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Durch`s Wassertal und Rodna-Gebirge (1991)

Reisebericht von Willi (Jüterbog)

Bilder zur Story


12.06.91:

Gestern um 0:41, Abfahrt von Berlin-Lichtenberg mit dem Balt-Orient-Express. Heute früh um 2:00 Uhr Ankunft in Cluj. 6:00 Uhr Weiterfahrt nach Viseu de Jos (ab Salva begann eine wunderschöne Landschaft) und von dort, zügiger Anschluß nach Viseu de Sus. Der erste Gang ins Vaser mit vollem Gepäck war wie immer beschwerlich.

In Valea Pestilor nahm ich dann den Abzweig rechts über die Brücke in das Valea Scradei. Schließlich hatte ich hier eine Verabredung. Schon im letzten Jahr hatte mich der Preot Lutai Vasile in sein Haus eingeladen. Ja und das Wassertal (Valea Vaser) war bereits geraume Zeit ein Reisewunsch von mir. Das Haus von Lutai Vasile steht gleich gegenüber der kleinen Dorfkirche. Seine Frau und zwei seiner Kinder winkten mich sogleich ins Haus. Er selbst war noch in Cluj und kommt erst am Abend zurück. Nun gab es ein deftiges Mittagbrot und Tuika. Anschließend haben mich die Kinder zu einer Wanderung in die nähere Umgebung eingeladen.

Auf einem Berg überhalb des kleinen Dorfes genossen wir den Weitblick und knabberten an frischem Zwiebellauch. Abends kam Lutai und begrüßte mich mit den Worten "Grüß Gott". Sein Deutsch ist mittlerweile sehr gut. Spät noch inspizierten wir seine private Bibliothek. Wohl über 4000 Bücher zählt er zu seinem Bestand.

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13.06.91:

Heute wollte ich mal ein Stück im Wassertal hinaufspazieren. Bei den ersten Zipserdeutschen blieb ich dann aber hängen. Ein älteres Ehepaar und deren Enkeltochter waren zugegen. Nach einem kurzen Gespräch wurde ich ins Haus gebeten. Zu einem verfrühten Mittagessen gab es irre guten Wein. Natürlich interessierte ich mich auch für das Gehöft und wir inspizierten Kuh und Schwein. Es war ein warmer sonniger Tag und so begaben wir uns am Nachmittag mit zwei Decken auf die wunderschöne Blumenwiese hinter dem Haus. Der Alte war von Beruf Lokführer im Wassertal, ist aber schon einige Jahre in Pension. Die Alte war und ist von Beruf Chef des Hauses und ihre üppige Figur betonte diese Rolle ungemein.

Ein Ukrainer kam vorbei und grüßte. Die Alte erzählte, daß das ihr Nachbar sei. Nicht unbedingt ein schlechter Mensch, aber das er sein Grundstück jetzt so umfassend eingezäunt hat, schien Probleme zu bereiten. Denn nun muß die Alte mit ihrer Kuh zur Bergwiese immer jeden Tag einen großen Umweg machen. Na und sehr temperamentvoll sei er eben. Von der Erzählweise kam das Ganze so mehr negativ rüber, bis, ja bis der Ukrainer sich mit einer Flasche Wein zu uns gesellte. Da war er dann schnell positiv gesehen. In der Tat war dieser Ukrainer ein hochgewachsener Recke um die Vierziger und wenn er von einer Unstimmigkeit mit irgendeinem Mitmenschen erzählte, so bot sich bei diesem Temperament ein richtiges -Einmannkasperletheater- an.

Gegen 17:00 Uhr verabschiedete ich mich dann und blieb auf dem Rückweg zu meiner Gastfamilie bei einer Ukrainerfamilie stecken. Wieder wurde ich in das Haus geladen und machte einige Fotos von der Familie. Der Vater arbeitet im großen Holzkombinat und daheim fertigt er privat so allerlei aus Holz für die Leute aus der Umgebung. Darunter auch wunderschön geschnitzte Gardinenstangen. Gegen 19:00 Uhr war ich dann wieder bei Lutai und erzählte ihm, woher wohl seine Gardinenstangen waren. Alle lachten.

