Rumänien
im Mai 2005

Bericht:
Wolfgang Post ... wolfglobetrotter@gmx.de
Am Mittwoch, d. 4. Mai 2005 fuhr ich mit Bernd von Dillenburg
per
Eisenbahn nach Frankfurt/Main. Von hier nahmen wir den Touring-Bus bis
nach Temeschburg/Temeswar im Banat/Rumänien. Nach
einer
Nachtfahrt erreichten wir gegen Mittag Temeschwar. Wie vereinbart holte
uns hier Georg Andea aus Langenaubach ab und zeigte uns die
schönen Seiten seiner Heimatstadt.
Noch am späten Nachmittag brachen wir mit dem Auto zu einer
Fahrt
ins Banat auf: in die Orte Liebling und Tirol. Leider war auf unseren
selbsternannten Führer Bernd kein Verlaß, der stolz
zuvor
behauptet hatte, er leite uns sicher nach Tirol und uns könne
nichts mehr passieren. Nach einer Irrfahrt durch die Nacht erreichten
wir schließlich sehr müde und durstig den
Ort Tirol,
wo wir wie schon vor 2 Jahren bei Anna übernachten konnten.
Von Tirol fuhren wir über das Semenik-Gebirge und kehrten
gerne
wieder in Wolfsberg /Garana ein, wo wir noch liebe Bekannte hatten. Die
berühmte "Wolfsberger Milch" hatten wir in guter Erinnerung
und
... erhielten wieder eine große Flasche davon. Von zu Hause
hatte
ich einen Sack mit Kleidung und Schuhen dabei, die ich in Tirol und
hier in Wolfsberg verteilte. Das Wetter verschlechterte sich und wir
hatten nicht die weite Aussicht auf die Karpaten wie im Vorjahr.
Am 7. Mai fuhren wir im Regen zurück über Reschitza -
Steierdorf - Orawitza - Moldava - und gelangten an die Donau. Leider
verkehrten keine Schiffe mehr. Zu gerne wäre ich von
Passau/Deutschland aus mit dem Schiff die Donau entlang bis ins Delta
gefahren. Aber eine Hinfahrt war nicht im Preis vorgesehen,
außerdem machte das Hochwasser von sich reden: das Donaudelta
war
überschwemmt, Anwohner evakuiert, so daß wir von
einer
Besichtigung Abstand nahmen. Gemütlich fuhren wir mit dem Auto
an
der schönen Donau entlang, besahen die Schluchten, wunderten
uns
ob der vielen Dörfer mit serbischen, böhmischen,
tschechischen und anderen Minderheiten (z.B. Eibenthal) und waren von
einem Regenbogen über dem Eisernen Tor fasziniert.
Über
Orschowa erreichten wir am Abend Herkulesbad.
Wenn schon eine Fahrt ins Donaudelta wegen der Überschwemmung
nicht in Frage kam, so wollten Bernd und ich wenigstens das Schwarze
Meer sehen. Wir nahmen Abschied von Georg und fuhren mit dem Zug von
Herkulesbad über Bukarest nach Konstanza. Wir waren
nun
am Schwarzen Meer, stellten aber fest, daß die
Temperaturen
zu kalt zum Baden waren. Statt dessen bummelten wir am Strand,
träumten von der Ghost - dem Schiff des Seewolfes - und
verbrachten einen gemütlichen Tag. Besser als Konstanza gefiel
uns
die alte siebenbürgische Stadt Kronstadt /Brasov,
die wir
mit dem Zug erreichten.
Am 10. Mai fuhren wir bequem von Kronstadt mit der Seilbahn zur Zinne,
dem Aussichtspunkt von Kronstadt und genossen die herrliche Aussicht
auf die alte deutsche Stadt. Ab hier begann ein Wanderweg durch die
Karpatenwälder bis nach Schulerau. Aufgrund des regen Betriebs
in
Schulerau fuhren wir gleich weiter über Kronstadt
zur
Törzburg /Bran, der großen alten Burg (in der einst
auch
Drakula Quartier gefunden hat). Schaurig - mit schweren
Träumen
beladen - schliefen wir ein. Gottseidank hatten wir am frühen
Morgen keine Bißwunden von einem Vampir an Hals und Nacken!
