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Eine traumhafte Reise ins Anina-Gebirge. Oder - Schluchten, Höhlen, Märchenwälder.

Ein Reisebericht von Wilhelm Scherz / Jüterbog

Bilder zur Story!


06.06.2000 - Die Einstandsrede!

Schlaflose Nächte sind vorausgegangen, eine seit langer Zeit mal völlig problemlose Anreise mit dem Zug (Berlin - Budapest, Umstieg, Budapest - Timosoara) und dann mit einem Taxi nach Resita. 23:40 Uhr ist es mittlerweile und wir sitzen im Hause von unserem im letzten Jahr so liebgewonnenen Freund Horst zum "Nachtbrot" (mit frischem Käse, Bier und selbstgebranntem banater Apfelschnaps). Wir, der Christian, der Frank und meine Wenigkeit, simulieren schon den kommenden Tag und für mich gehen jetzt quälende Träume einem baldigen Ende entgegen. Der Christian war ja schon im letzten Jahr mit dabei, bei dieser Schnuppertour in der Karasch-Klamm, und wie wir da auf dieser verlassenen, zugewachsenen Kleinbahntrasse zur Popovât-Höhle gewandert sind, diese irrwitzige verlassene Märchenstrecke, die durch verlassene Tunnel führt, und über einen stählernen Viadukt dann in die Buhui-Schlucht abzweigt. So dann nur vom Hörensagen und von der Wanderkarte bekannt und nicht erlebt, nicht erfahren, schlicht nicht möglich bis dahin. War eben nicht vorgesehen, na ja, wer denkt denn schon was für malerische Welten einen da erwarten. Oh Backe, was für einen Sog das auf mich ausgeübt hat, all die vielen Tage vom letzten Jahr bis jetzt und da sitzen wir endlich wieder beim Horst und mittlerweile beim abermaligen Gläsel. Noroc!

07.06.2000

Zeitig schon sitzen wir zum Frühstück beisammen. Wichtige Aufgaben sind bereits erledigt, wie etwa das Telefonieren mit unserem Freund Cätälin, der uns für die nächsten 3 Tage auf Höhlentouren begleiten wird und auch der "Ötschi" kam schon in Funktion eines Leitenden des Speleoclubs "Exploratorii" vorbei, um die Eintrittsgebühren und Fotolizenzen für die Comarnic-Höhle zu kassieren. Nach dem Frühstück gingen wir noch schnell zum Markt, um die nötigen Lebensmittel einzukaufen (Brot, Zwiebeln, Knoblauch, Speck, Leberpastete, Nudeln). In einem Häuschen am Markt erspähten wir diverse Holzfässer, gefüllt mit so allerheiligen Getränken wie Wein, Pflaumenschnaps und anderen Obstlern aus privater Produktion. Natürlich liessen wir uns eine Kostprobe nicht entgehen. Zum Nachspülen dann noch ein Bierchen, wobei wir den Trubel des Marktes ausführlich in uns aufsogen.

Nun war es soweit. Horst hatte sein Auto klar gemacht und dann hiess es einsteigen. Mit Cätälin waren wir 5 Personen + 4 Kraxeln. Was nicht alles so in einen PKW passt? Und ab ging die Fahrt nach Carasova und dann noch ein Stück auf schlechter unbefestigter Strasse bis Iabalcea. "Aufgesattelt" - riefen sich unsere Kraxeln zu und unser kleiner Frank kam dabei doch recht ins Straucheln. Horst verabschiedete sich mit den Worten "Auf Wiedersehen", während Frank noch um Gleichgewicht ringend erwiderte: "Vielleicht war´s ja auch das letzte mal!" Heiter und "beschwingt" erkämpften wir uns mit dem schweren Startgepäck nach den ersten 100 Metern schon eine kleine Atemnot. Aufmerksam registrierten wir beim Marsch durch Iabalcea das neue Magazin Mixt! Könnte ja mal von Bedeutung sein.

Gegen Mittag bauten wir dann die Zelte nahe der Comarnic-Höhle auf und machten eine Kaffeepause. Dann aber war unser nächstes Ziel klar definiert: die Popovât-Höhle. Im letzten Jahr war die Begehung dort recht kurz und aufgrund der damals reichlichen Niederschläge war eine Passage durch das sifon 1 (Marele Sifon) nicht möglich. Darauf setzten wir diesmal natürlich, denn dahinter zieht sich ein Höhlengang von über 250 m fort und endet in einen riesigen Höhlensaal namens "Galeria Emilian Cristea". Wir also rein in die Höhle und Abstieg zum Sifon 1 und Pech, denn das Sifon war versandet. (Erst später erzählte uns der Horst, dass es kein Problem wäre, das Sifon freizulegen. Wir habens nicht getan, haben dafür aber noch die Passage "Drumul lui Adam" gemacht. Ich habe sehr schöne Kalkformationen fotrografiert, schauten aus wie gesprenkelte Pilzköpfe. Wieder das Licht der Sonne erblickt, machten wir uns auf die Suche nach der Cerbului-Höhle. Gefunden haben wir sie wieder nicht, dafür aber sind wir bis Megiureca gelaufen. Hier fliessen die Bäche des Buhui und der Caras zusammen. Ein stählerner Viadukt, als hinterlassenes Zeugnis der einstigen Bahnstrecke quert noch heute hier die Karasch-Klamm. Wir stolzierten über die Stahlträger der Brücke in Baumwipfelhöhe sozusagen. Ein wunderschönes Kuriosum in einer malerischen Landschaft. In genau drei Tagen würden wir ja hier unsere Wanderung fortsetzen und dieser Vorgeschmack entschädigte uns natürlich reichlich für die versäumte Cerbului-Höhle. Vor dem verlassenen Bahntunnel vor Comarnic, stiegen wir hinunter zum Karasch-Bach und machten eine ausgiebige Trinkpause. Dabei einigten wir uns für heute noch auf die Pestera Popovât, eine Höhle, die direkt in der Karasch-Klamm liegt. Dort, wo der Comarnic-Bach in die Karasch fliesst, querten wir diese und liefen dann immer oberhalb der Schlucht einen teils kaum sichtbaren Pfad entlang. Nach einer Schluchtenverengung stiegen wir dann hinab zum Bach und siehe da, auf der anderen Seite sahen wir schon die zwei Eingänge der Pestera Popovât. Wir furteten den Bach und dann nichts wie rein in die Höhle. Grössere Kalkformationen mit einer bescheidenen Detailhaftigkeit, verliehen dem sich hinziehenden und sanft geschwungenen Höhlengang mit seiner weiss-rotbraunen Färbung einen ganz eigenen Charakter. Im "Sala cu Präbusiri" macht ein Höhleneinsturz dem sicheren Fortsatz der Höhle ein Ende. Mir ging hier schon wieder die Phantasie durch. Mittlerweile war es Abend geworden und wir traten den Rückmarsch nach Comarnic an.

Mit Einbruch der Dunkelheit sassen wir am Lagerfeuer noch mit Cätälin gesellig beisammen und planten den nächsten Tag.

08.06.2000

Für den heutigen Tag hatten wir uns mit Cätälin auf eine Höhlentour vom Vorjahr geeinigt, inclusive einer Höhle, die nur wenige Meter entfernt von einer der damals besichtigten liegt. Ein Freund hat mir den Tipp per eMail zugesendet, nachdem ich die Reisestory vom letzten Jahr im Internet veröffentlicht hatte. Die Höhle heisst "Pestera Omului" und der Boden der Höhle ist mit einer dicken Guano-Schicht belegt. Zuallererst sind wir aber zum Aussichtspunkt "Belvedere" gegangen und haben die Aussicht in die Schlucht genossen. Dann aber nach steilem Abstieg in den unzugänglichen Kalk, begann für uns wieder "eine Reise zum Mittelpunkt der Erde"! Wir begannen mit der Pestera <<Speo Sport 77>>, es folgte die wenige Meter danebenliegende Pestera Tapului mit dem kleinen Einstiegskanal und anschliessend, wenige Meter um den Fels herum ein Höhlengang, den man zunächst hindurchkriechen musste, um in die Pestera Omului zu gelangen. Diese hat weniger spektakuläre Kalkformationen, aber dafür ein wunderschönes grosses Felsportal, dass sich an einer nur schwer zugänglichen Felswand öffnet. Schliesslich hiess es, wieder raus aus der Schlucht und wenig später erneuter Abstieg in diese zur Pestera Cuptoru Porcului. Auch hier liessen wir uns diesmal mehr Zeit im Vergleich zum Vorjahr. Wir entdeckten viel Neues und ich versuchte mich in einem schmalen Gang mit Fels am ganzen Körper. Nach ca. 30 Meter gelangte ich in einen kleinen aufsteigenden Saal, dann war hier aber wirklich Schluss.

In all den Höhlen, die wir auch im Vorjahr besucht hatten, machte ich generell noch einmal neue Fotos mit einer leichten Überbelichtungsstufe. Solche Fotoversuche in Höhlen ohne riesige Ausleuchtung, nur mit einem Kamerablitz, kosten doch ein Reichliches an Lehrgeld! Dennoch, Spass macht es und anschliessend daheim die Dias mit Freunden zu beschauen ist auch und oft schon gerne angenommen worden.

Zurück an den Zelten, war es bereits später Nachmittag, aber unser Tagesprogramm war noch nicht zu Ende. Die Comarnic-Höhle stand ja noch auf dem Programm. Wir hatten ja eh ein grosses Glück mit diesem extrem niederschlagsarmen Frühjahr und so setzten wir darauf, in diesem Jahr nun auch die mehr aktiven Gänge der Pestera Comarnic begehen zu können. Und wir konnten! Klasse, da liefen wir Gänge ab, in denen zumeist das Wasser mitunter meterhoch und bis an die Höhlendecke steht, jetzt stolzierend durch ein kleines Rinnsal, entlang schwarz-weiss gestreifter, feucht-glänzender Höhlenwände. Und anschliessend der Kontrast zu den trockenen Passagen der Höhle. In dem Wasser einer Sinterterrassierung zeigte uns Cätälin weisse Krebse von einer Länge zwischen ca. 5 - 9 cm. So etwas in dieser völligen Dunkelheit. Und auch wir stiegen mit dem Einbruch der Dunkelheit "dem Lichte empor". Etwas über dreieinhalb Stunden dauerte unser Ausflug in die wunderschöne Comarnic-Höhle mit ihren vielfältigen Formen und Besonderheiten. Diese Höhle eignet sich wirklich schlecht für einen "one night stand"! :-)) !

Nun waren wir aber wirklich ausgezehrt wie Trockenobst. Darum schnellstens Lagerfeuer entfacht, Suppe und Tee bereitet und ein Schlückchen Tuicä als Aperitiv! Wunderbarer Sternenhimmel!

