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Donauschifffahrt bis ins Donaudelta, Bessarabien und Karpaten ...

- im Jahre 2011 -

Bericht: Wolfgang Post ... wolfglobetrotter@gmx.de


Die Donau hautnah erleben: auf dieser Schiffsfahrt von Passau bis ins Donaudelta zeigt sich der große Strom von seiner eindrucksvollsten Seite. Das „Eiserne Tor“ auf der Kataraktenstrecke bietet die wildeste Donaulandschaft und das Donaudelta zugleich die sanfteste, mit einer erstaunlichen Vielfalt an Flora und Fauna.

Dazwischen die großen Donaumetropolen Wien, Preßburg, Budapest und Belgrad. Aber auch kleinere Städte, Kirchen und barocke Klöster sowie liebliche Tallandschaften und unberührte Auenlandschaften bieten einen spannenden Einblick in das Leben entlang der Königin der Flüsse.

Am Zusammenfluß von Donau, Inn und Ilz gelegen, lädt die Drei-Flüsse Stadt Passau, auch das Bayrische Venedig“ genannt, zum Verweilen ein. Mit Gertrud verbrachte ich eine Nacht vor Abfahrt des Schiffes in der Herberge Veste Oberhaus in der schmucken Stadt, die wir uns gerne anschauten und uns noch einmal die Beine vertraten.

Ab dem 14. Juli 2011 hatten wir eine Fahrt mit dem Schiff MS Ukraina von Passau bis zum Donaudelta gebucht. Die Donau als zweitgrößter Strom Europas prägt allein drei Hauptstädte: Wien, Budapest und Belgrad. Auf 2 888 km durchquert und streift der bei uns als „schöne blaue Donau“ bekannte Strom zehn Länder von den Quellen im Schwarzwald bis zum Naturwunder Donaudelta. Zwischen Wachau und der Pußta erlebten wir die Donaurhapsodie: glanzvolle Städte und gemütliche Dörfer.  

Begrüßung an Bord der Ukraina mit Salz und Brot

In den Hauptstädten legte das Schiff an und wir hatten Gelegenheit, uns die Beine zu vertreten oder an einem der angebotenen Besichtigungsprogramme teilzunehmen.

So machten wir in Dürnstein und Wien Rast. Der große Stephansdom in Wien war abgesperrt, wir kamen gerade rechtzeitig zur Beerdigungszeremonie von Otto von Habsburg, die auf großen Leinwänden für die nicht geladenen Gäste übertragen wurde. Viele Menschen trauerten dem letzten Kaisersohn der K.u.K.-Zeit in Habsburger-Nostalgie mit historischen Uniformen nach.

Preßburg/Bratislava, die Hauptstadt der Slowakei war stolz herausgeputzt und ich nutzte die Gelegenheit meine Cousine Elvira mit ihrem Mann Stani im nahegelegenen Nebojsa bei Galanta zu besuchen und am Grab meiner kurz vor ihrem 100. Geburtstag verstorbenen Tante Mitzi ein Gebet zu sprechen.

Angenehm ins Auge fiel die Stadt Budapest. Wir unternahmen Landgänge in dem von Serben zerstörten Vukovar/Wolfsburg in Kroatien, in Belgrad in Serbien, Vidin in Bulgarien und Turnu Severein in Rumänien.

Während auf bequeme Art und Weise die schöne Donaulandschat an uns vorüberzog, änderte sich die Landschaft und wir durchfuhren eine der imposantesten Taldurchbrüche: das Eiserne Tor , ein etwa 130 km langes Tal, in dem die Donau die Karpaten und Ausläufer des Balkangebirges durchbricht. Die hoch aufragenden, bisweilen fast senkrechten Felswände bilden eine der wildesten und großartigsten Landschaften des gesamten Flußlaufes.

Das Donaudelta ist eine der bedeutendsten Naturlandschaften Europas mit unzähligen Seen und natürlichen Kanälen. Eine fast schon tropische Vegetation ist Heimat der unterschiedlichsten Tierarten. Im Donaudelta befindet sich die größte zusammenhängende Schilffläche der Welt mit schwimmenden Vegetationsinseln, den sogenannten Plaur“.

Nach 10 Tagen Schiffahrt erreichten wir am Sonntag, d. 24. Juli 2011 die Stadt Tultscha/Tulcea, wo alle Passagiere ausgeschifft wurden. Was Gertrud betrifft, nahm sie im Anschluß an diese herrliche Schiffahrt traurigen Herzens Abschied um per Bus und Flugzeug von Bukarest aus die Heimreise anzutreten.

Den Ort Tultscha und die Dobrudscha , diese rumänisch-bulgarische Landschaft an der Schwarzmeerküste wollte ich mir ein bißchen näher anschauen. Einst lebten hier die Dobrudschadeutschen etwa 100 Jahre lang in der nördlichen Dobrudscha, zwischen unterer Donau und Schwarzem Meer. Die Volksgruppe bildete sich ab 1840, als deutschstämmige Siedler in das etwa 23 000 qkm große Gebiet einwanderten. Im Jahr 1940 verließen sie es wieder bei der Umsiedlung ins Deutsche Reich.

Am 25.7.2011 war ich nun wieder auf mich alleine gestellt und fuhr mit einem wesentlich kleineren Schiff auf einem der Deltaarme nach SF. Gheorghe, wo ich am Zeltplatz nächtigte. Herrlich hier im Schwarzen Meer zu baden und im Lipowanerdorf herumzustreichen. Anstrengend aufgrund der Hitze war der Marsch am Kanal Litoral entlang bis nach Sulina. Unterwegs hatte ich großes Glück, daß mich Boote mitnahmen. Bei dieser Hitze wäre ich sonst verdurstet.  

Sonnenuntergang auf Deck ...

Auf der anderen Flußseite lag die Ukraine. Aus Erzählungen klang mir der Name Bessarabien im Gedächtnis, und diese Landschaft lag nun in Reichweite. Politisch hat sich in den letzten Jahren viel geändert und das eigentliche Bessarabien mit einer Stadt namens Basarab ist nur noch Geschichte: seit alters her ein Durchzugsgebiet der Völker aus den Steppen Südrusslands und Asien auf den Balkan. Im 14. Jahrhundert gehörte der südliche Teil zur Herrschaft Basarab I. in der Walachei. Heute gehört der nördliche und südliche Teil, der am stärksten von den deutschen Kolonisten besiedelt wurde, zur Ukraine. Der mittlere Teil gehört zur Republik Moldau.

