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Ostern im Sureanu und eine Schnuppertour ins Bihor / 1994

ein Bericht von Willi aus Jüterbog

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30.04.94:

Endlich war es wieder so weit! Gegen 23:45 Uhr bestieg ich meinen Zug in Berlin nach Deva / Rumänien. Ich hatte Liegewagen und war neben dem Conductor der einzige Reisende in diesem Teil des Zuges. Der Zug fuhr ab und ich machte mich gleich an die "Augenpflege". Kurz vor Dresden wachte ich auf und mein erster Blick fiel sofort auf das offene Deckelfach meiner Kraxel. Meine kleine Tasche mit samt Papieren und Geld war fort. --- Oh Schreck oh Schreck, mein Zeug ist weg! --- Eigentlich war ja alles klar. Es war wie ein Kriminalroman aus der "Augsburger Puppenkiste". Also in Frage kam ja wirklich nur der rumänische Schlafwagenschaffner. Ich also hin und an die Türe "geklopft". Der Herr (ziemlich gross und ein wenig dicklich) spielte gelassene Ruhe. Ich stellte den Conductor zur Rede. Er zappelte nur mit den Schultern. Ich wackelte mit dem Köpfchen. Er zog zweifelnd seine Augenbrauen nach oben, hingegen meine etwas "angezornt" nach unten geneigt waren.

Wir fuhren mittlerweile in den Dresdener Hauptbahnhof ein und ich ging zurück in mein Abteil, riss das Fenster runter und winkte die deutschen Zöllner ran. Die kamen auch gleich und wollten wissen, ob ich mir auch wirklich sicher sei. Dann gingen sie zum Conductor. Der spielte den Ahnugslosen. Ein Zöllner fand meine verlorengegangene Tasche in dem Waschabteil neben dem Abteil des Verdächtigen. Ich schaute natürlich gleich nach, was wohl fehlte. Klar, es war das Geld. ABER und so Gott es wollte, hatte ich mir in diesem Jahr ein erstes Mal das Visa in der Rumänischen Botschaft in Berlin besorgt. Und auch dies so Gott es wollte, waren mein Reisepass und sonstige Papiere noch in der Tasche. Der Conductor musste doch ein kleines Herz haben. Die Zöllner nahmen die Personalien des Herren auf und versicherten mir, dass der mit Sicherheit nicht mehr über diese Grenze kommen würde. Sonst aber könne man nichts machen, es sei denn ich erstelle eine Anzeige gegen Unbekannt bei der Polizei. Erstens war das ziemlich sinnnlos und zweitens hatte ich eh keine Zeit, denn Dank Reisepass samt Visa konnte ich meine Reise fortsetzen. In der Mitropa in Berlin-Lichtenberg hatte ich noch eine kleine Besorgung getätigt. Dank dessen hatte ich nun noch 6,50 DM in meinem Besitz. Was brauchte ich mehr?

Bei den Tschechen kamen dann zwei tschechische Schaffner und kontrollierten die Fahrkarten. Sie meinten, dass meine Karte schlecht ausgestellt sei, weil der Zug über einen anderen Grenzübergang fährt. Ich sollte 120,- DM nachzahlen. Ich bekam einen Lachanfall, zog das Innenfutter meiner Hosentaschen raus und sagte "nix Geld, Conductor zapzerap". Die schauten recht ungläubig drein und frugen mich ob ich denn Zigaretten hätte. "Nee, Nichtraucher" sagte ich. Dann gingen sie verärgert fort. An der Grenze zur Slowakei kam ein slowakischer Zöllner und sah den grossen Karton mit dem Comodore-Computer, den ich für Freunde in Rumänien besorgt hatte. Ja, da müsste ich einen Durchreisezoll zahlen. Dann holte ich wieder meinen neuen Standartsatz raus: "nix Geld, Conductor zapzerap". Der Zöllner hats mir geglaubt und mich ohne Zoll weiterfahren lassen. Aber dann kam ja die rumänische Grenze. Ja ja, "electro Articulare", die Frage kannte ich schon und erst ein Jahr zuvor hatte ich erlebt, wie die rumänischen Zöllner einen heimreisenden Rumänen für seine billige Mehrkomponenten-Hifi-Anlage mehr Geld abverlangten, als diese selbst wohl gekostet haben möge. Ich machte das einzig richtige und ging zu meinem Conductor. Der war mir ja wenigstens einen Gefallen schuldig. Ich sagte ihm, wenn ich mit meinem Computer nicht durchkommen würde, dann packe ich an der Grenze die ganze "Augsburger Puppengeschichte" noch einmal aus. Auf eine zustimmende Geste wartete ich nicht und ging wieder in mein Abteil.