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14.06.91:

Heute machten Lutai, seine kleine Tochter und ihre Freundin Flora, sowie ich eine Bergtour in die Umgebung. Gegen Mittag bereiteten wir ein Feuer und grillten darüber Speck am Spieß. Dann wanderten wir weiter zu einer Stina (Schäferhütte). Ich fotografierte eine prächtige Kreuzotter. Bei der Stina bereitete uns ein Hirte Mamaliga. Na, satt waren wir danach. Und hier entwickelte ich auch meine Theorie, daß Jesus damals die 3000 Menschen nicht etwa mit einem Stückchen Brot satt gemacht hat (das würde ja nie reichen), sondern mit Mamaliga. Na wer weiß, vielleicht wird das Bibelzeugs noch mal neu geschrieben. In der Dämmerung begaben wir uns auf den Rückmarsch. Ein wunderschöner Spaziergang heute.

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15.06.91:

Lutai bat mich, noch zu bleiben. Morgen käme sein ältester Sohn aus Bukarest. Er studiert dort am Theologischen Seminar. Nun gut, so wurde der heutige Tag zum -Spieltag- erklärt. Mühle, Schach und Fußball, wir spielten wie die Irren. Wie alt war ich doch gleich? Spät abends klopft es an der Tür. Eine Gruppe aus Viseu de Sus ist samt Kind und Kegel hinaufgekommen um (unangemeldet) hier und jetzt in der Kirche den Bund der Ehe zu schließen. Es war schon ein älteres Pärchen. Lutai zog sich seine -Dienstbekleidung- über und los ging es. Ich nahm natürlich daran teil und machte noch einige Fotos. 2 Stunden etwa dauerte die Prozedur und mittlerweile war es kurz vor Mitternacht. Lutai leistet hier einen wirklich schweren Dienst. Ganz nebenbei organisiert er ja hier noch den Bau einer Wallfahrtskirche in traditioneller Bauweise, oberhalb des Dorfes. Der Rohbau ist bereits vollendet.

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16.06.91:

Heute war Sonntag und wir gingen um 11:00 Uhr zur Liturgie in die Kirche. Es dauerte zweieinhalb Stunden und hat mich doch sehr beeindruckt. Es war gut, dabei Lutai`s ältesten Sohn an meiner Seite zu haben. So brauchte ich nur all das zu machen, was er tat. Anschließend gingen wir rüber zur Schule. Auch da war heute ein großer Tag, denn die Kinder bekamen ihre Zeugnisse. Eine Folkloregruppe spielte auf. Was für ein Trubel! Viele haben sich ihre Volkstrachten angezogen.

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17.06.91:

Nun hieß es Abschied nehmen, von Lutai und seiner wunderbaren Familie. Früh brach ich auf und wartete dann auf die alte Forstbahn am kleinen Bahnhof in Valea Pestilor. Die Dampflok ließ aber auf sich warten, denn sie hatte einen Defekt. Schließlich nahm mich eine Draisine mit. Das war so ein umgebauter Kleinbus auf Schienen. Ich kam mit einem Bergbauingenieur ins Gespräch, der sehr gut Deutsch sprach. George hieß er. Er wollte gerne einmal Deutschland besuchen, aber er hat ja keine Freunde dort. Ich bot mich an. Wir einigten uns schnell. Wärend ich in den Bergen unterwegs bin, kann George seine Personalien ja schonmal zu meinem Freund Robert nach Cluj schicken, wo ich noch am Ende meiner Reise vorbeischauen würde.

