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Cas, burduf und jintita

Von Alfred Schuster


Ein Arbeitstag in einer Sennhütte im Capatana-Gebirge

Auf dem Weg lernte ich Adam kennen. Er hoch zu Ross, einen Zwerchsack vor sich aus dem zwei Welpen knurrten, und hinter ihm noch zwei Pferde und vier Esel, alle schwer bepackt mit leeren Käsebottichen, Säcken voll Maismehl, Salz und Gemüse. Oben auf einem der Esel ein Korb mit jungen Gänsen, die laut schnatterten, denn so eine Reise ist doch etwas Aufregendes. Als letzte ging eine junge Frau, hübsch, hochgewachsen und mit Wangen so rot, wie sie nur Vaideenier haben können. Auf dem Rücken trug sie einen Säugling in einem länglichen Korb, der auch als Bett und Hängewiege benützt wird. 

Die Vaideenier, deren Heimatgemeinde nördlich von Horezu liegt, sind die bekanntesten Hirten in den Bergen südlich des Lotru. Sie sind Siebenbürger (Transsilvanier), die sich vor mehr als 200 Jahren in der Nordoltenia niederliessen, nennen sich auch heute noch ungureni und nicht olteni, und haben neben ihren alten Bräuchen auch einige der neueren Heimat angenommen. 

Nach mehrstündigem Marsch (die Frau durfte von Zeit zu Zeit auch reiten, obwohl es ihr nach Adams Meinung schaden würde) kamen wir am späten Nachmittag bei der stîna  (Sennhütte) an, wo er zusammen mit zwei Schwägern und seinem Vater "gazda" war. (Gazda ist eine Herdenbesitzerfamilie, die ihre Schafe selber bewirtschaftet.)

Er erzählte, dass sie, die Schafbesitzer, eigentlich vier gazda sind, die zwar ihre Schafe gemeinsam weiden, dass aber jeder seine eigenen melkt und seinen eigenen Käse macht. In der stîna führt jeder seine eigene Wirtschaft (dieses ist bei den Vaideeniern allgemein üblich). 

Im Frühjahr steigt der Hirte und baci (Senner) zur stîna auf, mit Frau und Kind, Schafen, Pferden, Eseln, Schweinen und Geflügel, und von allen Hunden bleibt nur einer zu Hause. Wenn die Kinder zur Schule gehen, kommen sie nur in den Ferien zur stîna. Vor der stîna wimmelte es von Kindern, einige konnten kaum laufen, während die grössten in der strunga (Pferch) standen und die Schafe zu den Durchschlüpfen trieben, wo sie einzeln zum Melken rangelassen wurden. 

Dem Herrn begegnet man gern, dem Hund nicht immer

Drei Männer und eine ältere Frau, Adams Schwäger, sein Vater und seine Schwiegermutter, melkten jeder seine Schafe und zwischendurch interessierten sie sich nach den letzten Neuigkeiten aus dem Dorf. Ob die Mioara lui Cocor (Mioara = Maria. Mioara werden aber auch die einjährigen Jungschafe genannt; miel = Lamm.) auch schon ein Kind hat, und ob es wahr sei, dass im Luncavat-Tal eine Strasse gebaut werde, und das Holz nicht mehr mit der mocanita (Schmalspurbahn) transportiert werde. Dieses und anders mehr wollten die Alten wissen. Aber auch die Kinder stellten neugierig Fragen, die jedesmal mit einem "la joaca" ("geht spielen!") beantwortet wurden. 

Nachdem die frischgemolkene Milch in grossen Kesslen über dem offenen Feuer hing, wurde auch die junge Mutter begrüsst und willkommen geheissen und ihr erstes Kind mit ihr und seinem Vater verglichen. In der Zwischenzeit hat Adam seine Pferde und Esel abgesattelt, die Ecke, in der er mit seiner Familie hausen wird, notdürftig eingerichtet, und war recht stolz, der Mittelpunkt des Abends zu sein, da er auch noch einen Gast mitgebracht hatte. 

An diesem Abend lernte ich das erste Mal die Hirten von Vaideeni bei sich zu Hause kennen. Es war nicht das letzte Mal, dass ich mit ihnen am Feuer sass und die Nacht draussen in einem cojoc verbrachte, da ich meinen Schlafsack nicht bei mir hatte. 