Dann kam sie, die Grenze und dann kam SIE, eine forsche rumänische Zöllnerin und dann sah SIE, den grossen Pappkarton mit dem wundervoll darauf abgebildeten Computer. "Und dann kam sie, die treffende Frage nach "electro Articulare". Ich machte spitze Lippen und wäre fast zum Armeisenbär geworden. "Nönööö" sagte ich, "Confection si Alimentare" (Bekleidung und Lebensmittel). Die Zöllnerin schien wissentlich mein Schauspiel testen zu wollen und verharrte kurz schweigend. Meine Lippen blieben spitz wie eine Zuckertüte. "Bun" sagte sie dann und ging lächelnd davon. Nun war drei Leuten geholfen: ich hatte Geld gespart (man kann also auch sparen, wenn man keines hat), der Conductor musste von seiner Beute ein wenig lassen und die Zöllnerin wird Ihrer Familie nach Feierabend hoffentlich was Schönes aus dem nächsten Magazin Mixt mitbringen.

Am 01.05.94 gegen 23:45 stieg ich dann endich in Deva aus dem Zug. Meine Freunde Dorin und Venu erwarteten mich bereits. Ich erzählte von meinen Erlebnissen und mein Freund Dorin wollte gleich in den noch stehenden Zug springen um den Conductor zu versohlen. Ich hielt ihn fest und sagte, dass es ja die letzte Dienstreise des Conductors nach Deutschland gewesen ist. Wenig später sassen wir im Auto in Richtung Pui. Das "Abendbrot" bei Venus Familie verdiente den Namen nicht, da es fast bis zum Morgengrauen anhielt.

02.05.94:

Ausgeschlafen bis zum frühen Nachmittag und dann gings von Freund zu Freund durchs Dorf. Auch eine Probe der ortseigenen Folkloregruppe haben wir besucht. Am Abend sind wir mit Venu zu einer befreundeten Familie nach Ohaba Ponor gefahren. Ich inspizierte natürlich nach kurzer Begrüssung sofort das Gehöfft. Habe binnen Kürze die Destille gefunden. Mein Interesse machte den Hausherren stolz. Er ging hinter einen Flachbau, stieg von hinten aufs Dach und verschwand dort. Dann kam er mit einer Flasche Tuika zurück. Noroc! Dieses seltsame Tuika-Lager ist das Resultat längst vergangener Zeiten. Man hatte hier schon zu Ceausescus Zeiten eine Lizenz zum Schnapsbrennen erworben. Aber die anteiligen Abgaben waren sehr hoch. Darum wurde schwarz gebrannt, was das Zeug hielt und natürlich brauchte man dafür ein "sicheres" Lager. Eigens dafür wurde in dem Flachdach eine Zwischendecke eingezogen. Ich konnte die Familie auch überreden, ihr Nationalkostüm anzulegen und machte einige Fotos. Und mit den Höhepunkten war`s noch nicht zu Ende. Ich durfte die Speckkammer inspizieren. Da bin ich als leidenschaftlicher Speckesser bald wahnsinnig geworden. Auf einer Länge von ca. 3 Metern, hing Schwarte an Schwarte. Auf der Rücktour nach Pui hatte ich bereits mein Depotat für die in zwei Tagen anstehende Bihor-Tour im Gepäck.

03.05.94:

Mit "Bubu" (einem Freund von der Folkloregruppe), Dorin und Venu fuhren wir heute mit dem Auto in das untere Valea Fizesti ins Sureanu-Gebirge. Der Weg war unbefestigt und wurde immer enger. Schliesslich zur linken Seite der Bach und zur Rechten ein Holzzaun. Vor uns ritt ein alter Opa auf einem Pferd daher, beladen mit zwei kugelrunden Taschen. Venu hupte, der alte navigierte das Pferd näher an den Zaun heran und Venu leitete den Überholvorgang ein. Auf gleicher Höhe kam unser Auto mit einem Schlagloch nicht zurecht. Venu gab Gas und auch der Gaul tat`s ihm nach. Aber das Wettrennen war kein Gleiches. Der Gaul nämlich stapfte mit seinen Vorderhufen wiehernd über das Autoblech hinweg und leitete eine Kehrtwende ein. Noch war der Opa drauf, aber er sass nicht mehr so recht im Sattel, sondern flatterte eher wie eine Wetterfahne daher. Nach ca. 50 m fiel der Opa zu Boden und lag mit dem Gesicht im Dreck. Zwei andere Männer fingen das Pferd ab und wir schauten nach dem Alten. Der regte sich nicht. Wir drehten ihn vorsichtig um. Man, da kam uns aber eine Alkoholfahne entgegen. Einer der zwei anderen Männer nahm den Alten forsch: er solle sich nicht wie ein altes Weib anstellen und wieder aufstehen. Kurze Zeit später stand er wirklich, allerdings noch etwas benommen. Aber eher vom Alkohol, wie sich rausstellte. In der Brusttasche seiner Fellweste hatte der Alte einen Flachmann aus Glas und der war trotz der "Brustlandung" intakt. Einer meiner rumänischen Freunde klärte mich über diesen doch glücklichen Zustand auf: also wenn hier jemand so einen Unfall erleidet, sich dann die Hand vor Schmerz auf`s Herz legt und etwas feuchtes spürt, dann sagt man ---hoffentlich ist es Blut---. Ich hoffe doch, dass alle Leser diesen Zusammnenhang verstanden haben! :-))))

