Siebenbürgen im Jahr 2014
… von alten Ritterburgen, Bären und Wölfen ...
- im Burzenland -
Bericht:
Wolfgang Post ... wolfglobetrotter@gmx.de
Endlich ist es wieder so weit: das frische Grün der Blätter
und die aus dem Winterschlaf erwachende Natur übt auf jeden Wandervogel einen
ganz besonderen Reiz aus
"Der
Mai ist gekommen, die Bäume schlagen
aus.
Da
bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus!"
Am Montag, d. 12. Mai 2014 kam der gute alte
Felltornister wieder zu Ehren und über
Frankfurt am Main flog ich durch die Lüfte nach Hermannstadt/Sibiu.
Noch in der Nacht fuhr ich mit dem Zug weiter ins
Burzenland nach Kronstadt
/Brasov,
Das Burzenland erhielt seinen Namen vom Burzenbach, der
nördlich von Kronstadt fließt und in den
Aufgrund von Zwistigkeiten wurden die Deutschen Ordensritter schon 1225 wieder
aus dem Land getrieben...
Natürlich hatte
ich Vorsorge getroffen und fand gutes Quartier in Kronstadt
im Altersheim Blumenau, das von
Ortwin Hellmann umsichtig geleitet wird.
Über die Kirchenburg Tartlau/Perjmer erreichte ich
Honigberg/Harman.
Über Petersdorf/Sanpetru - Brenndorf/Bod - immer den
Blick auf den imposanten Zeidner Berg gerichtet, erreichte ich die Kirche und
Ruine der Marienburg/Feldioara.
Da ich keinen Platz zum Übernachten fand, quälte ich
mich noch bis Heldsdorf/Halchiu
weiter.
In Zeiden/Codlea fanden wir das Wahrzeichen der Stadt, nämlich
die Ruinen der Schwarzburg, die im Wald versteckt liegt. Bernd fand gar eine
Tatarenspeerspitze; er schien zu wissen wo er zu suchen und zu graben hatte.
"ruinele" |
Ruhiger ging es in Wolkendorf/Vulcan
zu; hier waren frohgelaunte rumänische Hochzeitsgäste mit geschmückten
Pferdewagen unterwegs.
Hochzeitsgesellschaft in Wolkendorf |
Nicht weit entfernt befindet sich bei Zernescht/Zarnesti ein Bärenschutzgebiet.
Hier wollte ich unbedingt hin und erfreute mich an dem seltenen Anblick der Bären
und einer Wölfin.
Auch Bären benötigen Schlaf ... |
Gefährlich war es hier nicht, Gefahr ging von den bösartigen
Hirtenhunden auf dem Rückweg aus.
Zur Nacht blieb ich in Neustadt/Cristian,
wo ein deutsches Frühlingsfest in Tracht gefeiert wurde.
Nach einer Woche im Burzenland fuhr ich am 19. Mai mit
dem Bus nach Sinaia. Sehenswert ist hier
das alte deutsche Schloß Peles.
Ein Gewitter überraschte mich und ich war froh im nahen Busteni
übernachten zu können.
Mit der Kabinenbahn fuhr ich bequem ins Butschetsgebirge/Bucegi
um festzustellen, daß aus dem Regen im Tal hier oben Schnee geworden ist. So
stapfte ich durch Schnee bis zu den bekannten Felsgebilden wie Station Babele,
die alte Weiber darstellen und die auf allen Fotos und Ansichtskarten
abgebildete Sphinx.
Sphinx im Morgenlicht |
Am Morgen hatte ich gute und weite Sicht, an ein
Weiterwandern aber war nicht zu denken...
Nach einer Stärkung wanderte ich weiter nach Magura.
Unterwegs traf ich wieder die alte Käsebäuerin, die mir jedesmal schmackhaften
Käse verkauft hatte. Diesmal überraschte ich sie mit einigen Fotos von meinem
letzten Besuch. So forderte sie mich diesmal auf, doch die Einrichtungen im Haus
zu fotografieren.
Käsebäuerin auf der Alm bei Magura |
Es grünte in der Landschaft und mir kam das Gedicht von
Heinrich Heine in den Sinn:
es trillert die Lerch in der Luft,
der Frühling ist erschienen
mit Lichtern und Farben und Duft.
