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Auf Schusters Rappen durch`s Retezat-, Godeanu- und Cerna-Gebirge (1995)!

ein Reisebericht von Wilhelm Scherz (Jüterbog)

Bilder zur Story (882 KB)


16.08.95:

Gestern nach dem Frühdienst galt es noch schnell einige Besorgungen zu machen, dann packen in Rekordzeit. Kurz nach Mitternacht (0:08 Uhr) hatte ich in Bln.Schönefeld im Schlafwagen Quartier bezogen. Bis Deva gibt es jetzt nichts mehr zu tragen! Der rumänische Conductor vom Schlafwagen kam mit meiner Fahrkarte nicht zurecht. Auf dieser stand als Zielort "Medias", hingegen auf dem Schlafwagenticket "Deva" vermerkt war. Der Computer hat keine bessere Reservierung hergegeben und so mußte sich der Conductor wohl oder übel damit begnügen. Gegen 23:10 Uhr kam ich dann mit etwas Verspätung in Deva an.

Während der Einfahrt nach Deva schaute ich durch die große Türscheibe in die Dunkelheit. Es spiegelte sich der Hintergrund und so konnte ich beobachten, wie sich ein dicklicher Zigeuner mittleren Alters an meinem hinter mir stehenden Rucksack zu schaffen machte. Angeblich ebenfalls interessiert an einem Schulterblick in die Dunkelheit, öffnete dieser die rechte Seitentasche von meinem Rucksack. Rechte Tasche? Ach ja, da ist ja meine abgeknabberte uralte Plastiktasse und Klopapier verstaut. Da ließ ich meinen stillen Hintermann ersteinmal forschen. Dann kam der Griff zur linken Seitentasche. Linke Tasche? Oh, Kameraobjektiv und so. Ich renkte meine Schultern und drehte mich dann rein zufällig um. Dem Zigeuner standen Schweißperlen auf der Stirn. Ich mußte lachen, versuchte dies aber mehr als überschwängliche Freundlichkeit zu tarnen. Das Dickerchen ging von dannen. Ich schloß die rechte Seitentasche. Dickerchen kam wieder zurück und schaute auch gleich auf die geschlossene Seitentasche. Nun gab ich mir aber keine Mühe mehr, mein Lachen zu verbergen. Ich wäre wohl sonst geplatzt vor Anspannung. Schließlich will ich ja hier wandern und nicht platzen. Der Zug fuhr in den Bahnhof ein. Meine Freunde Venu und Dorin aus Pui erwarteten mich schon. Und weiter ging es dann mit dem Auto nach Pui.

17.08.95:

In Pui angekommen, gab es zuerst ein reichlich Abendbrot. Gegen 3:00 Uhr in der Frühe brachte uns Venu noch zu Dorins Domizil. Bis 4:30 Uhr saßen wir wir noch auf "einen" Tuika beisammen. Zum späten Nachmittag standen wir wieder in der Öffentlichkeit. Wir fuhren nach Ohaba Ponor, weil ich dort Formationen versteinerter Muscheln fotographieren wollte. -Foarte interessant-! Ein junges Mädchen zeigte uns die schönsten Stellen. Und anschließend zeigten uns deren Eltern, den womöglich "schönsten" Tuika. Schließlich haben wir noch eine weitere Familie in Ohaba Ponor besucht. Sehr gute Freunde von Venu. Da wurde ersteinmal die hauseigene Schnapsdestille inspiziert. Irgendwie hatte ich erwähnt, daß ich sehr gerne Speck esse. Ich mußte dann sofort in die ebenfalls hauseigene Speckkammer schreiten. Da hingen Schwarte an Schwarte. Riesig!!! Das Paradies ist eben oft näher als wir glauben. Spät in der Nacht verabschiedeten wir uns und natürlich hatte ich auch ein recht großes Stück Speck im Gepäck, für meine Bergtour eben.

18.08.95:

Heute stand eine befreundete Familie im Fizesti-Tal auf dem Programm. Wir liefen zwei Stunden, bis hinauf zu Familie Danut. Als wir am Haus ankamen, sahen wir die Familie weit oben am Berg beim Heu machen. Venu ließ seine Stimme erschallen und Dan`s Frau kam sofort hinab, um uns ersteinmal zu bewirten. Frau Danut und die beiden Großmütter des Hauses bereiteten uns das Essen. Und damit hatte ich hier auch schon reichlich Erfahrung. Pünktlich zum Essen kam auch Dan mit seinen zwei Söhnen ins Haus. Ich hatte mich schon gefreut auf ein Wiedersehen. Und eben dieses würdigten wir dann bis tief in die Nacht hinein.

19.08.95:

Dieser Tag ist schon früh um 1.00 Uhr einem ersten Höhepunkt entgegengegangen. Wir sind immer noch bei Dan und beherrschen die Sprache gleich welche auch immer, nicht mehr so ganz fließend. Wiedereinmal machte ich die Erfahrung, daß dieser "Sprachhemmer Tuika" vor Nationalitäten kein Halt macht. Aber auch wir waren nicht mehr zu halten und begannen mit dem Abstieg ins Valea Streiului nach Pui. Wir sangen laut und unsere Sprachunterschiede konnte man wohl nur noch als Dialekte ausmachen. Das gab dem Gesang aber dafür ein gewissen Gleichklang. An einem steilen Abhang ist Venu etwas vom Weg abgekommen und ich sah im Mondschein zwei hilfesuchende Hände an der abschüssigen Wegeskante. Dorin war noch vor mir zur Stelle, was lediglich zur Folge hatte, daß ich nun beide Freunde hinaufziehen mußte. Einen 59-jährigen Schuldirektor und ein 46-jährigen Bahnelektriker. Ob ich wohl auchmal so werde? Oder war ich so schon? Oder war es schon einmal wie es werden könnte? Aber zum philosophieren war ja eh keine Zeit, denn kurz vor Pui kam noch ein kleinerer Ort Namens Galati und da war noch Lärm auf einem Bauernhof gegen 3:50 Uhr. Eine neue Gaststätte wäre hier und da ich ja ständig bestrebt bin, mein Insiderwissen aufzufrischen, so gingen wir hinein. Erstaunlich, wie viele Menschen eigentlich "nachtaktiv" sind.

Früh um 6:00 Uhr waren wir dann in Pui. Wir versteckten uns vor der Sonne. Ob Dracula wohl ein Alkoholiker ist? Gegen Mittag sind Dorin und ich erwacht. Nun zeigten sich die Spuren der Nacht. Einige Tage zuvor hatte Dorin neue Turnschuhe von seiner Frau geschenkt bekommen. Na ja, die taugten nun nichteinmal mehr für die Gartenarbeit. Mit neuem Schuhwerk machten wir uns dann auf zu Venu. Wir waren zum Mittag eingeladen. Venu`s Frau gab uns schon an der Tür zu verstehen, daß der Gatte Fußprobleme hatte. Die Schuhe waren zwar noch heil, aber beide Hacken waren von je einer großen Blase gepolstert. Venu kam uns "federnd" entgegen. Aber zum Essen braucht man keine Füße.

Gegen Mittag wollten wir ja eigentlich mit einem LKW hinauf ins Retezat zur Stina de Riu (ca.1600 m) fahren. Eine Übernachtung im dortigen Forsthaus mit Freunden war geplant und nun, der LKW defekt. Venu hat aber schon einen anderen Freund gesprochen, der mit uns hinauffährt. Es dauerte auch nicht lange, da war er ran. Das besagte Auto, ein dreißig Jahre alter Wolga und ich hütete gewisse Zweifel in mir. Insgesamt 5 Personen, meine große Kraxel und weiteres diverses Gepäck. Steinige Forstwege über 40 km, mit einem Höhenunterschied von etwa 1100 m. Irgendwann saßen wir im Auto und die Fahrt ging los. Nach etwa 5 km qualmte es unter der Motorhaube hervor. Der gelassene Fahrer stieg aus öffnete die Haube und sagte etwas wie "nietscha Problemä". Venu nutzte die Zeit, um noch von einem Acker ganz in der Nähe Maiskolben zu ernten. Die paßten auch noch ins Auto. Nach 10 min. ging es weiter.

