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Rumänien`98 / Teil 2

Berichte von der geographischen Rumänienexkursion vom 29.August bis 12.September 1998 unter der Leitung von Prof.Dr.Manfred Hofmann

Redaktion: Ileana Kasper und Jörg Beineke


Datum: 03.09.1998

Themen: Brasov (Kronstadt) und die Kronstädter Senke; ungarische Siedlungen im Szeklerland; Vulkanismus in den Ostkarpaten

Route: Poiana Brasov - Brasov - Prejmer - Sf. Gheorghe-Malnas - St. Annensee - Bixad - Bäile Tusnad - Brasov - Poiana Brasov

Protokoll: Jörg Beineke

Kronstadt und die Kronstädter Senke

Kronstadt, an der Grenze zwischen der Walachei und Siebenbürgen auf der nördlichen Seite der Südkarpaten gelegen, bildet mit seiner Kessellage die südlichste Ausdehnung der Kronstädter Senke. Auf dieser zwischen 500 und 600 m hohen Siedlungsfläche wird seit jeher Landwirtschaft betrieben, während die steil ansteigenden Hänge teilweise als Weideland dienen und nur vereinzelt Siedlungselemente aufweisen (...). Obstanbau ist aufgrund der relativ niedrigen Temperaturen kaum möglich. Seine wirtschaftliche Bedeutung verdankt Kronstadt der Funktion als Verkehrsknoten. Es verbindet die Zentrale Bukarest im Süden mit dem rumänischen Norden entlang des Olt-Tales und dient als Verteilerstelle für Erzeugnisse, die in Richtung Westen (z.B. Temeswar) geleitet werden sollten. Diese zentrale Lage, die der Stadt schon früh zu Reichtum verhalf und auch aus Gründen der Verteidigung gut gewählt war, besitzt jedoch naturräumliche Nachteile. Talkessel neigen dazu, eine Inversionswetterlage auszubilden, indem kalte Luft die Hänge hinabgleitet und die warme Luft in Bodennähe verdrängt; es kommt zu Nebelbildung. In Zeiten geringer Luftverschmutzung war diese Umkehrung der Luftschichten kaum von entscheidender Bedeutung, betrachtet man jedoch die heutigen Mengen städtischer Abgase, die sich in Form einer Dunstglocke in der kälteren Schicht ansammeln, da sie am Aufsteigen gehindert werden, wird ein Nachteil der Kessellage deutlich. Ein Versuch, diese Problematik zu entschärfen, zeigt sich in der Anlage hoher Schornsteine (z.B. Kohlekraftwerk), die die Abgase bereits direkt in die höhere, warme Luftschicht leiten sollen, wo ein Abzug gewährleistet ist. In sozialistischer Zeit versuchte man, der Stadt ein neues, "zeitgemäßes" Zentrum abseits der Altstadt zu geben. Diese Neustadt, die allerdings nicht vor Zusammenbruch des politischen Systems fertiggestellt werden konnte, besteht in erster Linie aus hohen, uniformen Wohnblocks, die im Erdgeschoß zur Straßenseite oftmals Geschäfte oder Verkaufsmöglichkeiten im Hinterhof aufweisen. Viele dieser Gebäude wurden heute von Banken übernommen, die für Instandhaltung bzw. Fertigstellung sorgen. In diese Wohnbebauung sind kleine Märkte eingebettet, auf denen überwiegend einheimische Erzeugnisse verkauft werden. Im Gegensatz zu den gefährdeten Arbeitsplätzen in den modernisierungsbedürftigen Industrieanlagen bieten diese gute Verdienstmöglichkeiten für die stadtnahe Bevölkerung in der Landwirtschaft. Größere Märkte besitzen jedoch ein Einzugsgebiet, das weit über die Grenzen Kronstadts, z.B. bis Buzäu, hinausreicht.

Folgt man der Kronstädter Senke in Richtung Norden, so gelangt man in den ungarisch geprägten Teil des Siebenbürger Beckens, das seinerseits keine ebene Fläche darstellt, sondern gleichfalls eine untergeordnete Struktur von Senken und Schwellen aufweist. Landschaftsprägend für diesen Teil Siebenbürgens ist der Olt, Rumäniens zweitgrößter Fluß. Er entspringt nordöstlich der Stadt Gheorgheni und sucht sich dann unter Ausbildung tiefer Täler seinen Weg Richtung Süden. Etwa bei Olteni gelangt er in den Bereich des flachen Siebenbürger Beckens, und erhält Gelegenheit, sich in der Fläche auszubreiten. Aufgrund wechselnder Abflußverhältnisse entstand seit dem mittleren Tertiär - der ungefähren Entstehungszeit des Siebenbürger Beckens - eine Terrassenstruktur, die vom Wechselspiel wiederholter Akkumulation und Tiefenerosion geprägt war. Nördlich von Brasov erreicht der Olt den tiefsten Punkt der Senke. Er wird jedoch von den Südkarpaten daran gehindert, weiter Richtung Süden zu fließen. Er richtet sich erneut nach Norden und nimmt - bei anhaltender Sedimentationstätigkeit - zwischen der Transsilvanischen Hochfläche und den Südkarpaten Kurs Richtung Westen, bis er bei Sibiu nach Süden umbiegt und in der Nähe des Rotenturmpasses, die Karpaten quert und seinen Weg Richtung Donau fortsetzt.

An den ausgebildeten Terrassenflächen des Olt wird Landwirtschaft in Form von Kartoffel-, Rüben und Maisanbau betrieben. Die Größe der einzelnen Ackerparzellen variiert stark. Einerseits handelt es sich um reprivatisierte Kleinst-Ackerstreifen, die privat genutzt werden, andererseits um größere Flächen in Staatsbesitz oder um Flächen, die durch freiwilligen Zusammenschluß vieler Kleinstparzellen zu einem großen Ackerstreifen zustande gekommen sind (aus Gründen der effektiveren Bewirtschaftung). Beide Typen werden mit einem Minimum an technischen Aufwand bestellt und abgeerntet, da menschliche Arbeitskraft auf dem Feld billiger zu sein scheint als der Einsatz landwirtschaftlicher Maschinen. Auf vielen Feldern sind große Gruppen von Männern, Frauen und Kindern bei der Kartoffelernte zu sehen. Eine weitere Nutzung der Terrassen besteht in der Gewinnung von Sand und Kies zu Bauzwecken.

Ungarische Siedlungen im Szeklerland (Beispielort: Bixad)

Das Dorf Bixad, etwa 50 km nördlich von Kronstadt gelegen, befindet sich in einem Bereich, der von kleinen Tälern geprägt ist, die hier ihren Schnittpunkt haben. Aufgrund der Hanglage ist Ackerbau nur auf kleinen Verebnungen möglich, die höheren steilen Areale werden durchweg als Grünland genutzt. Der Ort erscheint durch seine Anlage und Architektur (Hausform, -farbe) gut in die Landschaft eingebunden.

