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Fahrt ins Wassertal

"Radlhäuser" und "tie Koffeemiehl" / Die Maramures muss man erwandern

Von Claus Stephani


Fährt man mit dem Auto durch die Ostmaramures, so sind es oft nur flüchtige Momenteindriicke, die man mit sich nimmt - das Leben jenseits der kunstvoll geschnitzten Holztore, der Alltag in den einsamen Gehöften bleibt einem verborgen. Das Mysterium einer Landschaft verschliesst sich dem Touristen, der es eilig hat, weil er vielleicht im nächsten Motel noch eine Unterkunft bekommen muss. Ein ausländischer Kunsthistoriker, mit dem ich vor einigen Jahren von Bistritz aus, durch Nassod (Násáud), Teltsch (Telciu) und Rommelsdorf (Romuli), den Altmierescher Weg nach Marmatien fuhr, sagte: "Das Land ist zu schön, um nur aus dem fahrenden Auto betrachtet zu werden; die Maramures muss man erwandern..."

Das habe ich nun oft getan: Wege erfragt und das Altmierescher Land, wie die Nösner Sachsen es nennen, erwandert; und es gibt noch viele wenig bekannte Wege - abseits von den Strassen, auf denen sich das organisierte Reisen abspielt -, die in die stillen Seitentäler der Bergflüsse Wischau (Viseu), Kossau (Cosáu), Iza, Borsa und Mara fuhren: da liegt das alte Marmatien - ein gastfreundliches Land, in dem Rumänen, sogenannte Moroschener, doch auch Deutsche, die man Zipser Sachsen nennt, Ukrainer u.a. Bevölkerungsgruppen leben.

IN OBERWISCHAU

Der Schnellzug, der abends aus Bukarest abfährt, hält am nächsten Morgen auch in Unterwischau (Viseul de Jos). Von hier gelangt man rasch mit dem Bus in das malerische Bergstädtchen Oberwischau (Viseul de Sus), dem geistigen Zentrum der Maramureser Zipser, deren Vorfahren zwischen 1776 und 1820 aus der damaligen Zips (Slowakei) und aus Oberösterreich eingewandert sind. Im Stadtviertel Zipserreih´, der alten deutschen Siedlung, die in den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts von den ersten Einwanderern gegründet worden ist, stehen auch heute noch kleine Holzhäuschen, die vom Stil her an das Gründler Land in der Zips erinnern. Es sind Blockbauten, auf einem Steinsockel errichtet, deren Wände aus behauenen Rundstämmen zusammengefügt wurden.

Ein Charakteristikum der Zipser Häuser ist das "Radl" - ein halbkreisförmiges schindelgedecktes Vordach zur Strasse, über dem sogenannten "Uhlenloch"; solche "Radlhäuser" gibt es noch eine ganze Reihe in der Weinthalgasse, der Hinteren Gasse ("Hintrigi Gossn") und in der Weidengasse. Die innere Gliederung des Zipser Wohnhauses beginnt mit der Haustür an der Traufseite, mit dem Flur, der seitlich zu den "Stuba" liegt. Grundrissmässig handelt es sich also um ein längliches Rechteck, das etwa in der Mitte von einer Diele durchschnitten wird; rechts bzw. links befindet sich die sehr geräumige ,,Kuchl" und die "gute Stuba". Der gemauerte "Uehm" - von wo der Rauch dnrch die Decke, die Vorräte konservierend, durch das Schindeldach und das "Uhrenloch" im Giebel entweicht - ist auch heute noch der organisatorische Mittelpunkt des Hauses. In der "Kuchl" isst man, sitzt abends bei einem "Glasrl Schnops peisamm", in der "Kuchl" schläft man gern im Winter, weil es da warm ist.