Gegen 16:00 Uhr machten wir auf halber Strecke eine ausgiebige Rast. Der Fahrer und Dorin holten ihre Angeln hervor und liebäugelten mit den Forellen. Nach einer Stunde hatte Dorin eine Forelle und der Fahrer dreizehn. Vierzehn durch fünf, daß klingt schon ganz gut. Dann fuhren wir weiter. Das Gelände wurde immer steiniger und oft mußte der alte Wolga mehrmals Anlauf nehmen, nachdem wir kurz ausgestiegen waren. Gegen 17:00 Uhr dann Ziel erreicht. Zum Forsthaus war es noch ein kurzer steiler Aufstieg zu Fuß und schnell hatten wir uns eingerichtet. Der Wolgafahrer bereitete die Forellen über einem Feuer zu. Äußerst lecker! Schließlich feierten wir bis tief in die Nacht und aßen und tranken und aßen und tranken... . Und wie damals bei meiner ersten Nacht in diesem Forsthaus, zerrten auch in dieser Nacht wieder die Fallwinde am alten Gebälk.

20.08.95:

9:00 Uhr Morgenwäsche. Es war sonniges Wetter. Nach einem gemeinsamen Frühstück trennten sich dann unsere Wege. Ich ging auf Wanderschaft und meine Freunde fuhren wieder hinab nach Pui. 11:00 Uhr verabschiedeten wir uns und ich ging es an. Schweres Gepäck und steiler Aufstieg zur "Fereastra Custurii" (ca.2250 m). Schade, die alte knorrige Zirbelkiefer ein Stück über Stina de Riu war fort. Nach zweieinhalb Stunden war ich oben am Paß. Guter Schnitt, aber dafür schlechtes Wetter. Schon beim Aufstieg zogen von dort schwarze Wolken ins Tal. Die Sicht war sehr kurz und der Wind bließ einen den Nieselregen ins Gesicht. So ist das halt in einer Wolke. Der Weg führt hier über bloßes Bruchgestein und ich verlor in dem Nebel etwas die Orientierung. Ich kam zu weit links und war bereits über dem "Virful Päpusa Custurii" (2209 m) hinweg, da öffnete sich ein Wolkenloch und ich bemerkte den Irrtum. Also, ein Stück zurück und dann links.

Jetzt klarte das Wetter auch zunehmend auf. Im Sonnenschein schlug ich dann mein Zelt an einen der kleinen Bergseen am "Plaiul Mic" (1879 m) auf. Lange hatte ich eine Übernachtung hier ersehnt, aber in den Vorjahren waren die zwei kleinen Bergseen immer ziemlich ausgetrocknet. Jetzt aber hatten sie gut Wasser und so erfreute ich mich an dem Panorama auf die größten Berge vom Retezat. Ich hatte mich gerade eingerichtet, da kam eine Gruppe junger Leute. Es waren Medizinstudenten aus Cluj und sie machten hier eine ausgiebige Rast. Besonders mit einer Dame Namens Monika kam ich richtig gut ins Gespräch. Der Abend war noch wunderschön und in der Dämmerung beobachtete ich Fledermäuse, die flach über den See schwirrten und auf was auch immer Jagd machten. Spät in der Nacht ging ein gewaltiges Gewitter los und es dauerte lange an.

21.08.95:

Heute war es dann endlich so weit, daß ich in rumänischen Bergen wieder neue Wege beschritt. Es ging am Drägsanu-Gipfel seitlich vorbei. Dann vor dem Aufstieg zum "Cäpätina Albelor" eine vorerst letzte Wasserstelle. Schließlich weiter hinweg über den "Cäpätina Albelor (1940 m). Ich genoß den Blick auf den "Piatra Iorgovanului" (2014 m). An diesem angekommen, kam ich mit einem Hirten Namens Mihai ins Gespräch. Er bat mich schließlich von ihm ein Foto zu machen. Nach einem Adressentausch ging ich dann weiter. Bei "Saua Paltina" eine Doline nahe am Pfad. Bei dichtem Nebel nicht ganz ungefährlich. Wegmarkierungen gab es hier keine mehr. Dann lief ich weiter, ein Stück rechts unterhalb des weiteren Kammverlaufes.

Es traten zwei glückliche Umstände ein. Zum Ersten fand ich ein kleines Rinnsal und einige Meter weiter eine wunderschöne Mulde, mitten am Berghang. Es war bereits 16:30 Uhr und was lag da näher, als hier das Zelt auzuschlagen. Ein wirklicher Geheimtip diese Stelle hier. Bei schönstem Sonnenschein bereitete ich Kaffee, flickte meine Wanderhose und führte Tagebuch. Am Abend wurde ich mit einem wunderschönen Sonnenuntergang belohnt und in den Tälern lagen die Wolken wie Federbetten darin.

22.08.95:

Gegen 10:00 Uhr brach ich auf zum Kamm und siehe da, eine Farbmarkierung. Die Strecke führte viel über Grasland hinweg, mit einigen kurzen steilen Aufstiegen. Auf dem Weg zwischen dem Galbena-Gipfel (2194 m) und dem Micusa-Gipfel (2175 m) hatte ich einen schönen Blick, auch auf das Tarcu-Gebirge. Nun verlor ich wieder die Orientierung. Ich hielt mich immer ziemlich am Kammverlauf. Ein letztes Stück lief ich dann noch gemeinsam mit einem Hirten bis zum Lacul Scärisoara. 15:00 Uhr war das Tagesziel erreicht. Zeltaufbau und Kaffeezeit im Sonnenschein.

Gerade wollte ich den Kaffee aufbrühen, da kamen pechschwarze Wolken über den Piatra-Scärisoarei-Gipfel herein. Ich schaffte es noch ins Zelt und ein wahrer Hagelschauer ging ab. Es dauerte nicht lange, da schien wieder die Sonne und ich erkundigte ein wenig die Umgebung. Und wieder kamen dunkle Wolken auf. Also schnell zum Zelt und nun gab es ein prächtiges Gewitter und reichlich Regen. Gegen 18:00 Uhr sah ich nacheinander 10 Leute mit Kraxeln vom Vf.Piatra Scärisoarei hinabsteigen. Im strömenden Regen errichteten sie ihre Zelte und flüchteten hinein. 20:00 Uhr lag Stille über dem Bergsee und ich ging zu den anderen Zelten hinüber. Aus einem Zelt schaute eine ziemlich geschaffte junge Dame und ich frug auf Rumänisch nach dem Chef der Gruppe. Sie deutete auf das Nachbarzelt. Ich klopfte an und ein junger Mann kam heraus. Ich erkundigte mich bei ihm nach Kartenmaterial vom Cerna-Gebirge. Er borgte es mir und ich skizzierte meine weitere Wanderstrecke. Bis zum Einbruch der Dunkelheit unterhielten wir uns in schlechtem Rumänisch. Dann kam die gegenseitige Frage nach der Herkunft. Die Leute waren polnische Studenten und wir lachten uns fast zu Tode, denn der eine kann so wenig Polnisch, wie der andere Deutsch. Aber auf Rumänisch ging`s. Ei war das lustig!

23.08.95:

9:00 Uhr war ich mit dem Frühstück fertig und ging zu den Polen rüber. Mit wenig brennbaren Material wollten sie Schafsfleisch braten. Sie hatten die Fleischstücken auf Draht gezogen und in die Asche gelegt. Prinzipiell richtig, nur wenig Asche gibt wenig Glut und so blieb das Fleisch ziemlich roh. Aber die 8 Frauen und zwei Herren waren gut drauf und begnügten sich mit dem, was sie hatten. Die eine Polin meinte nun zu wissen, warum man die Polen noch nicht in die EG aufgenommen hat. Nämlich weil sie immer rohes Fleisch zwischen den Zähnen hätten. Wir lachten was das Zeug hielt. Dann packte ich meine Sachen, machte noch ein Gruppenfoto von uns und verabschiedete mich gegen 11:00 Uhr.

Oben bei Piatra Scärisoarei angekommen, winkten wir uns nochmal zu. Hier oben war ein dichtes Grasland und ein ziemlich großes Plateau, von dem 6 Pässe abgehen. Welcher mag wohl der Richtige sein? Ich nordete meine Karte ein und dann war alles klar. Der Weg war sehr schön, bei leicht sonnigem Wetter. Ich hatte schöne Ausblicke auf den "Vf. Gugu", mit 2291 Meter, Godeanu`s höchster Berg. Dieser liegt aber separat, welcher vom Hauptkamm abzweigt. Bereits um 14:30 Uhr war ich oberhalb des Lacul Godeanu angelangt. Hier machte auch gerade eine Schafherde Rast. Umringt von einer Hundemeute (Exemplare von etwas kleinerem Wuchs, aber sehr fidel) kämpfte ich mich zu den zwei Hirten durch. Nun verfütterte ich ersteinmal gehortete Wurstpelle und einige Speckschwarten vom Frühstück an die Hundchen. Ruhe kehrte ein und ich machte ein Plausch mit den Hirten. Mit insgesamt ca. 2000 Schafen sind sie hier und am 1.September brechen sie dann wieder auf nach Poiana Sibiului. Etwa 14 Tage benötigen sie für die Rücktour in ihre Heimatdörfer.