Die Gehöfte, die im allgemeinen von allen Seiten her eingezäunt und nur durch kleine, überdachte Toreingänge zu erreichen sind, bestehen typischerweise für diese Region Rumäniens aus mehreren voneinander getrennten Gebäuden (keine Einhäuser). Untereinander trennt die Gehöfte meist nur eine schmale (<0,5 m) Gosse.

Das Haupthaus mit einer durchschnittlichen Größe von 13x5 m ist senkrecht zur Straße angeordnet und wird durch den separaten Stall in gleicher räumlicher Ausrichtung auf der straßenabgewandten Seite abgeschlossen. Im hinteren Teil des Hofes befindet sich üblicherweise eine quer zum Haupthaus ausgerichtete Scheune. Diese Anlageform kann durch ein kleines Zweithaus - parallel zum Hauptgebäude - (Kötter oder Altenteil), weitere Schuppen, Backhäuser oder Brunnen ergänzt werden (...). Zum Gehöftareal, dessen Gesamtgröße normalerweise zwischen 1000 und 1200 m² beträgt, gehört weiterhin ein Garten, häufig von Obstbäumen oder Walnüssen gesäumt, sowie eine kleine Wiese oder Weide zur Versorgung des Jungviehs.

Vulkanismus in den Karpaten

Betrachtet man den östlichen Teil des Siebenbürger Beckens genauer, so zeichnet sich eine Reihe relativ einzeln stehender hoher Berge ab, die eine verlängerte Kette in SO/NW-Richtung ausbilden. Hierbei handelt es sich um die Abfolge ehemaliger Vulkane, die entlang einer geologischen Schwächezone entstanden. Ein Produkt dieses Vulkanismus ist auch der St. Annensee. Mit einer Größe von ca. 22 ha und einer durchschnittlichen Tiefe von 7,5 m, umschlossen von einem ringförmigen Wall gleicht er einem Kratersee (...). Es handelt sich jedoch warscheinlich um einen Maarsee, der sich bei vulkanischer Aktivität ohne Lavaaustritt durch explosive Vorgänge bildete. Gasbildung unter der Oberfläche sorgte für den explosiven Auswurf von Bomben und Lockermaterial, das sich um den Krater als Wall aufhäufte. Nach Ende der aktiven Phase wurde der Kraterboden zunehmend verfestigt, so daß sich im Laufe der Zeit Wasser ansammeln und ein abflußloser See ausformen konnte. Durch den Eintrag von Feinmaterial ist auch der St. Annensee wie viele stehende Gewässer ohne nennenswerten Zu- und Abfluß von Eutrophierung bedroht. An den Ufern sind bereits Verlandungszonen vorhanden, die mit Binsen, Seggen und Disteln bewachsen sind. Mit zunehmender Entfernung von der aktuellen Verlandungszone nimmt der Anteil der Laubgehölze, die weniger Feuchtigkeit vertragen (Weiden, Birken, Erlen,...) zu und führt allmählich zum üblichen Wald.

Das in einigen Bergrücken anstehende vulkanische Gestein (z.B. Andesit) wird in Steinbrüchen als Baumaterial (z.B. zur Befestigung von Straßen) gewonnen.

Eine weitere Folge des Vulkanismus in dieser Region ist die Ausbildung von Mofetten (Kohlensäureaustritten) und das Vorkommen von Heilwässern, z.B. bei Malnas (...) oder Bäile Tusnad, die neben viel Eisen auch Natrium und Calcium, Magnesium sowie die für Mineralwässer eher seltenen Elemente Silicium und Bor enthalten.

Zu sozialistischen Zeiten waren Orte wie Bäile Tusnad, Malnas, Borsec, Balvanyos u.a. beliebte Standorte für Heilkliniken und Kureinrichtungen, heute machen sie einen stark heruntergewirtschafteten Eindruck mit hohem Investitionsbedarf, wenn hier wieder Badetourismus blühen soll.

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Datum: 04.09.1998

Themen: Kirchenburgen und sächsische Siedlungen: Schäßburg (Sighisoara) - mittelalterliche Stadtanlage

Route: Schulerau / Poiana Brasov - Kronstadt / Brasov via E 60 (Straße Nr.13) in Richtung Schäßburg / Sighisoara; nach ca. 12 km hinter Kronstadt rechts ab auf Nebenstrecke in Richtung Bod; von hier aud zurück auf die E 60 (Straße Nr.13) und weiter via Marienburg im Burzenland / Feldioara - Rothbach / Rotbav - Nußbach / Mäierus - Warmbrunn / Hoghiz - Reps / Rupea - Schweischer / Fiser - Bodendorf / Bunesti - Zoltendorf / Mihai Viteazu - Keisd / Saschiz - Teufelsdorf / Vinatori - Weißkirch / Albesti nach Schäßburg / Sighisoara - Übernachtung; ca. 146 km

Anfahrt Birthälm / Biertan: von Schäßburg / Sighisoara Straße Nr.14 in Richtung Mediasch / Medias über Dunesdorf / Danes - Elisabethstadt / Dumbräveni - Scharosch / Saros pe Tirnave; in Scharosch links ab, nach ca. 9 km gelangt man nach Birthälm / Bietan; ca. 30 km.

Anfahrt Tartlau / Prejmer: von Kronstadt / Brasov über die E 574 in Richtung Tirgu Secuiesc; nach ca. 12 km biegt man rechts ab auf die Straße Nr.10 und gelangt nach ca. 5 km nach Tartlau / Prejmer; ca. 17 km.

Protokoll: Christine Lambregts-Schmidt

Schulerau / Poiana Brasov (1030 m ü.NN.), benachbart zu Kronstadt / Brasov gelegen, dem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum des Burzenlandes, ist ein bekanntes Wintersportgebiet in Rumänien. Inmitten von Wäldern wurden Hotels und Wintersporteinrichtungen gebaut. Während es sich bei diesem Wintersportort um einen neueren Siedlungstypus handelt, trifft man in der Senke des Burzenlandes auf zahlreiche ursprüngliche Ortschaften, die in besonderem Maße Aufschluß über die Siedlungsweise und Lebensart der deutschstämmigen Bevölkerung geben.