Von der Törzburg nahmen wir einen einsamen Wanderweg
über die
Höhen zum Königstein. Unterwegs labten wir uns bei
einer
Bäuerin an der leckeren Milch und dem schmackhaften
Käse. Ein
gutes Quartier fanden wir in der Vila Hermani in Magura, welche
malerisch von Bergen umrahmt liegt. Auch hier hatte es viel geregnet
und Hermann, der Besitzer des Hauses, erzählte uns das auf dem
Königstein/PiatraCraiului Schnee liegt und somit eine
Überquerung nur mit Schneeschuhen möglich sei.
An der Berghütte Zarnest ließ ich Bernd
zurück und ging
alleine das schöne Tal bis nach Plaiul Foii. Unterwegs nahm
mich
ein älteres Bauernpaar mit ihrem Pferdefuhrwerk mit. Diese
Fahrten
mit einem Pferdefuhrwerk sind stets ein Genuß für
mich: die
Fuhrleute erfreuen sich an dem Wanderer und sind stolz auf ihre Pferde
und zeigen gerne die Landschaft. Am Waldrand traf ich
Holzfäller,
die mit Rückepferden arbeiteten. Die Holzfäller
bauten
für sich und Ihre Pferde für den bevorstehenenSommer
eine
Unterkunft. Gerne nahmen sie mich für eine Nacht auf und ich
genoß den abendlichen Rauch am Feuer, die Anwesenheit der
braven
Pferde und den Blick auf den Königstein bei Sonnenuntergang.
Zum
Abendessen gab es natürlich Mamaliga, dem zünftigen
Maisessen
der Rumänen mit Kaskaval, einem Schafskäse.
Natürlich
hatte ich auch Kleinigkeiten dabei: am besten schmeckten meine
mitgebrachten Zigarillos unter dem Nachthimmel.
In Zarnest traf ich wie verabredet Bernd wieder um weiter nach
Wolkendorf/Vulcan zu marschieren. Unterwegs liefen wir ein
Stück
auf den Schienengleisen und erinnerten uns an die Hobos, die
Eisenbahntramps aus dem Film "Der Seewolf", der u.a. in
Rumänien
gedreht wurde. Von einer Anhöhe - unter urigen Eichen rastend
-
bewunderten wir die weite Panoramasicht auf das Bucegigebirge. So
muß sich auch der Faulenzer aus dem Eichendorff
gefühlt
haben:
"Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt.
Dem will er seine Wunder weisen in Berg, in Tal und Welt!"
Auf dem Weg nach Wolkendorf wurden wir im Wald von Zigeunern
überrascht, die aber gutmütig waren. Sie waren im
Wald damit
beschäftigt Bäume und Hecken
zurückzuschneiden und da
bot ihnen unser Erscheinen natürlich eine willkommene
Abwechslung.
Als Bernd seinen Rucksack öffnete um Schokolade zu verteilen,
war
er sogleich umringt und tausend dunkle Hände versuchten etwas
zu
erhaschen, so daß ich mir um den "armen Tropf" da unten
richtig
Sorgen machte. Aber er hat es überlebt!
In Wolkendorf fanden wir gute Unterkunft im Erholungsheim der
evangelischen Kirche.
Den Pfingstsonntag erlebte ich in Zeiden. Nach dem Gottesdienst tanzte
eine junge siebenbürgische Trachtengruppe aus Zeiden auf dem
Kirchhof. Kurze Zeit später versuchte ich mein Glück
als
Anhalter und gelangte über Reps/Rupea auf einen Seitenweg, den
ich
bis zur alten Wehrkirche in
Deutsch-Weißkirch gehen
wollte. Und an der alten Wehrkirche hatte ich Glück: die
siebenbürgische Trachtengruppe aus Kronstadt, die ich von
ihrem
dortigen Auftritt kannte, feierte hier das Pfingstfest. Hübsch
gekleidet saßen sie beim Nachmittagstisch zusammen und
feierten
mit den verbliebenen Sachsen. Eigens für mich führten
sie
noch Tänze auf. - Danke!
In diesem Ort übernachte ich gerne, ließ mir von
allem gut
schmecken (vor allen Dingen hatte es mir der Wein angetan) und spielte
mit den Kindern am Abend auf der Dorfstraße
Fußball. Hier
geht die Welt anders - Gemütlichkeit und Beschaulichkeit ist
Trumpf. Und da macht ein kleiner Muskelkater, den ich mir vom
Fußballspielen zugezogen hatte, doch nichts aus...