Die Landschaft zwischen Pruth, Dnister, Donau und Schwarzem Meer ist fruchtbares Ackerland. Im moldawischen Teil von Bessarabien leben Völker unterschiedlicher ethnischer Herkunft.

Von 1814 bis 1940 gab es im damaligen Bessarabien mehr als zweihundert blühende deutsche Gemeinden und Kirchspiele. An der wirtschaftlichen Entwicklung hatten deutsche Kolonisten (1814 – 42 angesiedelt) bedeutenden Anteil. Die Bessarabiendeutschen (rd. 80 000) wurden ausgewiesen.

Leider konnte ich aber nicht ohne Weiteres über die Grenze. In Flußnähe gab es für mich keinen Grenzübertritt. Somit zog ich von Tultscha in Richtung Galatz/Galati. Auf dem Weg dorthin befinden sich orthodoxe Klöster mit Windmühlen und ich blieb eine Nacht in dem Nonnenkloster Celic Dere (Walderdbeerental), welches der entschlafenen Mutter Gottes geweiht ist. Wollte schon wie einst der Taugenichts aus der Novelle von Eichendorff in der alten Windmühle übernachten, als ich eine Nonne traf, die mich auf die Übernachtungsmöglichkeit im Kloster ansprach. Und das war gut so! Nach einem eindrucksvollen schönen Sonnenuntergang änderte sich das Wetter plötzlich und ein unheimliches Gewitter riß mich aus dem Schlaf …  

Windmühle in Celic Dere

Anderntags erreichte ich Galatz und ich versuchte von hier mit dem Bus nach Odessa zu reisen. Am Mittag gab es eine Verbindung ins Fürstentum Moldawien nach Cagul oder Cahul. Das Städtchen gefiel mir, und weil der Bus erst um 5 Uhr früh nach Odessa fuhr, verbrachte ich eine laue Nacht mit neuen moldawischen Freunden und schmackhaftem Bier aus Kischinau.

Am Sonntag, d. 31. Juli erreichte ich die Hafenstadt Odessa in der Ukraine. In Odessa gibt es die wunderbar renovierte deutsche Kirche „St. Paul“ – Perle des Schwarzen Meeres – und ich fand Unterschlupf beim Pastor Oleg Schewtschenko, der sich sehr um russlanddeutsche Familien kümmerte. Natürlich hatte Odessa noch mehr zu bieten: mich beeindruckte nicht nur der Hafen sondern die Potemkin-Treppe.  

Odessa: Pastor Oleg Schewtschenko spielt ein Liedchen

Mit einem Minibus fuhr ich von Odessa nach Sarata, welche mit den Orten Tarutino und Arzis das Zentrum der bessarabiendeutschen Siedlungen im heutigen ukrainischen Teil bildeten. In Sarata beeindruckt die deutsche Kirche, die auch als Dom der Steppe bezeichnet und heute von Baptisten benutzt wird.

Das zaristische Russland siedelte die deutschen Auswanderer in Bessarabien planmäßig an. Ursprünglich wurden die Kolonien nach den Nummern der vermessenen Landstücke (wie Steppe 8) benannt. Danach gaben sich die neu gegründeten Gemeinden Namen, die sich an fremdsprachige Bezeichnungen für Geländegegebenheiten wie Flüsse und Täler anlehnten. Ab 1817 verlieh das Fürsorgekomitee den neu gegründeten Dörfer Gedächtnisnahmen. Diese Bezeichnungen erinnerten an die Orte von siegreichen Schlachten gegen Napoleon im „Vaterländischen Krieg“, wie Tarutino, Borodino, Paris, Leipzig, Wittenberg (ursprünglich Malojaroslawez). Durch die Vielfalt der Ortsnamensgebung existieren für etliche Orte mehrere Bezeichnungen.

Bedeutendster Vertreter dieser Volksgruppe ist der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler (Jahrgang 1943).  

Heimatlied der Bessarabiendeutschen
Gott segne dich, mein Heimatland!  
Ich grüß’ dich tausendmal,  
dich Land, wo meine Wiege stand,  
durch meiner Väter Wahl!  
Du Land an allem Gut so reich,  
ins Herz schloß ich dich ein;  
ich bleib’ dir in der Liebe gleich,  
im Tode bin ich dein!  
So schirme, Gott, in Freud und Leid
Du unser Heimatland!  
Bewahr der Felder Fruchtbarkeit  
Bis hin zum Schwarzmeerstrand!
Erhalte du uns deutsch und rein,  
send’ uns ein freundlich Los,  
bis wir bei unsern Vätern ruhn
im heimatlichen Schoß!  

 

Über Arzys erreichte ich Friedenstal/Mirnopolj, wo ich das bessarabiendeutsche Dorf- und Bauernmuseum „Edwin Kelm“ besichtigte und mehr über das Schicksal dieser Landsmannschaft erfuhr. Glück hatte ich, als mich ein englisch sprechender Ukrainer aus Friedenstal die letzten Wegkilometer mitnahm, den Ort zeigte und erklärte und mich dann auch in seinem Haus nächtigen ließ. Leider gibt es halt keine Deutschen mehr hier und man tut gut daran auch die russischen Schriftzeichen zu beherrschen.

Am anderen Tag zeigte er mir mit seiner Mutter seine riesigen Sonnenblumenfelder … Noch heute denke ich an die schmackhaften Tomaten, die mir seine Mutter anbot. Und wie gut schmeckte erst der Schafskäse ….

Über Kaschpalat/Kaplani – Teplitz – Neu-Elft/Novoselivka – Alt-Elft/Sadove – Katzbach/Lushanka lernte ich einige der einstigen bessarbiendeutschen Orte kennen.

Als ich Katzbach/Lushanka erreichte, ging an der ehemaligen deutschen Kirche die Sonne unter. Ich erhaschte noch irgendwo eine große Flasche Bier und legte mich zum Schlafen außerhalb auf einer Anhöhe unter Sophorabäumen hin. Überhaupt stammen die Anpflanzungen von Alleebäumen usw. noch aus deutscher Zeit, hatte es doch eigens hierfür einen Verein zur Anpflanzung von Bäumen gegeben. Hier oben blies ein kühles Lüftchen in der Sommerhitze und ich wurde bei Sonnenaufgang von einem vorbeifahrenden Fuhrweck geweckt. Beim Umherblicken kam mir das alte Volkslied aus Bessarabien in den Sinn:

„Ich bin das ganze Jahr vergnügt; im Frühling wird das Feld gepflügt.  
Dann steigt die Lerche hoch empor und singt ihr frohes Lied mir vor,  
und singt ihr frohes Lied mir vor.  
Und kommt die liebe Sommerzeit, wie ist da mein Herz erfreut,  
wenn ich vor meinem Acker steh und soviel tausend Ähren seh,  
und so viel tausend Ähren seh.“ ….  