Die Geschichte der sächsischen Siedlungen reicht annähernd 800 Jahre zurück und ist eng mit der Entwicklung dieses Raumes , dem Burzenland, als auch mit anderen Gebieten Siebenbürgens verbunden. Unter dem ungarischen König Geza II. ließen sich einwandernde Familien in Siebenbürgen nieder. Die Heimat dieser sog. Siebenbürger Sachsen läßt sich heute nicht mehr eindeutig lokalisieren, denn ihre Spuren führen in nahezu alle Gebiete des westlichen Deutschlands. Die Forschungen sprechen für eine erste Einwanderungswelle bereits im 12. Jahrhundert. Aus dieser Zeit lassen sich zwei Strömungsrichtungen deutlicher zurückverfolgen: zum einen in den moselfränkisch-flandrisch-niederrheinischen (Flandern, Wallonien und Luxemburg) und niedersächsischen Raum sowie in die Gebiete des mittleren und südlichen Deutschlands. Dabei lassen sich zwei Hauptbevölkerungsgruppen herauskristallisieren: moselfränkisch-rheinisch, die Gruppe der sog. Flandrenses und Teutonici sowie niedersächsisch, die gruppe der sog. Saxones.

Den Einwanderern wurden besondere Privilegien zuerkannt, die im sog. Andreanum niedergeschrieben wurden (unter Andreas II. am 30.11.1224) und über Jahrhunderte Geltung hatten. Die Siedler kamen in eine Region, die sie vielleicht an ihre Heimat erinnerte und ihnen daher gefiel. Das Transsilvanische Becken ist im eigentlichen Sinne keine Beckenlandschaft und auch keine Hochebene, denn die Landschaft ist im Vergleich zu einem Becken oder einer Hochebene tatsächlich viel welliger, wird von Gebirgszügen, kleinen Tälern, Eintiefungen und Rücken duchzogen. Auch die Vegetation ähnelt jener in den Ursprungsräumen der Siedler: Eichen und Buchen bestimmen das Bild, wobei die Eiche aufgrund der Wärme dominant ist. Auf den hier anstehenden, qualitativ hochwertigen Braunerden, fanden die Siedler nahezu die gleichen ackerbaulichen Bedingungen vor wie in ihrer Heimat. Die Siebenbürger Sachsen übernahmen die Kultivierung des Landes sowie den bewaffneten Schutz des unsicheren Grenzraumes gegen Invasoren von Osten und Südosten, z.B. Mongolen und Türken. Im Burzenland, das ursprünglich nicht zum Königsboden (dies war die Hermannstädter Provinz) gehörte, wanderten 1211 deutsche Siedler mit dem Deutschen Ritterorden ein, der sich in Marienburg / Feldioara niederließ und dort eine Burg errichtete (heute nur noch Ruinen erhalten), sowie Kronstadt / Brasov und Rosenau / Risnov gründete. Als es zu großen Differenzen zwischen dem ungarischen König und dem Ritterorden kam, mußte letzterer im Jahre 1225 das Burzenland wieder verlassen. Die deutschen Einwanderer durften bleiben und sorgten fortan allein für die Sicherung des Predealpasses.

"Die bäuerlichen Siedler erhielten alle gleichgroße Hofstellen und Ackerflächen. Wald, Weide und Wasser wurden gemeinsam genutzt. Um mehr Sicherheit vor äußeren Gefährdungen zu haben und um gute Verteidigungsmöglichkeiten zu schaffen, legte man die Hofstellen entlang der Straße dicht zusammen, was außerdem den sozialen Zusammenhalt förderte. Nachbarschaftliche Hilfeleistungen und nachbarschaftliches Zusammenstehen wurden tragender Bestandteil der dörflichen Gemeinschaft" (KALLEN 1996).

Folgende Merkmale kennzeichnen die Siedlungen sächsischer Gründung: geschlossene Häuserfronten, alle Giebel sind zur Straße hin ausgerichtet, die Häuser stehen dicht an dicht. In der Mitte einer sächsischen Siedlung findet sich häufig eine Aufweitung, um welche die Straße an beiden Seiten herumführt. Ursprünglich wurde auf diesem zentralen Platz morgens das Vieh des Dorfes zusammengeführt und dann auf die Weiden getrieben. Am Abend wurde es von hier aus in die Stallungen zurückgebracht. Diese Funktion erfüllt der Anger heute nicht mehr überall. In zahlreichen Siedlungen, wie z.B. in marienburg / Feldioara wird der Anger als Grünanlage genutzt und trägt Schul-, Bank-, Post u.a. öffentliche Gebäude. So wurde die Idee gemeinschaftlicher Nutzung, wenn auch in geänderter Form, beibehalten (...). Die Hofanlagen der Siebenbürger Sachsen haben in etwa den gleichen Grundriß, sie sind oft etwa 100 x 25 m groß. Dadurch entsteht nach außen ein einheitliches Erscheinungsbild. Die Anordnung der einzelnen Gebäude innerhalb einer Hofanlage kann variieren, deren Anzahl bleibt meistens gleich. Hinter dem Gehöft erstrecken sich in Längsrichtung die Gartenflächen, daran schließen sich die Akker- und Grünflächen an. In manchen Regionen, wie beispielsweise in der Gegend um Birthälm / Biertan wird auf diesen Flächen Wein angebaut. Insbesondere die politischen Verhältnisse unter dem sozialistischen Regime bedingten eine Zwangsenteignung des Bodenbesitzes der Siebenbürger Sachsen, der erst in den letzten Jahren, infolge der politischen Umwälzungen, teilweise wieder in den Besitz der Familien überging. Zwar wurde die Physiognomie der sächsischen Hofanlage nicht verändert, allerdings mußte der größte Teil des erwirtschafteten Ertrages abgegeben werden, wollte man die eigenen Lebensmittelrationen zugeteilt bekommen. Nach dem politischen Umbruch des Jahres 1989 - viele LPGs und Staatsfarmen wurden aufgegeben - erhielt man zunächst zwischen 2 und 2,5 ha Land zur privaten Bewirtschaftung zurück. In einer weiteren Etappe wurde die Privatfläche auf bis zu 10 ha erweitert. Allerdings werden bislang nicht mehr als 50 ha pro Besitzer zurückgegeben, selbst wenn dieser den Anspruch nachweisen kann, z.B. mittels einer Grundbucheintragung.

Viele Siebenbürger Sachsen sind in den letzten Jahren abgewandert, die meisten von ihnen nach Süddeutschland. Im Gegensatz zur Regierungszeit Ceausescus, in der der "Privatbesitz" der Siebenbürger Sachsen, die auswandern wollten, in den Staatsbesitz überging, können die Häuser und Ländereien heute verkauft werden. Dem Umstand, daß viele Sachsen ihre Heimat verlassen haben, ist es zu verdanken, daß Land überhaupt zurückgegeben werden kann. Wären alle Besitzer geblieben, so hätte das zur Verfügung stehende Land nicht ausgereicht. Viele sächsische Siedlungen haben heute nur noch geringe deutsche Bevölkerungsanteile. Von den verbliebenen Sachsen sind viele mittlerweile mit Partnern aus anderen Volksgruppen verheiratet. Auch das Bild der Erwerbstätigkeit hat sich stark gewandelt. Arbeiteten die Dorfbewohner früher ausschließlich in der Landwirtschaft, so wird dies heute nur noch von einigen betrieben. Die Tradition der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung wird allerdings mancherorts heute noch fortgeführt. Durch die starke Abwanderung der letzten Jahre stellt sich die Frage, ob die vor Ort verbliebenen Siebenbürger Sachsen das kulturelle Erbe ihrer Volksgruppe weiterhin werden aufrecht erhalten können. Die nach Deutschland ausgewanderten Sachsen haben zahlreiche Heimatortgemeinschaften gegründet, in denen versucht wird, das Andenken an die ursprüngliche Heimat zu pflegen. Außerdem findet alljährlich ein sog. Sachsentreffen statt, dieses Jahr beispielsweise traf man sich im September in Birthälm / Biertan. Diese Treffen werden meistens mit einem Besuch in den alten Heimatorten verbunden.