Der Tag bei einer stîna beginnt mit dem Hellwerden. Die Schafe werden in die strunga getrieben und gemolken. Nach dem Melken wird gegessen, meistens mamaliga (Maisbrei) mit Käse und Milch oder saure jintita dazu getrunken (jintita wird aus der Magermilch gemacht, die zum Sauerwerden gestellt wird, und der das geronnene Milcheiweiss - die urda - noch nicht entzogen wurde). Dann bekommt jeder Hirte sein Mittagessen in die traista (Brotsack) und los geht´s! Die jüngeren Hirten - ciobanasi genannt - gehen mit den sterpe (das sind die mioara , die trockenstehenden und unfruchtbaren Schafe), den miei (Lämmern) oder mit den Böcken, die immer in den höher gelegenen Regionen weiden, wo das Gras minderwertiger ist. Die anderen treiben die Milchschafe  jeden Tag in eine andere Richtung und kommen nachmittags wieder zum Melken zurück. 

Kaum sind die Hirten fort und die Kessel voller Milch zum Kochen aufgehängt, beginnen die Kinder sich aus ihren Pelzen zu schälen. Ein Jauchzen, Weinen und Streiten sowie das Rufen nach der Mutter geht los. Die Geduld der Frauen ist begrenzt, denn in der immer wärmer werdenden Milch muss ständig mit einer Reisigrute gerührt werden, damit sie nicht ansetzt und anbrennt. 

Wenn die Milch kocht, wird ein wenig cheag (Labferment) hineingetan, damit sie gerinnt; dann wird alles in ein Tuch geschüttet, das samt seinem Inhalt unter einer Presse aus Brettern und Steinen kommt. Jetzt erst haben die bace (Sennerinnen, die in der Marginimea Sibiului bacite genannt werden) Zeit, für ihre Kinder und Gäste. 

Ich interessiere mich nach der Herkunft des cheag und erfuhr, dass er aus dem Magen der knapp eine Woche alten Lämmer genommen wird, die zu diesem Zweck geschlachtet werden. Es ist eine fettig-schleimige Substanz, welche die Milch im Lämmermagen gerinnen lässt, damit sie verdaut werden kann. 

Wenn die Hausherren, die Besitzer der Schafe, nicht mit den Hirten zum Hüten gehen, halten sie sich sich vor der stîna bei einem Schwatz auf oder reparieren irgend etwas, wenn sie nicht gerade vorhaben, einen Transport Käse ins Dorf zu führen, oder aus anderen Gründen nach Hause zu gehen. Meistens sind sie unterwegs oder im Dorf, denn auch dort muss das biuschen Boden bearbeitet und andere Dinge müssen in Ordnung gebracht werden. 

Währen die Männer den Vormittag auf ihre Art verbringen, verrichten die Frauen ihre Arbeit. Die Kinder werden gefüttert und hinausgejagd. Dann beginnt im Nebenraum oder in einem abseits gelegenen Bau, in dem der Käse gemacht und aufbewahrt wird, das Käsemachen. 

Domnule, das waren Zeiten

Der am Vortag angesetzte Frischkäse, cas genannt, wird in ungefähr ein Kilogramm grosse Würfel geschnitten und in Bottiche eingelegt, in die später Salzwasser gegossen wird - damit sich der sogenannte Telemea-Käse bildet. 

Die Vaideenier machen anfangs nur Telemea-Käse und erst im August beginnen sie mit der Erzeugung des Burduf-Käses, (burduf = Balg, in den der besonders würzige Käse gesteckt wird). Hingegen machen die Bewohner der Marginimea-Sibiului  den ganzen Sommer über Burduf-Käse. 

Im Herbst, wenn der Burduf-Käse hergestellt wird, gibt es mehr Arbeit. Der cas muss zuerst das ganze überflüssige Wasser abgeben und wird demnach 8-12 Tage an der Luft gehalten, dann durch den Fleischwolf, der jetzt zum Käsewolf wird, gedreht, eingesalzen, gut geknetet und fest in den Balg oder in Blasen gepresst. Für den Hausgebrauch als Delikatesse wird der Burduf-Käse und die gesalzene urda statt im Käsebalg, in Tannenrinde aufbewahrt. Sie erhalten dadurch ein besonderes Aroma. 

