Nächten in Cabana Rarau bevorzuge ich hier allerdings wiedereinmal einen Schlafplatz im Zelt. 

https://www.facebook.com/cabana.giumalau Tel. 0748-359121

Wanderwegmarkierungen bei Cabana Giumalau: Gelbes Band: Vatra Dornei (5 h); rotes Dreieck: Sat Rusca (ca. 3 h); rotes Kreuz: Cabana Rarau (4 h); blauer Punkt: Cabana Zugreni (2 h), Vf. Giumalau (1 h), Cabana Rarau (3 h).

 

Am Abend 

... hat sich das Wetter nicht wesentlich aufgeklärt, dennoch wanderte ich noch einmal hinauf zum Vf. Giumalau und entdeckte zunächst einen Priester beim Gebet. Erst später sah ich eine Gruppe von Mönchen ein Stück unterhalb des Kreuzes und ging zu ihnen. Ich wurde mit allerlei Speisen und einem leckeren Rotwein bewirtet und es ergab sich ein längeres und recht aufgewecktes Gespräch über unsere doch ganz unterschiedlichen Lebensweisen. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit verabschiedeten wir uns voneinander, die Mönche stiegen hinab zu ihrem Kloster "Manastirea  Sf. Ioan Iacob Corlateni" und ich ging wieder hinunter zur Cabana Giumalau. Auch wenn die Sicht auf dem Vf. Rarau wieder nichts hergab, so lohnte die Begegnung mit den recht aufgeweckten Mönchen in jedem Falle!

 

Ende der Tour

... durch die Muntii Rarau-Giumalau. Von Cabana Giumalau stieg ich am nächsten Morgen, der Markierung "rotes Dreieck" folgend, nach Rusca hinab. Laufzeit ca. zweieinhalb Stunden. Meine Tour endete direkt an der Hauptstrasse im Bistrita-Tal, von wo aus ich per Autostop Richtung Vatra Dornei trampen wollte, um in die Muntii Suhard einzusteigen. Hier weist auch ein Wegweiser den Weg nach Manastirea Acoperamantul Maicii Domnului (6 km). ... Nach einer halben Stunde hielt ein Kleintransporter und nahm mich mit in Richtung Vatra Dornei. Der Fahrer ist Tierarzt und war in den frühen Morgenstunden zum Angeln gefahren. Während der Fahrt stellt sich heraus, dass er bis Dorna Candrenilor fährt und ich entschied spontan, dort den Einstieg in die Muntii Suhard vorzunehmen. 

 


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