09.06.2000

Christian nahm sich heute einen "Haushaltstag" (obwohl wir schon vermuteten, dass er nicht zu Hause bleiben würde), währenddessen wir mit der Höhle "Pestera 2.Mai" liebäugelten. Selbst Cätälin war noch nie in dieser Höhle, hatte aber immerhin von Horst eine Wegbeschreibung erhalten. Schon im letzten Jahr erzählte uns Horst von dieser Höhle und dass man nach deren Entdeckung dort 17 Schädel des Höhlenbären "Ursus speläus" vorfand. Auch so sei sie sehr schön. Nun waren wir auf dem Weg zu ihr, furteten den Râu Caras und kletterten einen aufsteigenden Kalkgrat mitunter in dichtem Buschwerk empor. Gelegentlich beschlichen uns Zweifel, aber immerhin hatten wir von dem Grat aus doch die beste Übersicht. Das Glück war uns schliesslich gnädig, denn nach einiger Zeit des Aufstiegs entdeckten wir ein grosses Höhlenportal linksseits. Wir stiegen hinüber. Das Portal hatte eine Höhe von etwa 6-8 Meter. Schliesslich kamen wir an einen Gitterverschlag, konnten diesen aber an einer Stelle durchsteigen. Und dann hats mich so richtig gepackt. Wunderschöne und riesige Tropfsteingebilde und da hab ich immer nur noch gesagt: "Hier geh ich nicht mehr raus." Zunächst war es auch so, denn wir gingen tiefer in die Höhle hinein und liessen keinen Nebengang unbesucht. Knochenfunde macht man hier reichlich und das in jederlei Form, vom Eckzahn bis zum Wirbel, vom Kieferknochen bis zu riesigen Röhrenknochen, alles vorhanden und alles fotografiert und immer wieder fotografiert. Na ja, besser zweimal, als einmal nur schlecht gelungen. Die Kalkformationen hatten grösstenteils eine gräuliche Färbung. Da braucht man ein mehr starkes Licht. Wird mein Blitz dem genügen? Nachdem ich über 3 Filme verschossen habe und ca. zweieinhalb Stunden rasend vergangen sind, waren wir wieder draussen am Portal angelangt. Wir stiegen hinunter zum Râu Caras und machten eine ausgiebige Pause vor dem Rückmarsch zu unseren Zelten. Und wie wir da so liefen und bei der unermüdlichen Sonne uns der Durst wieder einhatte, da fachsimpelten wir darüber, was denn nun unser Freund Christian so treiben würde. Er wird doch nicht ... ? Als wir an den Zelten ankamen, war niemand zugegen. Doch, er wird womöglich ...? Frank schaute ins Zelt und stellte fest, dass der Christian auch seinen Tagesrucksack dabei hatte. Sicher wird er, oder etwa nicht? Also das quälte uns schon, diese Frage nach ... UND siehe da, kommt doch aus Richtung Iabalcea unser Freund plötzlich mit einem prallen Tagesrucksack daher. Na ja, wir waren sehr gefangen und diszipliniert und bedrängten den Christian in keinster Weise. Brauchten wir eh nicht, denn auch er hatte auf dem Rückmarsch vom neuen Magazin Mixt in Iabalcea einen Heidendurst bekommen und so standen wir binnen kürze alle mit einem Hategana-Bier daher. Oh ein Geschenk des Himmels von der Sache her, aber dem Christian hatten wir´s eindeutig zu verdanken! Christian hat sich mit dem Besitzer des Magazin Mixt angefreundet und so entsprechendes erlebt. Nur wir wussten nun nicht so recht, wie wir nach dem tollen Bier dem Christian nun klarmachen könnten, was für eine auserlesene Höhle die "Pestera 2.Mai" war.

Am späten Nachmittag entschied ich mich zu einer abendlichen Wanderung in die Karasch-Klamm. Also kleines Gepäck und dann ging es los, zunächst immer am Comarnic-Bach entlang, bis er im Caras mündet. Dort ging ich dann in der Klamm rechts entlang. Das wunderschöne Abendlicht durchflutete das helle Grün der Baumwipfel und ich watete durchs Wasser in Richtung Pestera Racovita. Ich wollte einfach und in Ruhe noch ein paar abendliche Fotos von der wunderschönen Klamm machen. Auf dem Rückweg, entlang dem Comarnic-Bach, wechselte ich mehrmals die Uferseite. Dann auf einmal witsch und platsch, rutschte ich aus und flok rüchwärts, dabei die Kamera noch hochhaltend und dummerweise an einer der wenigen etwas tieferen Stellen ins Wasser. Jedenfalls war ich wenigstens genauso schnell wieder draussen. Also Sachen ausgewrungen und zum Glück so schien es, hatte mein Fotoapparat kaum etwas abbekommen.

Gegen 20:00 Uhr traf ich wieder auf unserer Zeltwiese bei Comarnic ein und erspähte schon aus einiger Entfernung "Fremde"! Aber und so war meine Vermutung, ganz fremd könnten die nicht sein. Ich hatte ja schon vor unserer Abreise nach Rumänien mich mit dem Sergiu von EnduRomania per eMail konsultiert und ihm mitgeteilt, dass ich in diesen Tagen eben hier sein würde. Meine Vermutung ging auf und will sagen, dass diese Begegnung, die ja sonst nur übers Internet fungierte, eine wirklich tolle Sache war. Sergiu hatte auch noch einen weiteren rumänischen Freund mitgebracht, der sich touristisch auf Radtouren spezialisiert hat. Die Zeit war aber leider viel zu kurz, denn gegen 20:00 Uhr mussten Sergiu und sein Freund wieder zurück in Richtung Trei Ape.

Heute war ja unser letzter Tag hier bei Comarnic und da hat sich auch unser Freund Cätälin verpflichtet gefühlt, am abendlichen Lagerfeuer Mämäligä zu bereiten. Der Name von unserem offenen Restaurant stand am nächtlich klaren Himmel geschrieben: "Tausend Sterne!"

10.06.2000

Gegen 10:00 Uhr hatten wir uns bei Cätälin verabschiedet, denn unser Aufenthalt bei Comarnic hat sein Ende gefunden. Das Wetter ist wie all die Tage zuvor sonnig und warm und wir haben eine dafür äusserst geeignete Wanderstrecke vor uns. Trotz der schweren Kraxeln ist das Klima hier sehr angenehm. So geht es wieder entlang der verlassenen Bahnstrecke, vorbei an der eisernen Tür der Pestera Popovât nach Megiureca. Dann über den eisernen Viadukt und dann der alte Traum, der jetzt in Erfüllung gehen soll. Wir verliessen die Cheile Carasului und wandern weiter entlang dem ehemaligen Bahntrassenverlauf ins Buhui-Tal. Wir laufen links des Râul Buhui auf dem alten Trassenbett. Die Schlucht ist lieblich, mit dicht bewachsenen Berghängen, die übersät von Kalkgestein sind. Teils sind die Hänge felsig steil, aber zumeist sind sie wunderschön bewaldet. An einer Stelle machen wir Rast. Links oben vermuteten wir eine Höhle, aber es war nur ein kurzer Gang. Rechts macht der Buhui-Bach eine Kurve um eine Felsbarriere. Wunderschön. Ein grosser umgestürzter Baumstamm direkt am jetzigen Flussbett bringt uns ins Erstaunen. Die Rinde des Baumstamms ist überzogen von einer kräftigen Kalkschicht. Das Wasser des Buhui muss also so stark kalkhaltig sein, dass es allein zu Zeiten höherer Wasserführung ausreicht, diesen Stamm zu versintern. Eine richtige "Märchenstrecke" ist das hier und sofort kommt in mir der Wunsch auf, diese Strecke mal in den Farben des Herbstes erleben zu wollen. Schliesslich wandern wir weiter und kommen an einen Tunnel, von dem uns zwei rumänische Wanderer nahe Megiureca (die einzigen übrigens, die wir von Comarnic bis Buhui-See antreffen sollten) erzählten, dass es besser ist, den Tunnel über den Berg zu "umgehen", da durch einen Felssturz vor dem Tunneleingang bedingt, der Tunnel voll Wasser steht. Wir also drüber weg und weiter. Ein zweiter verlassener Tunnel folgt auf diesem Abschnitt, aber da können wir direkt durchlaufen. Dann kommt ein Punkt, an dem die ehemalige Bahntrasse von der linken Talseite zur rechten wechselt. Die Brücke ist zerstört und wir furten den Buhui-Bach. Das Tal wird jetzt etwas weiter und lichter. Wenig später sehen wir rechts zwei Höhlen nebeneinander. Im linken, kleineren Portal sieht man so etwas wie eine Betonbarriere. Wir sind dann rechts rein und der recht kurze Gang führt in den linken Teil der Höhle zu einem Siphon. Hier kommt eine Quelle aus dem Fels hervor, die einst noch in der Höhle angestaut wurde, sozusagen als Wasserreservoir für die Dampflokomotiven. Die Höhle hier hat den Namen "Pesterile de la Haldinä". Kurze Zeit nach dieser Höhle verläuft die Bahntrasse durch einen in den Fels geschlagenen Abschnitt. Dort kommt eine weitere schöne Höhle, die direkt neben dem Weg rechts in den Fels absteigt. Ob diese Höhle auch mit zu den "Pesterile de la Haldinä" gerechnet wird, weiss ich nicht, aber am Höhleneingang stand mit Farbe etwas verschmiert "...Speranta Oravita". Einst war das Portal dieser Höhle viel grösser, aber durch den wahrscheinlich hier aufgeschichteten Bahndamm wurde das Portal zum Teil zugebaut. Aber egal, man kann bequem hineinlaufen. Die Höhle hatte eine Länge von etwa 80 Meter. Sehr schöne Gänge hat sie und auch einige schöne Formationen. Super haben wir uns gesagt nach der Begehung, das hat diese Wanderstrecke noch um einiges aufgewertet! Mittlerweile war es gegen 14:00 Uhr, die Sonne hat die Temperatur wieder bis ca. 30°C ansteigen lassen. Weit sind wir auch nicht mehr gelaufen, bis zur Cabana Märghitasu Mare. Von vorn sah das eigentümliche Gebäude sehr verlassen aus. Wir schauten hinten nach und trafen Leute an. Man verwies uns nach vorn. Also wieder vor und da ganz rum, eine Treppe hinauf und dann der Gastraum. Kleine Entenküken watschelten darin herum. Die mit einem Eisengitter geschützte Theke eröffnete uns wohlwollende Angebote. Die Frau des Hauses kam und wir erkundigten uns nach einer Ciorba. Erst verneinte sie, aber nach einer lockeren "Einbürgerung" und nach dem wir mit dem ca. 9 Jahre alten Sohnematz eine Freundschaft eingegangen sind, winkte uns die Frau in die Küche. Da stand noch ein riesiger Topf mit einem lecker dreinschauenden Bohneneintopf mit einem halben Heuschnupfen so daher. Also wir waren hoch erfreut und bekundeten unser Interesse. Also wieder ran an den Tisch, Aqua und Rotwein, Weissbrot und wohlschmeckender Bohneneintopf und wieder Rotwein und Aqua. Ja, ein Leben war das! Wenn wir am Abend kommen würden, so sagte uns die Frau, dann könne sie uns etwas Besseres zubereiten. Zelten wollten wir ja eh am nahen See "Lacu Märghitas", also meldeten wir uns für den Abend an. Dann aber hiess es für heute ein letztes mal - Kraxel über- und wir wanderten runter zum See. Davor kam ein grosses Gehöft. Über dem Zufahrtsweg rankte ein kleiner Schlagbaum. Dieses Gehöft, auf dem früher Kühe gehalten wurden, hat ein Italiener gekauft. Man sieht eben gleich, wo sich so klassische Westeuropäer niederlassen. Die Wiese am See schien ganz angenehm, aber das Wasser im See war recht trüb und von Schlingplanzen und Algen sehr verwachsen. Nun waren wir doch etwas unschlüssig, wanderten ein Stück weiter hinauf, wieder zurück am Gehöft vorbei, rechts runter zu einem Bach, wo es uns aber auch nicht sehr einladend erschien. Also wieder rauf, am Gehöft vorbei und wieder zur Wiese am See. Zeltaufbau. Einge Angler waren hier. Wir machten eine ausgiebige Pause und dann drängte doch allmählich unser festgemachter Cabana-Termin. Ein altes Motorrad kam angeknattert. Der Mann stellte die Maschine nahe unseren Zelten ab. Es stellte sich heraus, dass der Alte ein Deutscher aus Steierdorf bei Anina war. So machten wir noch einen Plausch, aber dann drängte uns der Hunger. In der Cabana wurden wir dann so richtig schmackhaft bewirtet. Es gab Salat und als Hauptgericht Bratkartoffeln mit Ei und geriebenem Schafkäse. Dazu bekamen wir noch frische Milch. Der kleine Junge von der Cabana sprach immer besser Deutsch. Mittlerweile war auch der Vater und Chef des Hauses zugegen. Prima Leute. Der Junge bat mich, von ihm ein Foto mit seinem Kälbchen zu machen. Wir gingen nach hinten in den Garten. Also Foto mit dem Kälbchen. Die Mutter hatte da auch ihre Freude und zeigte auf die kleinen Zicklein. Ich bot an, Mutter und Sohn gemeinsam mit den Zicklein zu fotografieren. Klick und klick und alles war im "Kasten". Wir tauschten die Adressen und natürlich werde ich Bilder schicken, keine Frage.