Gegen 15:00 Uhr stieg ich zum See (Lacul Godeanu) ab, welcher in 2000 Meter liegt, und baute mein Zelt auf. Natürlich mit Panoramablick über das Cerna-Tal auf`s Mehedinti-Gebirge. Auch die Hirten zogen fort und nun war ich der alleinige Bewohner eines einsamen Bergsees. Am Nachmittag kraxelte ich dann noch ein wenig am Vf.Godeanu (2229 m) rum. Vielleicht kann ich heute am Abend noch einige Gemsen beobachten. Mein Zelt jedenfalls wird schon reichlich von kleinen zutraulichen Vögeln bevölkert, wärend ich darin liege und den Ausblick genieße.

24.08.95:

Früh bin ich erwacht, denn meine kleinen Mitbewohner trieben es recht emsig auf dem Zelt und es war reichlich vollgeschissen. Aber diese Geselligkeit war es mir Wert. Gesang erschallt vom Paß hinunter. Ein Hirte mit seiner Herde sonnt sich in den ersten Sonnenstrahlen dort oben und wir winken uns zu. Beim Frühstück im Freien hätten die kleinen Piepmätzer mir die Brotkrümel fast aus der Hand gepickt. 9:30 Uhr war gepackt und Abmarsch. Bereits eine halbe Stunde später war der Gipfel des Godeanu umschritten und ich durchwanderte ein eingeschnittenes Hochplateau, dem der Riul Ses entspringt. Eine Landschaft, die mich irgendwie an Island erinnerte. Wieder stieß ich auf Hirten. Sie hatten wunderschöne weiße Hunde, von denen einer wie eine Kreuzung zwischen Schaf und Hund anmutete. Ich machte einige Fotos und informierte mich über den weiteren Verlauf des Weges.

Bei "Saua Olanul" machte ich Rast und genoß die Landschaft. Dann folgte der Aufstieg zum Olanul-Gipfel (1990 m). Hier oben grenzen drei Kämme der Gebirge Godeanu, Cerna und Tarcu aneinander. Der weitere Weg ins Cerna war sehr überschaubar. Auch für die Hunde, wie sich zeigte. Ich war kaum ein Stück des Wegs, da umringten mich fünf riesige "Gebißträger" von großem Wuchs und mit sportlichem Trend. Die Kerls waren sehr unterschiedlich koloriert, als gäbe es so etwas wie Hundefasching. Ich hatte wirklich Mühe, den Ring meiner mich Umgebenden nicht schwinden zu lassen. Einer der beiden Hirten eilte schnell herbei und lud mich auf ein Mittagspäuschen ein. Ich bekam Brot und Schafskäse. Dann aber trieb es mich weiter. Die Hirten nickten mir lächelnd zu und ich verstand, daß die Hunde mich nun gehen lassen würden. Es funktionierte. Nahe am Vf. Dobrii (1928 m) war ich erneut umzingelt von nur drei "Hundsriesen". Von weitem kamen sie angespurtet, was bedeutete, daß ich mir diesesmal etwas mehr Zeit für meine neuen Freunde nehmen mußte. Irgendwann waren auch die Hirten ran und wir hielten einen kleinen Plausch.

Eine weitere Schafherde kreuzte unseren Weg. Nun hatten sich die Hunde der beiden Herden im Wickel. Es war äußerst lebhaft. Ich setzte meinen Weg fort. Hinter dem Vf. Babei (1800 m) kam dann der eigentliche Schrecken des Tages auf mich zu. Acht Hunde von großem Wuchs eiferten mir entgegen und bildeten einen Kreis der "Freundschaft". Ja, in so einer Situation muß man die Dinge positiv sehen. Ich hatte Glück das die Hunde ich Gras geschlafen hatten. So kam ich ziemlich nah an die Herde heran. Somit waren auch die Hirten näher. So dauerte es dann auch nicht lange und die Hirten nahmen mich in ihre Mitte. Mittlerweile war es gegen 16:30 Uhr. Ich erkundigte mich nach der Stina (Hirtenhütte). Die Hirten deuteten bergab und meinten "eine Stunde". Ob ich nicht mitkommen möchte, wurde ich gefragt und ich bejahte. Zunächst mußte ich mich immer dicht an einen der Hirten halten. Wir stiegen ab durch dichte Blaubeerbestände. Die Hirten reichten mir ständig gepflückte Beeren zu. Lecker!!!

An der Stina angekommen, bekam ich ersteinmal einen ordentlichen Tuika. Dann half ich beim Holzsammeln. Die Stina lag direkt an der Baumgrenze. Dichte alte Mischwälder herschten hier vor. Ich fütterte mir mit einem Klumpen Mamaliga den scheinbar kräftigsten der Hunde an und in recht kurzer Zeit gelang es, den neuen Freund streicheln zu dürfen. Das war gut so, und nun konnte ich mich schon freier bewegen. Ich nahm mir zwei Eimer und stieg im Wald ein Stück hinab, um Wasser zu holen. Der kleinere der beiden Hirten deutete an, daß es heute zum Abend noch gutes Essen geben würde. Ich verstand das wohl nicht so ganz. Als es draußen dunkel wurde, da pflockten die Hirten wie im Quadrat vier Hunde an. An je einer Ecke des großen Nachtquartiers je ein Tier. Verstand ich auch noch nicht so ganz. Übrigens hat die Stina hier insgesamt 10 Hunde. Davon ein Hundejunges, sehr tapsig, verspielt und doch schon von recht großem Wuchs. Der "Kleine" hing fast immer hinten an meinen Hosenbeinen. Egal, die Hose hat nach diesem Urlaub eh ausgedient.

Es war finstere Dunkelheit mittlerweile, da brachen die Hunde los. Die Hirten eilten hinaus und plötzlich hörte ich eine Frauenstimme. Eine Alte ist über viele Kilometer von Rusca, nahe Teregova mit einem schwer beladenen Pferd hinaufgekommen. Säcke wurden in die Stina getragen. Ich begrüßte die Alte und die befaßte sich auch gleich mit der Wirtschaft hier. Ich überlegte mir so, was wäre wenn man eine deutsche Frau egal welchen Alters, auf so einen Weg durch dichte alte Wälder in übelster Finsterheit schicken würde. Wann träte wohl der Herztot ein? Bär von links, Wolf von rechts, Wildschwein und Luchs von sonstwoher und Dracula schwebt ein, durch die wolkenverhangene Nacht. Während ich noch der tiefen Bewunderung über die Alte nachsinnte, hatte diese schon das offene Feuer geschürt, einen Topf darübergehangen, Speck angebraten, Schafsfleisch, Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch hineingeschnitten. Mir tropfte wohl nicht nur ein Zahn. Und meine Speichelsekretion hatte ich schließlich an dem Punkt nicht mehr unter Kontrolle, als am Ende der Kochkunst das Ganze noch mit Schafskäse überbacken wurde. Aus einem der Säcke holte die Alte noch drei große Kolaflaschen hervor und stellte diese in eine sichere Ecke. Ich war längst versiert genug, um zu wissen, daß der Inhalt jedoch etwas anderes als Kola sei. Dann ging es ans Essen. Nun wußte ich, was der Hirte am Nachmittag mit dem "guten Essen" meinte. Er hätte ja auch gleich sagen können, daß wir heute noch in einem 5-Sterne-Restaurant speisen! Aber das Ambiente hier läßt sich wohl nicht in Sterne fassen. Diese Urtümlichkeit machte mich einfach überglücklich.