Weit fuhren wir dann mit dem Auto nicht mehr. Denn wo die Wege ins obere Fizesti-Tal führen, da geht es nur noch zu Fuss oder mit dem Pferd. Dort oben gibt es viele isolierte Bauernhöfe, die ganzjährig bewohnt sind. Und hier oben waren wir zum "Ostertreffen" bei Freunden von Venu eingeladen. Also im Prinzip ist das mit den hiesigen Osterfeierlichkeiten folgendermassen: ...jedes Jahr ziehen die Leute hier quer durch die Gegend und besuchen die eine oder andere Familie, die für die Ausrichtung der Festlichkeiten vorgesehen ist. Im folgenden Jahr sind dann andere Familien dran. .... Nach einer Stunde waren wir oben und wurden auch gleich ins Haus geladen. Ein grosser Tisch war schon eingedeckt. Für jeden Gast stand ein ganzer Turm von Tellern bereit. Ich hatte es auch einen Tag vorher schon gesehen, denn da gibt es einen schönen Brauch: viele Familien haben im Haus einen grossen Korb mit gekochten und gefärbten Eiern zu stehen. Der Gast sucht sich sorgsam ein Ei aus. Und ein anderer tut es ihm nach. Dabei werden bei der Auswahl die Eier an die Zähne gehalten. Mit leichten Vibrationen wird das Ei dabei gegen einen Zahn geklopft. Ich kann es ja verraten: also das Ei, welches beim Klopfen den höheren Klopfton von sich gibt, hat die härtere Schale. Aber hat der andere Eiertester etwa ein noch härteres Ei gefunden? Dann sagt man "Christos am viat" (Christus soll leben!) und klopft die Eier mit den Enden aufeinander. Der mit dem härteren Ei ist der Gewinner. Ich hatte natürlich auch schon am Vortag geübt und schnitt am heutigen Tage nicht schlecht ab.

...Also wir assen und tranken und sangen, das heisst, wir versetzten uns in einen Zustand, in dem man mehrere Dinge auf einmal tut. Seit Windows 95 gibt es ja offiziell den Begriff "Multitasking", hier sind die Menschen seit eh und jeh sehr "multitask" veranlagt. Am späteren Nachmittag, setzt dann oft eine zweite österliche Volkswanderung ein. Man bricht auf und besucht eine weitere gastgebende Familie. Das taten wir auch, was für`s erste bedeutet, dass wir wieder bergauf mussten. Oben angekommen, waren wir mehr als nüchtern und so konnten wir die Feierlichkeiten ganz ohne Bedenken fortsetzen. Erst spät in der Nacht begannen wir mit dem Abmarsch.

04.05.94:

RUHETAG !!!

05.05.94:

Nach dem Mittag sind Dorin und ich mit gepackten Kraxeln zum Bahnhof in Pui gegangen. Dann mit dem Zug nach Simeria und weiter mit einem Zug nach Brad. Unser Ziel war das Bihor-Gebirge. Aber von den "grossen" Amnmarschgebieten hatte ich ja schon Kenntnis und wollte eher einen unberührten Einstieg. Darum fuhren wir von Brad weiter mit dem Bus. Dieser war im Innern von einer kräftigen Staubschicht überzogen. Ich dachte zunächst, der eigentliche Bus sei ausgefallen und da hätte man eben einen alten Ersatzbus eingesetzt. Das Ziel war das Valea Luncsoara. Irgenwann bog der Bus von den befestigten Hauptstrecke ab, in eben dieses Tal. Die Strasse hier war nur ein unbefestigter Forstweg. Wir sassen ganz hinten im Bus und plötzlich drang massiver Strassenstaub durch die kaputten Türabdichtungen herein. Nach weiteren 10 min. sahen wir den Busfahrer und die vorderen Passagiere nicht mehr. Nun war mir auch klar, dass in längeren regenfreien Zeiten dieser Bus eben kein Ersatzfahrzeug war. In der letzten Siedlung des Valea Luncsoara dann Endstation. Mittlerweile war es auch Abend geworden. Auf einer kleinen Lichtung an einem Bach errichteten wir unser Zelt und machten Feuer. "Essen, essen und den Tuika nicht vergessen!" Wir hatten jeder eine 2-Liter Colaflasche Tuika im Gepäck. Ich empfand das als Irrsinn, aber Dorin bestand darauf.