Wir sassen da so bei Rotwein beisammen, da kam die Mutter mit dem Kälbchen auf die Restaurantterrasse. Wo es Frauchen gut geht, kann es fürs Kälble ja nur gut sein. Der Ehemann schüttelte nur lächelnd den Kopf. Wir setzten uns kurz zu den Wirtsleuten und plauderten ausgelassen. Dann war es aber Zeit für das Kälbchen, den Rückweg anzutreten. Aber nicht etwa den mühseligen Weg die Betontreppe hinunter und erst ganz rum ums Gebäude, neee, der kurze Weg durch die Küche war schon in Ordnung! Das war schon eine halbe Parodie auf´s Mittelalter und wir hatten auch unseren Spass, besonders am protestierenden Gatten.

Mit Einbruch der Dunkelheit verabschiedeten wir uns herzlich und liefen runter zum See zu unseren Zelten. Das alte Motorrad stand auch noch bei den Zelten, denn der Alte wollte ja die Nacht durch angeln.

11.06.2000

Zeitig sind wir heute aufgestanden. Die Nacht war sehr warm. Gegen 9:00 Uhr hatten wir gepackt. Unser Freund der Nachtangler hatte sich beim Frühstück auch zu uns gesellt und wir unterhielten wir uns noch über dies und das. Dann endlich gingen wir ihn an, den letzten Abschnitt der wunderschönen Märchenstrecke. Wir umwanderten den Märghitas-See an seiner rechten Seite und weiter ging es durch das malerische Valea Märghitas. Ein sanftes Tal, ab und zu etwas felsig, aber zumeist wunderschön bewaldet. Dann kam das nicht zu übersehende dreieckige Eingangsportal der Pestera Märghitas. Über ein Geröllbett stiegen wir ca. 60 Höhenmeter hinauf zur Höhle. In dem grossen Saal im Eingangsbereich zweigte rechts ein bis zu seinem Ende stets absteigender Gang ab. Gelegentlich muss hier auch viel Wasser abgehen in dieser abenteuerlichen Passage. In dem zu Beginn der Höhle befindlichen Saal vermuteten wir weiter oben im Gestein noch einen sich fortsetzenden Gang. Frank kletterte hinauf und stellte fest, dass es dort nicht weiter geht. Nach dem kleinen Höhlenausflug setzten wir dann den Weg fort in Richtung Pestera Buhui. Ein Wanderpfad verlor sich auf halber Distanz bis zur Höhle, aber bei dem niedrigen Wasserstand des Râu Buhui konnten wir problemlos teils durch das Bachbett wandern. Und dann endlich standen wir vor dem wunderbaren Portal der Buhui-Höhle. Ein Damm staut im Höhlenausgang das Wasser an, welches zu einem Teil dann durch einen getriebenen Stollen (Galeria de aductie) nach Anina abgezweigt wird. Der Stollen ist aber mit einem Gitter versperrt. Ein Weiterkommen in der Höhle von diesem Portal aus ist ohne Schlauchboot kaum möglich. Aber wir waren ja noch von Hoffnung getrieben, denn auf dem weiteren Weg in Richtung Lacu Buhui kommen wir ja nahe dem oberen Eingang der Pestera Buhui vorbei. Drei junge Männer, die zum Buhui-See baden gehen wollten, zeigten uns den Abzweig dahin. Also wieder die Kraxeln abgesetzt, Lampen raus und rein. Aber auch hier gehts nach ca. 70 Meter nur noch durch tiefes Wasser. Aber rechtsseits erreicht man noch halbwegs trockenen Fusses eine kleine Galerie, jedoch auf äusserst lehmig rutschigen Boden. Schade, gern hätten wir mehr von der Höhle gesehen, aber man muss sich ja auch etwas für spätere Jahre aufheben!

Lange liefen wir dann nicht mehr bis zum Buhui-See. Schön gelegen, mitten in einem recht kompakten Waldgebiet, kamen wir an dem Forsthaus Cantonul Buhui vorbei. Sonntag war ja heute und zudem sonnig-heisses Wetter und entsprechend viel Trubel fanden wir dort vor. Die meisten Leute kamen aus Anina zum Baden her. Ob wir hier wohl ein Bierchen kaufen könnten? Wir erkundigten uns auf dem Hof zunächst nach einer geeigneten Zeltwiese. Ein Forstbeamter winkte uns auf das Gelände des Forsthauses und wir bekamen Kaffee und Kekse angeboten. Da es gerade gegen 15:00 Uhr war, kam der Kaffee recht gelegen. Nach weiterer Unterhaltung mit einigen Forstleuten, bot man uns eine Unterkunft an. Wir hatten ein grosses Zimmer mit zwei Betten und einer Terrasse, die direkt am See lag. Irre schön. Wie wir da so plauderten, lernte ich Florin, einen höheren jungen Forstbeamten von der nationalen Forstverwaltung / Forstdirektion Resita kennen. Florins Frau ist ja eine Deutschrumänin und so konnten wir uns teils auch detaillierter über solche Themen wie Natur und Tourismus unterhalten. Dort in der Forstdirektion Resita versucht man den Tourismus als ein mögliches Marktsegment zu erschliessen, aber trotz allerbester Bedingungen läuft das schwer an. Klar, mit der Jagd hat das hier schon Tradition, aber es ist nicht das, was man für die Zukunft in der Hauptsache will. Es gibt hier in diesem riesigen Einzugsbereich viele zur Nutzung bereitstehende Forsthäuser. Egal, ob zur Wildbeobachtung, für Radtouren, Reittouren oder Wanderungen, hier ist alles drin. Man hat auch schon professionelles Werbematerial drucken lassen und jetzt fehlen eigentlich nur noch die Interessenten. Natürlich tauschte ich mit Florin die Adressen aus und wir werden sicher in Kontakt bleiben.

Schliesslich lockte aber nun auch uns das Wetter zum Baden. Wir schwammen ans andere Ufer vom See und machten im sanften Wasser eine Sitzpause. Plötzlich kribbelte es an den Füssen. Es waren kleine Kaulquappen, die hier zu Unmengen im Wasser schwammen. Witzig war´s. Und witzig wurde es auch, als der Abend nahte. Plötzlich brachen die Leute auf zum Heimweg und es dauerte wirklich nicht lange, da waren nur noch wir und ein Förster hier. Kaum zu fassen und wir genossen diese abendliche Stille am See. Zum Abend spendierte uns unser neuer Freund dann noch einige Bierchen, oooh, damit hatten wir schon nicht mehr gerechnet. Und dann war da noch das schöne Lagerfeuer, an dem wir bis in die Nacht hinein sassen und "philosophierten".

12.06.2000

Für heute hatte ich ja eigentlich den möglichst direkten Weg (Markierung roter Punkt) nach Poneasca, vorbei nahe dem Gipfel bei Poiana Mosneagu Mare (847 m), geplant. Aber unsere Forstfreunde von hier hatten uns davon abgeraten. Umgestürzte Bäume und mitunter schlammige Wege und überhaupt, würde sich der Weg mitunter ins Nichts verlieren. Der Forstweg wäre sicherer. Wir fanden uns damit ab und nach herzlicher Verabschiedung vom Förster ging es dann los. Nach ca. 4 km kamen wir am Forsthaus Cirneala an. Das Gebäude wird gerade restauriert und wunderschön hergerichtet. Wir machten eine Trinkpause und dabei erspähten wir ein Wanderschild, welches den ursprünglich geplanten Weg auswies. Wir sprachen mit einem Forstbeamten, ob der Weg vielleicht doch machbar wäre. Der Mann schien schon ein kleines Schlitzohr, wie er so darlegte, dass der Weg doch recht gut sein müsste. Aber er sprach ja ganz nach meinem Wunsche und überhaupt, so ein paar umgestürzte Bäume, was solls und schlammige Pfade nach so unendlich vielen Sonnentagen? Damit nähmen wir es doch locker auf und wir einigeten uns auf diese Variante. Zu Beginn war der Weg auch ein wirklich schöner. Aber dann wurde das Unkraut auf dem Weg schon höher und die Wegesbreite schmaler. Und wirklich, da gab es doch wahrhaftig noch richtige Schlammlöcher. In eines wäre unser Frank doch beinahe hineingefallen. Konnte sich aber noch zur anderen Seite werfen. Dann diese supergigantischen Brennnesseln und unserem kleinwüchsigen Frank standen die Dinger bis an die Kinnlade. Schliesslich verlor sich der Weg ins Nichts des Waldes. Nur noch an den Abständen der Baumwipfel konnte ich gelegentlich den ehemaligen Verlauf des Weges nachvollziehen. Einmal sind wir abgekommen, aber fanden mit viel Glück wieder darauf zurück. Dann führte der wieder allmählich besser werdende Weg bergab. Nach einiger Zeit gelangten wir oberhalb des Valea Gusesc auf einen besseren Forstweg. Laut Karte wäre es jetzt nur noch ein kurzer Ruck bis Poneasca. Man konnte ins Tal einsehen und ich überlegte, ob man hier nicht abkürzen könnte. Wir blieben auf dem Weg und der zog sich ewig oben entlang. Wir wurden mittlerweile doch etwas unsicher. Aber wo auch immer wir rauskämen, hier führten im Prinzip alle Wege immer irgendwie in die Minis-Klamm. Ich lief ein wenig voraus, da schrie es hinter mir auf: "so eine Scheiße". Ich drehte mich um und sah Christian knieend auf dem Forstweg. Irgendwie muss er weggeknickt sein. Als er sich dann hochraffte, sah ich erst die wahre Bescherung. Christian hatte sich direkt unterhalb der Kniescheibe in voller Breite alles aufgeritzt. Mit Quellwasser spülten wir den ersten Dreck aus die Wunde. Bänder, Sehnen und Gelenkkapsel waren auszumachen, zum Glück waren keine grösseren Blutgefässe dabei verletzt. Ich hatte stelriles Verbandmaterial ganz unten in meiner Kraxel und machte mich daran, als suchte jemand verzweifelt nach einem Hauptgewinn in der Lotterie den Lottoschein. Wir waren bereits beim Verbinden, da kam Frank und bekam auch noch einen Schrecken weg. Christian versuchte zu stehen und nach einigen Gehversuchen einigten wir uns auf den Weitermarsch. Hier oben würde uns eh niemand abholen. Irgendwann machte der Weg eine 180°-Wendung und führte leicht absteigend zurück ins Talende. Ich lief etwas vor und dann im Talende am Gusec-Bach angekommen, wusste ich, was für eine endlose Strecke da noch vor uns lag. Ich war mir nicht sicher, ob Christian das noch schaffen würde. Ein Auto brauchten wir. Auf dem Weg befanden sich sehr breite, tief abgesteckte Wasserabscheider und das bedeutete, dass nur ein LKW oder Traktor hier hinaufkommen könnte. Nahe eines leeren Forsthauses oberhalb von Poneasca gelangte ich an einen Bauernhof. Ich sprach mit der Alten dort über unser Problem. Also hier gäbe es kein Auto und ihr Mann würde auch erst spät abends mit dem Pferd aus dem Wald zurückkommen. Ich müsste bis zur Kolonie an der Staudammbaustelle gehen, da fahren auch LKWs. Aber die hätten ja bald Feierabend. Wie weit es bis dahin noch wäre, wollte ich wissen. 8 km. Dann gab ich Gas, obwohl ich keines mehr hatte. Für mich zählte nur noch, dass Christian in Krankenhaus muss und das trieb mich wie auf virtuellem Schneckenschleim ins Tal. Ein Roman-LKW kam angefahren und wollte gerade wenden. Ich hielt ihn an und sagte, dass ich Hilfe bräuchte. Der Fahrer begriff, worum es ging und fuhr den Weg hinauf. Ich stellte mein Gepäck am Büro der Kolonie ab und machte erst einmal eine Trinkpause. Erst jetzt begriff ich, dass der Weg zum Bach fast unmöglich war, weil ich mir schlicht die Füsse wund gelaufen hatte. Der Gang zum Wasser glich dem einer Balletttänzerin. Zwei weitere LKWs warteten noch auf den, welchen ich zu meinen Freunden geschickt hatte. Ich erzählte von unserem Problem und der eine Fahrer sagte, dass wir dann ins nächste Krankenhaus nach Bozovici müssten. Da kam auch schon der Roman-Diesel mit Frank und Christian angebrummt. Wir stiegen um auf den anderen Wagen, weil dieser jetzt eh nach Bozovici fährt. Frank und ich mussten hinten auf der Kippwanne Platz nehmen. Dann ging es endlich los. Direkt am Krankenhaus wurden wir abgesetzt. Frank passte auf unsere Rucksäcke auf, Christian und ich machten uns auf den Weg in die Klinik. Mittlerweile ist es Abend geworden und es musste erst einmal der Bereitschaftsarzt herbeigerufen werden. Er war ein pensionierter Gynäkologe aus Orastie. Die zwei OP-Schwestern bereiteten alles vor, währenddessen ich dem Doktor bei der "Datenerfassung" behilflich war. Nun ja und da wir beide von Beruf ja ebenfalls den Stand des Krankenpflegers inne hatten, entwickelte sich in dem kleinen OP-Zimmer eine recht persönliche Atmosphäre. Dann wurde Christians Wunde freigelegt. Die Spannung stieg. Es folgte die örtliche Betäubung, eine umfassende Wundsäuberung (selbst Buchensamen wurden noch aus den tiefen Wundtaschen hervorgeholt) und eine Wundauffrischung, wobei mit einer Schere die zerfetzten Wundränder geradegeschnitten wurden. Der Doktor machte das mit einer ruhigen Gelassenheit, die mich doch etwas beeindruckte. Nach eineinhalb Stunden war die Arbeit getan. Wir gingen hinaus auf den Hof und hatten einen Riesendurst. Nun trat unser heldenhafter Freund Frank auf die "Bühne". Er hatte mittlerweile drei alte Herren beauftragt, auf die Rucksäcke aufzupassen und ist dann in den Ort gelaufen, um Bier zu besorgen. Hateg-Bere, dieses Bier, was es in diesen märchenhaften, wolllüsternen 1-Liter-Flaschen gibt. Und da standen sie vor uns, bereit zum Angriff. Das liess mich für kurze Zeit meine schmerzenden Füsse vergessen. Überhaupt, ich hatte schon überlegt, ob ich mich gleich nach Christian ebenfalls auf die OP-Liege begebe. Aber das Übel des Durstes setzte da andere Prioritäten. Frank schilderte uns, wie er da im Magazin Mixt ankam und das Bier kaufte. Fix und fertig war er ja und eine Flasche trank er da gleich auf Ex und hätte vor Erschöpfung anschliessend fast in den Verkaufsraum gekotzt. Da konnte ich schon wieder ein wenig lachen. Na ja, oberhalb der Gürtellinie ging es mir ja auch so schlecht nicht.