 

Über den klangvollen Ort Paris/Veselyi Kut, der nur einige Häuser aufwies, erreichte ich Tarutino , wo sich auch das Bessarabiendeutsche Haus und somit eine Unterkunftsmöglichkeit befand. Hier traf ich auf Werner Schabert, der deutsche Reisegruppen in das Land seiner Ahnen führte. Nachdem ich mir noch den Ort Alt Posttal/Maloiaroslaveto Druhyi angeschaut hatte, besorgte mir Werner eine nächtliche Mitfahrgelegenheit nach Kischinau ins ...

Fürstentum Moldawien.

Wenn Du wissen willst wo Moldawien liegt, frag nach dem Paradies, sagen die Leute hier, es liegt irgendwo auf dem Weg hier hin. So ganz unrecht haben die Leute nicht. Mit Stolz berichten die Moldawer eine kleine Geschichte über Moldawiens Größe: ... An dem Tag, als der liebe Gott das Land an die Völker verteilte, verschlief der Moldawier. Er wachte auf, als alles vorbei war. „Und was wird aus mir, lieber Gott?“ fragte er traurig. Gott betrachtete den verschlafenen und besorgten Moldawier und überlegte, aber es fiel ihm nichts ein. Die Erde war schon verteilt, und als lieber Gott konnte er seine Entscheidungen nicht in Frage stelle. Schließlich winkte er ab und sagte: „Da kann man nichts machen. Komm, du wirst mit mir im Paradies wohnen“.

In dunkler Nacht erreichte ich früh Morgens Kischinau /Kischinew. Gut, daß ich mich noch 2-3 Stunden bei dem moldawischen Reiseleiter Vladimir Andronachi aufs Ohr legen konnte.

Das Wochenende hatte ich mich mit dem Pastor Valentin Dragan aus Kischinau – Deutsche Gesellschaft „Einigkeit“ verabredet. Er ist der einzige evangelisch-lutherische Pastor in Bessarabien, der 3 Gemeinden in Kischinau, Belz und Bender betreut. Angeschlossen war ein kleines Restaurant mit Gästezimmer, das passte ja gut.

Die Hauptstadt Kischinau beeindruckte mich sehr durch ihre Sauberkeit. Am Wochenende waren allerlei Heiratswillige zu sehen und man konnte schöne Fotos von Brautpaaren und –trauungen in den Kirchen machen.

Am Sonntag, den 7. August wurde das kleine Restaurant umgestaltet und ein Gemeindegottesdienst abgehalten. Hierbei überraschte mich Frau Anna Dragan in bessarabiendeutscher Tracht, die sie und einige der Frauen angezogen hatten.  

Evangelischer Gottesdienst in Kischinau mit Pastor Valentin Dragan + Frauen in bessarabischer Tracht

Einen Katzensprung entfernt von Kischinau liegt westlich des Flusses Dnister die von Moldawien abtrünnige Provinz Transnistrien mit seinem Hauptort Tiraspol. Die Transnistrische Moldauische Republik, so die offizielle Bezeichnung, liegt im Nordosten von Moldawien und wird nur von Russland anerkannt. Die politischen Meldungen hierzu sind dürftig und zweifelhaft. Scherzhaft wird der nur rund 550 000 Einwohner zählende Landstrich auch als das „größte kommunistische Freilichtmuseum“ bezeichnet. Am Nachmittag erhielt ich die Gelegenheit mit dem Pastor hierhin zu fahren und zwar in den Ort Bender/Tighana. In Bender gibt es den Deutschen Kulturverein „Glaube“ und auch hier wurde ein Gemeindegottesdienst gehalten.

Wir besichtigten die alte türkische Festung und ich war mehr als überrascht, als ich in der Festung ein nagelneues Denkmal vorfand. Und dieses neue Denkmal war – und das ist keine Lügengeschichte – dem Baron von Münchhausen geweiht, der ja bekanntlich als Offizier auch in den Diensten des Zaren von Russland stand. Wahrlich: bei Wein – Weib … hatte er hier ein schönes Leben geführt!  

Denkmal von Baron von Münchhausen in Bender in Transnistrien

Durch die Mitfahrgelegenheit mit dem Pastor hatte ich mit meinem deutschen Reisepaß keinerlei Probleme bei der Ein- und Ausreise nach Transnistrien.

Bessarabien ist als ein blühendes Land mit Melonen und Weingärten bekannt. Überall auf den Landstraßen gab es Obstverkäufer und ich freute mich, eine schmackhafte Melone zu erwerben, die wir dann teilweise am Abend genossen.

Am Montag, den 8. August hatte ich genug von den Segnungen einer Großstadt und ich fuhr per Bus in die Nähe des Ortes „Marienfeld“. Diese Ortsbezeichnung gibt es nur in deutscher Sprache, auch wenn die deutschen Bewohner schon lange nicht mehr da sind. Ich streifte im Ort und am Friedhof umher, um anschließend in der sängenden Hitze auf ausgetrockneten Wegen an endlos scheinenden Sonnenblumen- und Maisfeldern weiter zu marschieren. Die Sonne war bereits als glutoter Ball untergegangen, ich hatte mich schon nach einem Schlafplatz umgeschaut, als ein Laster des Weges kam und mich noch bis zu meinem Zielort Eichendorf /Doina mitnahm.

„Wenn man nicht mehr weiter weiß“ fragt man in Moldawien einfach nach dem „Primar“, das ist der Bürgermeister. Hier handelte es sich um die Bürgermeisterin Ludmilla, in deren Haus ich dann übernachten durfte. Am Morgen hatte sie schon alles in die Wege geleitet, und eine Lehrerin zeigte mir deutsche Häuser, die 4 Eichen im Zentrum mit dem Glockenturm und das deutsche Heimatmuseum in der Schule. In dem einst von Deutschen bewohnten Ort fand ich entsprechende Denkmäler mit dem Hinweis auf Kommen und Gehen dieser Landsmannschaft. Vielerorts wie auch hier in Eichendorf hatten die ausgesiedelten Deutschen neuerdings Kirchen errichtet, die den Moldawiern oder Ukrainern überlassen wurden …

Gegen Mittag brachte mich Frau Bürgermeisterin noch zum Bus, der mich bis nach Cahul brachte. An der Bushaltestelle ließ ich mir noch die Haare schneiden und schlenderte durchs Städtchen. Als Erfrischungsgetränk wird gerne das in Russland beliebte Kwas angeboten. ... Noch eine Nacht und wieder um 5 Uhr früh fuhr ich zurück nach Galatz.