06.05.94:

Die Nacht war sehr ruhig. Gegen 10:30 Uhr sind wir dann die Sache angegangen. Es gab hier eine Markierung >Blaues Band<, welche sich aber bald verlor. Wir stiegen auf zum Vf. Rotunda. dann hielten wir uns links immer auf dem Kamm entlang. Das Wetter hatte sich zugezogen und es begann zu regnen. Zuerst nur ab und zu, aber dann wurde es arg. Wir waren womöglich nicht mehr all zu weit vom Bihor-Gipfel (Vf. Curcubáta Mare / 1849 m) entfernt, beschlossen aber den Abstieg nach rechts, einen schönen Waldweg entlang. Die nächste kleine Zeltwiese an einem Bach sollte dann unsere sein. Aber statt dessen kam ein Bergwerk, wo wir auf eine unbefestigte Waldstrasse stiessen. Aber auch hier war weit und breit keine Zeltwiese.

Über eine Stunde sind wir noch gelaufen bis eine Wegabzweigung kam, an der zwei Bäche zusammenfliessen. Und hier neben einem alten Forsthaus dann endlich auch die ersehnte Zeltwiese. Wir richteten uns ein. Mittlerweile war auch die Dämmerung über uns hereingebrochen. Zeit fürs Abendbrot. Am späten Abend hatte der Regen etwas nachgelassen, so dass wir noch ein Lagerfeuer machten. Das wärmte uns von Aussen und für Innen hatten wir ja auch das geeignete Feuerwasser.

07.05.94:

Zu später Nacht kam der Regen wieder und hielt auch den heutigen Tag mit wenigen Unterbrechungen an. Wir blieben am Ort. Aus langen Ästen und einer Rettungsfolie haben wir uns einen Unterstand gebaut und brutzelten das eine oder andere Essen zusammen. Und die zwei Tuikaflaschen wurden immer leichter. Am Nachmittag kam ein Förster und wir erkundigten uns, ob der hiesige nach links abzweigende Weg in Richtung Arieseni oder Gârda de Sus führen würde. Der Förster bejahte.

08.05.94:

Am Morgen trauten wir fasst unseren Ohren nicht, denn der Regen trommelte weiterhin unentwegt auf unser Zelt. Na ja, wir hatten ja den schönen Unterstand, gut zu Essen, und ausserdem auch ein wenig Literatur mit im Gepäck. An der Stelle, wo die zwei Bäche zusammenfliessen, war sehr viel Schwemmholz vorhanden. Es war diese Art von Rundholz, welche nur an der Oberfläche nass ist. Es lässt sich gut brechen und brennt schnell an, auch wenn es einige Zeit im Wasser gelegen hat.

09.05.94:

Mit dem Regen war es endlich vorbei. Wir packten und nahmen den nach links aufsteigenden Weg. Zunächst stieg der auch ein weites Stück an. Dann ging`s leicht links und irgendwann wieder leicht links und als es plötzlich erneut leicht links und dazu bergab ging, da brach mein rumänischer Freund mit seinem Temperament durch und er fluchte auf seine Landsleute, die nicht im Stande wären, vernünftige Markierungen anzubringen. Brauchten wir das wirklich? Ich holte meinen Kompass raus, nordete meine Apuseni-Karte ein und entschied für eine Passage bergauf durch den Wald. Allmählich wurden die Schneefelder hier immer tiefer. Wir kämpften uns bis über die Baumzone durch und stiegen auf zum Kamm. An einem markanten Punkt stand ein eisernes Metallkreuz aus Rundstahl. Wir waren wohl am Curcubáta Mica. Nordwärts bergab sahen wir etwa 150 Höhenmeter tiefer mehrere Holzhütten. Also stiegen wir ab.