Jetzt überlegten wir, wie es weitergehen soll. Ein Telefon bräuchten wir, um den Horst anzurufen, damit er den Christian von hier abholt und ein Auto brauchen wir, damit der Frank und ich noch heute nach Bäile Herculane gelangen. Ich berechnete mir 2 "Kurtage" um zu sehen, wie es mit meinen Füssen weitergehen wird. Auf den Weg in den Ort fanden wir nur Telefonautomaten vor, die mit Telefonkarte funktionierten. Die gab es aber nur in der Post zu kaufen, welche bereits geschlossen hatte. So HINKTEN wir alle drei (aus Gründen der Erschöpfung, eines unsäglichen Fussleidens und eines postoperativen Knieproblems) in eine Gaststätte namens "Paradiso". Unterwegs erkundigten wir uns mehrmals nach Telefon und Transportmöglichkeiten. Auch in einem Forstbüro konnte uns der junge Beamte nicht weiterhelfen. Alles lief darauf hinaus, dass wir hier in Bozovici übernachten müssen. Also das Lokal gefiel uns prima. Es gab ein super Essen und gutes Bier, da lag es doch nahe, den Wirt nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu fragen. Der lachte und meinte, so etwas noch nie erlebt zu haben. Aber er sagte zu. Nach einer Stunde kam plötzlich der junge Forstbeamte in den Gastraum und winkte mich raus. Ein junger Mann namens Ricardo sprach mich in Deutsch an wegen des Transportes. Wir einigten uns für die Strecke bis Herkulesbad auf 50,-DM und ich sagte, wir können das Angebot nur annehmen, wenn es eine Gelegenheit zum Telefonieren gäbe. Das wäre kein Problem, meinte Ricardo, denn der Nachbar hätte eines. Also ist Ricardo zunächst mit Christian los um Horst anzurufen. Dann waren sie zurück und nun hiess es von Christian Abschied nehmen. In einer Stunde wird der Horst den Christian hier wohl abholen. Mittlerweile wurde es dunkel. Im Auto kamen wir mit Ricardo etwas ins Gespräch. Aus Steierdorf ist er eigentlich und nach Bozovici hat er "hingeheiratet". Sein Geld verdient er vorrangig mit seinem Kleinbus und natürlich diversen anderen Geschäften. Hier braucht man eben viele Standbeine! Nahe dem Freibad hinter Sapte Izvoare setzte uns Ricardo ab. Wir vereinbarten mit ihm, dass er uns hier in 3 Tagen wieder abholen möge, um uns nach Sopotu Nou zur Cheile Nerei zu fahren. Das ginge in Ordnung. Im Dunkel suchten wir uns eine Zeltwiese und richteten uns ein. Ich habe es für den heutigen Tag vermieden, die eigenen Füsse zu inspizieren. Könnte dann vor Aufregung womöglich die Nacht nicht schlafen.

Der separate Weg von Christian nach der Verletzung und seine Nachbetrachtungen ---> siehe UNTEN !

 

13.06.2000 - Grosser Fussrapport!

"Mit dem Licht kam klare Sicht" - auf die Füsse, welche mir gehörten. Nach optischer Analyse erging folgende Zustandsmeldung ans Hirn:

Linker Fuss: Wasserblase unter kleiner Zehe / grosse Wasserblase vorderer Fussballen (bereits geplatzt!) / komplett blutblasenunterlaufene Hacke.

Rechter Fuss: Wasserblase unter kleiner Zehe / schmerzender und blutunterlaufener Nagel mittlere Zehe / Wasserblase vorderer Fussballen / Megablutblase unter der Hacke.

Aber das Gute daran: in einer solchen Situation merkt man bei jedem Schritt, dass man noch lebt! Der erste Blick aus dem Zelt, liess erkennen, dass wir gestern in der Dunkelheit uns einen wirklich guten Platz ausgesucht hatten. Jedes Zelt sonnengeschützt unter je einem alten Apfelbaum. Die Wasserstelle ca. 20 Meter vom Zelt und das Klo ca. 30 Meter entfernt. Dann wagte ich im Schritt einer Gottesanbeterin den Gang zum WC. Puha, überlebt und dazu druckreiche Entlastung. Frank war mittlerweile auch erwacht und wir entschlossen uns zu einem Bierfrühstück. Dank meiner neuen, gut gepufferten Teva-Sandalen kämpften wir uns ca. 500 Meter bis Sapte Izvoare zu den Getränke- und Imbissständen vor. Lange sassen wir da und genossen die morgendliche Stimmung und die gemächliche Vorgehensweise der rumänischen Touristen. Dann gingen wir runter zu den heissen Quellen direkt an der Cerna. Ca. 2 Stunden liessen wir es uns hier gut gehen. Dann wieder Retour zum "Bierimbiss". Dazu gönnten wir uns Mitici. Anschliessend gingen wir ins Freibad. Viel Trubel war hier. Direkt neben uns auf der Wiese lagerte auch eine Gruppe junger Leute. Ja, genau hier hatte ich ja vor 5 Jahren drei gute Freunde aus Lupeni kennengelernt. Aber was war das? Kannte ich den? Neee, kann eeenfach nich sinn. Wenig später kam der da zurück und fing an zu lächeln. Konnte also doch sein. Es war einer dieser drei Freunde von damals und er war mit der Gruppe nebenan hier. Für einige Tage machen sie hier gemeinsam Urlaub und Kletterübungen. George, ein weiterer Freund von mir aus Lupeni würde eventuell am nächsten Tag auch noch kommen. Na das war vielleicht eine Überraschung! Zum Abend gab es wieder Bier und Mitici. Ich plauderte dabei ein wenig mit meinen Freunden aus Lupeni, die ja alle auch dem Bergrettungsdienst vom Retezat-Gebirge angehörten. Also die Caban Buta dort wurde im letzten Jahr wieder neu aufgebaut und hat ca. 20 Übernachtungsplätze. Über Rotunda steigt nach der Wasserflut im letzten Jahr kaum noch jemand ins Retezat ein und der Weg bis hinauf nach Poiana Pelegi ist derzeit noch gänzlich unpassierbar.

Wunderschöne abendliche Impression an den Imbissständen bei Sapte Izvoare: Ein Opa kam im Schlafanzug aus einem nahe gelegenen Häuschen herbei, um noch ein Einschlafbierchen zu geniessen. Die Phase zwischen dem letzten Schluck und dem Augenzuschlag wird so natürlich optimal kurz gehalten!

14.06.2000

Heute wollte ich ja mein Laufvermögen schon etwa steigern und so entschieden wir uns früh, nach Bäile Herculane hinunter zu schlendern. Natürlich nicht ohne das traditionelle Bierfrühstück. Dann gingen wir ins Hotel Roman, um im Erdgeschoss die Bäder zu besichtigen und vor allem auch die ergiebigste Thermalquelle von Herkulesbad, welche hier im Erdgeschoss direkt aus einer kleinen Höhle im Fels hervorströmt. Die Förderleistung des +50°C heissen Wassers beläuft sich auf ca. 20 Liter in der Sekunde. Dann haben wir im Restaurant des Hotel Roman ein zweites spätes Frühstück zu uns genommen. Gegen 11:00 Uhr sind wir dann weiter durch die wunderschöne Altstadt von Herkulesbad geschlendert. Die alten Bäderhäuser, welche flussabwärts gesehen rechts der Cerna stehen, werden gerade restauriert und saniert. Ein Besuch in ca. 2-3 Jahren lohnt dann auf alle Fälle wieder. Wir entschlossen uns noch zu einem Weitermarsch in die Neustadt und machten dort Halt an einem Restaurant. Ciorba de burtä gab es und davon brauchte ich natürlich ein doppeltes Mass. Wir setzten uns zu einem Tschechenpärchen, welches hier mit Fahrrädern auf Tour war. Zwischen der Alt- und der Neustadt befindet sich das Feuerwehrdepot des Ortes. Zwei wunderschöne alte Feuerwehrautos stehen auf dem Hof. Der eine Wagen sah aus wie ein alter Wasserwerfer von der Polizei. Die Feuerwehrleute sassen vor dem Haus im Schatten und bemerkten unsere Bewunderung nicht ganz ohne Stolz. Ohne Aufforderung machten sich zwei von denen daran, den Wasserwerferturm auszurichten, den Motor anzuwerfen, das Auto einen Meter vorzufahren und dann FEUER!!! Ein kräftiger Strahl schoss direkt über die Strasse. Ein Bus kam vorbei und VOLLTREFFER. Mindestens vier bis fünf Dauerwellen vernichtet, oder sagen wir lieber fachgerecht "gelöscht". Ei war das ein Heidenspass und so etwas gibt es eben wirklich nur in Rumänien!!!