Der sonst so schöne Monat Mai in Rumänien war dieses
Jahr nicht so wie ich es mir vorgestellt hatte. Nachmittags kamen Gewitter auf
und Regen stellte sich ein. Sollte das heute mal eine Ausnahme machen?
Nachtlager an der Höhle |
Geruchsprobe: meine feine Nase sagte mir das die Höhle
unbewohnt ist und ich mit keinem Bären das Nachtlager teilen müßte... Darüber
hinaus war ich unter dem Felsvorsprung sicher vor schlechtem Wetter. Es grollte
zwar in der Ferne und ich betete, daß ich vor dem Unwetter verschont bliebe,
und ich genoß einen wunderbaren Sonnenuntergang. Nachts spielte irgendwo ein
Schäfer aus dem Tal auf seiner Flöte und ich schlummerte ein.
Durch eine Schlucht erreichte ich die Schutzhütte Cabana
Curmatura (1470 m unter dem Königstein), wo ich gerne übernachtete.
Von einem Paß hatte ich gute Sicht und über das
Crapaturii-Tal und ich gelangte nach Zernescht.
In einer Bäckerei erfreute sich mein ausgehungerter
Magen an den gefüllten Käsetaschen.
Nun hatte ich genug im Burzenland gesehen und ich zog in
Richtung Fogarasch. Auf dem Weg dorthin wollte ich unbedingt zu dem
Wolfsforscher Christoph Promberger in Sinca
Noua.
Am Wochenende erreichte ich
Fogarasch
mit seiner Wasserburg.
Ich ruhte im Pfarrhaus aus, schaute den Jungen bei ihren
gewagten Sprüngen am Wassergraben zu und hatte stets meine helle Freude an den
hübschen Hochzeitspaaren. Eine Trauung fand in der evangelischen Kirche mit dem
Pfarrer Michael Reger aus Kerz statt.
Die nächsten Wochen zog ich durch Siebenbürgen und
besuchte verschiedene Kirchenburgen, wo ich oft in den Pfarrhäusern übernachten
konnte. Seit etwa 800 Jahren sind hier die Siebenbürger Sachsen zu Hause. Die
von Rhein und Mosel stammenden Siebenbürger Sachsen wirtschaften noch nach bewährter
Tradition, viele sind Selbstversorger. Ich fand viele Orte, wo nur noch Zigeuner
hausten, da die Sachsen nach Deutschland ausgewandert waren. Entsprechend
verfallen sahen viele Häuser aus...
An einem schönen Sonntagmorgen marschierte ich über
eine Brücke des Alt/Olt aus dem Städtchen hinaus:
- Kleinschenk/Cincsor - Großschenk/Cincu
- im Harbachtal - Rohrbach/Rodbav -
Scharosch/Soars - Bekokten/Barcut - Seligstadt/Selistat
- Altersheim
Schweischer/Fiser - Repser Burg - Deutsch
Weißkirch/Viscri
- Bodendorf/Bunesti - Radeln/Roades - Schäßburg/Sighisoara.
Siebenbürgen ist zum Wandern bestens geeignet -
teilweise ist eine Wanderung von Kirchenburg zu Kirchenburg möglich - die
einzelnen mit Wehrtürmen bestückten Kirchen liegen weit auseinander und als
Wanderer freut man sich, ab und zu unterwegs eine Menschenseele zu treffen. Wie
gesagt, nachmittags gewitterte es oft und ich war stets dankbar, ein trockenes
Quartier und anschließend einen bunten Regenbogen mit Blick auf die
Karpatenberge vorzufinden. Die Herren Pastoren haben schon gewußt zu leben...
Zwischen Bekokten und Seligstadt gibt es nun einen
Audiowanderweg, interessant für Leute, die auf ihr Handy/Smartphone nicht
verzichten können.
In musikalischen Kreisen hat bei uns zu Hause Peter
Maffay einen guten Namen. Ich höre gerne seine Lieder wie "Mach's gut mein
Freund" oder "Über sieben Brücken mußt du gehn". In Kronstadt
hatte mir Ortwin Hellmann das Geburtshaus von Peter Maffay gezeigt - aber was
soll's!
Der Ort Radeln sah mitgenommen aus. Ein Gewitter hatte
in der letzten Nacht Hagel niedergehen lassen, und ich war mehr als befremdet,
eine weiße Landschaft zu dieser Jahreszeit vorzufinden.