Die meisten Hütten waren kleine Viehställe und die Blockhütte, welche als Wohnhaus diente, war mit zwei Stahlbändern und Vorhängeschlössern gesichert. Für eine Stâna eh sehr ungewöhnlich. Ich hatte so eine Eingebung und zog an dem einen Vorhängeschloss und siehe da, ab wars. Und das zweite Schloss tat`s dem Ersten gleich. Die Hütte war wie für uns geschaffen. Zwei Betten, ein kleiner gusseiserner Ofen, ein Fensterblick hinüber nach Arieseni und reichlich Bruchholz zum Anfeuern vor der Hütte. Zu allem Luxus noch kleine Schmelzwasserbäche im Schnee. Am Abend haben wir noch einen kleinen Spaziergang gemacht. Ein aussergewöhnliches Fleckchen Erde war das hier. Doch ein Unglück hat uns dann zu später Stunde in userer gemütlichen Hütte dann doch ereilt. Der Tuika war alle. Mein Freund Dorin sass da und wackelte mit dem Kopf und sprach "Desastru national". "Nu nu", sagte ich "Desastru international". Wir lachten uns fast zu Tode darüber.

10.05.94:

Gegen 7:00 Uhr bin ich aufgestanden und hab den Fotoapparat gepackt. Über eine Stunde sass ich draussen und erlebte einen der schönsten Sonnenaufgänge meines bisherigen Lebens. Gegen 10:00 Uhr stiegen wir im Sonnenschein ab nach Arieseni. Zunächst gingen wir einen Forstweg entlang und dann irrten wir durch viele kleine verschachtelte Waldwege ins Tal. Gegen Mittag waren wir dann in Arieseni. Ersteinmal auf in die nächste Gaststätte. Draussen ging ein Regenschauer los und eine Schafmutter mit ihren Lämmern suchte Unterstand in der örtlichen Bushaltestelle. Irgendwann kam ein LKW, der Leute nach Gârda de Sus mitnahm. Wir nutzten die Gelegenheit und fuhren mit. Unser anvisiertes Tagesziel war ja die Cabana Scárisoara. In Gârda de Sus kaufte Dorin noch eine Flasche Wodka. Tuika war in dieser Gegend nicht zu bekommen, da es im Vorjahr eine sehr schlechte Pflaumenernte gegeben hatte. Dann aber machten wir uns auf zur Cabana Scárisoara. An der Stelle, wo das Valea Gârda Seacá und das Valea Ordâncusa zusammenfliessen, stiegen wir genau dazwischen bergauf. Ein schmaler Pfad führt immer einen aufsteigenden Kamm entlang. Nach 1 Stunde standen wir dann vor den Überbleibseln der Cabana Scárisoara, vermooste Reste eines Betonfundamentes.

Gleich in der Nähe steht ein schönes Forsthaus, aber es war verschlossen. Der Regen hatte uns wieder ein und wir gingen zu einem weiteren in der Nähe stehenden Haus. Ein alte Dame kam raus und erzählte uns, dass die Cabana schon viele Jahre nicht mehr existiert. Bei ihr könnten wir zur Zeit leider nicht unterkommen, da vor kurzem ihr Mann verstorben sei. Aber wir sollten mal ein Gehöft weiter laufen und dort nachfragen. Dort befanden sich auch noch Stallungen mit diesen traditionellen Dächern, welche mit Tannenzweigen eingedeckt sind. Eine Besonderheit der hiesigen Motzen. Wir lernten Julia kennen. Auch eine alte Dame, die uns, wenn wir dort nicht rauchen würden, eine Unterkunft in dem wunderschönen Stallgebäude anbot. Zur linken Gebäudehälfte, dort im Heu können wir uns einrichten. Die andere Hälfte des Gebäudes war der Kuhstall. Natürlich wurden wir zum Essen und Plaudern ins Haus geladen. Ferner lernten wir noch Tochter und Schwiegersohn kennen. Überaus sympatisch!

Dorin holte die Wodkaflasche raus und bat um Zucker und etwas Kümmel. Dann setzte er auf dem Herd ein Töpfchen auf. Wodka samt der anderen Zutaten rein, kurz aufgekocht und fertig war Dorins Spezialrezept. Wir waren allesamt davon begeistert. Julia erkundigte sich mehrmals danach, um nur nichts zu vergessen. An jenem Abend bekamen wir frische Eier (von den hauseigenen Hühnern) zubereitet und die waren absolute Oberklasse! Zu später Stunde haben wir im Heu gelegen und waren etwas erstaunt darüber, wie laut es doch plätschert, wenn eine Kuh im Nebenraum Gassi macht. Ich fühlte mich sauwohl und habe beim letzten Gähnen mit Sicherheit "muuuu" gemacht.