Auf dem Rückweg, hinter dem Hotel Roman, fanden wir unsere Freunde aus Lupeni bei Kletterübungen vor. Wir schauten eine Weile zu. Dann gingen wir weiter bis kurz vor Sapte Izvoare zu der unter der Strasse eingelassenen Badegrotte. Über ein kleines Rohr plätschert unentwegt angenehm warmes Thermalwasser nach. Hier kommen fast nur Einheimische und rumänische Touristen her. Mit im Wasser sassen auch zwei alte kräftige einheimische Bäuerinnen und das "Oben ohne", wohl bemerkt. Als die dann aus dem Wasser stiegen, pellten sie sich an wie eine Zwiebel. Da mussten wir das Grinsen schon etwas unterdrücken. Dann mit Einbruch der Dunkelheit pausierten wir wieder an den gemütlichen Imbissständen bei Sapte Izvoare. Da sassen auch wieder unsere Freunde aus Lupeni und auch der George war nun da. Ei so eine Wiedersehensfreude. Noch bis spät in die Nacht sassen wir beisammen und tauschten Erlebnisse aus.

15.06.2000

Ein erster Versuch in Schuhen mit mittelmässigen Resultat. 10:00 Uhr hatten wir ja einen Treff mit Ricardo ausgemacht. Gegen 10:30 Uhr war er dann da mit dem Kleinbus und los ging die Fahrt wieder in Richtung Anina-Gebirge. Ricardo wollte uns aber nicht gleich nach Sopoto Nou fahren, denn zuerst seien wir bei ihm zu Hause auf ein Kaffee eingeladen. Also zurück zu unserem Leidensort Bozovici. Daheim bei Ricardo lernten wir auch seine charmante Frau kennen. Ein wunderschönes altes Bauernhaus bewohnen sie und der Garten dahinter lud zum Kirschenessen ein. Dann sind wir hinter Bozovici bei einer Tankstelle noch ins dazugehörige Restaurant auf eine Ciorbä gegangen. Dann aber fuhren wir nonstop nach Sopoto Nou. 16:00 Uhr war es, als uns Ricardo am Dorfeingang an der Brücke absetzte. Bis zu unserem heutigen Tagesziel, dem Höhlensee Lacul Dracului waren es noch 9 km. Würden da meine Füsse mitspielen? Aber egal, wir sind am Nera-Fluss und wann immer es nicht mehr geht, könnten wir unsere Zelte aufschlagen. Die Landschaft war irre lieblich, dann verengte sich das Tal schon einmal zu einer Schlucht, um sich wenig später wieder auszuweiten. Links im Fels sahen wir ein riesiges Felsportal. Aber laut meiner Informationen befindet sich dort nur eine Grotte. Der Weg war stellenweise sehr steinig und ich quälte mich schon etwas. Aber mit jedem Schritt kam das Ziel ja näher. Vor dem Lacul Dracului mussten wir noch den Fluss furten. Das Wasser war sehr flach und angenehm temperiert. Wonnige Abkühlung für die geschundenen Füsse. Dann endlich das Ziel. Direkt unter dem Höhlensee bauten wir die Zelte auf. Eine Gruppe junger Männer kam vorbei und bat uns um etwas Tee und Kaffee. Sie campierten nicht weit von uns und waren Einheimische aus Sasca Montanä. Nach dem Zeltaufbau begaben wir uns auch gleich auf Inspektion zum Höhlensee und der dazugehörigen Höhle. Der See liegt in einem tiefen Felskessel und ein Teil davon verschwindet in einem riesigen dunklen Höhlenportal. Die Höhe des Wasserspiegels vom Höhlensee stimmt mit dem vom Nerei-Fluss überein. Etwa 12 Meter tief liegt der Wasserspiegel im Felskessel, wobei die maximale Wassertiefe 9 Meter beträgt. Schön anzusehen, aber schwer zu fotografieren. Plötzlich lärmte es oben im Wald. Eine Gruppe junger Leute mit einem kleinen Mädchen kam ziemlich erschöpft hinunter und hatten nun spät ihr anvisiertes Tagesziel erreicht. Doch auch ein Rückmarsch nach Sasca Românä sollte da heute noch drin sein. In der Zeit hatten sich die Leute mächtig verschätzt und auf die Frage, wo der kürzeste Weg zurück sei, deuteten wir in die Richtung, aus der sie kamen. Sie wolltens nicht glauben. Laut Karte gab es eine Alternative, nämlich den Weg in Richtung Cärbunari. Aber allein diese Strecke ist unter 3 Stunden nicht zu machen. Irgendwann verabschiedeten sie sich von uns. Dem kleinen Mädchen gaben wir noch eine Schokolade mit auf den Weg. Drum bun! Zum Abend gab es einen kleinen Regenschauer. Der erste Regen überhaupt in all den Tagen. Ich konnte nun zum Abend endlich meine Füsse strecken und führte noch Tagebuch zum Kerzenschein. Die Jungs aus Sasca Montanä versuchten sich in der Nacht am Höhlensee noch im Nachtangeln.

16.06.2000

Heute sind wir erst kurz vor 12 Uhr aufgebrochen. Der Weg ab Lacul Dracului führte zunächst etwas ansteigend durch dichtes Gestrüpp. Fast eine halbe Stunde quählten wir uns da durch. Dann aber verlief der Weg immer entlang dem Nerei. Schöne Ausblicke hatten wir und die Gegend wurde felsiger. An einer Stelle kam eine Hängebrücke. In der Mitte hingen die Halteseile fast in Trittflächenhöhe durch. Oh je, das war ein Krampf, mit den schweren Kraxeln dort rüber. Auf der anderen Seite erwartete uns Gesteinsschotter und darin steil neben einer Felswand ansteigend, deuteten wir einen Pfad. Viel Geröll rutschte nach, gerade das Richtige für meine geschundenen Füsse. Frank bemerkte das aufmerksam und erforschte die Gegend weiter oben ersteinmal ohne Gepäck. Fazit: hier gehts nicht weiter. Ja, wo dann? Also stiegen wir wieder runter zum Bach. Ich lief dort ein wenig entlang und entdeckte auf der anderen Flussseite wieder einen Pfad. Also wieder rüber mit dem Gepäck über diese zappelige Hängebrücke mit zappelnden Waden. Ich sah auf einer meiner Karten, dass eine ältere Trasse früher über zwei Hängebrücken hin- und herging. Ein Stück vor dieser Hängebrücke hatten wir Stahlseile im Fluss liegen sehen. Klar, das war dann die ehemals erste Hängebrücke und auf dieser wäre man wieder zurückgekommen. Also gingen wir nun weiter links vom Fluss. Nun kam ein Höhlenportal und wir legten unser schweres Gepäck danieder. Erst vermuteten wir die Pestera de la Farna, aber dann zeigte sich, dass wir uns in der Pestera Boilor befanden. Von dieser hatte ich ja den Höhlenplan, der mit den Gangverlauf hier indentisch war. Gross ist diese Höhle nicht, dennoch stellt sie eine wirkliche Bereicherung dieser Wanderstrecke dar. Die Schlucht wurde nun im weiteren Verlauf immer abrupter und wir liefen teils über schmale Felssteige entlang. Die breiten Rucksäcke dabei immer zur Seite haltend, kamen wir so halbwegs vorwärts. Dann kamen zwei kleine in den Fels geschlagene Tunnel und wenig später bauten wir die Zelte auf einer schönen Sandfläche auf. Mit den Füssen war ich auch ziemlich am Ende und selbst Frank befürwortete diesen Punkt zur Übernachtung. Zum Abend machten wir uns ein deftiges Lagerfeuer und verbrannten auch gleich ein Dutzend dieser liegengelassenen Plastikflaschen anderer Camper.

17.06.2000

Gegen 10:00 Uhr waren wir heute bereits wieder auf Wanderschaft. Tief in den steilen Fels geschlagen, verlief oft unser Wanderweg. Wir hatten also den aufregendsten Teil der Nerei-Klamm noch vor uns. Hinter Cîrsa la Inchinäciune furteten wir die Nera und folgten dem Wanderweg dann rechts vom Fluss. Am Forsthaus Damian machten wir eine ausgiebige Rast. Ich war ziemlich fertig auf den Füssen, aber wir wollten heute ja noch raus aus der Schlucht in Richtung Potoc. Bis zur Wegkreuzung, wo die Wege von Potoc, Damian und Ochiu Beu zusammentreffen, waren es aber immerhin noch 6 km. Mitten auf dem Weg fanden wir eine tote Schlange. Von oben war sie glänzend schwarz und von unten mehr silbern. Frank hat die Länge auf 1,30 Meter geschätzt. So eine Schlange hatte ich noch nie gesehen. An unserem Dreiwegekreuz angekommen, holte Frank erst einmal Wasser vom Fluss für eine Trinkpause. Und da kam doch plötzlich ein Dacia-Kombi angefahren. Ich stoppte das Auto und erkannte unseren Freund von der Forstdirektion Resita wieder. Er wollte wissen wie es uns ergangen ist und ich erzählte ihm, was mit Christian geschehen war. Frank kam und dann luden wir unsere Rucksäcke ins Auto und ab ging die Fahrt in Richtung Potoc. Weit zog sich der Weg hin und die Dörfer hier schienen wie verlassen. Hier hätten wir nicht einmal mehr ein Magazin Mixt vorgefunden. Unser Freund fuhr ja nach Resita zurück und so liessen wir uns in Oravita absetzen. Das war ja ein super Sprung! Am frühen Nachmittag waren wir nun schon in Oravita und suchten in der Neustadt am Bahnhof gleich eine kleine Gaststätte auf. Erst einmal richtig reinhauen. Doppelte Ciorba und Mitici. Nun suchten wir ein nahe gelegenes Hotel auf. Von aussen sah das Gebäude recht gepflegt aus. Unser Zimmer mit einer dazugehörigen Toilette war dann aber doch um einiges verschlissen. Das Wasser lief fortwährend. Egal, wir hatten für die Nacht die Unterkunft klar und für die 50.000 Lei war es ja ein gutes Angebot. Hier in Oravita auf dem Bahnhof befindet sich ja auch noch eine der ehemals alten Dampflokomotiven. Sie wird nur noch für Touristenfahrten eingesetzt. Es war Sonnabendnachmittag und wir machten trotzdem den Versuch, die Lok zu besichtigen. Ein Bahnhofsbeamter erklärte uns, dass die Lok weiter hinten auf dem Bahnhofsgelände in einem Lokschuppen stünde. Wir sollten es mal bei dem Meister versuchen, der wohnt auch dort ganz in der Nähe. Wir also hin. Meister gefunden und Anfrage gestellt. Meister gab zu verstehen, dass Wochenende sei und der Lokschuppen demensprechend verschlossen ist. Ich habe dann nicht lange gefackelt und ihm meine Hand auf den Rücken gehauen und gesagt: bist Du hier nun der Chef oder nicht? Ein weiterer Bahner, der auch in der Nähe stand, zuckte dabei etwas zusammen und sagte zum Chef, dass er wüsste, wie man die Tür da aufbekommt. Wenig später war sie offen und wir bewunderten das Werk der Technik. Die Bahner waren stolz und anschliessend machten wir noch ein Abschiedsfoto.