Das Gesamtbild der deutschen Siedlung wird durch die Dorrfkirche komplettiert. Den Kirchen kam innerhalb eines sächsischen Dorfes eine tragende Rolle zu, denn bei feindlichen Angriffen boten sie der Bevölkerung Schutz. Diese Besonderheit entwickelte sich allerdings erst nach 1241. In jenem Jahr fielen die Mongolen in Siebenbürgen ein und verwüsteten das Land nahezu vollständig. Die meisten der deutschen Siedler kamen dabei ums Leben. Um sich besser zu schützen, versahen sich die Städte mit Befestigungsanlagen; die Dörfer, von denen es im 13. Jahrhundert ca. 300 gab, bauten ihre Kirchen zu Wehrkirchen aus: die Westtürme und Langhäuser erhielten Wehrgeschosse, die Chöre bekamen zum Teil wehrturmähnliche Überbauten, die Mauern wurden verstärkt und mit Schießscharten sowie Gußlöchern versehen. Ein Teil der Fenster und Portale wurden zugemauert, hölzerne Flachdecken wurden durch weniger feuergefährliche Gewölbedecken ersetzt. Neben den Wehrkirchen entstanden auch eine Reihe von sog. Kirchenburgen, die sich dadurch auszeichnen, daß ihre Befestigungsanlagen um die Kirche herum angeordnet sind. Der Kirchenvorplatz wurde meistens mit einer Ringmauer (diese konnte kreisrund oder eckig sein, es gibt in den einzelnen Regionen Variationen) umgeben, die mit Tortürmen und Mauertürmen zusätzlich gesichert wurde. Im Inneren dieses Beringes wurden außerdem Vorratskammern und Räumlichkeiten für die Bewohner des Dorfes im Falle einer Belagerung errichtet, in der Kirchenburg in Tartlau / Prejmer sind diese Anlagen heute noch gut erhalten. Nicht jede Kirchenburg verfügte über zusätzliche Wohnräumlichkeiten, aber die meisten hatten Vorratskammern und sog. Specktürme, die teilweise bis 1960 noch genutzt wurden. Von den noch ca. 150 erhaltenen Kirchenburgen in Siebenbürgen sind bislang zwei Anlagen, Birthälm / Biertan und Tartlau / Prejmer in die Liste der UNESCO aufgenommen worden (Die Aufnahme in die Liste wird nicht überall als Vorteil gewertet, da man bemängelt, keine finanzielle Unterstützung zu erhalten dafür aber jede Menge Vorschriften und Auflagen, denn es dürfen keine baulichen Veränderungen vorgenommen werden). Weitere Kirchenburgen (vorgesehen sind Deutsch-Weißkirch, Keisd, Kelling und Wurmloch) sollen aber in den nächsten Jahren folgen. Der engagierten Arbeit der Kuratoren und der Dorfbevölkerung in den einzelnen Dörfern ist es zu verdanken, daß bislang nicht mehr Kirchenburgen und Wehrkirchen verfallen sind. Teilweise werden sie von ausgewanderten Sachsen finanziell unterstützt oder durch gemeinnützige Stiftungen, wie beispielsweise der Habermann Stiftung München unterhalten oder restauriert (...).

Neben den Kirchenburgen und Wehrkirchen baute man auch Burgen, die der Bevölkerung als Zufluchtsort dienten. In Reps / Rupea erhebt sich auf einem Vulkanstumpf in der Nähe einer wichtigen Verkehrsstraße, die Siebenbürgen mit der Moldau und der Walachei verbindet, eine Burg (1324 erste urkundliche Erwähnung). Obwohl heute nur noch Ruinen vorhanden sind, erkennt man, daß es sich um eine Befestigungsanlage mit drei Ringmauern handelt. Unterhalb der Burg schließen sich kleinere Siedlungseinheiten an. Der Ort selbst wird von zwei Verkehrsachsen durchzogen, an denen sich zu beiden Seiten Gehöfte der Siebenbürger Sachsen erstrecken, denn sie weisen die schon zuvor skizzierte Eigenart auf: geschlossene Häuserfronten, giebelständig, gestreckte Hofanlagen (...).

Die Städte in Siebenbürgen errichteten nach dem Mongoleneinfall 1241 ebenfalls Schutzvorrichtungen. In Schäßburg / Sighisoara (36.486 EW, Stand 1995) ist dies heute immer noch sehr anschaulich. Die Stadt gilt als eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadtanlagen in Siebenbürgen (...). Aufgrund seiner zentralen Lage im verkehrsreichen Kokeltal war Schäßburg / Sighisoara von jeher ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Archäologische Funde, die im Stadtmuseum (Stundenturm) ausgestellt sind, belegen dies. Die Anlage der Burg erfolgte auf dem freistehenden, südlich der Kokel gelegenen 850 m hohen langen Bergrücken, der aus dem breiteren 30 m über der Talsohle (350 m) gelegenen Burgberg (untere Terrasse) und dem 49 m höher gelegenen Schulberg (obere Terrasse, 429 m) besteht. Auf dem Burgberg entwickelte sich die Burgsiedlung um die erste Kirche, die norwestlich vom heutigen Stadtpfarrhof gegen Ende des 13. Jahrhunderts errichtet wurde. Um 1350 wurde mit dem Bau der heute noch großteils vorhandenen, 930 m langen Ringmauer in Ovalform um den Burgberg und den Schulberg begonnen. Diese hatte ursprünglich 14 Türme, die jeweils einer Zunft gehörten. Heute sind noch 9 Türme erhalten. Von allen noch erhaltenen Türmen ist der Stundenturm der gewaltigste und größte. Mittelpunkt der alten Burg war der Burgplatz, der sich zum Schulberg in der breiten Schulgasse fortsetzt. Den Burgplatz verband die Turmgasse mit dem Stundturm, unter dem sich der Haupteingang in die Burg befindet. Derart geschützt, konnte die Bevölkerung in den Stadtmauern in den folgenden Jahren und Jahrzehnten stetig anwachsen. Dies führte u.a. dazu, daß die Schule vergrößert werden mußte. 1642 erfolgte der Bau der gedeckten "Schülertreppe", bis 1842 wurde sie noch einmal verändert und erhielt ihr heutiges Aussehen.