11.05.94:

Gegen 8:00 Uhr sind wir im Heu erwacht. Zum Frühstück gab es wieder diese Hühnereier der Kategorie "Superclass". Der Schwiegersohn des Hauses machte gerade seinen Planwagen fertig, denn heute fährt er seine über den Winter gefertigten Holzfässer zum Verkauf ins weite Land. In diesem Jahr in Richtung Arad. Bis zu 14 Tagen sind die Motzen dann mit ihren Pferdewagen unterwegs. Natürlich habe ich gleich die hölzerne Handelsware inspiziert. Es sind Holzfässer alles Art. Sehr auffällig natürlich die grossen Fässer, in denen die Früchte für den künftigen Tuika angesetzt werden. Um möglichst viele Fässer transportieren zu können, fertigt man das folgende Fass ein wenig kleiner, damit dieses in das vorherige hineinpasst. Was den Russen die Matruschkas, sind den Motzen ihre Fässer!!!

Nach reichlich Speis und Trank und einer Inspektion des Hofes, brachen Dorin und ich zur nahe gelegenen Scárisoara-Eishöhle auf. Im Dorf muss man sich bei einem bestimmten Haus melden. Eine Alte kam uns entgegen und wir trugen unser Anliegen vor. Die holte dann den Schlüssel und wir gingen noch ein Stück zum hiesigen Berg hinauf. Ein grosses Einsturzbecken von 50 m Tiefe und einem Durchmesser zwischen 40-50 m führte hinab in die Höhle. Zuvor aber zahlten wir ein kleines Entgeld. Die Alte schloss hinter uns dann wieder das Tor der Maschendrahtumzäunung. Wenn wir zurückkommen, dann sollen wir durch das Loch im Zaun kriechen. Dann hatten wir die Höhle für uns allein.

Eine schmale Eisentreppe führt hinab in den Schacht. Lange Eiszapfen hängen bereits im äusseren Teil des Höhlenportals. Wir gingen hinein und befanden uns auf blankem Eis. Ein Geländer führt durch die Höhle, wobei der Steig selbst teils unter dem Eis liegt. Die Angaben für die hier lagernden Eismassen differieren zwischen 50.000 und 75.000 m³. Leicht rechts führt eine weitere Eisentreppe in einen kleineren sich direkt anschliessenden Saal mit wunderschönen Eisformationen (Biserica Veche = alte Kirche). Dorin entdeckte einen Eisstalagmit von einer Höhe von über 1 m. Der hatte auf seiner Spitze eine kleine Caldera, in der eine verändete Fledermaus eingefroren war. Foarte imposant! Gerne wären wir noch in die Rezervatia Mare hinabgestiegen, aber dafür benötigt man wenigstens 50-60 m Seil. Aber auch so waren wir sehr begeistert. Nach eineinhalb Stunden stiegen wir wieder empor.

Ein leichter Regen hatte mittlerweile eingesetzt. Das kleine Dorf hier unterhalb der Höhle heisst Ghetar. Es war bereits früher Nachmittag und wir entschlossen uns, noch ein wenig die Umgebung zu beschnuppern. So wanderten wir in Richtung Ursoaia. Bei einer kleinen Dorfkirche drehten wir um und machten eine ausgiebige Pause in einer neuen kleinen Gaststätte. Zu Bier und Keksen plauderten wir mit dem Besitzer. Gegen 16:00 schlenderten wir zurück und pflückten unterwegs noch Spitzen von frischen Brennesseln für die abendliche Suppe. Kurz vor Julias Haus winkte uns die alte Dame nahe des Forsthauses ran, deren Mann erst kürzlich verstorben war. Sie bat uns, ob wir ihr helfen könnten, die Saatkartoffeln aus dem Keller zu holen. Klar taten wir das. Dafür bekamen wir einen brotförmigen Kuchen, der im Innern irgendwie so nach Marzipan schmeckte. Anschliessend bei Julia im Haus, frass ich dann fast den halben Laib auf. Bis spät in die Nacht hinein plauderten wir noch mit Julia und ihrer Tochter.