So, was nun anfangen mit dem schönen Nachmittag. Es gab ja noch die Altstadt Oravita und in diese gingen wir dann. Ein wahnsinniger Kontrast zur Neustadt. Lieblichkeiten und geflegte alte Häuschen erwarteten uns hier. Ab einem wunderschönen Dorfanger kann man dann auf zwei parallel verlaufenen Strassen in dem Ort unendlich weit hinaufschlendern. Wir liefen bis zu einem sehr einladenden Restaurant. Klar, als Vorsuppe natürlich wieder Ciorba de burtä. Im Dunkel der Nacht schlenderten, bzw. hinkten wir wieder zurück zu unserem Hotel. Die Neustadt war noch voller Leben. Discotheken und Kaffeebars. In unserem Hotelzimmer war es ungewohnt ruhig. Klar, das Wasser war nun abgestellt. Dafür hatte aber der von Allergien gebeutelte Frank hier im Hotelzimmer eine laufende Nase bekommen. Bei mir hingegen "lief" nichts mehr!

18.06.2000

Gegen 5 Uhr in der Frühe wurde es laut, nun hatten wir wieder fliessend Wasser auf dem WC. Erst später hat mich der arme Frank über die genaue "Einschaltzeit" in Kenntnis gesetzt.

So denn alles klappt, erwarten uns heute zwei Höhepunkte. Zum einen die Fahrt mit der "Semmeringbahn" in Richtung Anina und dann die Wanderung durch die Gârliste-Klamm.

Bereits zu Beginn unserer Rumänienreise hatte ich mich auf dem Bahnhof in Resita-Süd nach den Fahrzeiten der Semmeringbahn zwischen Anina und Oravita erkundigt:

Abfahrt von Anina jeweils 7:50 Uhr und 15:40 Uhr und Abfahrt von Oravita jeweils 4:50 Uhr und 12:45 Uhr. Die Gesamtfahrzeit der 33 km langen Strecke beträgt etwa 2 Stunden und 5 Minuten.

Wir hatten den Zug um 12:45 Uhr ins Auge gefasst. Gegen 10:00 Uhr hinterlegten wir unsere Rucksäcke in der kleinen Gaststätte vor dem Bahnhof und besuchten zunächst den Markt ganz in der Nähe. Dann wieder in der Gaststätte, gabs ein frühes Mittag (natürlich wieder Ciorba und Mitici). Wie es da der Zufall wollte, begegneten wir dabei einem alten Bekannten. Es war Ricardo mit einem rumänischen Freund, die hier Waren zum Markt transportiert haben. Die Welt ist wirklich klein!

Als wir auf dem Bahnhof unseren Zug besteigen wollten, kam der Bahnhofsvorsteher von gestern auf mich zu und gab mir ein Foto in die Hand. Ein Lanz-Bulldok und ein altes italienisches Auto waren darauf abgebildet. Vielleicht, so meinte der Bahnhofsvorsteher, interessiere sich ja in Deutschland dafür jemand. Er würde die Maschinen gerne verkaufen. Ich steckte das Foto ein. Dann fuhr er endlich ab, unser Zug, auf dieser landschaftlich tollen Strecke der Semmeringbahn. Diese Strecke besteht seit 1863 und verfügt über 14 Tunnel und genausoviele Viadukte.

Gänzlich bis Anina wollten wir mit der Bahn nicht fahren, sondern ab der Station Gârliste sofort in die gleichnamige Gârliste-Klamm absteigen. Nun ja, so standen wir dann auf dem Bahnhofsareal daher und waren recht orientierungslos. Ich erkundigte mich bei dem Bahnhofsvorsteher nach einem Abstieg in die Klamm. Der zeigte sich unwissend und bedauerte, uns nicht helfen zu können. Als wir die Säcke bereits übergeholfen hatten, kam der Bahnhofsvorsteher zurückgerannt und war sichtlich stolz, uns nun gebührend beraten zu können. Er hatte inzwischen nämlich mit seinen Bahnerkollegen in Anina telefoniert. Also, wir mussten durch den 800 Meter langen Bahntunnel und gleich dahinter zweigt links ein kleiner Fusspfad ab. Dort liegt ganz in der Nähe eine Stâna. Da sollten wir uns noch einmal nach dem weiteren Weg erkundigen. Also liefen wir los, durch den langen dunklen Tunnel (der gerade saniert wird) und dann links. Kaum 5 Minuten sind wir gelaufen, da schallte uns schon ein Hundsgebell entgegen. Erst war es einer, dann aber eine ganze Meute. Ein Hirte kam uns entgegen und sorgte für Ruhe. Aber der Leithund war damit noch nicht gänzlich befriedet. Einmal spitzte er regelrecht meinen Wanderstock an. Ich habs geduldet :-))) ! Wir hatten Glück, denn die Hirten wollten eh die Schafe runter zur Klamm zum Tränken bringen und so liefen wir gemeinsam. Mit den anderen Hunden hatten wir uns dabei angefreundet und waren recht amüsiert über die drolligen Kerls. Unten angekommen, fanden wir eine dicht bewaldete Schlucht vor. Auf der anderen Seite vom Bach führte ein kaum erkennbarer Pfad flussabwärts. Allmählich wurde die Schlucht felsiger. Zwei Höhlen wollten wir ja noch aufsuchen. An einer Flussbiegung vermuteten wir weiter oben an einer steilen Felswand die erste Höhle, aber dem war nicht so. Beschwerlich war der weitere Weg, so von einem Weg nun keine Rede mehr sein konnte. Schliesslich wurde die Schlucht felsiger und abartig schmale Steige führten mitunter einige Meter über dem Wasser an steil aufragenden Felswänden entlang. Das schlimmste daran war, dass diese Steige auch noch völlig verwachsen oder teils weggebrochen waren. Diese Schlucht schien irgendwie von der Welt vergessen und wir kamen uns vor wie "Erstbegeher". Die Stunden gingen dahin und die Schlucht wurde immer schwieriger begehbar. Frank ist einmal mit dem Kopf komplett in einem Dornengestrüpp hängen geblieben. Selbst mit den Händen konnte er sich nicht befreien, so verwachsen war das Gelände. In fast regelmässigen Abständen von ca. 2-3 km fanden wir direkt am Fluss so etwas wie einkammerige Gebäudereste vor. Aus Naturstein geschichtet, war das Mauerwerk etwa bis in eine Höhe von 1-2 Meter erhalten. Wir konnten uns nicht erklären, was für eine Funktion diese Bauten einmal inne hatten. An einem Felssteig fanden wir ein kleineres Plateau vor und überlegten, ob wir hier die Zelte zum Übernachten aufschlagen, aber dann wollten wir es doch noch wissen und gingen weiter durch diese unbeschreiblich unberührte Schlucht. Ich würde schon sagen, dass die Cheile Gârliste die wildeste aller Schluchten vom Anina-Gebirge ist. Schliesslich wurde der Felssteig erneut breiter und bestand aus geschichteten Steinen. Es sah fast aus wie die verlassene Bahntrasse in der Karasch-Klamm. Wenig später durchschritten wir ein riesiges von Menschenhand geschaffenes Felsentor und infolge kam noch ein richtiger grosser Felstunnel. Dann gelangten wir an eine unvollendete Brücke. Nur einige Stahlträger verbanden die beiden Ufer. Eigentlich hätte man ohne grössere Probleme darüberstolzieren können, aber wir waren so entkräftet, so dass es nur noch in der Hocke, bzw. im Rutschen ging. Dann endlich drüben und nach etwa 300 Metern stellten wir fest, dass die erste wunderschöne Zeltwiese auf der anderen Seite vom Gârliste-Bach liegt. Also Schuhe aus und wieder rüber. Die Rucksäcke krachten zu Boden und erst allmählich nahmen wir wahr, welche romantische Verlassenheit uns hier umgab. Trockenes Schwemmholz lag hier in Unmengen rum und eine frische Feuerstelle war nicht vorzufinden. Wir konnten uns also wirklich mit zu den ersten diesjährigen "Eroberern" dieser Schlucht zählen. Frank hatte in kürzester Zeit ein schönes Lagerfeuer entfacht und ich kochte das abendliche Süppchen. Als die Dunkelheit hereinbrach und wir am Feuer sassen, bekamen wir noch Besuch. Wohlgepflegte und kapitale Kühe stapften neugierig um unsere Behausungen. Ein menschlicher Begleiter war nicht in der Nähe. Das Dorf Gârliste konnte also nicht mehr sonderlich weit sein. Mir war in jedem Falle der Schlafsack näher!

19.06.2000

Gestern auf dem Markt in Oravita hatten wir noch 3 Gurken gekauft, die ich bis hier her im Rucksack mitgenommen hatte. Durch die Anstrengung der gestrigen Tour verdienten die Gurken den anerkennenden Namen "Gârliste-Gurken". Wir haben also unser Frühstück mit schmackhaften Gârliste-Gurken bereichert. Eine ausgesprochene Gaumenfreunde sozusagen. Das besondere daran war ja im Grunde situationsbedingt, denn welcher Esel (der von dieser Strecke durch die Klamm weiss) würde auf diesem Weg jemals Gurken mitschleppen. Nahe unseren Zelten standen viele Diestelgewächse und das zog entsprechend viele Arten von Schmetterlingen an. Nach dem Frühstück habe ich mich dann erst einmal eine halbe Stunde auf "Fotosafari" begeben. Aber allmählich wurde es Zeit zum Abmarsch. Die Landschaft bis Gârliste war unendlich malerisch. Ich hätte sozusagen auf jedem Quadratmeter mein Zelt aufschlagen wollen. Und dann dieses wunderschöne alte Dorf mit seinen verlebten Häusern. Wir hielten nun aber gezielt Ausschau nach einem Magazin Mixt und schliesslich wollten wir uns nach einer Transportmöglichkeit rüber nach Carasului erkundigen.

Mehrere junge Männer sassen vor einem Haus und spielten Karten. Ja, ein Magazin Mixt gibt es, und einer der Männer führte uns in eine Seitenstrasse. Wieder sassen an einer Stelle 6 ältere Männer und wir erfuhren, dass unser anvisiertes Ziel auch das ihrige sei. Nur einen Moment, dann käme der Patron zurück. Dann kam er, Toreinfahrt zum Gehöft geöffnet, kleine internationale Menschentraube strömte hinein. Frank und ich entschlossen uns, eine Lage zu geben. Einer der Männer war, wie er selbst zu Frank sagte, ein Deutsch-Deutscher, sollte heissen, dass er vor einigen Jahren aus Deutschland hierhergezogen ist. Ein Schwabe und ein wenig vom Pech gebeutelt, denn seine Frau befindet sich derzeit in Deutschland bei seinem ehemaligen besten Freund. Wir deuteten diese Situation scharfsinnig und hatten auch Worte des Trostes parat. Jedenfalls hat unser deutsch-deutscher Freund namens Dieter einen schönen kleinen Bauernhof und züchtet Belgische Schäferhunde. Wir sollten unbedingt mit in sein Haus kommen und wenn wir einmal wieder in Gârliste sind, dann können wir natürlich bei ihm übernachten, keine Frage. Doch gab`s da eine Frage, denn der Patron hatte diese Variante als die schlechtere hingestellt und meinte, eine Übernachtung käme nur bei ihm in Frage. Aber da hatte der Patron die Rechnung sozusagen "ohne den Wirt" gemacht. Eine Nachbarin, eine Deutschrumänin, intervenierte und ergänzte die Variationsvielfalt, womit also eine Übernachtung nur bei ihr in Frage käme. Frank hat sich mittlerweile mit einem alten verschmitzten Herren eingelassen, der wie ein Jud ausschaute. Der Hut, die überlangen Kotletten und seine Witzigkeit, gepaart mit den unter dem Hut kräftig durchgeschwitzten Haaren - all das veranlasste Frank, ihm den Namen "Herr Speck" zu geben. Der gefiel auch den Einheimischen und Herr Speck hiess jetzt, von der Dorfbevölkerung gebührend anerkannt, wenigstens für heute Herr Speck!