Im siebenbürgischen Rothenburg ist immer etwas los.
Diesmal gab es eine Deutsche Schulbuchausstellung mit alten Dokumenten. Da das
rumänische Fernsehen "TVR", das auch die deutschsprachigen Beiträge
sendet, vor Ort war, die Reporter in der Herberge übernachteten, wurde ich
wegen meiner Wanderfahrt interviewt. Scheinbar nur zum Anschein; denn eine
Reportage hierüber habe ich nie erhalten...
An diesem verregneten Wochenende zog ich weiter bis nach
Malmkrog
/Malincrav.
Die Jahreszeit meinte es nicht gut, ich machte den Ofen
an und hängte die Wäsche zum Trocknen in die Nähe. Zu nah ... das Nachthemd
brannte an. Aber ein kleines Souvenir bringt man aus dem Urlaub gerne mit nach
Hause...
Am Sonntag, d. 1. Juni, fand in
Malmkrog ein deutscher Gottesdienst statt.
Mit dem Zug war es nicht weit bis in die Szeklerstadt
Oderhellen
/Odorheiu.
Zu Fuß und per Anhalter zog ich über Draas/Drauseni -
Katzendorf/Cata nach Hamruden
/Homorod in Richtung Repser
Stuhl. Einige der Kirchenburgen waren restauriert, andere in einem mehr als
bedauernswerten Zustand.
In Hamruden konnte ich auf der Straße beobachten, wie
ein "Pferdedoktor" einem Pferd Blut abnahm.
Pferdedoktor in Hamruden |
In Deutsch
Tekes /Ticusu Vechi fand ich ein wunderbar renoviertes Pfarrhaus mit
Gästehaus zum Übernachten vor.
Wenn es mal kein Pfarrhaus war, konnte ich auch bei
Einheimischen wie in Scharosch
/Soars übernachten. Am frühen Morgen war ich mehr als überrascht, als mir die
Frau von Dan "sieben" hart gekochte Eier mit auf den Weg gab.
Zigeuner mit Sense |
Bei dem vielen Regen und den Gewittern hatten es die
Bauern schwer, die Ernte einzubringen. Manchesmal wurde ich von Pferdefuhrwerken
mitgenommen, und ich vergnügte mich dann an den Anblicken von vertrauten Tieren
des Waldes und der zahlreichen Störche. Die längste Fahrt ging über 15 km,
wobei man mich noch bis zum Bahnhof nach Voila brachte. Ein guter
"Ritt".
In Freck
/Avrig übernachtete ich feudal in der Orangerie des Sommerpalastes von
Brukenthal.
Nach dem einstigen siebenbürgischen Gouvernör
Brukenthal sind heute Wanderwege genannt, und ich wählte den Weg Nr. 2, der
mich über Sakadat/Sacadate - Johannisberg/Nucet nach Rothberg /Rosia brachte.
Wie schon im Vorjahr, kehrte ich beim Pfarrer Eginald Schlattner
ein, der sich sehr für Zigeunerkinder einsetzt und der mir folgenden
Tagesspruch, der auch auf die ausgewanderten Sachsen zielte, mit auf dem Weg
gab:
"Man verlasse den Ort des Leidens nicht,
sondern handle so, daß die Leiden den Ort
verlassen!"
Pfingsten wollte ich unbedingt in einer deutschen
Gemeinde verbringen, und ich schaffte es gerade noch vor dem einsetzenden
Gewitter Burgberg
/Vurpar zu erreichen.
Dagmar in sächsischer Tracht zu Pfingsten in Burgberg |
Auf einem Zigeunerwagen verließ ich den Ort, und ich
war alsbald in Hermannstadt
/Sibiu.
Unterwegs mit 1 PS |
Nachdem ich mich in der Herberge am Kleinen Ring
einquartiert hatte, gab es keine Langeweile mehr in dieser Stadt - soviel gibt
es zu sehen. Über Pfingsten fand hier ein internationales Theaterfest mit
verschiedenen Aufführungen statt, an denen ich alle meine helle Freude hatte.
Dazu schien die Sonne und ich genoß zum Ausklang meiner Reise gutes Bier.
Am 10. Juni 2014 trat ich den Rückflug an. Während ich
auf Siebenbürgen herunterschaute, träumte ich,
daß "Über
den Wolken die Freiheit wohl grenzenlos sei..."