George bot mir eine Unterkunft in der Bergarbeiterstation in Iväscoaia an. In seiner Stube sei ja noch ein Bett frei. Natürlich sagte ich zu und fuhr so zwei Stationen weiter. Gegen 11:00 Uhr war ich dort einquartiert und begab mich auf eine ausgedehnte Wanderung mit kleinem Gepäck. Ich wanderte das Tal weiter hinauf und kam durch Coman. Hier ist eine Kaserne für die Grenzsoldaten. Aber es war kaum einer zugegen. Ein Soldat schlief im Gras und ein anderer hütete einige Kühe. Wir grüßten uns und ich lief weiter. Dann kam die Wendeschleife der Forstbahn. Nun war der Vaser auch bald nur noch ein Bach. Ziemlich weit oben verlor sich der Forstweg ins Nichts. Ein Gewitter zog vorüber und dann lachte wieder die Sonne. Hier war kein Weiterkommen. Also ein Stück zurück und ein anderen Weg rechts eingeschlagen.

Ich wollte doch mal der Grenze einen Besuch abstatten. Denn die verläuft auf sehr schönen Bergkämmen des Maramures. Von weiter oben pfeift ein Hirtenjunge. Ich grüße und er winkt mich hinauf. Ich solle mitkommen, deutete er an und da die Richtung stimmte, tat ich das auch. Wege gab es hier eh keine mehr. Wir kamen an eine Stâna. Der Vater des Jungen war gerade mit der Käsezubereitung beschäftigt. Man lud mich zum Mittagbrot ein. Frischer Schafskäse, Brânse, Mamaliga und Milch. Dann erkundigte ich mich nach dem Aufstieg zur Grenze. Der Hirte zeigte gerade hinauf. Ich ging es an. Ein Stück zwängte ich mich durch dichte Krüppelkieferbestände und dann kamen Zaunreste (vermoderte Holzstumpen und verrosteter Stacheldraht). Das war alles Material auf rumänischer Seite. Dann auf dem Kamm sah ich die Ukrainische Grenze. Ein Überbleibsel der Sowjetunion.

Ein großer Metallzaun, dahinter ein geharkter breiter Sandstreifen und patrolierende Soldaten. In gebührenden Abstand wanderte ich auf rumänischer Seite entlang. Unmengen von Wildschweinen mußte es hier geben. Spuren, wohin man schaut. Keine Frage, der rumänische Grenzverlauf gehört eindeutig der Natur und weckt viele Sympatien. Ich wunderte mich überhaupt, es gab hier oben in diesem Abschnitt keine Wege, die nach unten führten. Schließlich war es mit der Orientieung hier nicht schwer und ich stieg schnurstracks zu später Stunde durch den Wald hinab. Direkt in Coman kam ich wieder heraus. Nun waren viele Soldaten zugegen und ein Offizier wollte wissen wo ich war. Bei der Grenze, so gab ich zu verstehen. Nach der Legitimation wurde ich gefragt. Ich verwies auf Informationen, daß man hier oben durchaus wandern dürfe und der Offizier gab sich dann kulant. Noch ein wenig Plauderei und ich wanderte nach Iväscoaia zurück. Mit den Mineris kam ich abends ins Gespräch über den hiesigen Bergbau. Prompt bekam ich für den nächsten Tag ein Angebot, in den Stollen mit einzufahren. Fantastisch!!!

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18.06.91:

Am Vormittag machte ich eine kleine Wanderung abwärts des Valea Vaser. 12:00 Uhr war ich zurück und machte mich auf zur Mine. Die Zeit war günstig und ich konnte auch gleich mit einer Brigade in den Stollen einfahren. Ich bekam ein Ehrenplatz auf der eh schon kleinen Diesellok. Zweimal entgleiste eine der mit Zement schwer beladenen Loren. Aber die Mineris hatten das immer wieder schnell im Griff. Dann an einer Stelle wurden die Loren mit dem Zement abgekoppelt und die Bergarbeiter begannen mit dem Ausspritzen der in den Stein getriebenen Stollen. Zementstaub machte sich breit. Was für ein schwerer und vor allem ungesunder Job. Die Leute schindern hart. Die Lok fährt mit einigen leeren Loren noch weiter in den Berg hinein. Dann halten wir an einer Art unterirdischen Kranstation. Hier wird ein Aufzug für einen sogenannten "Freien Schacht" betrieben. Dieser Schacht verläuft senkrecht in die Tiefe und hat einen Durchmesser von ca. 5 Meter. Durch die Kranstation wird "blind" der Förderkorb betrieben. Über eine große Meßanzeige sieht der Maschinist die aktuelle Tiefe des Förderkorbes. Gegenwärtig ist der Schacht über 80 Meter tief. Unten treiben einige Männer den Schacht weiter vor.

Als wir zurückfahren wollen, streikt der Anlasser der kleinen Diesellok. Ersatz mußte her und das würde dauern. Mit Helm und Grubenlampe lief ich dann einige Kilometer zu Fuß zurück durch den Berg. Tolles Erlebnis. Abends lud mich dann ein Bergbauingenieur zum Angeln ein. Ich schaute aber lieber zu. Wir hatten kein Glück. Dafür aber die Fische.

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19.06.91:

Heute hieß es Rucksack packen. Die Mineris spendierten mir ein deftiges Frühstück und mit einem Traktor fuhr ich noch bis zu den Stollen hinauf. Von dort ging ein kleiner Pfad in den zunächst dichten Wald hinein. Irgendwann verlor sich der Weg ins Nichts. Na egal, wer auf den Berg will, muß immer hinauf. Ich folgte einem tief eingeklüfteten Bachlauf. Richtiger Urwald hier. Das Gepäck wog schwer. Schließlich kam ich an eine Kaskade. Nun mußte ich in den Wald ausweichen, was den Aufstieg weiter erschwerte. Dann wurde es oben lichter und ich kam nach böser Schinderei auf die Hochalm zwischen dem Vf. Piciorul Caprei (1804m) und dem Vf. Toroiaga (1930m).

Ein Herde Schafe kreuzte meinen Weg. Der Hirte bat mich um Feuer. Ich schenkte ihm ein Feuerzeug und er lud mich zum Essen in die nahe gelegene Stâna ein. Es gab alle Köstlichkeiten, die eine Stâna so zu bieten hat. Auch ein Schlückchen Tuica sollte nicht fehlen. Nach einer Stunde Pause verabschiedete ich mich und bestieg den Vf. Toroiaga. An einem Schneefeld füllte ich noch meine Wasserflasche mit Eis. Gut so, denn oben auf dem Gipfel hatte ich ein richtigen Brand. Die Sicht war irre. Vor mir lag majestätisch das Rodna-Gebirge und über dieses zog ein Gewitter hinweg. Ich genoß dieses Schauspiel der Natur. Dann irgendwann ging es an den Abstieg über den Vf. Murgu und Vf. Stina lui Virtic nach Bäile Borsa.

Hier ist das Hauptbergbaugebiet an dem sich eine Bergarbeiterstadt anschließt. Als ich da reinkam, war ich so richtig geschockt. Die geschwärtzten Wohnblocks und all der Zerfall hier ringsum, das war der wahnsinnigste Kontrast zu dem, was ich noch vor wenigen Minuten wahrgenommen hatte. Ein Bergarbeiter begleitete mich zur Busstation und sagte: Schau, hier verdienen die Gasthäuser das meiste Geld. Ich war übrigens auch ziemlich zermürbt von dem langen Abstieg. An der Bushaltestelle schien ich meine Wiedergeburt zu erleben. Wer kann so etwas tolles schon groß von sich behaupten? Die Lachfalten sind mir geblieben.