Die Frau vom Patron hat uns in der Aussenküche unter dem Dach der Toreinfahrt eine deftige Suppe und einen anschliessenden Braten bereitet. Zum Abschluss wurde noch Kuchen serviert. Die Zeit schritt voran. Der Patron hatte auch schon zugesagt, uns mit dem Auto rüber nach Carasova zu fahren. Nachdem aber unser Freund Dieter erfahren hatte, dass der Frank von Beruf Elektriker sei, da klagte er sein Leid über einen defekten Lichtschalter. Nun gut, so waren wir umgestimmt und zur Hilfe bereit. Es wäre ja nicht weit, aber zu Fuss gehts nicht. Wir mussten ins Auto vom Patron steigen. Wir, das heisst: hinten Frank, ich, der junge Mann, welcher uns zum Patron führte, und noch einer der Alten. Vorn sassen am Steuer der Patron und Herr Speck. Doch Stopp, da zog man vorn noch einen weiteren Alten mit ins Auto. Dann aber los. Mit Gehupe, Gelächter und Gehabe gings also im Schritttempo die Dorfstrasse entlang. Einer der Herren war schon vorgelaufen und der musste die letzten 200 Meter dann auch noch vorn in der offenen Tür Platz nehmen. Dann betraten wir Dieters Hof. Aber Halt, der überredungsbegabte Herr Speck wollte den Frank in sein eigenes Haus entführen. Obwohl der Frank ein recht zielstrebiger Mensch ist, gelang es ihm nur mit unserer Hilfe, wieder auf den rechten Weg zu gelangen. Jetzt aber betraten wir endlich Dieters Hof. 6 grosse Schäferhunde kamen uns entgegen. Herrliche Tiere, ich war begeistert. Einige Junge, noch richtige Wollknäule tapsten da auch noch umher. Abgetrennt von einem Maschendrahtzaun stolzierte Susi daher. Dieters Liebste, ein Schwein. Dieter zeigte wirklich beeindruckend, welche Gefühle er für Susi hatte. Susi schien von Dieter in gleicher Weise begeistert, dass mussten wir wirklich eingestehen. Nach einer Wele gelang dann Frank auch die Reparatur. Gedauert hats schon etwas und der Patron war wieder zurück zum eigenen Hof gefahren. Wir liefen dann auch wieder zurück und mussten feststellen, dass die Frau vom Patron, eben jenem angetrunkenen Gatten die Autoschlüssel entzogen hatte. Das bedeutete für uns - kein Transport. Die Frau meinte, dass es eine Abkürzung zu Fuss gäbe. Etwas über eine Stunde würden wir laufen, dann wären wir bereits in Carasova. Zugegeben, als ich merkte, dass hier keine Transportmöglichkeit mehr aufzutreiben war, ist mein Stimmungspegel etwas abgefallen. Aber es half ja nichts. Dieter und der junge Mann begleiteten uns noch einen Feldweg hinauf bis zu einer Anhöhe. Dann war der Weg einsehbar und wir zogen allein weiter. Der Weg war aber doch etwas länger wie beschrieben - nach 3 Stunden Carasova erreicht. Ankunft am Restaurant im Zentrum des Ortes. PAUSE, BIER, BEINE AUSRUHEN!

Mit einem mal wurde es turbulent. Eine Hochzeitsgesellschaft kam die Strasse entlang. Teppiche und anderer Hausrat wurde präsentativ mitgetragen. Schnell den Fotoapparat flott gemacht. Frank verfolgte die Gesellschaft noch ein Stück, währenddessen ich schon wieder auf der Terrasse vom Restaurant sass. Zugehörig der Hochzeitsgesellschaft, kam ein Herr mit Wassereimer und Schöpfkelle daher. Einen deftigen Pflaumenschnaps bekamen die Umhersitzenden gereicht. Der Frank, gerade nicht anwesend, tat mir da doch ziemlich leid und ich bat den Schnapseimerträger um ein Glas des guten Tropfens für meinen Freund. Dem wurde stattgegeben. Einige Bierchen hatten wir ja schon inne und es war sicher nur dem Schnaps zuzuschreiben, dass sich hinterher eine sanfte Trunkenheit einstellte. Frank begegnete dem Schnapseimerträger auf dem Rückweg noch vor dem Restaurant und hatten rein rechnerisch die doppelte Menge des edlen Tropfens zu bewältigen. Kleiner wie ich war er auch, was heissen will, dass bei ihm der Sättigungsgrad sich schneller einstellte.

Ich hatte ja noch Fotos von der hiesigen Bäckerei und Korbflechterei vom Vorjahr im Gepäck. Und da wir nun Richtung Karasch-Klamm liefen, kamen wir entsprechend auch an der Bäckerei vorbei. Eine Dame, die im letzten Jahr noch in der Korbflechterei gearbeitet hatte, war auch zugegen und so lösten wir bei der Übergabe der Fotos doch eine unsägliche Freude aus. Unsere zwei frischen Brote waren somit natürlich gratis!

Gegen 20:00 Uhr torkelten wir dann das letzte Stück in die Cheile Carasului hinein bis zur Pestera Liliecilor. Die Zeltmöglichkeit hier ist wirklich überwätigend. Abendbrot brauchten wir heute keines mehr.

Noch etwas Sachliches zum Abend. Nicht das der Leser hier denkt, wir haben in den Dörfern nur rumgesoffen. Nein, in Gârliste haben wir natürlich Erkundigungen eingezogen, was es mit diesen merkwürdigen Ruinen in der Gârliste-Klamm auf sich hat. Einige Alte wussten nur so viel, dass man vor dem 1. Weltkrieg begonnen hatte, eine Strasse durch die Klamm in Richtung Anina zu bauen. Mit Beginn des Krieges wurden die Bauvorhaben dann aber eingestellt. Einige Tage später in Resita, erfuhren wir von einem der da vieles weiss, Herrn Kremm von der ADZ (Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien), dass dort durch die Schlucht eine Bahnstrecke nach Anina geplant war. 1860 wurde mit dem Bau der Bahnstrecke begonnen, die einzigst dem Kohletransport dienen sollte. 2-3 Jahre später wurden die Bauvorhaben dann aber eingestellt.

20.06.2000

8:00 Uhr sind wir heute auferstanden. Das Frühstück lockte mich heute nicht sonderlich, auf Grund von Durchfallbeschwerden. Nach dem 4. Gang machten wir uns dann aber ernsthaft auf den Weg. 2 Höhlen waren geplant, aber ob wir die Pestera de sub Cetate II finden würden, da war ich mir nicht ganz sicher. Im letzten Jahr hatten wir beim Durchwandern der Schlucht von Prolaz in Richtung Carasova am Fluss noch ein zerfallenes Hinweisschild gesehen. Aber es war zeitges Frühjahr und diesmal zeigte sich das frische Grün schon kräftiger. Aber einige prägnante Punkte hatte ich mir dennoch eingeprägt. Der Pfahl lag diesmal im Fluss und wir wussten soomit wenigstens sicher, an welcher Stelle wir rüber mussten. Das Schild selbst war verschwunden. Auf der anderen Seite war eine Steinschuttrinne, die steil nach oben führte. Wenn die Höhle "de sub Cetate ..." heisst, so dachten wir, müsse die Höhle also demzufolge unter einer weit oben befindlichen Festungsruine liegen. Aber das "darunter" ist hier wirklich "relativ". Nun es half nichts, wir stiegen empor und rutschten runter, empor und runter, bis wir die Durchsteigung des Gestrüpps vorzogen. Da konnte man sich wenigstens festhalten. Weit stiegen wir hinauf und hatten einen wunderschönen Blick auf die Schlucht. In jedem Falle eine gute Entschädigung, sollten wir die Höhle nicht finden. Eine Entschädigung schien es dann zu werden, denn wir fanden nichts. Also entschieden wir den Abstieg, denn es hatte sich mittlerweile ein Heidendurst eingestellt. Wir nutzten jetzt gekonnt die Schuttrinne und waren in einem Bruchteil der Aufstiegszeit wieder unten. Wir bereiteten uns einen Trunk mit Brausetabletten und ich sass da so am Wasser, erspähte ich doch das verlorengeglaubte Hinweisschild zur Höhle. Ich zog es aus dem Wasser und geschrieben stand: "Spree Pestera de sub Cetate II - 10 min.". Also musste sie doch hier sein und das ganz in der Nähe. Nur wenige Meter weiter links sah ich dann auch einen fast unscheinbaren Pfad. Also nichts wie hin. Wir brauchten keine 10 Minuten, da waren wir schon drin in der heiss ersehnten Höhle. Wir hatten ja einen Höhlenplan und wussten, dass sich die Gänge weit hinziehen würden. Es war eine dieser "aktiven" Höhlen, d.h. eine von denen, wo in niederschlagsreichen Zeiten reichlich Wasser abgeht. Die Gänge waren blank ausgespült und das teil schwarze Gestein glänzte regelrecht. Das Witzige an dieser höhle sind die "Sifone". Man rutscht da über richtige Kiesbänke über mehrere Meter in die Tiefe, um dann wieder hinaufzukriechen. Wenn die voll Wasser sind, dann ist hier natürlich kein Weiterkommen. Heute aber droht da keine Gefahr. Die Tage waren allesamt nur sonnig und sehr warm und auch heute steht keine einzige Wolke am Himmel. Nach ca. 150 Meter gelangten wir an eine Bifurkation. Ein Gang geht rechts und einer links ab. Wir nahmen zuerst den rechten und rutschten zumeist nur noch durch Lehm und gelegentlich waren die Gänge äusserst schmal. Am Ende standen (hockten) wir vor einem mit Wasser gefüllten Sifon. Also wieder zurück und dann den anderen Gang. Dort kamen wir dann nach etwa 20 Meter an eine steil aufragende Wand. Das Gestein war ausgewaschen und die härteren in der Wagerechte verlaufenen schwarzen Silex-Schichten standen wie eine Leiter hervor. Sie hatten eine Dicke zwischen 5 - 15 cm und standen mitunter bis 20 cm hervor. Witzig sah das aus und wir wussten, dass sich oben ein Höhlengang fortsetzt. Also stiegen wir über die Silexschichten über 13 Meter empor. Ein wenig mulmig war uns dabei schon zu Mute. Im Höhlenplan wird diese Passage als "Pragul cu Trepte (de silex)" bezeichnet. Oben angekommen trauten wir unseren Augen kaum, da setzt sich die Passage doch durch einen mit Wasser gefüllten Gang fort. Also Schuhe aus und Hosen hochgekrempelt. Mir reichte das Wasser dennoch bis zum Gemächt, hingegen der Frank sich wieder eine feuchte Brust holte :-))) ! Und weiter ging es. Zuerst sind wir dem Hauptgang folgend bis zu einem weiteren wassergefüllten Sifon gelaufen. Auf dem Rückweg erforschten wir noch einen rechtsabzweigenden Gang. Einige schöne Formationen fanden wir hier vor. Dann wieder durchs Wasser und abschliessender Abstieg. Schön wars durch die Höhle, aber auch anstrengend. Etwas über 3 Stunden brauchten wir für die recht zügige Begehung. Zurück an den Zelten Kaffeepause. Dann brachen wir auf in Richtung Carasului zur Höhle "Pestera de dupä Cârsä". Auch da hatten wir ja einen Höhlenplan, mit dem ich aber im letzten Jahr einige Unstimmigkeiten hatte. Was da stimmte war die angegebene Galeria Activä. Über 40 Meter kann man dort (je nach Wasserpegel) durch einen Bach einen sich über Kurven hinziehenden schön geformten Höhlengang mit einigen ausserordentlichen Kalkformationen entlangschlendern. Aber dort hinab, geht es über rutschigen Lehm etwa 5 Meter in die Tiefe. Diesmal war dieser Gang völlig ohne Wasser. Ich nutzte die Gelegenheit, in aller Ruhe aus verschiedenen Positionen die kuriosen Kalkgebilde zu fotografieren.