Schäßburg entwickelte sich insbesondere im 14. und 15. Jahrhundert zu einem bedeutenden und wohlhabenden Zentrum des Handwerks, Handels und Gewerbes. Die Errichtung der Befestigungsanlagen diente nicht nur dem Schutz vor Angreifern aus dem Osten. Die Stadtmauern trennten gleichzeitig die deutsche Bevölkerung von den übrigen Bevölkerungsanteilen, die sich später in diesem Gebiet niederließen und unterhalb der Burg lebten. Im Inneren der Stadtmauern wohnten ausschließlich deutsche Siedler mit ihren Familien. Erst nach 1918 durften sich Rumänen in der Oberstadt niederlassen. Vermutlich ist es hierauf zurückzuführen, daß sich die mittelalterliche Stadtanlage westeuropäischer Prägung derart lange unverfälscht erhalten konnte. Heute ist Schäßburg / Sighisoara die einzige mittelalterliche Stadt in Siebenbürgen, die noch bewohnt ist. Zwar hat es zahlreiche bauliche Veränderungen gegeben, doch darf heute nichts mehr verändert werden. An zahlreichen Stellen in der Oberstadt und der Unterstadt werden Gebäude, teilweise mit finanzieller Unterstützung aus Deutschland, restauriert und instandgesetzt. Das "Siebenbürgische Rothenburg" hat in touristischer Hinsicht ein großes Potential. Allerdings bedarf es dazu noch zahlreicher Verbesserungen hinsichtlich der Infrastruktur, so z.B. Unterbringung der Besucher aus dem In- und Ausland (seit 1997 wird die Stadt von Touristen aus Deutschland, Japan, den USA und Italien besucht, daneben auch größere Besucherzahlen aus Rumänien selbst) in adäquaten Hotels. Bislang existiert in Schäßburg / Sighisoara nur ein größeres Hotel, das allerdings aufgrund ungeklärter Besitzverhältnisse den veränderten Bedürfnissen bislang noch nicht angepaßt werden konnte. Es bleibt zu hoffen, daß diese Unklarheiten rasch beseitigt werden, denn dann hat die mittelalterliche Stadt die Möglichkeit, ihr touristisches Potential auszubauen und damit auch dem Umland positive Entwicklungsimpulse zu vermitteln.

Verwendete Literatur:

Melas, Evi 1977: Rumänien: Schwarzmeerküste-Donaudelta-Moldau-Walachei-Siebenbürgen. Köln: DuMont, 1977; S.92-139

Lamping, Heinrich 1991: Kirchenburgen in Siebenbürgen: geographische Analysen - Kurzbeschreibungen - Bilddokumentation. In: Frankfurter Wirtschafts- und Sozialgeographische Schriften, Heft 57, 1991 [PB 31 MRP 1374-57]

Hartl, Hans 1979: Die Siebenbürger Sachsen. Ein Beispiel deutscher Entwicklungsleistung in Südosteuropa. In: Südosteuropa im Entwicklungsprozeß der Welt. Festschrift für Professor Dr. Hermann Gross, hrsg. Im Auftrag der Südosteuropa Gesellschaft von Walter Althammer und Werner Gumpel. München; Wien: Olzog Verlag, 1979, S. 187-201 [PB P31 PMO 2625]

Gerster, Georg; Rill, Martin 1997: Siebenbürgen im Flug. Das deutsche Siedlungsgebiet: seine Kirchenburgen, Dörfer, Städte und Landschaften. München: Edition Wort und Welt, 1997, 267 S., 429 Luftbilder, ISBN 3-932413-00-8; [PB P31 NAT 1052]

Van der Kallen, Wim; Lungagnini, Henrik 1996: Siebenbürgen: Tausend Jahre europäische Kultur im Osten Europas. Augsburg: Lizenzausgabe für Bechtermünz Verlag im Weltbild Verlag GmbH, 1996, ISBN 3-86047-308-5.

Verwendete Internet-Materialien:

http://www.sibiweb.de/geschi/siebsach.htm   Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen
http://golem.laser.physik.uni-muenchen.de/~hilu/html/sws/sws_maja.phtml   Einführung in die Geschichte der Siebenbürger Sachsen
http://golem.laser.physik.uni-muenchen.de/~hilu/html/sws/schbg/schbg.html   Schäßburg
http://members.aol.com/Micha99552/schaessburg.htm    

 

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Datum: 05.09.1998

Themen: Kokeltal; Dorf und Kirchenburg Birthälm; Stadt Mediasch; Umweltprobleme beo Copsa Micä (Klein-Kopisch); Dorf und Kirchenburg Valea Viilor (Wurmloch)

Route: Schäßburg - Birthälm - Mediasch - Klein-Kopisch - Wurmloch - Hermannstadt (ca.100 km)

Protokoll: Marius Barth, Rafael Frotz

Fahrt von Schäßburg über die DN 14 durch das Kokeltal Richtung Westen:

Im Flußtal wird gemäß sozialistischer Planwirtschaft großflächig Ackerbau betrieben, teils sind jedoch noch alte Besitzparzellen erkennbar. Mehrere Mülldeponien säumen den Fluß.

Standort 1: westlich von Danes

In der Flußaue dominiert der Ackerbau (Mais). Es handelt sich um fruchtbares Gelände mit wenigen, durch Schilfbewuchs erkennbaren, feuchten Stellen. Vereinzelt kommen kleine Baumgruppen (hauptsächlich Pappeln) vor. Auf den Hängen und den Flußterrassen wechselt Ackerland mit Brachen und Weideland ab. Einige alte Parzellen der Streifenflur sind offensichtlich wieder in Privatbesitz und werden bewirtschaftet, bei anderen Flächen wird das Problem der ungeklärten Besitzverhältnisse mit Sicherheit eine Rolle spielen. Natürliche Wiederbewaldung ist in allen Stadien erkennbar. An der Hangkante schließt Laubwald (Buche, Esche, Linde, Walnuß, Eiche) die Flur ab.

Fahrt nach Birthälm:

Das Kokeltal ist, u.a. durch den geringen Bewuchs der Hänge, vor allem aber durch den Untergrund (wenig verfestigtes mergelig-toniges Material aus dem Tertiär) stark erdrutschgefährdet. Bei Überschwemmungen führt der Fluß viel Schlamm mit sich, oft sind Sand- und Tonbänke zu beobachten.