Im Herbst (seltener im Sommer) stellen die Vaideenier und die anderen Hirten der Gegend auch den Schafjoghurt - lapte covasit genannt - her. Die fette Milch wird aufgekocht und in bis 25 Liter grosse Bottiche geschüttet, eine Messerspitze Sauermilch dazugegeben und dann in Pelze gehüllt, damit sie langsam abkühlt. Nach einer Woche, wenn diese Milch fest wie Grütze ist, wird der Bottich mit einem Deckel verschlossen und erst im Winter gegessen. 

Zum Mittagessen wurde ich oft eingeladen. Und man soll nicht denken, es sei ein eintöniges Angebot von Käse und mamaliga. Jeden Tag gibt es Suppe, die den Hirten am Spätnachmittag oder am Abend, wenn sie mit den Schafen zur stîna kommen, vorgesetzt wird. Mal Tomatensuppe mit Reis oder Nudeln, dann Gemüse- oder Fischsuppe - ja sogar Paketsuppe!

Wenn frisches Fleisch vorhanden ist, as nur dann vorkommt, wenn ein Bär ein Schaf gerissen hat, ohne es mitzunehmen, oder Geflügel geschlachtet wird, dann gibt es Fleischbrühe. Als zweiter Gang wird meistens la tigaie (in der Pfanne) gemacht. In einer tiefen Pfanne mit drei Beinen, damit sie auf den Kohlen stehen kann, wird unter ständigem Rühren Käse geschmolzen, der dann mit mamaliga gegessen wird. 

Balmos - das Festessen der Hirten und Senner - wird selten zubereitet. Einmal war ich Gast bei eienr stîna, wir assen Fischsuppe, und die Sennerin war dabei, la tigaie zu machen. Da ging die Türe auf und ihr ältester Sohn stand da. Er war sich verabschieden gekommen, denn er sollte wieder zur Schule in die Stadt. Da begannen die zwei Kleinen bei der Mutter zu betteln, sie sollte doch einen balmos machen. 

Zuerst wurde Butter in der Pfanne geschmolzen, dann Milchrahm, und an nichts wurde gespart. Als alles flüssig war, kam Burduf-Käse dazu. Als in der Pfanne eine fette Masse glänzte, wurde etwas jintita und Maismehl darüber geschüttet, damit das Essen fest und nicht zu fett wird. Das schmeckt so gut, dass nach dem Essen das Kinn, die Backen, das Antlitz vor Fett glänzen. Sogar meine Frau, die den Zubereitungen zunächst mit einiger Zurückhaltung zugesehen hatte, konnte dem balmos nicht widerstehen. 

Nach dem Mittagessen gehen die Frauen Brennholz sammeln oder stricken und häkeln, bis die Herde zum Melken kommt. Abends sitzt man meistens am Feuer, und wenn die Hirten wieder zu ihren Schafen gehen, kriecht alle in die harten Holzpritschen, wickelt sich in einen cojoc und schläft bis zum Morgengrauen. 

Oft hab ich mit ihnen am Feuer gesessen. Die Frauen legen sich meistens schlafen, aber die Männer interessieren sich nach den letzten politischen Ereignissen und erzählen immer wieder von ihrem Militärdienst, das einzige Mal, wo sie für längere Zeit von ihren Schafen fern waren. Die Alten erzählen begeistert vom ersten Weltkrieg, und wenn einer bei Marasesti mitgekämpft hat, so ist er auch heute noch ein Held, während die Söhne, die den zweiten Weltkrieg miterlebten, stillschweigend darüber hinweggehen. Die ganz jungen dürfen schon gar nichts sagen, sonst werden die Alten böse, schicken sie hinaus zu den Schafen und wickeln sich, wie Bären brummend, in ihren cojoc. Sie lassen sich nicht gerne von den jungen Halbgegorenen den Abend verderben - zumal wenn neue Zuhörer dabei sind, die ihre Geschichten noch nicht kennen. 


Dieser Artikel wurde mit ausdrücklicher Genehmigung durch die "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" (ADZ - Nachfolgezeitung und Rechtsnachfolger des "Neuen Weg") der Karpatenwilli-Homepage zur Verfügung gestellt!

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