Und dann, nach dem Essen den Tuika nicht vergessen!!! Oh, oh, ich hatte keine Wünsche mehr. Nahe bei den Schafen ist ein kleiner Unterstand. Dort übernachtet immer ein Hirte, um in einer bedrohlichen Situation bei den Tieren zu sein. Ich hatte schon am Nachmittag bei diesem Unterstand mein Zelt errichtet. Wir befanden uns hier sozusagen in der Mitte des Areals. Spät in der Nacht lag ich im Schlafsack. Und dann erlebte ich eine bewegende, aber auch behütete Nacht. Ich begriff nun, warum vier der Hunde an je einer Ecke des Terretoriums angebunden wurden. Ein erstes kläffen unten links. Nun eilte bellend der Troß der freien Hunde übers Gelände, mitunter scharf am Zelt vorbei, um die Bedrohung welcher Art auch immer, abzuwehren. Kurze Ruhephase. Gebell oben rechts. Wieder eilt die Hundemeute zum anderen Ende. Auch der "diensthabende" Hirte beteiligt sich am "Geschrei" der Meute. Ich sauge diese Stimmung in mich auf. Und die Nacht bleibt weiterhin belebt.

25.08.95:

In der Nacht hatte es ein wenig geregnet. Früh stand ich auf, denn ich wollte ja den Hirten beim Melken zusehen. Bereits gestern Abend hatte ich beschlossen, einen weiteren Tag hier bei der Stina zu verbleiben. Mit der Alten kam ich heute so richtig ins Gespräch und die meinte, ich solle nur hierbleiben, denn zum Abend würde es noch "gesellig" werden. Nun ging es aber zum Melken. Ich machte mich nützlich und trieb die Schafe hinten im Gatter nach. Anschließend ging es an`s Käse machen und danach wurden die Hunde gefüttert. An einem ausgehöhlten Baumstamm, der als Tränke diente, wurde ein Gemisch von Molke, Mamaliga vom Vortag und sonstigen Speiseresten hineingeschüttet und dann kamen die "Giganten" zum Fraß. Was für eine Schlabberei! Aber Moment mal, da fehlte ja ein Hund. Es war "Mures", der einzige Hund, der dem älteren Hirten (Mihai) gehörte. Dem hatte sein Herrchen eine extra Schüssel bereitet. Der jüngere Hirte hatte ein Glasauge. Er wollte, daß ich ein Foto von ihm mache, wie er einen seiner Hunde auf den Rücken trägt. Das schien mir eh ziemlich "einäugig", aber er mußte ja seine Hunde kennen. Ein erstesmal klappte es auch. Dann wurde der Kollege aber so überdrüssig, daß ich ein weiteres Foto machen sollte. Bei der zweiten Kür biß der Hund aber seinem Gebieter in die Lippe. Das ging alles so schnell, daß ich erst nicht begriff, was da ab ging. Dann hatte auch das "Herrchen" den ersten Schock überwunden und verpaßte seinem Hund einen Tritt in den A.... . Dieser wetzte davon. Eine echte Beziehungskrise, wie ich meine. Die Lippe blutete recht kräftig. Ich hatte zu allem Glück einige Mullkompressen im Gepäck. Der ältere Hirte und die Dame nickten mir bestätigend zu, und deuteten an, daß so etwas ja passieren mußte. Übrigens sind die zwei ein Paar. Ich zuckte mit den Schultern. Unser geschädigter Freund mickerte so den Tag dahin, während Mihai mit den Schafen auf die Hochweide zog.

Die Alte frug, wo ich morgen denn hinwolle und ich deutete zum Paß. So erzählte sie mir, daß hier runterwärts im Tal bei Poiana Rusca ein Deutscher eine Art Krankenhaus errichtet hätte. Sie sei übrigens aus Rusca (Rusca Teregova) und ob ich nicht kommen wolle. Sie reitet übermorgen mit dem Pferd wieder hinunter und außerdem wäre eine große Hochzeit im Ort. Nun war ich umgestimmt. Wir vereinbarten ein Wiedersehen. Am Nachmittag kamen 6 Herren aus dem Tal hinauf. Sie wollen ihre Schafe hinunter zu den Höfen abtreiben. Man hatte sich abgesprochen, hier in der Stina zu übernachten. Auch Mihai kam nun mit den Schafen zurück und alle begrüßten sich. Natürlich hatten die Herren auch gewisse "Lebensmittel" im Gepäck, um den Abend hier oben möglichst angenehm zu gestalten. Das abendliche Melken der Schafe ging heute sehr schnell, denn alle halfen mit. Abends in der Hütte kam ich mit zwei Herren ins Gespräch. Es waren Vater und Sohn, die ihre 17 Schafe morgen nach Rusca Teregova hinabtreiben wollten. Na toll, so hatten wir den gleichen Weg. Es war eine tolle Stimmung abends in der Hütte. Und der "gelackmeierte" Hirte mußte manchen Spott über sich ergehen lassen. Aber auch er konnte schon wieder lächeln. Doch ich bin mir sicher, eine kleine Hasenscharte wird bleiben. So wurde mir bewußt, daß ich hier sozusagen "Geschichte" mitgeschrieben habe. Aus medizinischer Sicht war die Versorgung mit "Desinfektionsmitteln" außerordentlich zufriedenstellend!!!

26.08.95:

Gegen 8:30 Uhr befand ich mich mit zwei Männern und ihren 17 Schafen bereits beim Abstieg nach Poiana Rusca. Es begann zu regnen. Dunstwolken stiegen aus den dichten Wäldern auf, die Wege waren schlammig. Als wir nach ca. 4 Stunden bei Poiana Rusca ankamen, da hörte dann endlich auch der Regen auf. Nun trennten sich unsere Wege. Ich bog nach rechts, wo mehrere Bungalows standen. Angeblich ist eines dieser Häuser eine Art Sportlercabana, bzw. Trainingslager. Auch der Vater des Deutschen, der hier oben am anderen Ende des Hochtales das Hospital betreibt, sollte hier in einem dieser Bungalows wohnen. An der ersten Hütte kam mir auch zufällig ein älterer weißhaariger Herr entgegen und ich sprach ihn in deutsch an, ob er jener Vater sei. In gebrochenem Deutsch verneinte dieser und er frug mich, wo ich herkäme. Dabei bat er mich, ins Haus einzutreten. Eine Frau mitte Vierziger begrüßte mich mit "Grüß Gott" und es waren noch weitere Leute zugegen. Zum einen der Gatte jener Dame, ein weiterer Herr und noch eine Dame. Die letzteren waren Rumänen aus Rusca Teregova. Die anderen zwei sind ehemalige Banater Schwaben, welche heute in Deutschland leben und in den Sommermonaten hier in ihrer eigenen Hütte den Urlaub verbringen.

Es war Sonnabend und man hatte sich eben zum Vormittagsplausch getroffen. Natürlich wollten nun alle wissen, wo ich herkam. Mittlerweile war es Mittagszeit und ich wurde zum Essen eingeladen. Der jüngere Rumäne war sehr temperamentvoll und sang das eine und andere rumänische Volkslied. Und zugegeben ich war sehr ergriffen davon. Ich solle heute nur runterkommen nach Rusca Teregova, es sei eine große Hochzeit und da könne ich eine große Folkloregruppe aus Timisoara erleben. Nein, das ginge heute nicht, meinte das Banater Pärchen, ich solle heute nur hier bleiben. Das kam mir natürlich recht gelegen, denn in Rusca Teregova wurde ich ja morgen eh von der Hirtenfamilie erwartet. Nach dem Mittag verabschiedeten sich die zwei aus Rusca Teregova. Der ältere Herr, Namens Ovidiu, mit dem gebrochenen Deutsch war ebenfalls Rumäne aus Bukarest. Er ist dort so etwas wie der ökonomische Direktor der Bukarester Universität. Da wir beide vom Herzen her der rumänischen Bergwelt sehr befangen waren, bot sich natürlich sehr viel Gesprächsstoff. Am Nachmittag unternahmen wir natürlich noch eine kleine Wanderung in ein aufsteigendes Seitental.

Am Abend erkundigte ich mich dann über dieses Hospital. Der Deutsche dort sei kein Arzt, sondern Heilpraktiker. Er hat einige Zeit in China gelebt und sich der Akupunktur und weiterer Fachbereiche angenommen. Im Sommer betreibt er hier Lehrgänge mitunter auch für deutsche Heilpraktiker. Somit finanziert sich zu einem Großteil dieses "Sanatorium", das mitunter auch als Cabana genutzt wird. In dem Hochtal soll ein Stausee entstehen. Nach der Wendezeit in Rumänien kam es aber vorläufig zum Stillstand des Staudammprojektes. Nun gehen die Bauarbeiten langsam wieder vorwärts. Mitten im Tal findet man Reste einer Kleinbahnstrecke. Eine verrostete Lokomotive steht mitten im hohen Unkraut. Eine weitere Lok befindet sich noch weiter oben auf einer kleinen Waldlichtung. Diese Bahnstrecke diente einst der Holzwirtschaft ähnlich der im Wassertal.