Standort 2: Birthälm (Erstmals urkundlich 1283 erwähnt)

Das Dorf Birthälm liegt in einem Seitental südlich der großen Kokel. In der Mitte des Marktfleckens fließt der Birthälmer Bach. Auf beiden Seiten des Baches säumen traditionelle sächsische Gehöfte je eine Straße. Birthälm hat etwa 2.000 Einwohner.

Ab 1397 besitzt Birthälm Marktrechte, bis 1552 befand sich hier der Sitz des Königsrichters und von 1572, nach der Wahl eines Birthälmer Pfarrers zum Superintendenten, bis 1867 war der Ort Bischofssitz. Heute residiert der Bischof in Hermannstadt. Die Kirchenburg liegt auf einer Erhebung (Burghügel) inmitten des Dorfes. Sie gilt als eine der schönsten und besterhaltensten Wehrkirchen Siebenbürgens. Eine erste Befestigungsanlage ist an dieser Stelle erstmals 1468 erwähnt. Hierbei handelt es sich vermutlich um den mittleren (zweiten) Bering. Insgesamt ist die Anlage mit drei Ringmauern gesichert. Der innere Ring mitsamt seinen drei Türmen und der nach Osten ausgerichteten Bastei stammt aus dem ersten Jahrzehnt des 16. Jh.. Etwas später wurde die unvollständige dritte Mauer im Osten, Süden und Westen mit zwei Türmen und einer zweiten Bastei hinzugefügt. Die Türme erfüllten die für Wehrkirchen üblichen Funktionen (auch in Friedenszeiten): Speckturm, Stundturm, Mausoleumsturm (Grabsteine der Birthälmer Bischöfe), Rathausturm etc.. Bei der kirche handelt es sich um eine turmlose, dreischiffige, spätgotische Hallenkirche. Der Bau wurde um 1510 vollendet. Im inneren der Wehrkirche sind besonders der Flügelaltar von 1483 (der größte Siebenbürgens) und die Sakristeitür mit ihrem kunstvoll gestalteten Schließmechanismus erwähnenswert. Wie in den meisten siebenbürgischen Kirchen, befinden sich hier eine Vielzahl anatolischer Teppiche als Wandbehang.

Weiterfahrt auf der DN 14 Richtung Hermannstadt.

Fahrt durch Mediasch (ca. 70.000 Einwohner):

Mediasch ist Munzipium im Bezirk Hermannstadt. Die Stadt liegt im Tal auf Flußterrassen der Großen Kokel. Der Mediascher Raum ist seit der Steinzeit durchgehend besiedelt, des weiteren sind Siedlungsreste der Römer, Dako-Romanen, Szekler (1100) sowie verschiedener Wandervölker (Goten, Gepiden, Awaren, Slawen etc.) nachgewiesen. 1270 wurden sächsische Kolonisten angesiedelt, 1534 erhält Mediasch Stadtrechte und etabliert sich als Bauern-, Handwerker-, und Kaufmannstadt. Der Hauptgrund für den Aufstieg der Stadt zum wichtigen Handels- und Marktort liegt sicherlich in der günstigen Verkehrslage an im Mittelalter verstärkt genutzten Handelsrouten sowohl in Nord / Süd als auch in Ost / West Richtung. Nach dem ersten Weltkrieg setzte die erste Industrialisierungsphase ein. Nach dem zweiten Weltkrieg folgte die Sozialistische Industrialisierung. Aufgrund der reichen Erdgasvorkommen sind nahezu alle Industriezweige inclusive Chemie- und Schwerindustrie vorhanden. Im Gegensatz zu den anderen rumänischen Städten außerhalb Siebenbürgens sind im Stadtkern innerhalb der gut erhaltenen Stadtmauer mit ihren Türmen und Basteien keine sozialistischen "Prachtbauten" zu finden. Inmitten der sächsischen Altstadt steht die einzige erhaltene Stadtkirchenburg Siebenbürgens, das Kastell aus dem 15. Jahrhundert. Um die Altstadt herum breiten sich weitläufige Industrieanlagen und Wohngebiete in Plattenbauweise aus, westlich wurde ein Verwaltungszentrum mit Rathaus, Gewerkschaftshaus, Post und Hotel errichtet.

Fahrt auf der DN 14 weiter Richtung Hermannstadt

Standort 3: Klein-Kopisch (ca. 5.000 Einwohner)

Das ursprüngliche Klein-Kopisch wurde 1402 erstmals urkundlich erwähnt. Im Gegensatz zur Mehrheit aller Ortschaften der Region handelt es sich allerdings nicht um eine sächsische sondern eine ungarische Siedlung.

Neben dem ungarischen Dorf und dem eingemeindeten sächsischen Dorf Kleinprobstdorf wird der Charakter Klein-Kopischs vor allem von der sozialistischen Wohnblockstadt und dem Industriegebiet geprägt. Die inzwischen stillgelegte Rußfabrik sorgte lange Zeit dafür, daß Klein-Kopisch den wenig schmeichelhaften Beinamen "die schwarze Stadt" trug oder als dreckigste Fabrikstadt Europas bezeichnet wurde. Zur Zeit ist noch eine Buntmetallfabrik in Betrieb.

Die aus der langjährigen rücksichtslosen Verschmutzung mit Ruß, Bleioxyd und SO2 resultierenden Umweltprobleme sind nicht retouchierbar. Die Kokel ist ein biologisch totes Gewässer, die Hänge nördlich des Ortes sind kahl, Bergrutsche drohen den Fluß aufzustauen. Man versucht diese Gefahr durch Planierung bzw. Wiederbepflanzung beizukommen. Weitere Probleme entstehen durch die bereits diskutierte Schließung des zweiten großen Chemiewerks im Bezug auf drohende Massenarbeitslosigkeit in der Region.

Abzweigung in ein südliches Seitental der Kokel

Standort 4: Wurmloch (ca. 1.700 Einwohner)

1305 erstmals als Adelsbesitz urkundlich erwähntes typisches sächsisches Dorf, war Wurmloch früher ein reines Weinbaugebiet. Der rumänische Name für Wurmloch (Valea Viilor) bedeutet "Weinrebental", für die Herkunft des deutschen Namens kursieren mehrere Varianten, so z.B. "Drachenhöhle" oder "Warmloch". Bei Einfahrt nach Wurmloch fällt zuerst die anfangs lockere Bebauung auf (rumänische Höfe), die sich auch in einigen Seitentälern fortsetzt, bevor die geschlossene Bauweise einer typischen sächsischen Siedlung beidseitig die Straße säumt (die Höfe sind groß, zeigen Wohlstand an) und einen gemeinschaftlich genutzten Platz (Anger) umschließt. Der Anger kann als Weide oder auch als Sammelplatz für gemeinschaftlich auf die Weiden getriebenes Vieh genutzt werden, kann aber auch sozialen Zwecken dienen.