Dann ging es auf nach Borsa und nach einer weiteren Stunde nahm ich den Anschlußbus nach Borsa-Touristikkomplex. Ich ging in eine Cabana, um hier zu übernachten. Als sie dort aber merkten, daß ich kein Rumäne bin, da verlangte man von mir plötzlich 35,-DM. Ich stritt mich ein wenig herum und dann zeigte mir der Chef ein amtliches Schreiben, daß man hier so zu verfahren hat. Sicher keine gute Lösung, denn nötig hatte ich ja eine Übernachtung hier im Prinzip nicht. Ich ging.

Ein Stück das Dorf hinauf, standen zwei Frauen am Zaun. Ich frug, ob es hier wohl eine normale preiswerte Cabana gäbe. Sie zeigten in die Richtung aus der ich kam. Ich schilderte mein Erlebnis von dort und selbst die Frauen waren etwas erschüttert, wie man hier mit Touristen umzugehen pflegt. Da sagte die eine: 300 Lei und sie können in meinem Haus Quartier beziehen. Na ja, da wollte ich nun nicht nein sagen. Das Haus war erst neu gebaut, mit viel Holz und recht prachtvoll. Ich bekam ein wundervolles Stübchen. An den Wänden hingen schöne Wandteppiche. Das Abendbrot war der Stolz meiner Gastgeberin und ich spendierte noch Kaffee hinzu. Am Abend zog ein fürchterliches Gewitter los. Blitze zuckten durch die Nacht und ich lag noch lange im Bett mit Blick nach draußen. Ich liebe solche Momente. Überhaupt, Mühe und Freud lagen heute so genial beieinander, da spricht man von einem perfekten Tag.

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20.06.91:

6:30 Uhr stand ich auf, Frühstück und Abschiedsfoto. Sollte es regnen in den Bergen, so könne ich gerne wieder zurückkommen, sagte die Frau. Ich nickte und auf ging es. In der Tat, daß Wetter war nicht alle Welt. In den Wäldern stiegen dicke Nebelschwaden auf. Nach einer Stunde Aufstieg begann es so stark zu regnen, daß ich mich zunächst unter einer großen Fichte postierte. Im Nebel tauchte ein weißer großer Hund auf. Keine Frage, hier sind Hirten unterwegs. So folgte auch bald eine Herde Schafe und der Rest der Hundemeute. Das übliche Spiel, die Hunde umkreisten mich, der Hirte brachte Ruhe in die Situation und ich stieg mit dem Hirten weiter auf. Vorbei kamen wir an einer herrlichen Kaskade. Es regnete weiter recht stark. Der Hirte deutete an, ich solle mitkommen und so verließen wir den Weg und gelangten über schmale Pfade auf die Hochweide. Und so waren wir auch bald am Ziel.

Eine große Stâna nahm im Nebel Konturen an und der Hirte bat mich einzutreten. Es bot sich ein überraschendes Bild. In der Mitte brannte ein lichtes offenes Feuer und darum kauerten fünf alte Frauen und trockneten ihre ebenfalls durchnäßte Bekleidung. Ein weiterer Hirte rührte gerade in einem riesigen Stahlkessel voller Milch, welcher über einem zweiten Feuer hing. Nach der Prozedur der Gerinnung und des Abschöpfens, wurde der frische Käse in Tüchern zu riesigen Laibern gelagert und gepreßt. Dann gab es Essen für alle. Bei den Weibern am großen Feuer ging es schon recht geschwätzig zu und eine große Flasche Tuica wurde ständig weitergereicht. Auch ich gehörte diesem höchst ehrenwerten Kreise an. War die Flasche alle wurde eine nächste gereicht. So eine Geschäftigkeit in einer Stâna hatte ich noch nicht erlebt. Was war denn hier eigentlich los? Ich stellte da aber keine Fragen. Gewiß, die Zeit wird dies wohl heute noch beantworten. Zwei weitere Hirten kamen aus einem hinteren Raum hinzu.