Im Restaurant „Select“ traf ich die liebenswerte Wirtin Rodica mit ihrem Personal wieder an. Tatsächlich hatte sie mein nicht benötigtes Gepäck wie Jacken, Isomatte, Landkarten usw. vor Abfahrt in die Ukraine sicher aufbewahrt. Bei der Hitze in Bessarabien hätte ich all diese Sachen nicht benötigt und schon gar nicht mitschleppen wollen. Nun wollte ich die Bergwelt der Karpaten erwandern und ich benötigte wieder das Ein oder Andere.

Mit dem Bus fuhr ich nördlich über Focsani nach Andreasu. Von hier wollte ich über die Berge nach Comandau wandern. Bei einsetzendem Regen und verschlammten Wegen rieten mir die Anwohner im Magazin mixt ab und ich war froh im Haus von Dan nächtigen zu können. Auch am nächsten Tag regnete es noch und kurzentschlossen nahm ich den Bus zurück nach Focsani, um von dort über Szekler Neumarkt/Tg Secuiesc – Kovasna nach Comandau zu gelangen.

Die alte Waldlok war in einem Schuppen versteckt, und da es nun an Gleisen mangelte, war sie wohl auch nicht mehr fahrtüchtig. Die Strecke von Comandau war für Eisenbahnfreunde aus früheren Jahren eine Besonderheit; denn steile Strecken wurden mit Hilfe von Zugpferden überbrückt. So sind heutzutage nicht mehr allzuviel Holzfäller anwesend, und ich konnte in einem der leerstehenden Holzfällerwagen übernachten.

Im Morgennebel ließ es sich auf dem schlammigen Waldweg bis ins Tal nach Papautz einigermaßen gehen. Über Covasna gelangte ich nach Siebenbürgen, genauer gesagt ins Burzenland nach Tartlau/Prejmer. In Siebenbürgen besteht die Möglichkeit in einigen Pfarrhäusern oder auch Gästehäusern zu übernachten, so auch hier.

Als ich die stolze Kirchenburg von Tartlau mit ihren gut erhaltenen Wehrgängen erreichte, musizierten Zigeuner anläßlich einer Zigeunerhochzeit. Auf einigen Dächern des Ortes horsteten noch Störchenpaare; sie sollten aber in den nächsten Tagen gen Süden fliegen. Gerne wäre ich auch in der Kirchenburg Honigberg/Harman zur Nacht geblieben, aber aufgrund eines Heimatfestes war das Gästehaus belegt.

Einen Katzensprung enfernt befindet sich Kronstadt/Brasov, das ich dann um die Mittagszeit erreichte. Die prächtige Stadt Kronstadt geizte nicht mit ihren Reizen und war schön hergerichtet. Es lag auf der Hand, locker durchs Städtchen zu bummeln und bei einem schmackhaften Bier auszuruhen. Nach dem sonntäglichen Gottesdienst mit Taufe in der Schwarzen Kirche, fuhr ich bequem mit der Seilbahn auf die Zinne und betrachtete Kronstadt aus der Vogelperspektive.

Über Schulerau/Poina Brasov gelangte ich nach Rosenau/Rasnov, von Weitem schon an der Burgfestung zu erkennen. Erschrocken war ich von dem tierischen Rummel, der auf der Törzburg/Bran mit Drakula gemacht wurde. Alles aber auch alles dreht sich hier um „Drakula“. Ab hier sollte meine große Wanderung durch die Südkarpaten beginnen.

Ende August ist hier in den Bergen gutes Wetter angesagt und ich beabsichtigte über den Königstein/Piatra Craiului – die Fogarascher Berge (der Weg ist etwa 90 km lang) – bis zum Roten Turm-Paß/Turnu Rosu zu wandern. In der landschaftlich überaus reizvollen Gegend von Magura traf ich wieder auf die Alm der Käsebäuerin, die uns vor Jahren schon mal mit ihrem guten Käse verköstigt hatte. An einer Höhle vorbeigehend erreichte ich den Kamm und der prächtige Königstein lag vor mir.  

Käsebäuerin in Magura

Nicht weit entfernt befand sich die „Villa Hermani“ von Hermann Kurmes, einem Siebenbürger Sachsen, der sich mit naturnahem Tourismus einen guten Namen gemacht hat, und den ich von vorangegangenen Reisen kannte. Natürlich war in seinem Gästehaus kein Platz mehr, aber mit dem Heulager war ich auch zufrieden, zumal ich aus der Scheune einen schönen Blick auf die von der untergehenden Sonne rot strahlende Bergkette hatte.

Für die bevorstehende Kammwanderung nutze ich das sonnige Wetter um all meine Kleidung zu waschen. Wohl gestärkt marschierte ich durch eine Schlucht hinauf zum Königstein. Eine kräftige Suppe auf der Curmaturahütte und es ging hoch bis zum Kamm. Wie schon zuvor hatte man eine prächtige Aussicht, und ich konnte aus nächster Nähe ein erschrecktes Gamskitz beobachten. Auf der anderen Seite ging es im Geröll steil bergab bis zur Schutzhütte Diana.

Unter dem Königstein wollte ich nächtigen und bald brannte mein zünftiges Lagerfeuer. Doch diese Romantik währte nicht lange. Von den hohen Bäumen verdeckt, zog ein mächtiges Gewitter heran, das innerhalb von 5 Minuten mein Lagerfeuer löschte und mich in die Schutzhütte flüchten ließ. Wenigstens blieb ich dort trocken.

Der Abstieg durchs Bärental/Valea Ursului war nun eine glitschige Angelegenheit, aber fortan hatte ich gutes Wetter. In Plaiul Foii nahm ich ein gutes Frühstück ein und kaufte noch wichtige Lebensmittel dazu. Immer wieder auf das prächtige Massiv des Königsteins zurückschauend, begann ich mit dem Aufstieg auf den Karpatenkamm. Ab dem Forsthaus Rudaritza ging es auf schmalen Steigen. Bedingt durch einen Windbruch zierte bald ein schöner „Siebter“ meine Hose, den ich aber „gekonnt flickte“. Mein erstes Quartier war die verlassene Lerescu-Alm (1 690 m).