Als Achse für die Ausbreitung des Dorfes dient ein Bachlauf in Baumgirlande (Weiden). Die Regelgröße der landwirtschaftlichen Betriebe liegt bei 5-7 Hektar, der Weinanbau dominiert auch heute noch. Die evangelische Wehrkirche (gotische Saalkirche) stammt aus dem 14. Jahrhundert.

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Datum: 07.09.1998

Thema: Hermannstadt / Sibiu

Route: Riu Sadului (geschotterte Straße) - Sadu / Zoodt (asphaltierte Straße) - Cinädie / Heltau (E 68, Straße Nr.1) - Sibiu / Hermannstadt; ca. 35 km

Protokoll: Diane Andrews

Ausgangsort war Riu Sadului, ein langgezogenes, lockerständiges Dorf, ca. 500-600 m ü.NN. Charakterisiert wird die Umgebung durch ein bewaldeten Bergrücken des Muntii Cindrel (Cindrel-Gebirge auch als Zibinsgebirge bezeichnet) und Muntii Lotrului (Lauterbachgebirge), die Höhen bis zu 1700 m ü.NN erreichen. Auf den Bergrücken, oberhalb der Waldgrenze, befinden sich Almen, auf denen im Hochsommer das Vieh geweidet wird (Weidewirtschaft). Im Frühjahr und Herbst wird das Vieh beim Almauf- bzw. Almabtrieb zur Zwischenstation = Maiensäß (ca. 800-1000 m ü.NN) im Waldbereich getrieben. Der Winter kann in den Südkarpaten unter Umständen sehr lang andauern, manchmal liegt hier von Oktober bis Ende April Schnee. Die ausgedehnten Matten deuten darauf hin, daß die Waldgrenze hier nicht natürlich verläuft, sondern vom Menschen künstlich herabgedrückt wurde. Es läßt sich darüber hinaus beobachten, daß der Tourismus in den Südkarpaten ansatzweise Einzug hält, etwa dadurch, daß Heustadl, welche ursprünglich der Futterlagerung dienten, heute als Unterkünfte für Touristen umgebaut wurden und werden. Vermutlich wird dieses Gebiet stärker im Winter als im Sommer von Touristen frequentiert, da die Schneeverhältnisse bzw. die lange Dauer des Winters eine verstärkte Nutzung für den Wintersport begünstigen. Wintersporteinrichtungen sind allerdings noch nicht erkennbar. Entlang der geschotterten Straße verläuft ein Wasserlauf, dessen Ufer befestigt wurden. Vermutlich verfolgte man damit die Absicht, den Wasserlauf von der Straße abzudrängen. Im Saduluital gibt es insgesamt fünf Kraftwerke, deren ältestes aus dem Jahre 1897 zurückdatiert. Dies zeigt, daß die Gewinnung von Energie durch Wasserkraft in diesem Tal eine relativ lange Tradition hat. Entsprechend ihres "Alters" finden sich die älteren Anlagen noch im unteren Tal, während die neueren in den oberen Regionen errichtet wurden. Die oberste Staustufe mit einem Stausee erstreckt sich unterhalb des Hermannstädter Hausberges, dem Cindrel (2244 m ü.NN). Über Druckwasserleitungen wird das Wasser aus dem Stausee für die Energiegewinnung zu den Kraftwerken geleitet.

Sibiu / Hermannstadt (260.000 EW), die ehemalige Hauptstadt Siebenbürgens, wurde im 12. Jahrhundert von deutschen Siedlern gegründet, die unter dem ungarischen König Geza II. ins Land gerufen wurden. König Geza verfolgte die Absicht, mit diesen Siedlungen Siebenbürgen an strategisch wichtigen Punkten nach Osten hin abzusichern. Hermannstadt fiel dabei die Sicherung des Roten Turm Passes zu. Der heutige Name Hermannstadt leitet sich von dem lateinischen Ortsnamen Villa Hermani aus dem Jahre 1223 ab. Die Stadt liegt in einer fruchtbaren, waldreichen Senke des Flusses Zibin, inmitten des Siebenbürgischen Hochlandes. Nach Süden hin wird die Stadt von den Ausläufern des Fogarascher -, Lauterbach- und Zibingebirges begrenzt. Als eine der größten Städte in Transsilvanien hat Hermannstadt neben des Vesorgungsfunktion mit Gütern des episodischen und periodischen Bedarfs, überregionale Bedeutung in den Bereichen Kultur und Wissenschaft. Sibiu ist der Sitz einer alten, traditionsreichen Universität und hat auch in den Bereichen Politik und Wirtschaft eine wichtige Stellung. Die geographische Lage am Schnittpunkt alter Handelswege begünstigte schon früh eine rasche Entwicklung der Stadt.

Das mittelalterliche Stadtbild ist bis heute weitgehend erhalten geblieben. Es wird insbesondere von den alten Befestigungsanlgen geprägt. Hermannstadt wurde von 4 Mauerringen und zahlreichen Wehrtürmen (mit Schießscharten und Zinnen) umgeben: die erste Mauer entstand im 13., die zweite im 14. Jh.; der dritte Ring wurde von 1358 bis 1367 errichtet und mit der Vollendung des vierten Ringes im 15. Jh. wurde die Befestigung der Stadt abgeschlossen. sie stellte seither ein Bollwerk gegen die zahlreichen Angreifer aus dem Osten dar, z.B. gegen Türken und Tataren, und war sicherer Zufluchtsort für die städtische Bevölkerung und Anrainer. Heute sind nur noch Relikte der alten Stadtbefestigung zu sehen, aber sie spiegeln noch immer die mittelalterliche Situation wider, z.B. durch die Türme der einzelnen Zünfte (Töpferturm, Zimmermannsturm, etc.) und die Patrizierhäuser. Die teilweise winzigen Fenster in den Dächern werden als "Hermannstädter Augen" bezeichnet.

Mittelpunkt der Stadt ist der zentral gelegene Große Platz / Piata Mare, um den sich die Sehenswürdigkeiten der Stadt gruppieren, so z.B. das Hallerhaus, das ev.-bischöfliche Palais, die röm.-kath. Kirche, etc.. Zahlreiche Fassaden sind in gelb-rötlichen Farbtönen gehalten und zeigen barocke Stilelemente. Es klinkt die Zeit Siebenbürgens als Fürstentum unter der Herrschaft der Österreichisch-Ungarischen Doppelmonarchie (K. u. K.-Zeit) an, denn derartige Gebäude finden sich heute auch in Ungarn und Österreich.