12.05.94:

Regen peitschte auf unser Stalldach. Wir wolltens nicht glauben. Egal, nach dem Frühstück entschlossen wir uns zum Abmarsch nach Gârda de Sus. Wir verabschiedeten uns von Julia und ihrer Tochter und dann wanderten wir hinüber ins Valea Ordâncusa. Über einen wunderschönen schmalen Pfad steigt man ab ins Tal. Wir kamen an einer kleinen Ansiedlung raus. Der Regen hatte etwas nachgelassen. An dem einen Haus stand ein Forstarbeiter unter einem Vordach und wir entschlossen uns zu einer Rast. Während wir ins Gespräch kamen, öffnete sich eine Tür und eine alte blinde Dame schaute heraus. Wie spät es wäre und welcher Tag heute sei, wollte die Alte wissen. Dann lud sie uns in die Stube. Aus der zweiten Stube des Hauses kam noch eine junge Frau hinzu, die mich bat, von ihr und ihren zwei Kindern ein Foto zu machen. Im Zimmer der Alten stand an einer Wand gelehnt ein Holzgestell, auf den ein riesiges "Speckchen" gespannt war. Das sah aus, wie der gekreuzigte Jesus.

Der Speck war mit Salz und rotem Paprikagewürz eingestrichen. Mir tropfte der Zahn. Ich fotografierte die Alte neben dem konservierten Speck und schliesslich kam die junge Frau mit einem Messer herbei. Wenig später war mein Rucksack wieder um einiges schwerer. Die Alte flüsterte mir noch etwas ins Ohr: "Wenn sie mal wieder vorbeikommen, dann bringen sie mir doch bitte eine Schokolade mit". Wir verabschiedeten uns und wanderten dann weiter das Tal hinab. Dann kamen wir in eine wunderschöne Schlucht. Ein Stück hinein kommt zur Rechten ein kleines Betonbrückchen. Ein Weg führt hinauf zur Höhle "Pestera Poarta lui Ionel". Ein wunderschönes Eingangsportal. Wir stellten die Rucksäcke ab und holten die Lampen raus. Nach einer halben Stunde wanderten wir weiter nach Gârda de Sus.

Gegen 15:15 Uhr nahmen wir dann einen Bus nach Alba Iulia. Wir trauten unseren Augen nicht, denn plötzlich klärte sich der Himmel auf und die Sonne strahlte. Ich ärgerte mich natürlich darüber. Klar wäre ich viel lieber jetzt im Bihor-Gebirge dahergewandert. Aber nach 7 Tagen Regen mit wenigen Unterbrechungen, hat es uns eben gereicht. Dennoch, die landschaftlichen Eindrücke sitzen tief. Abends bei Venu in Pui spülten wir den Griesgram dann mit Tuika runter.

13.-14.05.94:

Zwei Tage zum Ausspannen und kleine Wanderungen in die Umgebung. Jörg, ein Freund aus meiner Stadt rief uns plötzlich an. Er war gerade mit dem Auto bei Freunden in Orastie. Morgen Abend wird er für zwei Tage nach Pui kommen.

15.05.94:

Zwei Wochen nach den hiesigen Osterfeierlichkeiten, findet noch einmal eine "Völkerwanderung" im Sureanu satt. Es ist so eine Art "Osternachfeier". Auch wir nahmen natürlich wieder daran teil. Zwei Familien besuchten wir dort oben. Der Grossvater des einen Hauses, ein alter gestandener Hirte, spielte temperamentvoll auf seiner Hirtenflöte daher. Na ja, es war äusserst gesellig und wir kamen erst zu abendlicher Stunde wieder zum Abmarsch. Gegen 22:00 Uhr waren wir in Pui. Jörg war mittlerweile eingetroffen und wurde von Ani (Dorins Frau) bereits mit bester rumänischer Küche versorgt. Für den kommenden Tag planten wir, mit Jörg seinem Geep hinauf zur Stâna de Râu zu fahren.

16.05.94:

Gegen 10:00 Uhr war das Auto gepackt und wir fuhren hinein ins Retezat-Gebirge. Das Râu Bárbat-Tal war malerisch. Aber nach knapp 10 km versperrte ein Steinschlag den Weg. Es war kein rüberkommen. So fuhren wir zurück, luden in Pui die Zelte ein und entschlossen uns für das wunderschöne Felsental im oberen Valea Streiului. Wir hatten strahlend blauen Himmel.

In Baru, hinter der dortigen Fabrik bogen wir dann links ab und nach weiteren 8 km haben wir dann unsere Zelte in der Nähe einer kleinen Stâna aufgeschlagen. Natürlich sind wir nicht nur zum Zelten hierher gekommen, sondern sattelten den Ranzen und wanderten hinauf zur Tecuri-Höhle. Der Einstieg über die moderige Holzleiter in den 12 m tiefen Schacht war etwas kribbelig. Aber dann erwartete uns eine Höhlenwelt von wunderschönen Formationen. Die Länge der Höhle beträgt 485 m. In einem grossen Saal steht ein wunderschöner Stalagmit von ca. 7 m Höhe. Dahinter kommt eine Kalkwand voll mit Formationen, mit dem Namen "Barajul Stalagmitic". Ganz links an dieser Wand ist nach einem kurzen Aufstieg ein schmaler Durchschlupf, nach dem sich die Höhle noch über 60 m fortsetzt.