27.08.95:

10:00 Uhr verabschiedete ich mich und auf ging`s hinab nach Rusca Teregova. Ich lief gemeinsam mit einem Pärchen, welches seine zwei Söhne unten im Tal besuchen wollte. Die kamen auch prompt mit einem Dacia entgegen und ich sollte mit einsteigen. Ja, wie soll das denn gehen, mit der großen Kraxel? Wenig später hatte ich gelernt, wie man eine Kraxel auf einem Auto ohne Dachgepäckträger transportiert. Überzeugt davon war ich aber erst, als wir unten im Ort waren. Man setzte mich direkt bei meiner Gastfamilie ab. Die Alte von der Hirtenhütte aus den Bergen kam mir auch gleich entgegen und lud mich ins Haus. Sie schickte schnell noch ein kleinen Jungen vom Nachbarhaus zum oberen Dorfeingang. Da sollte mich nämlich der kleine Enkelsohn "abfangen" und zum Haus begleiten. Die Schwiegertochter bereitete mir ein deftiges Mittagbrot, obwohl sie schwer im Haushalt beschäftigt war, während sich deren Mann und Vater auf der Hochzeit umtrieben. Die kamen dann auch herbei und mußten sich ersteinmal vom Temperament einer rumänischen Bäuerin "übermannen" lassen. Mir war das nicht sonderlich peinlich, denn ich hatte in all den Jahren längst begriffen, daß auch soetwas zur hiesigen Kultur gehört. Der Alte überging das Geschimpf mit einer ausgefeilten Mimik, die mir bedeutete, daß alles im Lot sei. Er sollte recht behalten.

Besuch kam aufs Gehöft. Es war jenes Fräulein, das ich am Vortag oben in Poiana Rusca kennenlernte. Sie wohnt hier im Ort allein mit ihren drei Kindern. Der damalige Ehemann hatte es arg mit dem Alkohol und so kam es irgendwann zur Scheidung. Sie ist eine sehr geachtete Veterinärassistentin hier im Ort und überall gern gesehen. Sie wohnt hier ganz in der Nähe und lud mich zum Kaffe in ihr Elternhaus ein. Also, auf ging`s. Im Haus waren einige alte Bäuerinnen zum Plausch. Wer ich sei, wollte man wissen. Ich bin der neue Liebhaber, sagte ich und die Damen lachten sich halb zu Tode. Nach dem Kaffee wurde es dann aber Zeit, die große Hochzeit aufzusuchen. Also schnell zurück zu meiner Gastfamilie. Ich hatte ja nur meine eingemodderte Wanderhose dabei, denn die "gute" Hose habe ich bei meinen Freunden in Pui hinterlegt. Das sei nun wirklich kein Problem und dann begaben wir uns in den Trubel. Nun muß man sich vorstellen: die Feierlichkeiten begannen bereits am Freitag und enden am Montag. Eigens dafür wurde die Hauptstraße vom Dorf gesperrt und aller Verkehr über eine Nebenstraße umgeleitet. Schätzungsweise 300 - 400 Personen sind an den Tagen kontinuierlich zugegen. Ein ständiges Kommen und Gehen, einfach gigantisch.

Ich machte einige Fotos und lernte dabei den Bruder des Brautpaares kennen, der mich ins Haus lud. Wie geht das mit der Versorgung, wollte ich wissen. So wurde ich in den Keller geführt, wo die gesamten Backwaren lagerten. Selbst hier saßen Leute und plauderten miteinander. Die Regale mehrerer Kellerräume waren prall gefüllt mit Backwaren aller Art, vom Brot bis zum Sahnetörtchen. Bei den Sahnetörtchen sprangen mir die Augenbrauen hoch. Ließ sich leider nicht vermeiden. Der Gastgeber bemerkte meine körperliche Regung aufmerksam und wenig später lief ich mit einem prallen Teller voller Sahnetörtchen umher. Ein Stück fiel mir bei dem Gedränge auf die Hose. Ich bemerkte, daß man in so einer Situation Vorteile mit einer speckigen Wanderhose hat. Die Reinigung führte sehr schnell zu einem zufriedenstellenden Ergebnis.

Ich ging wieder raus zur Folkloregruppe. Was für eine wunderbare Musik!!! Dann traf ich einige Männer von dem letzten Abend bei der Hirtenhütte wieder. Nun landete ich an einer großen Tafel und bekam Schafsbraten und allerlei weitere Köstlichkeiten gereicht. Mittlerweile war es schon über Mitternacht hinaus. An einem anderen Tisch kam ich mit einem Mann ins Gespräch. Was er von Beruf ist, wollte ich wissen. Mineri. Oh, da hätte ich auch einige Freunde in da und da... . Dann bist du auch mein Freund, sagte der spontan. Komm in mein Haus, sagte er und wir gingen. Es war ein großes Gehöft. Einen eigenen Hofbrunnen hatte er erst neulich gebaut. Der war riesig und ziemlich tief. Die Ehefrau hatte uns mittlerweile eingeschenkt. Noroc!!! Ich mußte mir alle Zimmer ansehen. Sie waren sehr liebevoll hergerichtet. Nach einer Stunde gingen wir wieder zurück zur großen Feierlichkeit im Dorf. Gegen zwei Uhr in der Frühe packte mich aber dann doch die Müdigkeit und ich suchte das Gehöft meiner Gastfamilie auf. Nach einem ersten Fehlschlag, mein Stübchen aufzusuchen, gelang es mir dann aber doch. Gute Nacht!

28.08.95:

Ohne körperliche Folgeschäden gut erwacht. Die alte Dame von der Stina hat mir ein gutes Frühstück bereitet. Dann hieß es packen, denn heute sollte Herkulesbad mein Ziel sein. Auf dem Weg zum Bahnhof, nur wenige Häuser weiter belud ein junger Mann sein Auto. Geiler PKW-Anhänger und ich erkundigte mich, ob der aus rumänischer Produktion sei. Der Rumäne bestätigte meine Anfrage nicht ganz ohne Stolz. Schnell stellte sich heraus, daß wir ein gemeinsames Ziel hatten und wenig später saß ich mit im Auto unterwegs nach Baile Herculane. Ich wollte dort natürlich zelten und so bekam ich den Tip bei "Sapte Izvoare".

Der Bahnhof von Herkulesbad war neu herausgeputzt. Dann fuhren wir durch die Neustadt weiter hinauf. Das Tal wurde steiler und felsiger. Die folgende Altstadt hatte mich vom ersten Blick an gefesselt. Weiter ging es vorbei am Hotel Roman, noch weitere 5 km hinauf zum Thermalbad bei "Sapte Izvoare". Hier trennten sich unsere Wege, denn der junge Mann mit dem Dacia wollte noch weiter nach Cerna Sat. Rechts neben dem Eingang zum Bad war ein kleines Bauernhäuschen und dahinter standen viele Zelte. Ein altes Mütterchen saß im Stuhl vor dem Haus und strickte. Ich frug, ob hier noch Platz für mein Zelt wäre. Ja, 1000 Lei die Nacht. Geschenkt!!! Das Schöne daran, die Alte paßte den ganzen Tag auf die Zelte auf. Mein Zelt stand nun keine 80 Meter vom Wasser entfernt.

Es war ein überaus sonniger Tag heute und so war das Bad voller Menschen. Ich machte ersteinmal eine Kaffeepause und anschließend erkundigte ich etwas die Umgebung. Ein Stück oberhalb befindet sich ein großer Staudamm. Das Projekt bewanderte ich dann ersteinmal von unten und oben. Gegen 19:00 Uhr war ich wieder am Zelt und nun war das Bad so ziemlich leer. Also, nichts wie rein in die Fluten! Ein neues Zelt mit Wanderschuhen davor, hatte ich ja längst schon bemerkt, und nun im Bad kam ich mit drei Herren aus Lupeni ins Gespräch. Sie waren für drei Tage im Mehedinti-Gebirge. Übermorgen wollen sie mit dem Zug dann wieder zurück. Am Abend sind wir nach Herkulesbad spaziert. In einer ersten Gaststätte bestellten wir uns ein deftiges Abendbrot. In einer zweiten tranken wir noch einige Bierchen. Wir gaben eine lustige Trupe ab, besonders "Pirat" war die geborene Stimmungskanone. Er sprach auch ein wenig Deutsch. Spät waren wir wieder an den Zelten. Noapte buna.