Draußen war ein Traktor zu hören. Vor der Hütte hielt er und zwei weitere Herren traten ein. Eine letzte Flasche ging noch um und dann wurden plötzlich alle recht ernst und konzentriert. Riesige Käsekugeln wurden aus einem Hinterraum hereingetragen, fachmännisch von allen Leuten auf Qualität begutachtet und dann in verschiedene Ecken des großen Raumes verteilt. Einer der Männer war so etwas wie ein Buchführer. Nach jeder begutachteten Käsekugel wurde in einer Namensliste ein Vermerk gemacht. Zweieinhalb Käserollen wiegen um die 50 Kilo, so belehrte mich der Buchführer. Und ich wurde weiter aufgeklärt: Also, die Schafe und Kühe, die hier oben gehütet werden, gehören verschiedenen Familien eines Dorfes unten im Tal. Je nach deren Anteilen an Vieh und einer vorher sorgfältig durchgeführten Kontrolle der Milchleistung des jeweiligen Viehbestandes wird also der jetzt produzierte Käse für die Besitzer aufgeteilt. Eigentlich alles ganz logisch, wa?

Nach zwei Stunden war die "Zeremonie" beendet und ich half mit, den Käse auf den Hänger vom Traktor zu verladen. Und von wegen, der Tuica ist alle. Ha ha, wer`s glaubt wird niemals seelig. Hier, so könnte man sagen: Glaube dem Menschen wie dem Herrgott. Gegen 17:00 fuhr der Traktor mit einigen Männern und den Frauen ins Tal.

Das Wetter hatte sich aufgeklärt und ich baute ersteinmal nahe der Stâna mein Zelt auf. Nun kamen auch die Hirten mit dem Vieh zur Stâna zurück. Am Abend wird gemolken. Ich kam heute noch zu frischer Milch. Mit zwei, der insgesamt acht Hirtenhunde hatte ich mich bereits angefreundet. Die wichen fortan nicht mehr von meiner Seite. Ich konnte mich nun im Gelände ohne Probleme bewegen. Abends gegen 22:00 Uhr klopften die Hirten an mein Zelt und winkten mich in die Stâna. Ich bekam noch ein Teller Brinse (eine Art Frischquark) gereicht. In der Nacht bellten oft die Hunde und auch die "diensthabenden" Hirten gaben Acht auf "Ursu".

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21.06.91:

9:00 Uhr erwacht. Die Nacht war kühl, aber mein neuer Daunenschlafsack leistete gute Dienste. 10:00 Uhr ging ich auf eine Rundwanderung. Zuerst stieg ich nochmal ab, zu der wunderschönen Kaskade (Cascadä Cailor). Ein Stück höher besuchte ich eine Grotte und auch eine kleine Höhle stand auf dem Programm. Die Hirten hatten mir von der Höhle erzählt. An alten Baumstämmen konnte man sich da in die Tiefe hangeln. Dann stieg ich wieder auf und lief zur kleinen Schlucht "Cheile Bistricioarei".

Anschließender Aufstieg zum Vf. Gärgäräu (2158m). Dort verweilte ich und genoß die schöne Sicht. Dann ein kleines Stück dem Paß entlang und weiter ein Stück entlang dem Massiv "Zänoaga Piatra Rea". Sehr schöne Frühlingsblumen hier oben. Dann dierekter Abstieg zur Stâna im Kar. Gegen 16:00 war meine kleine Tour beendet. Ich kochte mir Kaffee. Ein dritter Hund interessierte sich sehr für mein Zelt und wir schlossen schnell Freundschaft. Dann tollten wir noch ein wenig durch die Gegend, woran sich auch ein viertes "Hundli" beteiligte. Am Abend machte ich noch Fotos beim Melken der Schafe.