Am Pfingstmontag, den 16. Mai, wanderte ich zurück nach
Stein/Dacia und gelangte über Seibert/Jibert und
Scharosch/Soars
nach Bekokten /Barcut. Diesen Ort kannte ich aus
vorhergehenden
Besuchen und ich kehrte bei Martin und Maria Konnerth im Haus Nr. 159
ein. Zeit die Wäsche zu waschen und bei der aufkommenden Hitze
auszuruhen. Und das kann man gut wenn ein halber Liter gezapftes Bier
umgerechnet 30 Cent kostet. In den Abend- und Morgenstunden schaut man
dem Heim- bzw. Auftrieb der Kühe, Wasserbüffel und
Pferden zu.
Bekokten ist für mich das siebenbürgische Paradedorf.
Dieses
Dorf kenne ich von meinen ersten Reisen nach
Siebenbürgen
und ich konnte hier den negativen Wertewandel und den Verfall des
Dorfes nach dem Auszug der Sachsen ins gelobte Deutschland mit eigenen
Augen wahrnehmen! Von Christa aus Wetzlar, der Tochter meiner
Gastgeber, habe ich die Dorfkronik über Bekokten gelesen.
Hierin
ist dies einst schmucke Dorf bebildert beschrieben und ein
Wohlstand des Bauerntums ist unverkennbar. Zwischenzeitlich
ist
der Friedhof und das Deutsche Soldatenehrenmal verwildert, die Kirche
heruntergekommen, viele Häuser eingestürzt und ...
Ich dachte
an die Zeit zurück, an der ich noch mit dem
Küster den
Kirchtum hochgestiegen bin um die Kirchenglocken zu läuten.
Welch
herrliche Zeiten - gerade für deutsche Wanderer und seine
Bewohner
- hat dieses gesegnete Siebenbürgen gesehen.
Mit guter Marschverpflegung versehen wanderte ich die
Dorfstraße von Bekokten hinaus um über
Rettersdorf/Retis in
Hendorf/Bradeni die Kreisstraße zu erreichen. Per Anhalter
ging
es schnell bis zur Abzweigung nach Jakobsdorf/Jacobeni. Die alte
Wehrkirche, an der ich Rast einlegte, hatte sich verändert.
Hier
wirkte nun der Straßenrebell "Pater Don Demidoff", der sich
sehr
um rumänische Straßenkinder bemüht. Die nun
überkonfessionelle Kirche, das Haus der Stille, war
gemäß Aushang für alle Menschen offen:
nicht nur
für Juden oder Orthodoxen und auch nicht nur
für
Protestanten oder die Katholiken. So war dann auch etwas für
jede
Konfession in dieser Kirche vorhanden. Im Hintergrund spielte leise
eine Musik und es war beeindruckend Gottes Muße zu
spüren.
Ein Zigeunermädchen zeigte mir den Weg durch den Wald zum
Ort Malmkrog /Malincrav, den ich noch von meinem letzten
Besuch
kannte. In Malmkrog quartierte ich mich in der Jugendherberge "Zum
Lindwurm" ein um ein paar Tage von meinen Wanderungen auszuruhen. Jeden
Abend konnte ich hinaus zum Waldrand gehen um auf Wild, insbesondere
Rehwild, Ausschau zu halten.
Zwischenzeitlich kam auch Bernd nach Malmkrog nachgereist und zusammen
fuhren wir am Freitag, den 20. Mai nach Mediasch. In Mediasch
fand das 2. Sachsentreffen statt und im hübsch eingerichteten
Gasthaus "Traube" erlebten wir bei Klaviermusik einen stimmungsvollen
Abend.
Unsere letzte Station bildete Schäßburg
/Sighisoara.
In der Jugendherberge, die von einem Deutschen geleitet wird, war ein
Filmteam vom rumänischen Fernsehen anwesend, um die
Einrichtungen
und die Arbeit eines deutschen Studenten mit den rumänischen
Jugendlichen im Musikkeller zu filmen. Bei dieser Gelegenheit kamen wir
zu einem Interview bezüglich unserer Wanderreise in
Rumänien.
Leider konnten wir diese Sendung, die in deutscher Sprache ausgestrahlt
wurde, nicht verfolgen.
"Schweren Herzens" traten wir am Sonntag, den 22. Mai per Kessler-Bus
die Heimreise an und ich traf am Montag, d. 23. Mai 2005 - mit den
besten Erinnerungen aus den Karpaten - in Herborn ein.
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