Auf dem Rückweg, am Ausgangsschacht angekommen, krochen wir aber noch durch ein flaches halbmondförmiges Loch und gelangten in eine Galerie mit einem kleinen Höhlensee. Dieser hatte einen Durchmesser von ca. 15 m. Dahinter führt ein schmalerer Gang noch zu einem 35 m tiefen Schacht. Wieder der Höhle entstiegen, suchten wir noch eine zweite Höhle, aber fanden sie nicht. Nun sassen wir oben an einem Felsvorsprung und schauten in die Schlucht. Am späten Nachmittag, wieder an den Zelten angekommen, machten wir uns auch gleich daran, ein Feuer zu bereiten. Ich ging zur Stâna rüber und wollte uns für den Morgen des nächsten Tages ein Eimerchen Milch sichern. Eine alte Bäuerin kam heraus. Sie antwortete: "Ihr könnt Morgen und auch heute am Abend schon Milch bekommen." Klar das wir das wollten. Bis tief in die Nacht hinein plauderten wir noch am Lagerfeuer.

17.05.94:

Bis Mittag sind wir im herrlichen Strei-Tal verblieben. Wir überlegten, ob es Sinn hätte, von Ohaba Ponor die schwierige Forststrasse hinauf nach Ponoricilor zu fahren. Aber mit dem Geep zeigte sich Jörg zuversichtlich. Über Feder auf einer Serpentine versperrte uns ein Holztransporter den Weg. Er hatte eine technische Panne. Wenn der Transporter nur ein Stück mehr nach rechts stünde, dann würden wir ja passieren können. Der Fahrer überlegte und dann befestigte er ein Stahlseil an einem Baum und zog mit der Seilwinde den Wagen ein Stück zur Seite ran. Wir kamen am Abhang geradeso vorbei. Dann ging es weiter. Auch hinter dem Plateau Ponoricilor kamen wir gut voran und fuhren bis hinauf über die Höhle "Pestera din Valea Stânii" (Höhle im Tal der Schäferhütten). Wir holten unsere Lampen hervor und dann hinab in das keine Tal, in dem ein Bach kurz vor einer Felswand in der Erde verschwindet.

Bereits 1990 war ich zum ersten mal in dieser Höhle. Das Loch war diesmal offen und wir brauchten keinen Betonblock aushebeln. Nur einige kleine Felsbrocken waren zu beseitigen. Dann wurde es eng. Ein S-förmiger Gang windet sich über ca. 15 Meter zu einem kleineren Raum. Stein am Bauch und Stein am Rücken, hier lernt man, wie ein Zäpfchen denkt. Dann in dem kleineren Raum folgt ein weiterer schmaler Durchlass. Man muss sich senkrecht in die Tiefe durchgleiten lassen, sofern man gleitet. Menschen von dickerer Gestalt dürften spätestens hier ein Ende finden. Nach dieser Passage folgte ein Abgrund von ca. 10-15m. Eine schmale wackelige Metalleiter, locker angelehnt, führte in die Tiefe. Wir folgten dieser. Dann aber befanden wir uns im Paradies. Knapp 5 Stunden dauerte die Tour. Für Dorin hätte es beinahe um einiges länger dauern können. Er hatte sich in der engen senkrechten Passage verkeilt. Seine Jacke war einfach zu dick. Dorin steckte darin und zerrte und zerrte. Die Jacke knirschte und nach langem Zureden und Drücken und Zerren, hatte es auch unser rumänischer Freund geschafft. Als wir wieder daraussen waren, zogen gerade pechschwarze Wolken davon. Als wir am Abend wieder unten in Pui waren, frug man uns, ob wir denn das schwere Unwetter nicht mitbekommen hätten. Nee! Spät am Abend verabschiedete sich Jörg, denn er wollte heute noch nach Ungarn weiter.

18.05.94:

Für Dorin und mich war heute Ausspanntag. Wir haben wieder Freunde im Ort besucht und am Abend habe ich mit Gerlu (einer der beiden Söhne von Dorin) eine wahre Gebirgssuppe zubereitet. Ani haben wir sozusagen in den Ruhestand versetzt. Gerlu lief beim Kochen der Schweiss von der Stirn. Aber alle haben unser Machwerk anschliessend gelobt!

19.05.94:

Venu und Dorin haben mich mit dem Auto nach Deva gefahren. ----Rückreise!----- ICH WILL NICHT!

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