Hervorzuheben ist das Brukenthal-Museum (17. Jhd.), ehemals das Palais des Barons Samuel von Brukenthal, Gouverneur Siebenbürgens von 1777 bis 1787, das ab 1817 in ein Museum umgewandelt wurde. Es beherbergt eine Bibliothek, archäologische Funde und Mineralien, einen Bereich zur Tradition und Kultur des Gebietes Sibiu und eine der bedeutendsten Gemäldesammlungen Rumäniens mit Werken von Rubens, Van Dijk, Cranach d. Ä. und rumänischen Künstlern. Weiterhin haben politische Organisationen wie das Deutsche Forum und die Ungarische Demokratische Partei am Großen Platz ihren Sitz. Nördlich der Piata Mare befindet sich ein weiterer Platz, Piata Micä, mit alten Zunfthäusern, Arkadengängen und verwinkelten Gassen. Von hier aus gelangt man über eine der noch zahlreichen erhaltenen Festungsstiegen zur Unterstadt, bei denen es sich um kleine Türme der ehemaligen Stadtmauer handelt, durch die Tore und Treppen hindurchführen. (...).

Auf einem weiteren PLatz, Piata Grivita, befinden sich die deutsche Schule (Lyzeum) in Hermannstadt und die Evangelische Stadtkirche, die älteste sächsische Kirche in Siebenbürgen. Vor der Kirche steht eine Statue des Bischofs Dr. Friedrich Teutsch (1852-1933), ein berühmter Historiker und Stadtpfarrer in Hermannstadt (1904-1906), der u.a., der Tradition seines Vaters folgend, die Geschichte der Siebenbürger Sachsen überarbeitete und weiter fortführte. Dieses Zeitdokument stellt einen wichtigen Beitrag zur Siedlungsgeschichte deutscher Emigranten in Siebenbürgen dar.

Die evangelische Stadtpfarrkirche ist ein dreischiffiges, gotisches Bauwerk aus dme 14. Jahrhundert (erste urkundliche Erwähnung reicht zurück in das Jahr 1321), das vermutlich auf den Ruinen eines Vorgängerbaus im romanischen Stil (12. Jh.) entstand und seither zahlreichen baulichen und insbesondere stilistischen Änderungen unterzogen wurde. Herausragend sind allerdings auch heute noch die Elemente der Gotik und der Hochgotik. Auch im Inneren der Kirche trifft man auf zahlreiche Stilelemente unterschiedlicher Kunstepochen, z.B. barocke Wandverzierungen an den Wänden des Langhauses und gotische Wandmalereien im Bereich des Chores. Unter diesen ist das Fresko von Johannes von Rosenau, aus dem Jahre 1445 besonders zu erwähnen, gilt es als eines der Hauptsehenswürdigkeiten dieser Stadtpfarrkirche. Daneben verdient auch die Orgel besondere Beachtung, denn es handelt sich dabei um die größte ihrer Art in ganz Siebenbürgen. Es ist eine Arbeit der Firma Wilhelm Sauer aus Frankfurt / Oder aus dem Jahre 1914/15. Unter Leitung der Familie Philippi, welche sich sehr verdient gemacht hat um die kulturelle Erhaltung und Pflege des siebenbürgisch-sächsischen Erbes, finden regelmäßig Orgel- und Chorkonzerte in der Stadtpfarrkirche statt. Neben der Pflege der Kultur der Siebenbürger Sachsen, die mittlerweile zu einer Minderheit avanciert sind, wird auch die Kultur anderer ethnischer Gruppierungen in Hermannstadt bewahrt. So finden hier alljährlich die Kulturtage der Zigeuner stadt. Ihr König hatte zu Lebzeiten seinen Wohnsitz in Hermannstadt.

An den historischen Stadtbereich schließt sich, wie schon zuvor an anderen Städten in Siebenbürgen zu beobachten war, der Außenbezirk mit seinen Wohnblocks im sozialistischen Baustil und Industrieanlagen der unterschiedlichsten Art an. Trotz aller Bestrebungen Ceausescus, auch Hermannstadt den "Sozialistischen Stempel" aufzudrücken, konnte die Stadt ihr mittelalterliches Gepräge in die heutige Zeit, d.h. die Zeit nach dem Umbruch 1989, hinüberretten. Dies ist sicherlich auf das Engagement und den Widerstand der Bevölkerung zurückzuführen. Bleibt zu hoffen, daß sich dieser Einsatz gelohnt hat, und insbesondere das mittelalterliche Stadtbild zahlreiche Touristen hierher kommen läßt und so positive Entwicklungstendenzen begünstigt. Ein Anfang ist gemacht, denn laut statistischen Veröffentlichungen bereisen jährlich 350.000 Touristen aus dem In- und Ausland die schöne Stadt am Rand der Südkarpaten. Noch bleibt viel zu tun, aber überall in der Stadt werden Teile dieses Kulturerbes bereits restauriert.

Verzeichnis der verwendeten Literatur:

Fabini, Hermann 1997: Die Stadtpfarrkirche in Hermannstadt. Hermannstadt: Architekturbüro Fabini GmbH, 1997, 18S., 12.Abb., 2 Farb.-Bilder auf Einbd.-Decke; ISBN 973-98087-0-0; (=Baudenkmäler in Siebenbürgen / Editura Monumenta Verlag; H.18)

Hagenberg-Miliu, Ebba; Miliu, Cezar 1998: Rumänien. Köln: DuMont, 1998, 320 S., 130 Abb., ISBN 3-7701-4448-1; (=Richtig reisen)

Heltmann, Heinz; Servatius, Gustav (Hrsg.) 1993: Reiseführer Siebenbürgen. Hrsg. im Auftrag des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde e.V., Gundelsheim, Sekt. Naturwissenschaften v. Heinz Heltmann u. Gustav Servatius unter Mitarb. v. P.Binder....Thaur/Innsbruck: Wort und Welt Verlag, 1993, LII, 517 S., Abb., Kt.-Skizzen, ISBN 3-85373-133-3; (=Schriften der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung; Bd. 2); [PB SB: Cem 6]

Hofstadt, Stephan; Zippel, Edgar 1997: Reiseland: Rumänien. 3. überarb. Neuauflage Moers: Edition Aragon, 1997, 212 S., Abb., teils farb., ISBN 3-89535-030-3

Klein, Horst G.; Göring, Katja 1995: Rumänische Landeskunde. Tübingen: Gunter Narr Verlag, 1995, 179 S., 25 Abb., ISBN 3-8233-4149-9; [P31 NAT 1044]

Melas, Evi 1977: Rumänien: Schwarzmeerküste-Donaudelta-Moldau-Walachei-Siebenbürgen, Köln, DuMont Verlag, S.92-139

Müller, Ronny 1997: Rumänien: Reisehandbuch. 3. überarb. U. erw. Auflage. Kronshagen: Conrad Stein Verlag, 1997, 215 Abb., ISBN 3-89392-244-X; (=Reise-Handbücher); [PB SB: Cem 6]

Inernet - Adressen:

http://private.freepage.de/Landler/de/html/sied/hstadt.htm

http://www.geo.strategies.to/romania/sibiu

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