Die nächsten Tage erlebte ich bei Kaiserwetter die Karpaten und war eins mit der Natur. Da ich kein Zelt mit mir führte, nächtigte ich oft in Schutzhütten. Mit der Markierung „Rotes Band“ wanderte ich den Gebirgskammpfad über Berivou Mare, wo ich vor 20 Jahren im dichten Nebel und Regen Unterschlupf gefunden hatte. Auch hier herrschte wieder dichter Nebel, der so feucht war, daß ich den Regenponcho überziehen mußte. Doch bald hatte sich wieder die Kraft der Sonne durchgesetzt. Dafür gab es dann manchmal Probleme bei Begegnungen mit den Hirtenhunden, die aber am Ende immer gut ausgingen.

Über Refugio Zarnei/Zarnea (1 970 m) - Schutzhütte Ref. Portita Vistei (2 310 m) am See Valea Rea gelangte ich auf den Gipfel des höchsten rumänischen Berges, dem Moldoveanu (2 544 m). Nach einem schönen Sonnenaufgang zog Nebel auf, so daß man kaum die Spitze, geschweige denn etwas von den Bergen ringsum sehen konnte.

Über die Naturbelassenheit und Schönheit der Karpaten ist schon so viel geschrieben worden, daß ich es mit den Worten belasse: „ ich bin glücklich und dankbar, daß ich die Reize dieses Gebirgskammes auf dieser Wanderung erleben durfte“.

Auf der Berghütte Podragu übernachtete ich, und aß die Speisekarte vor- und rückwärts. Eine mehrtägige Karpatenwanderung ist anstrengend; muß man doch zu seinem Gepäck auch für die Wegstrecke Verpflegung und immer ausreichend Wasser zum Trinken mitnehmen. Wie es sich für zünftige Bergwanderer gehört, trifft man auf Berghütten auf Wanderer, die man kennt. So auch hier und doch überraschend: Won, die ich von der Besteigung des Kilimandscharos kannte … die Freude war natürlich groß …

Der Gebirgskammpfad eröffnete den Blick auf Siebenbürgen, man begegnete Schäfern mit ihren Schafherden, wobei die Hirtenhunde wohl an die Bergwanderer gewöhnt waren. Man tut gut daran für brenzlige Situationen bezüglich der Hunde ein paar Dinge mitzuführen. Gerne tauschte ich Dinge wie Zigarillos, Feuerzeug, Taschenmesser gegen den guten Schafskäse ein. Ein Schafhirte überreichte mir zum Dank sogar Edelweiß.

Hinter dem Gemsensee erwartete mich der Baleasee. Aber oh Schreck, hier führte die noch von Ceaucescu gebaute Gebirgsstraße her. Und die motorisierten Touristen strömten mit allerlei Gehupe herbei um sich von oben fotografieren zu lassen. Nun war ich tagelang in der Abgeschiedenheit der Berge unterwegs gewesen, und ich marschierte sogleich weiter zum Caltunsee (2 135 m), wo ich im Biwak Unterschlupf fand.

Aufgrund des strengen Windes sanken die Temperaturen und mancher Bergwanderer mit Zelt zog es vor auch in der Biwakhütte zu übernachten. Bald war diese Schutzhütte rappelvoll. Zu allem Überdruß stürzte eine junge Ungarin im sogenannten „Engpaß des Teufels“(Teufelskamin) / Strunga Dracului oberhalb der Hütte ab. Nun war erste Hilfe nötig, die in Form der Bergrettung/Salvamont erschien. Auf einer Bahre wurde die Ärmste in dunkler Nacht in die Hütte gebracht. Da auch die Bergretter bis zu Tagesbeginn ruhen wollten, mußten die Personen, die ein Zelt hatten, diese Hütte verlassen, was auch kontrolliert wurde. Da ich kein Zelt hatte war ich froh, liegen bleiben zu dürfen – an Schlaf war sowieso nicht zu denken.

Am frühen Morgen hatte sich der Wind gelegt und im See spiegelte sich die Teufelsschlucht. Die Verletzte hatte zwar kein Bein gebrochen, konnte aber nicht mehr auftreten. Sie wurde später von einem Hubschrauber herausgeflogen. Mich beeindruckte der Vorfall sehr, zumal die Teufelsschlucht gerade vor mir lag. Mit viel Respekt und in Begleitung von netten, jungen Rumänen meisterten wir auch diesen Streckenabschnitt.

Auf dem Gebirgskammpfad gibt es einige schwierige Passagen, die mit Seilen und Ketten gesichert sind; nichts für Ungeübte. Meine Isomatte, die ich hinten am Rucksack befestigt hatte, und mit der ich überall hängen blieb, sah nach der Wanderung sehr beansprucht aus. Bald schon machten wir Rast auf dem Negoiu, dem zweithöchsten Berg Rumäniens und genossen den Weitblick wie auch den Anblick einer Gemse. Für mich war es bis zur nächsten Unterkunft – der Scarahütte – nicht mehr weit, wo ich Zeit zum Ausruhen und Waschen hatte.  

Blick vom Negoi zurück auf den Caltun-See

Ich hatte mir angewöhnt nach der Bewunderung der Sonnenuntergänge in den Schlafsack zu kriechen und bei Tagesanbruch, wo es noch angenehm kühl war, loszuwandern. So war es keine Seltenheit in dieser Morgenstimmung ein Rudel Gemsen zu beobachten. ... Mittlerweile waren meine Schuhe von den Strapazen der Wanderung so beansprucht, daß sich Teile des Schuhleisten vom Schuh ablösten. Notdürftig zusammengebunden ging die Wanderung weiter.

Am Frecksee /Avrigsee traf ich einen Schäfer, mit dem ich nochmals ein paar nicht mehr benötigte Dinge eintauschte: na klar, ich hatte wieder Hunger und da schmeckt ein frischer Schafskäse ganz hervorragend … Aber Vorsicht: auch der Hirtenhund war hungrig und lauerte – schwupdiwup hatte er das Brot gepackt, das er aber dann doch wieder fallen ließ … Nun war es nicht mehr weit zum Surusattel und es begann der Abstieg, wobei ich die Aussicht auf Siebenbürgen genoß.

Ich übernachtete noch eine Nacht im Wald und gelangte über das Kloster Roter Turm/Turnu Rosu mit dem Bus in die große Stadt nach Hermannstadt / Sibiu, wo ich mich für die nächsten Tage in der Pension Greenhouse vom Deutschen Forum im Stadteil Neppendorf/Turnisor einquartierte und ich mich an einer Dusche und meine Wäsche an der Waschmaschine erfreuten.