HINUNTER NACH WEINTHAL

Aus der Zipserreih´ führen viele Wanderwege durch schmale Täler - sogenanate Graben - auf die umliegenden Berge, wo selbst in einer Höhe von über tansend Metern noch vereinzelte Zipser-Gehöfte stehen. Geht man z.B. von der Mittelgasse (Str. 9 Mai) durch "Tas Gräntjche" (das Gründchen, Str. Rodnei) hoch, gelangt man bald auf die Erste Wiese, auch Podury genannt, von wo sich einem ein weiter Ausblick auf die "Perle im Tal", wie Oberwischau in einem Zipser Lied besungen wird, bietet. Über das "Scharfe Stagl" - ein Weg, der sehr steil hinaufführt - gelangt man zur Zweiten Wiese. Von hier kann man nun zum Schlangenberg gehen, zur Runden Wiese ("Tie Rundi Wiesen"), zum Brünnlein der Riesin (,,Ter Riesin ihr Prindl") oder hinüber, östlich, zu dem Weiler Sachsenthal.

Will man jedoch weiter, zum Weiler Weinthal (Valea Vinului) wandern, so ist die Zweite Wiese ein idealer Ausgangspunkt; von hier führt nämlich ein Bergpfad, am Karrengraben (,,Karasch") entlang, dnrch die Kühle Küche ("Kaldi Kuchl") - wie ein enges feuchtes Tal heisst, in dem sich das "Eisprindl" befindet) - hinauf zum Schönen Berg ("Scheenerperg"), der sich zwischen den Weilern Fischthal (Valea Pestii) und Weinthal erhebt. Auf dem Schönen Berg, von wo man an klaren Tagen in östlicher Richtung bis zu den Gebirgsspitzen der Obtschina, des Gräben (Greben) und des Pietrosul sehen kann, sollte man rasten, denn der Abstieg nach Weinthal - etwa eine halbe Stunde - ist nicht unbeschwerlich; und wenn man nicht genan die nordwestliche Richtung einhält, kann man sich leicht in den Wäldern verlaufen und kommt dann vielleicht irgendwann in Reussenau (Poienile de sub Munte) heraus.

BADEHAUS KRAFTSCHIK

Weinthal, im gleichnamigen Tal, gehört zur Gemeinde Mittelwischau (Viseu de Mijloc) und wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet, als sich hier die Zipser Familien Hagl, Zawatzky und Kraftschik ansiedelten. Rudolf Kraftschik baute 1920 an der Stelle, die man "Unter dem Fels" nennt, neben einer salzhaltigen Mineralwasserquelle, ein Badehaus, das auch heute noch steht und in Betrieb ist. Auch wenn man dort nicht unbedingt baden will, sollte man sich ,,Tem Kraftschik ssein Pad" doch ansehen: das Wasser gelangt mit Hilfe eines Ziehbrunnens, durch eine Holzrinne, ziemlich umständlich in einen uralten Eisenkessel, wo es angewärmt wird, um dann in eine geschnitzte Holzwanne einzufliessen. Bergbauern aus Weinthal und anderen Siedlungen sind hier Stammgäste; und bis der eine badet, sitzen die anderen draussen im grünen Gras, tauschen Neuigkeiten aus, schlafen oder verzehren ihr Mittagsbrot. Für jemanden, der aus der Grossstadt kommt, ist dieser Anblick unwahrscheinlich: dass es noch Menschen gibt, die soviel Zeit haben, Menschen, bei denen keine Anzeichen von Nervosität sich bemerkbar machen, wenn sie, sagen wir, zwei Stunden lang, untäitig im Gras sitzen müssen.

Hier im Tal gibt es mehrere Mineralwasserquellen, neben denen man gut rasten kann. Am schönsten ist es in ,,Tem Julius Mann ssein Garten", wie auch heute noch eine Waldwiese heisst, auf der eine schwefel- und eisenhaltige Mineralwasserquelle entspringt. Von hier kann man übrigens "Auf ten Fels" steigen, von wo man das ganze Tal überblickt.