Wir draussen aus der Höhle, nahte auch der Abend schon. Nach kurzer Reinigung schlenderten wir noch auf ein paar Bier nach Carasului. Eine wirklich schöne Tour war das heute. Zum Abend Lagerfeuer am Zelt.

21.06.2000

Unsere Zeit in der Karasch-Klamm und somit im Anina-Gebirge war abgelaufen. Wir brachen die Zelte ab und gegen 10:00 Uhr waren wir am Restaurant in Carasova. Wir gönnten uns ein Bierchen. Dann stellten wir die Rucksäcke dort ab und gingen in den Ort. Zuerst Besuch in der Korbflechterei, um die restlichen Fotos zu übergeben. Die Freude war gross! Schade, der Chef war leider nicht da, aber seine Frau. Ich sprach sie auf den guten Tuicä an, den wir hier im Vorjahr angeboten bekamen und so dauerte es nicht lange, da hatte ich schon ein Fläschchen dieses Guten im Gepäck.

Anschliessend sind wir auf eine Anhöhe hinter dem Ort zur Calvarienkirche gelaufen. Sie dient den Leuten aus Carasova als Wallfahrtskirche. Wieder zurück am Restaurant postierten wir uns gemütlich auf der Terrasse. Wir hatten noch reichlich Zeit, denn Horst wollte uns gegen 15:00 Uhr von der grossen Brücke abholen. Doch kaum an ihn gedacht, war er auch schon ran mit dem Auto und auch unser Freund Christian war mit dabei. Tolles Wiedersehen!

Horst hatte uns ja schon viel von Gärîna (Wolfsberg) im Semenic-Gebirge erzählt. Dort hat er ein kleines Bauernhäuschen und dorthin, so wars geplant, wollten wir heute noch. Also Gepäck umsortiert und ab ging`s. Die Anfahrt von Resita aus, hinauf ins Semenic ist beeindruckend. Die Orte dort oben liegen malerisch in der Landschaft und machen einen gepflegten Eindruck. Horst erzählte uns, dass das Semenic das erste wassertechnisch erschlossene Gebirge Europas war. Aber zugleich gibt es hier im Semenic auch noch einen Gebirgsabschnitt, der bis heute noch nie forsttechnisch bewirtschaftet wurde. Da lauern ja für die Zukunft reichlich Sehnsüchte, wie der Horst das so macht? Na ja, auch so kämen wir immer wieder gerne hier her.

Erst einmal sind wir dann nahe Wolfsberg bei Trei Ape, einem schön gelegenen Stausee zum Baden gefahren. Anschliessend dann Gäina. Oooh ich war wie entzückt von diesem traditionellen Dorf Banater Berglanddeutscher. Wie sich die Häuser der Hauptstrasse terrassenförmig an das Gefälle des Berges anpassten, gut gefallen hats mir und überhaupt super super super! Wir haben nach dem Abendbrot natürlich noch einen schönen Abendspaziergang gemacht.

22.06.2000

Heute nun an unserem letzten Tag, stand die Uhr nicht still. Zuerst sind wir wieder runter nach Resita, dann fuhren wir nach Bocsa, zum privaten Verbandswechsel. Christians behandelnder Arzt hat uns dazu in seine Wohnung eingeladen. Anschliessend fuhren wir weiter nach Ocna de Fier zur Besichtigung einer ausserordentlichen Mineraliensammlung. Wir waren begeistert. Dann wieder zurück nach Resita. Bei Horst trafen wir dann unseren Freund Ionel, der gerade von der Armee entlassen wurde, hingegen sein Bruder Cätälin zu selbiger einberufen wurde. Wir gingen dann ersteinmal mit Ionel in die Stadt. Zuerst schauten wir uns nach einem Taxi für den morgigen Tag um. Ein grüner Mercedes stand da vor einem Hotel. Gerade das Richtige für uns und unsere grossen Rucksäcke. Der Fahrer war ein sympatischer Typ und wir einigten uns für die Fahrt bis Arad auf einen Preis von 80,-DM. Das durch drei, ein guter Preis. Anschliessend sind wir mit Ionel ordentlich essen gegangen. Zum Abend hatten wir dann noch ein Treffen mit Werner Kremm von der ADZ. Das hatte es wahrlich in sich. Ich hätte noch Stunden und Tage da sitzten können. Das Wissen von Herrn Kremm über das Rumänien von heut und einst ist absolut immens. Einen besseren Abschluss hätte der Tag heute nicht hergeben können. Dann sassen wir noch mit Horst beisammen und betuschelten schon Absichten fürs kommende Jahr.

23.06.2000

8:00 Uhr, unser Taxi stand pünktlich vor der Tür. Abschied von unseren wirklich tollen Gastgebern Horst Neff und seiner Frau! Entspannte Anreise nach Arad und reibungslose Rückreise mit dem Zug nach Berlin. Das Herz schlägt noch immer, als stünden wir vor einem Magazin Mixt oder einer Höhle. Aber das etwas vorbei ist hat auch sein Gutes. So kann man sagen, es steht wieder etwas bevor!

Wilhelm Scherz / Jüterbog

Karpatenwilli@t-online.de

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Hier zu lesen:

Der separate Weg von Christian nach der Verletzung und seine Nachbetrachtungen!

Nach der Verletzung meines Knies war mir nicht klar, wie es nun weitergehen, bzw. wie ich weitergehen sollte. Zum Glück hatte ich mich zu Hause entschlossen LEKI-Stöcke zu kaufen. Die waren meine Rettung. Das Knie schmerzte stark und ich konnte es nicht beugen, was das Laufen sehr mühsam machte. Mir war klar, daß hier kein Auto vorbeikommen würde und ich hatte nur den Gedanken vorwärts zu laufen, nicht stehen bleiben und schön auf den Weg achten, weil sonst der Schmerz fast unerträglich wurde. Bei der ersten Quelle am Weg tranken wir etwas. Dann wurde Willi schneller und verschwand ganz aus unseren Augen. Wir liefen nun immer seinen Fußspuren nach. Die Schritte waren groß und schnell. Wo wollte er nur so schnell hin, in dieser menschenleeren Gegend. Es war sehr heiß, der Rucksack war schwer und der Weg schien unendlich lang. Frank war sehr geschafft und konnte nur langsam laufen. Mann sieht ja nicht alle Tage ein offenes Knie. Willi und ich sind Krankenpfleger und dadurch von dem Anblick nicht so geschockt gewesen. Mir gingen viele Gedanken durch den Kopf. Unter anderem, was mit dem angefangenen Urlaub wird, was mit dem Bein wird und ob es je wieder ganz OK wird. Es war der schwerste Gang meines Lebens, wo ich physisch und psychisch an meine Grenzen gestoßen bin. Ich habe die ganze Zeit um Kraft gebetet.

Die letzten vier Kilometer von fünfzehn kam uns Erschöpfte ein riesiger Roman/Dieselsandkipper holen. Ich war den Tränen nahe .......gerettet! Willi hatte geschafft, was ich nicht für möglich hielt. Er hatte die Leute vom Staudammbau kurz vorm Feierabend erreicht, und bewegte sie noch mal in die Berge zu fahren um uns zu retten. Eigentlich wollten alle schnell nach Hause, weil am Abend das Fußballspiel Deutschland/Rumänien sein sollte. Wir wurden bis zur Straße gebracht und sollten mit dem Bus in die Stadt weiterfahren. Ein anderer Sandkipper bremste mit großer Staubwolke und ich musste vorn reinklettern (drei saßen erst drin), Frank und Willi "sprangen" mit den drei Rucksäcken auf die Kippmulde. Los ging die rasante Fahrt nach Bozovici zum Krankenhaus. Dort angekommen, wurde mein Knie in einem Ambulanzraum von einer Schwester begutachtet. Sie holte gleich einen Arzt. Nach Wasserstofflösung und Jodtinktur gab es eine Spritze, wodurch die Schmerzen erträglich wurden. Jetzt wurde genäht, 10-12 Stiche sind es geworden. Der alte Gynäkologe verstand sein Handwerk wirklich gut. Nach gut einer halben Stunde war ich wieder auf den Beinen. Ich holte ein Dankeschön aus dem Rucksack, verabschiedete mich und erfrischte mich mit einem Bier, was Frank trotz seiner wunden Füße organisiert hatte. In einer Gaststätte beim Abendessen überlegten wir was zu tun war. Ich sollte unseren Freund Horst in Resita anrufen und mich abholen lassen. An eine Fortsetzung des Urlaubs brauchte ich nicht zu denken. Willi und Frank wollten nach Herkulesbad, um die wunden Füße und Blasen auszukurieren. Nach langem Suchen fanden wir ein Telefon und einen VW-Transporter. Letzterer brachte die beiden Fußlahmen nach Herkulesbad. Ich wurde später von Horst abgeholt. Wie gut, daß es so gute Freunde gibt.

Christians Knie nach 2-wöchentlichem Heilungsprozess!

In Resita angekommen, wurde ich versorgt wie der heimkehrende Sohn. Am nächsten Tag wurde die Weiterbehandlung im Kreiskrankenhaus organisiert. Mit großen Schmerzen schleppte ich mich in den Dacia und in die Ambulanz. Der Arzt war sehr nett, wechselte mit gerunzelter Stirn den Verband und bestellte uns für den nächsten Tag wieder hin. Die Wunde sah schlecht aus und eiterte. Ich nahm Antibiotika ein und wurde jeden Tag zum Arzt gefahren. Immer mehr Fäden wurden entfernt, bis die Wunde offen war und sich entleeren konnte. Fast vierzehn Tage lag ich mit Eis auf dem Knie auf dem Sofa. Als Willi und Frank von ihrer Tour zurück waren, konnte ich schon einigermaßen laufen. Wir fuhren zu einem genialen Mineralogiemuseum und bestaunten die gesammelten Kristalle und Steine.

Ich war so froh, daß ich wenigstens ganz normal mit dem Zug nach Hause fahren konnte.

Später bin ich dann mit der Familie und dem Auto nach Resita gefahren. Das Wiedersehen mit Horst und seiner Frau war sehr herzlich. Horst und ich besuchten den Arzt im Krankenhaus. Er kam heraus auf den Parkplatz und nahm einen Karton mit chirurgischen Instrumenten und anderen Dingen entgegen. Groß war die Freude als er mein Knie sah, weil alles zugewachsen war. Er hätte es nicht für möglich gehalten, daß die Wunde schon geschlossen ist, alles so gut aussieht und er mich so bald wiedersieht. Es wurde ein schöner Familienurlaub in dem schönen Land Rumänien. Das ist aber eine andere lange Geschichte.

Christian Gleiniger / Jüterbog

nath.glei@t-online.de

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