Neppendorf liegt nicht weit vom Stadtzentrum von Hermannstadt entfernt und ist nach der Besiedlung der Siebenbürger Sachsen durch die Ansiedlung von deportierten Protestanten aus Österreich im Jahr 1734, daher auch als Landlergemeinde, bekannt geworden. In ihrem Brauchtum, Tracht und Sprache unterscheiden sie sich von den Sachsen. Ein Landlermuseum ist in der evangelischen Kirche untergebracht.

Hermannstadt ist ein schmuckes Städtchen, mir gefiel besonders das Jagdmuseum von August von Spieß.

Am Freitag, den 26. August waren meine „Sieben Sachen“ wieder auf Vordermann und ich besuchte das Freilichtmuseum ASTRA mit seinen vielen alten Mühlen und sehenswerten Gehöften aus verschieden Gegenden. Man sah Rumänen in Trachten, die mit altem Handwerk wie der Spinnerei beschäftigt waren. Am Nachmittag nahm ich den Bus nach Heltau/Cisnadie. Südlich von Hermannstadt befinden sich noch sächsische Kirchenburgen, deren Besuch sich lohnt. Die Nacht verbrachte ich auf der Kirchenburg in Michelsberg /Cisnadioara.

Über Rasinari – Poplaca erreichte ich zum Wochenende die Landlergemeinde Großau /Cristian. Übernachtung fand ich in einer Pension Spack; aus diesem Haus stammte der Siebenbürger Sachse Michael Lierenz, der in meiner näheren Umgebung wohnt.

Nach dem sonntäglichen Gottesdienst setzte ich die Reise fort um ein Moorbad in einem der Salzseen in Bad Salzburg/Ocna Sibilui zu nehmen. Um die Mittagszeit wurde es mir dann zu warm, ich verzehrte noch schmackhafte Mici mici und zog über Stolzenburg/Slimnic – Hermannstadt nach Holzmengen /Hosman ins schöne Harbachtal. Von der Kirchenburg grüßten die durchwanderten Berge der Karpaten herüber.

Durchs Harbachtal wandernd, besuchte ich Orte wie Marpod und Kirchberg /Chirpar .

Ende August waren die Temperaturen so heiß, daß ich es vorzog nachmittags ein Magazin mixt aufzusuchen, und den Flüssigkeitsverlust mit gutem rumänischen Bier auszugleichen. Problemlos konnte ich bei den Kirchenburgen im Freien übernachten.  

Über Agnetheln/Agnita erreichte ich Jakobsdorf /Jacobeni. ... Wie in den letzten Jahren üblich, übernachtete ich in der Kirchenburg, die von dem Dornenpriester Pater Don Demidoff geleitet wurde. Leider war „Pater Don“, der sich so sehr für Waisenkinder und mittellose Menschen eingesetzt hat, am 27. Juni 2011 verstorben. Zigeunerkinder zeigten mir sein Grab.  

Wehrkirche in Jakobsdorf / Jacobeni
Blick aus dem Kirchturm der Kirchenburg in Jakobsdorf/Jacobeni

Als ich durch Wald und Feld den Weg nach Malmkrog einschlug, kam ich vom Weg ab. Bei einer Rast unter einer Eiche hatte ich den Weg verloren. Vorbeifahrende Zigeuner nahmen mich in ihrem Pferdewagen mit und brachten mich dann nach stundenlanger Fahrt nach Malmkrog /Malincrav, wo ich wieder im Gästehaus des Pfarrhauses übernachten konnte. In Malmkrog mache ich immer gerne Rast, bewundere das Apafai-Schloß und ziehe auf Wanderwegen über Kreisch/Cris in das sächsische Rotenburg nach Schäßburg /Sighisoara.

Ein Aufenthalt in Schäßburg ist auf einer Reise durch Siebenbürgen Pflicht und Langeweile kommt dort nicht auf! Da auf der Landstraße die „Hohen Künste“ zu kurz kommen, wohnte ich einem Orgelkonzert in der Klosterkirche bei.

Dieses Jahr wollte ich die Weindörfer zwischen Kleiner und Großer Kokel kennenlernen. Über Dunersdorf/Dunes erreichte ich Pruden /Prod und über Elisabethstadt/Dumbraveni das Dorf Kleinalisch /Seleus. Über Kleinalisch hatte ich den bemerkenswerten Zeitungsartikel im Nordbayerischen Kurier „Wenn die Glocken den Letzten läuten“ gelesen. Wie beschrieben fand am Sonntag der Gottesdienst durch Herrn Pastor Joachim Lorenz, den ich ja von Malmkrog kannte, statt. Unter anderem war auch die Familie um Michael Krestel anwesend, wo ich dann am Abend gutes Quartier bekam. Stolz führte mir Michael Krestel seinen Pelz vor. Heute noch denke ich nicht nur an den leckeren Wein, sondern auch an die schmackhafte Büffelmilch gerne zurück.  

Michael Krestel im Pelz in Kleinalisch in Siebenbürgen

Um die Mittagszeit erreichte ich Bistritz (früher Nösen) im Nösnerland, einst das nördlichste Siedlungsgebiet der Siebenbürger Sachsen. In Bistritz, wo ich im evangelischen Stadtpfarramt übernachten konnte, endete meine Wanderung zu den siebenbürgischen Kirchenburgen.

Mit dem Zug fuhr ich über Betheln/Beclean nach Rodna. Vor 20 Jahren war ich diese Straße, die nur auf der Landkarte eingezeichnet war, gewandert. Heute führt eine Forststraße hinauf zum Rotundapaß /Rodnapaß, den ich mit den unterschiedlichsten Hilfsmittel wie Pferdefuhrwerk, auf Schusters Rappen oder Holztransport erreichte. Bei Regenwetter war an Aussicht nicht zu denken und die Soldatengräber aus dem 1. Weltkrieg lagen im Nebel. Glück hatte ich, da ich bei Tino in einem schmucken Wochenendhaus übernachten konnte.

Am nächsten Morgen lief es sich leicht bergab bis nach Cirlibaba, im Buchenland /Bukowina. Schon unterwegs dorthin hatte mich Claudia aufgegabelt und es war selbstverständlich, daß ich wie gewohnt im alten Forsthaus übernachten konnte.