Der Heimweg nach Oberwischau führt in östlicher Richtung über den Günschtenberg (Dealu Gînstie) durch den Hohlen Weg, wobei man dann in der Weinthalgasse herauskommt. Für diese Wanderung - etwa 8 km - sollte man sich Zeit lassen; ein Tag genügt jedenfalls.

ERLEBNIS SCHMALSPURBAHN

Oberwischau ist bald nach seiner Gründung besonders durch das Wassertal (Valea Vaserului) bekannt geworden, als hier die Holzausbeutung anlief. Ins malerische Wassertal führt eine Schmalspurbahn - Höchstgeschwindigkeit 30 km -, die am frühen Morgen von der Forststation Oberwischau abfährt. Die "Koffeemiehl", wie die Zipser sagen, schafft die Strecke bis zur Endstation - rund 48 km - in etwa drei Stunden ("wann nit ter Wind blosst, tenn, dann schnaufts").

Nun, wer es mit "ter Gmietlichkeit" hält und nicht böse wird, wenn der Zugführer vielleicht einmal auf offener Strecke anhält, um zusammen mit den Fahrgästen "in tie Himbaarn" zu gehen, dem empfehle ich, eine Fahrt ins Wassertal zu machen. Nebenbei gesagt: die "Kofteemiehl" ist noch nie entgleist, sie schaukelt während der Fahrt nur darum so stark, damit die Reisenden nicht etwa einschlafen und hinausfallen, denn das soll schon vorgekommen sein.

Die Fahrt geht am Wasserfluss entlang, und bei jedem Weiler wird angehalten; Zipser Waldarbeiter steigen zu, rumänische und ruthenische Bäuerinnen steigen aus und wandern zu Fuss weiter zu ihren Gehöften. Nach den Siedlungen Balmenthal (Lunca Balmos), Schradenthal (Valea Scradei), Kuselwies (Cozia) - hier zweigen rechts die Nebenlinien ab nach Teufelsbrunn ("Taibuprunn", Izvoru Draci), nach Neuwetz (Novet) und Neuschraub (Novicior), nach Gräbenau (Valea Grebenului) und Neuwetzwies (Poiana Novet), wohin man jedoch nur mit einem Lastzug gelangen kann -, Paltin, Barthau (Bardáu), Bottisoll (Botiza), nach Kleinschulligulli (Suligul Mic) und Grossschulligulli (Suligul Mare) - beide berühmt durch ihre Mineralwasserquellen - trifft man schliesslich nach 31 km - im Weiler Feinen (Fáina) ein. Feinen ist "Hauptstation"; hier befindet sich ein Post-, Telefon- und Telegrafenamt, und ich muss sagen, dass ich hier einmal einen Brief aufgegeben habe, der tatsächlich schon nach drei Tagen in Bukarest war.

In Feinen sollte man die Elisabethkapelle besichtigen, die Ende des 19. Jahrhunderts vom berühmten Holzschnitzer und Zimmermann Wenzel Hagel errichtet worden ist. Es ist ein Meisterwerk der Zipser Holzbaukunst! Unterhalb des Kapellenhügels, am Feinenbach, befindet sich übrigens eine grosse Forellenzucht; und wer es richtig trifft, kann hier günstig einkaufen. In den letzten Jahren wurden in Feinen mehrere Gästehäuser des Wischauer Forstamtes gebaut, wo man gut und billig übernachten kann. Am nächsten Morgen lohnt es sich dann, weiter hinauf zu wandern: nach Lostun - von hier führt ein Weg über das Toroiaga-Gebirge nach Baia Borsa, Mácáirláu, Miras oder nach Valea Babei, von wo man dann am frühen Nachmittag wieder nach Oberwischau zurückkehren kann.


Dieser Artikel wurde mit ausdrücklicher Genehmigung durch die "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" (ADZ - Nachfolgezeitung und Rechtsnachfolger des "Neuen Weg") der Karpatenwilli-Homepage zur Verfügung gestellt!

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