29.08.95:

Schon in der Nacht ging ein Regen los und hielt fast den ganzen Tag an. Am Schwimmen hinderte uns das aber nicht. Das Bad war heute menschenleer. Schwimmen und Essen bestimmten heute den Tag. Mit den Freunden aus Lupeni tauschte ich viele Tips und Erlebnisse aus.

30.08.95:

Kein Regen in der Frühe. Gegen 8:00 Uhr erste Bahnen im Schwimmbad gezogen. Gegen 10:30 habe ich die drei Freunde aus Lupeni nach Herkulesbad begleitet. Nach einem Gruppenfoto dort, verabschiedeten wir uns. Es könnte aber sein, daß wir uns einige Tage später bei Cimpusel wiedersehen. Die Sonne kam hervor und ich nutzte die Gelegenheit für einige Fotos hier in der Altstadt. Dann wanderte ich hinauf zur Pestera Aburi (Aburi-Höhle). Der Weg dorthin war sehr schön und ich hatte unterwegs einen tollen Ausblick auf Herkulesbad. Im Eingangsbereich der Höhle strömte aus einer algenbewachsenen Spalte merklich heißer Wasserdampf. Sonst gab es in dieser kleineren Höhle nichts besonderes. Dafür bot sich ein schöner Ausblick auf das aufsteigende Cerna-Tal. Dann begab ich mich auf die Suche nach der Höhle P.lui Adam. Fand sie aber nicht. Also, Abstieg zum Roman-Hotel. Genau links neben dem Hotel befindet sich ein offener, ummauerter Schacht, es ist die Höhle "P.de la Despicäturä". Hier wurde lange Zeit Thermalwasser abgezweigt. Seit ca. 10 Jahren scheint die Quelle ziemlich versiegt zu sein. Natürlich habe ich mir die "gute Stube" mal angeschaut. Eine sehr warme feuchte Luft stand in der Höhle, mir lief der Schweiß. Nach etwa 60 Meter war dann Schluß und ich ging zurück. Man findet hier noch kleine Betonbecken und Rohre zur Ableitung des ehemals fließenden Thermalwassers. Dann habe ich mir im Hotel Roman ersteinmal Kaffee und Eis gegönnt.

Draußen ging ein kurzer Regenschauer ab. Anschließend besuchte ich die Höhle "P.Hotilor", um dort Fledermäuse zu fotographieren. Nun wanderte ich wieder zurück, das Cerna-Tal hinauf. Ca. 2 km hinter dem Hotel Roman führt die Straße über eine Brücke und verläuft dann rechts der Cerna flußaufwärts. Kurz hinter dieser Brücke befindet sich genau unter der Straße eine kleine Grotte mit einem thermalwasser-gefüllten Badebecken. Natürlich schaute ich mir das an. Eine Gruppe von 6 Leuten hatte dieses kleine Paradies schon in Besitz genommen. Ich war kaum dort angekommen, da ging wieder ein richtiger Platzregen los. Also runter die Klamotten und rein ins warme Wasser. In der Dämmerung ging ich dann weiter. Der Bereich "Sapte Izvoare" befindet sich genauer gesagt etwas unterhalb des Thermalbades. Ein kleiner Pfad geht steil hinab zum Fluß. Über eine Hängebrücke gelangt man zu mehreren kleinen heißen Quellen, die teils in kleine Betonbecken eingefaßt sind, oder direkt in die Cerna fließen. Eine alte Dame saß in einem solchen Becken. Ich frug ob ich ein Foto machen könne. "Ja" sagte diese, stand auf und präsentierte mir ihre Unterwäschegarnitur. Da soll noch einer sagen, die Leute hier sind prüde.

Gegen 20:00 Uhr war ich am Zelt. Drüben im Bad war noch ein geselliges Treiben zu vernehmen. Ich ging hinüber, um vielleicht noch ein Bierchen zu ergattern. So kam ich mit einer neunköpfigen Gruppe so richtig lustig ins Gespräch. Sie sind mit dem Auto hier und zelten ebenfalls seit meiner Ankunft hier bei dem Bauernhäuschen. Vier von ihnen sind ehemalige Rumänendeutsche und wohnen jetzt in Deutschland. Die anderen sind Rumänen aus Lipova (Bezirk Arad). In der Nacht, so gegen 23:00 Uhr sind wir alle nocheinmal zur Badegrotte unterhalb der Straße gegangen. Mit einer Flasche Kakaolikör plauschten wir hier fast zwei Stunden im warmen Wasser. Einer der Rumänen, ein "bierstrammer" Kerl, welcher eine Autoreparaturwerkstatt betreibt, gehört einer Wanderorganisation von Arad an. Wir tauschten Tips und Adressen.

31.08.95:

Heute packte ich die Klamotten zusammen, denn das Ziel hieß Cerna Sat. Cerna Sat ist das letzte Dorf im oberen Cerna-Tal. Ich lief nicht lange die Straße zur Staumauer hinauf, da kam ein Roman-LKW und hielt auch prompt. Wie der Zufall es wollte, hatten wir ein gemeinsames Ziel. Ich hatte heute richtig viel Glück wie es schien, denn hier fährt etwa alle 3 -5 Stunden ein Auto die 45 km hinauf. Mit dem Fahrer kam ich gleich richtig ins Gespräch und ich frug ihn, für welche Firma er fährt. Für den Patron in Cerna Sat, sagte er. Vorerst konnte ich mit dieser Antwort nich viel anfangen, aber ich forschte auch nicht weiter nach. Die Landschaft hier hinauf ist wunderschön. Hier mit dem Rad, das wäre schon irre. Die letzten 15 km war die Straße recht schlecht.

An einer Stelle vor Cerna Sat standen einige Häuser. Ein junger Mann an der Straße gab uns Zeichen anzuhalten. Dann fuhren wir auf ein Gehöft und die zwei Herren erklärten mir, daß sie nur schnell einige Bretter aufladen wollen. Ich half natürlich mit, keine Frage. Der junge Mann hieß Dan. Dann fuhren wir alle gemeinsam zum Dorf. Gleich am Dorfeingang kam eine Köhlerei. Der Patron wäre hier der Chef, sagte der Fahrer. Ein Stück weiter hielten wir am Haus von Dan und luden die Bretter ab. Vor dem Haus war eine schöne Wiese und warum sollte ich lange rumsuchen, so frug ich Dan, ob ich hier zelten könne. Er gab ohne zögern sein o.K und lud mich ins Haus. Ich lernte die Frau und Schiegermutter kennen. Dann gab es zur Begrüßung Kaffee und einen wirklich guten Rotwein. Dan`s Frau ist hochschwanger. Dann erfuhr ich, daß Dan der Sohn vom Patron ist. Was ist ein Patron, wollte ich wissen. Na eben ein großer Chef und Unternehmer. Und das war dieser Patron in der Tat. Früher war dieser Chef vom Staudamm über dem Ort. Jetzt hat er hier eine große Cabana und eine schöne Gaststätte gebaut. Auch eine provisorische Tankstelle gehört ihm und den Dorfteich will er auch kaufen und darin Fische aussetzen, damit die Touristen hier eben auch ein wenig angeln können. Ganz nebenbei ist er sicherlich auch der Bürgermeister des Ortes.

Nachdem ich das Zelt errichtet hatte, besuchte ich ersteinmal die Köhlerei. Ich ließ mir von einem Köhler das Handwerk erläutern. Dann besuchte ich am Ende des Ortes, rechtsseits ein Stück hinter der Cabana, eine schöne kleine Schlucht (den Namen der Schlucht habe ich mir nicht recht gemerkt, aber sie heißt in etwa "Cheile Corcobäi"). Lohnt sich! Und schließlich machte ich eine kleine Inspektion in der wirklich hübschen Cabana und trank anschließend im Restaurant ein wohlverdientes Bierchen. Dort lernte ich eine Tochter des Patrons kennen. Den Patron selbst sah ich vor dem Restaurant agieren. Ein großer stämmiger Herr und ich würde mal sagen, daß er ein geachteter Chef ist. Das Organisationstalent ist ihm regelrecht ins Gesicht geschrieben. Die Leute im Dorf reden jedenfalls nur Gutes über ihn.