Meine Liebe galt der alten Wassertalbahn, und bis dorthin wollte ich über das Zibautal wandern. Am Ende des Tals waren Pilzsammler eifrig bei der Arbeit. Die gesammelten Schwammerln wurden für den Export nach Italien bereitgestellt. In der Nähe fotografierte ich eine rustikale Alm. Schon kam die Sennerin freundlich winkend herausgelaufen und forderte mich auf, einzutreten. Ich wurde nicht erst gefragt, ob ich hungrig sei, sondern gleich holte sie einen großen Laib Käse hervor und schnitt mir mächtige Schnitten ab. Mit Brot, Speck, Tomaten und Bier vervollständigte sie meine Brotzeit. Nicht genug, nachdem sie meinen Wegeverlauf wußte, schnitt sie noch soviel Scheiben Käse ab, bis mein Rucksack randvoll gefüllt war. Mit vollem Gepäck lief ich auf einsamen Wegen in Richtung Paß Tarnita Balasanii. Einsetzender Regen dramatisierte das Landschaftsbild. Bei dem Wetter hätte ich es nimmer bis zum Wassertal geschafft.

Plötzlich tauchte in der Einsamkeit ein Auto auf und obwohl vollbeladen, nahmen sie mich mit bis nach Bad Borscha /Pfefferfeld. Bei dem Regen flüchtete ich in die erste Kneipe und fragte nach einem Quartier. „Komm, setz dich erst mal zu uns und trink ein Bier“, riefen mir die jungen Leute zu. Gesagt – getan, schon hatte ich ein Glas Bier vor mir stehen und ich revanchierte mich sogleich mit einer guten Scheibe Schafskäse, die ich ja von der Bäuerin mitbekommen hatte. Das kam bei der Gesellschaft gut an und man fuhr mich in die nahe gelegene Pension „Bella Turistica“.

Der Wirt war über mich als einzigem Gast, der einige Brocken Französisch und Italienisch wußte, sehr erfreut. Er tischte üppig auf … und trinken mußte ich … So verwundert es Niemanden, daß ich am Morgen gar nicht aufstehen wollte. Hunger hatte ich schon gar nicht und nach einem kleinen Imbiß und guten Worten marschierte ich gleich hinter dem Haus los. Dort gab es einen Forstweg, der ins Kleinwetzer Tal/Novattal führt. Es dauerte eine Weile bis ich Tritt faßte und bei einsetzendem Regen erreichte ich den Kleinwetzer Bach. Früher gab es ab hier eine Gleisnebenstrecke der Wassertalbahn.

Aber wie sah es hier aus? Von Gleisen keine Spur und ich mußte erst mal auf verschlammten Wegen und im Fluß talabwärts eine Passage finden. Entsprechend sahen meine Schuhe aus, so verschlammt waren sie. Klatschnaß erreichte ich eine alte zusammengefallene Hütte. Und dann endlich kam ein Hinweisstein mit der Aufschrift „KM 7“…. und dann auch verrotte Holzschwellen, die eine Gleisstrecke vermuten ließen. Der Himmel hatte ein Einsehen, hellte sich auf, die Schuhe waren nicht mehr schmutzig – einfach nur naß, aber das sollte sich bis zum Abend ändern und dann konnte ich auf alten und verbogenen Schienen bis zum Wassertal durchmarschieren. Am Nachmittag rollte ein Holztransport ins Tal und ich machte es mir währenddessen unter einem Holzpavillon bequem und ließ die Schuhe trocknen.

Zum Frühstück gab es saftige Äpfel, die es in diesem September reichlich gab, und ich lief auf den Gleisen der Waldbahn talwärts. Als sich eine Draisine, das war in diesem Fall ein Kleinbus, der auf Schienen fahren kann, näherte, änderte ich meinen Plan und ließ mich in die entgegengesetzte Richtung mitnehmen. Bei dem Gespräch erfuhr ich, daß die alte Waldlokomotive – hier liebevoll „Mocanitza“ genannt – nicht mehr die gesamte Gleisstrecke fährt, sondern aus Sicherheitsgründen nur noch bis zur eigens für diesen Zweck neu gebauten Touristenhaltestelle „Paltin“. Bis Paltin fuhr ich mit, um hier auf die Waldeisenbahn zu warten. In Paltin gab es Häuschen und Bewirtung mit dem Zugpersonal der Waldeisenbahn. Für mich ist es jedes Mal erneut ein schönes Gefühl, dem kleinen Dampfungeheuer zu begegnen.  

Waldeisenbahn im Wassertal

Die Schmalspurbahn führt kurvenreich über Brücken und durch Tunnels entlang dem Wasserfluß in ein wildromantisches Karpatental. Mit der Reisegesellschaft fuhr ich dann zurück ins Tal, wobei ich mit der ARD-Korrespondentin Andrea mit Reisebegleitung ins Gespräch kam. Sie ließ sich meine bisherige Wanderfahrt erzählen und war erstaunt, was man alles zu Fuß erleben kann.

Abseits der Strecke wollte die Gruppe etwas erleben und da fiel mir der gute Preot Vasile Lutai aus dem Schradenthal/Valea Scradei ein. Die Gruppe war von meinem Vorschlag begeistert, diesen rumänischen Priester mit dem Kloster zu besuchen. An der entsprechenden Haltestelle stiegen wir aus und liefen zu Fuß bis ins Schradenthal. An der Kirche angekommen, trafen wir auch schon den Preot, den ich von vorangegangen Fahrten kannte. Bei dem Wort „ARD“ war er sofort zu einem Interview bereit und lud uns in sein Haus. Es blieb nicht nur beim Interview, die geistigen Ergüsse wurden entsprechend mit geistigen Getränken untermauert. Zusätzlich erhielten wir alle einen von ihm handsignierten Gedichtband. Darüber hinaus konnten wir an einer rumänischen Trauung teilnehmen. Während die Anderen zum Forstbahnhof liefen, durfte ich wieder eine Nacht in dem leerstehenden Kloster verbringen.  

Preot Vasile Lutai aus dem Schradenthal bei einer Trauung

Bis zum Waldbahnhof in Oberwischau /Viseu de Sus war es nicht mehr weit und mich überraschten die vielen neuen Änderungen seit meinem letzten Besuch. Nun befand sich hier eine große Dampflok mit einem Eß- und zwei Schlafwagen, dem Hotelzug Karpatenexpress. Von dieser Übernachtungsmöglichkeit angetan, blieb ich hier gerne über Nacht. Auch das neue Touristenangebot kann sich sehen lassen: u.a. werden Mondscheinfahrten mit Musik und Tanz angeboten, wie mir stolz der Holzbahnchef Andreas im Museumscafe erzählte.

Es war Sonntag und so bummelte ich im Städtchen und in der Zipserei umher.

Am Montag, d. 12. September wollte ich nicht mit der Touristenbahn sondern mit dem Produktionszug, den die Waldarbeiter nutzen, fahren. In der Frühe fuhr die Diesellok los, es wurde rangiert, geladen, vor und zurückgefahren, an jeder Station gehalten, Traktoren aufgeladen und am Nachmittag erreichten wir die Station Kleinkoman /Coman, wo ich in der Holzfällerhütte übernachtete. In der Hütte gab es eine „Aufpasserin“, die nach dem Rechten sah und die mich verpflegte. Ein uriges Gefühl hier zu übernachten.