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22.06.91:

10:00 Uhr Frühstück bei den Hirten, anschließend wurde gepackt und dann stieg ich geradewegs zum Kamm hinauf. Ich wanderte vorbei am Vf. Puzdrele, über Vf. Obârsia Rebrii (2052m), Vf. Buhäescu Mare (2119m). Dann stieg ich noch ein kleines Stück hinab zu einem kleinen Bergsee. Zu meinem Erstaunen stand dort schon ein Zelt. Eine junge Frau schaute hervor und wir begrüßten uns. Insgesamt sind sie zu dritt, doch die zwei Herren sind noch unterwegs auf dem Vf. Pietrosu (2303m).

Ich errichtete mein Zelt und dann bereiteten wir uns einen Kaffee. Bald auch waren die zwei Herren zurück. Einer der beiden war Rumäne und der andere allerdings ungarischer Abstammung. Wir waren ein richtig internationales Team. Abends war ich zum Essen eingeladen. Die beiden Herren waren recht spaßig drauf. Ich solle lieber die ungarische Marmelade essen. Nein, stimmt nicht, die Marmelade einer rumänischen Mutter sei durch nichts zu schlagen. Bei dem Speck, den Zwiebeln, Knoblauch und Käse herrschte aber Einvernehmen. Als kulinarischen Höhepunkt gab es gebratene Eier mit Speck.

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23.06.91:

Heute war Sonntag, Ruhetag! Meine drei Freunde aus Baia Mare verabschiedeten sich und schenkten mir noch eine Wanderkarte vom Rodna-Gebirge. Dann wanderten sie weiter nach Cabana Puzdra. Die Sonne schien und ich postierte mich mit der Isomatte am kleinen Bergsee. Dazu hatte ich Lektüre von Erich Fromm dabei. Paßte wunderbar hier her. Ich genoß die Ruhe ausgiebig.

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24.06.91:

Ich erwachte bei Sonnenschein. Heute ist ja der Höhepunkt meiner Reise angesagt. Nach dem Packen ging es auf zum Vf. Pietrosu. Oben angekommen, hatte ich recht gute Sicht und blieb lange an diesem Ort. Dann wanderte ich weiter zum Forsthaus "Casa Laborator". Einfach super. Wieder eine Pause und dann weiterer Abstieg durch schöne Wälder. Irgendwann kam ich an einem Forsthaus an, wo sozusagen der Eingang zur Reservation ist. Ich kam mit dem Förster ins Gespräch und baute auch gleich mein Zelt auf. Spät ist es geworden. Lange noch saß ich mit Alexa und seinen zwei Enkelkindern beisammen. Acht Bären zählt er hier übrigens zum Bestand. Gemsen habe ich an diesem Tag so viele wie noch nie gesehen. Es war schon sehr beeindruckend heute.

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25.06.91:

Ich entschloß mich, hier noch einen Tag zu verbleiben und machte eine kleine Wandertour in Richtung Pestera de la Izvorul Izei. Gefunden habe ich die Höhle nicht, bin aber dafür sehr schöne Pfade gelaufen. Alexa kam auch erst spät abends mit seinen Enkelkindern von Casa Laborator zurück.

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26.06.91:

Früh hatte ich gepackt und wanderte in Richtung Moisei. Sehr schöne Bauernhäuser hier. Dann auf der Hauptstrecke nahm mich ein Pferdewagen bis zum Bahnhof in Borsa mit. Und dann fuhr ich nach Cluj-Napoca zu Robert.

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27.06.91:

George hatte seine Unterlagen schon an Robert geschickt. Ich machte heute wieder meine obligatorische Runde durch Cluj und kaufte mir noch Schlafwagenkarten für die Rückfahrt nach Berlin. Als besonderen Höhepunkt führte mich Robert durch die Mineralogie der Universität von Cluj. Ist wohl übrigens die älteste der Welt. Morgen geht`s heim! Vorbei ist es wiedereinmal mit "Sus sus sus la Muntii sus"! Ich habe Folklore im Bauch.

 

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Wilhelm Scherz


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