01.09.95:

Heute Vormittag zeigte mir Dan eine Höhle. Wir gingen durch die Schlucht, querten den Bach und dann stiegen wir steil durch den Wald hinauf. Eine ziemliche Kraxelei! Schöne Salamander haben wir hier gesehen. Der letzte Abschnitt zur Höhle war sehr steil. Wir hangelten an irgendwelchen Buschwerk hinauf. Drei Eingänge lagen in der Felswand nebeneinander, welche sich im Innern der Höhle vereinten. Zwei schmale Gänge führten weiter. Aber nach einigen Metern war jeweils Schluß. Hier mußten auch irgendwelche Leute Grabungen durchgeführt haben. Dan hatte in der "Eingangsempore" auf mich gewartet. Dann gingen wir über den Berg hinweg ins Tal zurück. Ich inspizierte gleich noch die kleine Dorfmühle, welche von allen Bauern gemeinsam genutzt und gewartet wird. Am Nachmittag gingen Dan, sein Schwager und ich zum Angeln. Ich hab mich aber eher als Zuschauer beteiligt. Den zwei Burschen konnte man eh nichts vormachen. Am Ende hatten wir eine große Plastiktüte voller Forellen. Unglaublich.

Am Abend wurde die Beute geteilt. Dan`s Frau hat dann unseren Anteil gebraten. Noch nie habe ich so viele Forellen auf einmal gegessen. Geschmeckt hat es in jedem Falle. Am Abend bin ich auf ein Stündchen in die nahe Dorfkneipe unters Volk gegangen. So ein bürgernahes Pläuschchen ist hier immer interessant. Dann habe ich noch einige Bierchen mit zu Dan genommen. Spät abends unterhielten wir uns über das rumänische Essen und ich lobte über alles die rumänischen Nudelsuppen. Plötzlich und ohne Anlaß stand Dan auf und ging hinaus. Ich hörte irgendein Huhn aufschreien und dann war Dan wieder zurück und wir plauschten weiter. Was das bedeuten sollte, ahnte ich lediglich.

02.09.95:

9:00 Uhr erwachet. Gegen 10:00 Uhr wurde ich in`s Haus gerufen. Und was gab es da zum Frühstück? Nudelsuppe mit Hühnerfleisch!!! Ich habe vier volle Teller gegessen, so war auch dem Huhn Ehre getan. Dazu gab es frische Milch und diesen wundervollen Rotwein. Da gerät zwar das Gedärm etwas in Unruhe, aber letztendlich lebt man ja nur einmal. Solche Erlebnisse wecken aber auch durchaus meine Bereitschaft für ein zweites Leben. Dem Huhn jedenfalls wünschte ich es, denn vielleicht komme ich ja mal wieder vorbei. Nach dem Essen kam die Oma von Dan`s Frau im Nationalkostüm vorbei. Gestern hatte ich darum gebeten, um ein Foto von den ortstypischen Trachten zu machen.

Gegen 12:00 Uhr hieß es dann aber Abschied nehmen. Dan fuhr mich noch mit dem Auto zur Staumauer hinauf. So war ich nun wieder auf einsamen Wegen. Von der Staumauer hatte man einen Blick bis über das Ende des Stausses hinaus, ja sogar dieses kleine "Mini-Kalkgebirge mit seiner höchsten Erhebung, der "Ciuceva Mare" war zu sehen. Na ja, superweit könnte das nicht sein, dachte ich zunächst. Der Forstweg ging immer an der linken Seite des Stausees entlang. Ein erster Seitenarm zog sich auch gleich links in die Berge hinein und ich ging es an. Nach 4 Stunden etwa kam ich am letzten Zipfel des Stausees an und hier machte ich mich gleich auf die Suche nach einen schönen Zeltplatz am See. An einer Sommerhütte war noch ein alter Herr mit seinen Kühen zugegen und ich zog Erkundigungen über die weitere Umgebung ein. Unterwegs sah ich viele Schafspuren auf dem Forstweg. Die Schafherden aus dem Hochgebirge sind also bereits abgezogen. Der Abend am Zelt war noch sehr schön, ich genoß die Abendsonne und konnte endlich auch wiedereinmal selbst kochen. Der Forstweg hatte auch ziemlich an den Kräften gezerrt. Solche eben verlaufenen Wege mit schweren Gepäck sind nicht so mein Ding.

03.09.95:

Heute ist ja Sonntag und so traf es sich gut, daß mein Tagesziel nur aus einer kurzen Wegstrecke bestand. Gegen 10:00 Uhr hatte ich gepackt und ging nach "Izvoru Cernei" (der Cerna-Quelle, die aus ziemlich ebenen Gestein hervorsprudelt). Hier stoßen drei Forstwege aufeinander. Jener vom Stausee, einer geht weiter hinauf zum Jiu-Cernei Paß und ein dritter steigt auf zum Mehedinti-Platou. Einige Häuser stehen hier und direkt nahe der Cernei-Quelle befindet sich ein schönes Forsthaus und ein kleines Holzhaus, in dem bei Bedarf ein Mühlenrad einen Stromgenerator für das Forsthaus betreibt. Dort habe ich mein Zelt errichtet und bin auch gleich mit einem jungen Förster ins Gespräch gekommen. Ein wenig aufdringlich war er, aber als wir uns darüber unterhielten wo ich herkam, und daß ich bei Dan übernachtet hätte, verstanden wir uns gut. Denn Dan sei auch ein Freund von ihm. So gingen wir zum Forsthaus rüber und setzten uns in die Sonne.

Ein Alter kam hinzu und schien ein richtiges Schlitzohr zu sein. Er stieß den jungen Förster an und flüsterte ihm "Sträin" ins Ohr. Dann ging er zu einem Holzstapel und holte eine große Flasche Tuica hervor. Längst wußte ich, daß "Sträin" = "Fremder" heißt und der hiesige "Banater Tuika" eignete sich für meine Erfahrung nicht, größere Trunkenheit zu erlangen. Wir plauderten und tranken und tranken, bis die Flasche alle war. Mir ging es gut und dann gab ich kund, daß ich nun die Höhle "Pestera Nr.10" im Kalk aufsuchen würde. Der Alte war etwas sauer, daß seine Strategie nicht aufgegangen war und ich drückte ihm anerkennend für seine Gabe nocheinmal die Hand auf den Rücken. Nun stieg ich hinter Izvoru Cernei rechts hinauf. Es ging über Schuttgestein. Oben fand ich mehrere kleine Höhlen und Grotten. Nach drei Stunden war ich wieder zurück am Zelt. Kaffeezeit. Eine Gruppe junger Leute mit Enduromaschinen hielten am Forsthaus. Sie erkundigten über den weiteren Weg. Ein Deutschrumäne, welcher heute in Deutschland lebt, führte die Truppe an. Der Förster lud mich ein zum Abendbrot. Auch Tuica gab es dazu. Der Alte war mittlerweile auch wieder frohgemut und so machte ich schnell noch Kaffee für uns drei.

04.09.95:

Heute bin ich erst gegen 11:00 Uhr aufgebrochen. Bei schönstem Sonnenschein wanderte ich die Forststraße hinauf zum Paß. Keine Menschenseele hier. Gegen 14:30 Uhr hatte ich den Paß erreicht und machte eine kleine Rast. Auf dem Weiterweg sah ich wieder den markanten Gipfel des Vf. Piatra Iorgovanului. Kurz vor 16:00 Uhr war ich an einem Forsthaus angelangt. Sollte das etwa schon "Casa Cimpusel" sein? Warscheinlich. Nun hatte ich endlich einen Überblick über die Verbindung zwischen Jiu- und Cerna-Tal. Schon lange hat mich das gewurmt. Vor dem Forsthaus auf einer Wiese errichtete ich mein Zelt. Hinter dem Forsthaus erhob sich das Oslea-Massiv. Sehr schöner Blickpunkt. Kaum war das Zelt errichtet, da ging ein richtiger Schauer los. Schnell noch Wasser geholt und dann die wohlverdiente Kaffeepause. Da hat mir doch der Herrgott sicher wieder beim Wandern zugeschaut. So ein "Schäkerchen"! Am Abend öffnete ein Mann das Tor zum Forsthaus und ich erkundigte mich nocheinmal, ob das auch wirklich Casa Cimpusel sei.