Holzfällerhütte in Koman / Coman

Am Morgen gab es den versprochenen Cafe bei der Grenzpolizei. Zwei Grenzpolizisten hatten mich am Abend zuvor angetroffen und nach dem Ausweis gefragt. Wir hatten gescherzt und ich einfach gesagt, daß ich am nächsten Tag die Gleisstrecke zurückgehe und zum Morgencafe vorbeikomme. Und so war’s dann auch. Da die Beiden frei hatten und nach Hause wollten, fuhren wir noch mit einer LKW-Draisine. Anschließend lief ich weiter und kam zu dem Deutschen Soldatenfriedhof in Mierasch/Miraj. 98 deutsche Soldaten aus dem 1. Weltkrieg fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Sehenswert war auch die Waldkapelle in Feinen/Faina.

Als ich im Forsthaus in Barthau /Bardau nach Bier fragte, luden mich die beiden Förster gleich ein. Dazu gab es leckeres Essen, angeblich „Bärenwurst“. Ob tatsächlich Bären- oder auch nur Hirschwurst - Tatsache war, es schmeckte. Während wir von der Jagd sprachen, zeigte mir ein Förster einige Trophäen, wie ein abnormes Rehgehörn und die Tatzen von einem Bär.

Heute war es bis zu dem Touristenhalt in Paltin nicht mehr weit und ich wollte die letzten Kilometer mit der lieb gewordenen Waldlok zurückfahren. Anschließend marschierte ich durch Oberwischau um mir die nördlich von hier gelegene Gegend um Reußenau/Poinelle de sub Munte/Russisch Pollany anzusehen.

Über eine nahegelegene Almsiedlung hatte ich in diesem Jahr einen Fernsehfilm gesehen „Die letzten Bergbauern der Karpaten“. Ich lief noch einige Kilometer hinaus, traf natürlich nicht auf diese im Film gezeigten Menschen, übernachtete aber dann doch zünftig bei Luhei unter dem Berg Farcau in einem Heuschober, den mir die Almbäuerin überlassen hatte. Hier im Norden der Maramuresch leben viele Ukrainer und man kommt mit Russisch gut weiter.

Über dem Farcau dunkelte es und ich erreichte anderntags gerade die Siedlung Poinelle de sub Munte, als sich der Himmel entleerte. Gottseidank war eine Kneipe in der Nähe, wo ich die Zeit abwetterte.

Nicht mehr weit war es ins schöne Krasnatal, wobei ich zurück zur Hauptstraße mußte. Am Ende des Tals ragte der Berg Pop Iwan in die Höhe, die höchste Erhebung in der Ukraine. Mit dem schweren Gepäck wollte ich nicht bis hinauf und mir reichte der Talschluß bei dem Naturparkhaus. Mittlerweile hatten sich auch die Schäfer mit ihren Schafherden verabschiedet und waren ins Tal gezogen, so daß ich alleine und abgeschieden unter dem Dach einer Hütte übernachtete. Allerlei Geräusche des Nachts ließen mich aufschrecken …

Auf demselben Weg, den ich gekommen war, gings zurück und ich gelangte zum Wochenende nach Sapinta. ... Bekannt geworden ist der kleine Ort Sapinta an der ukrainischen Grenze durch seinen „lustigen oder heiteren Friedhof“. Auf diesem Friedhof wurden die Kreuze und Grabsteine von einem Volkskünstler mit lustigen Bildern und Inschriften versehen, die Begebenheiten aus dem Leben der Verstorbenen erzählen. So liest man, daß einer der Verstorbenen Förster oder ein anderer Metzger gewesen ist. Der Ort lohnt einen Rundgang: die Oma arbeitet am Webstuhl, Frauen waschen an der rumänischen Waschmaschine, das ist ein rundes Holzgitter, das die Kraft des Wassers nutzt und wo die Wäsche einfach hereingeworfen wird. Die kreisende und schäumende Bewegung des Wassers wirkt wie die Trommel in einer Waschmaschine.  

Junges Mädchen in der Maramuresch

Nach dem sonntäglichen Gottesdienst verließ ich Sapinta und kam über Sighet in ein Tal, in dem es besonders viele alte Holzkirchen gibt. In diesen Ortschaften ist es üblich, daß die Hausgrundstücke durch prächtige Holztore zur Straßenseite abgegrenzt sind.

Holztor in Calinesti

Über Feresti – Cornesti – Calinesti - Budesti gelangte ich zum Laposchgebirge. 

Wasserbüffelgespann in Rogoz

Die Region ist für ihre Holzarchitektur bekannt und Zentrum rumänischer Volkskunst. Am schönsten ist dies an den Holzkirchen zu bewundern. Über Baiut erreichte ich die sehenswerte Holzkirche der Heiligen Erzengel Michael und Gabriel in Rogoz.  

Holzkirche in Rogoz

Die Landschaft herbstete sehr, das Laub der Bäume fing an sich zu verfärben, sogar die Herbstzeitlose schaute neugierig aus den Wiesen, überall grüßten aufgeschichtete Heuhaufen, die Bauern fuhren voll beladen mit Heu mit ihren Pferdefuhrwerken und gar manchesmal mit Ochsen- und Büffelgespannen und wenn ich die Hände ausstreckte, erreichte ich schmackhafte Äpfel. Wahrlich, hier ließ es sich als Wanderer gut leben! Ich zog noch einige Tage so weiter und kam über Laposch/Tg Lapus – Peteritea - Jugastreni - Francenii Boiului – Mesteacan nach Waltenberg /Zalau. Von hier fuhr ich mit dem Bus nach Großwardein /Oradea.

Zum Abschluß meiner Wanderfahrt wollte ich die letzten Tage meiner zehnwöchigen Wanderfahrt geruhsam ausklingen lassen. Die alten Stadtkerne begeistern und erinnern an die K. und K.-Zeit. In dem nahegelegenen Kurort Bad Felix spannte ich in den warmen Thermalquellen von den langen Wanderungen aus.

Zum Abschluß der Reise gönnte ich mir das Eisenbahnvergnügen und fuhr bis Arad , meiner letzte Station. Von Arad, unweit der ungarischen Grenze gelegen, dauern die Busfahrten in die Heimat nicht mehr so lange, die ich dann wohlbehalten am Montag, d. 26. September 2011 erreichte.


 

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