05.09.95:

Nach dem Frühstück bin ich ersteinmal zum Forsthaus gegangen. Zwei Männer waren zugegen und ich erkundigte mich zunächst über die hiesigen Höhlen. Na ja, die Infos waren etwas dürftig, aber für einen Anfang doch genug. Der Ältere der beiden Herren, Namens Dumitru ging dann zu seinen Kühen. Ioan, der Jüngere, verwaltete derzeit das Forsthaus. Gegen 11:00 Uhr machte ich mich dann aber auf Wanderschaft. Ich wollte eigentlich nur etwas "vorlauschen" betreffs der Höhlen, doch dann machte ich mich daran, die Cheile Scorotei zu bewandern. Zugegeben, ich war entzückt. Auf halber Strecke spaltet sich die Scorota-Schlucht in zwei Schluchten auf. Geradeaus geht es hinauf in den Abschnitt "Scorota Verde" und rechts zweigt die Schlucht "Scorota cu Apä" ab. Ich bekraxelte zunächst den Abschnitt "Scorota Verde".

Auf dem Rückweg hielt ich Ausschau nach der Höhle "Pestera Ursu" oder auch nur schlicht "Pestera Nr.4 din Valea Scorotei" genannt. Ziemlich nahe am Eingang zur Schlucht fand ich ein kleines Loch. Ich kroch ca 20 m hinein, dann war Schluß. Doch dann schluchtaufwärts gesehen, ca. 50 m über dem Weg gelegen, sah ich im steil bewachsenen Berghang zwischen alten Bäumen so etwas wie ein dunkles Höhlenportal. Ich war von Hoffnung getrieben und kletterte hinauf. Und siehe da, ich hatte die Höhle gefunden. Zuerst ging es in eine große Galerie, welche nach links zu einer kleinen Metallluke führt. Die schwere Luke mußte man noch oben aufklappen. Ich ging zurück und suchte mir einen Holzstamm, um die Luke abzustützen. Dann ging es hinein. Die Orientierung hier war problemlos und ich sichtete recht schöne Kalkformationen. Nun hatte auch mein Fotoapparat seinen Job zu erledigen. Dann wurde der Höhlengang schmaler und endete an einem Schacht, der den Informationen nach etwa 20 m tief ist. Ich genoß den nicht sehr weiten Rückweg.

Auf dem Rückweg nach Cimpusel kam ich an der "Casa Ursus" vorbei (auch "Cimpusel I" genannt) und stieß auf eine Grupe von 7 Leuten. Ich frug, ob sich hier jemand mit den Höhlen auskenne. Einer der Leute, ein Rumäne wußte sehr gut bescheid. Als ich erfuhr, daß er aus Lupeni sei, erkundigte ich mich nach meinen Freunden, welche ich bei Bad Herkules getroffen habe. Natürlich kannte der den Pirat und die anderen, schließlich seien sie befreundet. Dann erzählte er mir, daß sie gemeinsam der Salvamont-Truppe am Bucura-See angehören. Da wurde irgendetwas in mir wachgerüttelt. Ich schaute mir das Gesicht des Rumänen mit dem gestutzten Bart an und frug diesen, ob er mal einen längeren Bart getragen hätte. So vor einigen Jahren am Bucura-See vielleicht? Dieser wurde nachdenklich und fragte plötzlich "Willi"? Ja, und nun fiel mir auch ein, daß er George hieß. Na das war vielleicht ein Lacher. Heute geht George mit seiner Truppe aber leider zurück nach Lupeni. Doch eine andere Gruppe kommt morgen hier hinauf. Na, so werde ich morgen hier her umziehen, keine Frage.

06.09.95:

In der Nacht regnete es kontinuierlich bis gegen 10:00 Uhr in den Tag hinein. Auch am Mittag nieselte es noch. Gegen 15:00 Uhr habe ich dann doch noch gepackt und bin umgezogen zur Casa Ursu (Bärenhütte). Ein wirklich romantisches Plätzchen hier und nur ein wenig abseits vom Getummel im Reservat des Retezat-Gebirges. Am Abend kam dann ein erstes Pärchen, ein Ehepaar aus Bukarest. Sie wollen 10 Tage hier verbleiben. Zu später Stunde saßen wir am Feuer, als da das Licht einer Taschenlampe aufblinzelte. Nun kam ein zweites Pärchen aus Dr.Petru Groza. Die Leute kannten sich und waren halt hier verabredet.

07.09.95:

Wir haben uns schon gestern auf eine gemeinsame Wanderung zum Oslea-Massiv veständigt. Heute gegen 11:00 Uhr gingen wir es an. Wir hatten gutes Wetter und drüben über dem Retezat hingen dunkle Wolken. Ich genoß den Ausblick. Wir ließen uns Zeit und waren erst zum Abend wieder an der Hütte. Unterwegs haben wir auch Dumitru mit seinen Kühen getroffen und ein Schwätzchen gehalten. Am Abend wurde dann am Lagerfeuer gekocht und gebrutzelt, was das Zeug hielt.

08.09.95:

Heute gingen wir gemeinsam zur Scorota-Schlucht. Anschließend machten wir gemeinsam die Bärenhöhle und dann gingen wir zur Pestera cu Corali. Ein kaum merklicher Schleichpfad zweigte im Jiu-Tal hinter grünem Dickicht den Berg hinauf zu jener Höhle. Hätte ich selbst wohl nie gefunden. Ein rutschiger Aufstieg, aber dann die Höhle. Zuerst war der Weg von großem Bruchgestein überschüttet und die Höhlenwände und Formationen waren von weißlicher Färbung. An der Höhlendecke hingen witzige kugelartige Gebilde, die hier "Ou de Columb" (Ei des Kolumbus) genannt werden. Dann kommt ein 5 Meter tiefer Absatz. Links ist eine Einbuchtung. An einem kleinen Stalagmiten hielt ich mich fest und ließ mich hinab. Mein Fuß fand Halt auf einen weiteren Stalagmiten. Dabei mußte man sich aber ganz durchhängen lassen. Somit war der Abstieg gesichert. Die anderen kamen nach. Hier erblickte ich nun endlich die so soviel gerühmten Coralite von kastanienbrauner Färbung. Der ganze Höhlenabschnitt hier war rötlichbraun. Tolle Formationen.

Radu gab mir zu verstehen, daß er eine weitere Höhle kenne, die alles hätte was eine Höhle so bieten kann. Aber der Einstieg geht über einen Schacht. Wir gingen trotzdem hin. Der Weg ist nicht zu erklären. Man muß ihn gelaufen sein, um ihn zu kennen. Da meine Ortskenntnisse nicht die schlechtesten waren, so nahm ich jedes Detail des Weges in mir auf. Dann irgendwann standen wir vor einem dunklen Schlund. Das Gestein war feucht und äußerst rutschig. Ja, nun standen wir da und waren uns im klaren, daß wir ohne Seil hier und heute nicht reinkommen würden. Das war wie ein Orgasmus, der dann doch nicht stattfindet. In der Nacht träumte ich mir dann eine Höhle zurecht, so sehr hatte mich das ergriffen. Aber ich war mir gewiß, daß ich irgendwann die Höhle mache, keine Frage. Später erfuhr ich, daß diese Höhle die schlichte Bezeichnung "Pestera Nr.5" trägt.

Abends am Feuer kam plötzlich Dumitru mit einem riesigen Beutel voller Pilze zu uns. Die Frauen machten sich gleich an die Putzarbeit und wir Männer sorgten für das Feuer. Zu allem Glück fanden wir einen alten riesigen Topf in der Hütte. Ich muß wohl nicht erwähnen, daß dieser Tag auch in kulinarischer Hinsicht ein Erlebnis wurde. Der Hund von Dumitru zog es vor, diese Nacht jedenfalls bei uns zu verbringen. Wir haben uns köstlich amüsiert.

09.09.95:

Heute hieß es Abschied nehmen von meinen neuen Freunden, denn die Rückreise ist nah. So trampte ich mit einem Holztransporter bis Uricani. Von hier ging es mit dem Bus weiter bis Petrosani und dann mit dem Zug nach Pui. Ein letzter Abend bei Freunden in Rumänien, denn Morgen ist die Rückfahrt in die Heimat angesagt. LEIDER!!!

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Wilhelm Scherz


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