Pilger- und Studienreise der Kolpingfamilie und Pfarrgemeinde St. Justinus Alzenau nach Rumänien
vom 28. Juni bis 5. Juli 2011
Reiseunternehmen George Minciu
Vor
über einem Jahrhundert bemerkte Theodor Fontane: Und
dabei sah Treibel auf das zwischen den Knopflöchern ausgespannte Kettchen mit
drei Orden en miniature, unter denen ein rumänischer der vollgültigste war,
und seufzte, während er zugleich auch lachte. »Rumänien, früher Moldau und
Wallachei. Es ist mir wirklich zu wenig.« (Frau Jenny Treibel, Berlin,
1893). Galt vor über 100 Jahren in den Augen Fontanes ein hoher Orden aus Rumänien
weniger als ein geringerer preußischer?
Vorurteile
gegenüber Rumänien sind auch heute vorhanden, sie sind sogar durch zahlreiche
Berichterstattungen in Presse und Fernsehen verstärkt und präziser geworden.
So flogen wir mit Erwartungen und Vorurteilen in ein uns unbekanntes Land.
Im Zweijahresrhythmus unternimmt die Pfarrgemeinde Alzenau eine Pilger- und Studienreise, die diesjährige ging für eine 20-köpfige Gruppe nach Rumänien. Angeregt und vorbereitet wurde die Reise von Thomas Röhrs, dem Vorsitzenden der Kolpingfamilie Alzenau. Die Kolpingfamilie unterstützt dort seit über zehn Jahren die Mallersdorfer Schwestern, die hier wertvolle und wichtige Sozialarbeit für benachteiligte Kinder, Behinderte und verarmte Senioren leisten.
Am 1.Tag
(Dienstag, 28. Juni) landen wir nach einem zweieinhalbstündigen Flug mit dem
Flugzeug des Typs Airbus A318 der rumänischen Linie Tarom um 15.15 Uhr auf dem
Flughafen Bukarest Otopeni.
Dort
empfangen uns der junge Reiseleiter Trajan Almăsan, M.A., der am Tage zuvor
sein Masterstudium Tourismus abschließen konnte, und unser Busfahrer Konstantin
Radu. Trajan (römischer Kaiser von 98 bis 117) war auch der Name unseres
Flugzeugs. Trajan und Konstantin sind zwei junge Rumänen, die in der
Tourismusbranche ihr Auskommen finden, und die uns mit Zuverlässigkeit und
Freundlichkeit sicher durch ihr Land fuhren und führten.
Mit
einem modernen Reisebus fahren wir direkt in das Zentrum der Hauptstadt, vorbei
an modernen Industriebauten (zahlreiche Niederlassungen führender europäischer
Unternehmen).
Im
Innenstadtbereich sehen wir rechts und links der breiten Allee herrschaftliche
Villen aus der Belle Epoche, von denen einige als Botschaftsgebäude genutzt
werden. Die Stadt ist sehr grün mit großzügig angelegten Parkanlagen.
Der
umstrittene walachische Fürst Vlad Tepes, Vorbild für den literarischen Graf
Dracula, gilt als Gründer Bukarests. Im
Stadtzentrum halten wir für eine kurze Stadtbesichtigung zu Fuß am
Revolutionsplatz, direkt neben der Kretzulescu-Kirche. Diese wurde in den Jahren
1720-1722 erbaut, sie entging dem Erdbeben 1977, den Abrissplänen der
Kommunisten und den Bränden 1989. Wir sehen das Athenäum (heute Konzerthaus,
eigentlich als Zirkus geplant) und das ehemalige Königsschloss.
Das Königsschloss wurde nach einer langen Bauphase erst 1937 fertig und
nur bis 1947 von der königlichen Familie bewohnt. 1947 war die Zeit der
Monarchie beendet. Der erste rumänische König war Carol I. aus der
Hohenzollernlinie, 1839 als Karl in Sigmaringen in Deutschland geboren. Er wurde
im Jahre 1866 zum zweiten Fürsten gewählt und 1881 als König eingesetzt.
Seine Frau Prinzessin Elisabeth zu Wied schrieb unter dem Pseudonym Carmen
Sylva Sagen, Märchen und Gedichte. Sie ließ sich von den rumänischen überlieferten
Geschichten inspirieren. (Der Vorgänger von Carol I., der erste Fürst,
Alexandru Ioan I., vereinigte 1859 die Fürstentümer Walachei und Moldau und
war damit der Gründer Rumäniens.)
Repräsentativ
wirkt das Gebäude der Universitätsbibliothek, das 1989 angezündet wurde.
Hunderttausende Bücher und Tausende Handschriften gingen verloren, erst 2001
konnte die Bibliothek wieder eröffnet werden. Daneben, auf dem Platz zwischen Königsplatz
und dem Gebäude des ZK, ist das Denkmal für die Opfer der blutigen Revolution
im Dezember 1989. Hier berichtet uns Trajan über jene schreckliche Zeit. Wir
fahren weiter durch die Stadt über breit angelegte Straßen. Ceausescus größenwahnsinnige
Hinterlassenschaft, der heutige Parlamentspalast, ist das größte Bauwerk
Europas und nach dem Pentagon das zweitgrößte Verwaltungsgebäude der Welt,
wir umrunden den monströsen Bau mit dem Bus.
Das Abendessen erfolgt im Casa Oamenilor de Ştiinţă. Das feudale Gebäude, ca. 1890 erbaut, ist Gästehaus der Rumänischen Akademie der Wissenschaften. Innen und außen erinnert alles an den Luxus längst vergangener Zeiten. (Am Haus ist ein Rosengarten, mit vom Frühjahr bis in den Spätherbst blühenden Rosensorten.) Das Menü besteht aus Suppe, Krautsalat, Hähnchenroulade mit Sesamkruste und Kartoffelsticks sowie Palatschinken mit Kirschen. Das Wasser ist kostenlos, eine Flasche Bier (0,5 l) kostet 8 Lei. Im Gebäude findet gleichzeitig mit unserem Abendessen im Nachbarsaal ein Empfang der tunesischen Botschafterin statt. Anwesend ist der jetzige rumänische Ministerpräsident Emil Boc, der von 2004 bis Anfang 2009 Bürgermeister von Klausenburg war, ebenso sein Vorgänger Călin Popescu-Tăriceanu. Unser modernes Hotel befindet sich direkt daneben, umgeben von Lokalen wie Pizza Hut, KFC, Burger King, MacDonalds, NesCafe.
Am 2.Tag
(Mittwoch, 29. Juni) fahren wir 300 km, unser Ziel ist Sibiu (dt.
Hermannstadt). Heute ist Tag der Apostel Petrus und Paulus, er ist auch in der
rumänisch-orthodoxen Kirche ein hoher kirchlicher Feiertag.
Beim
Verlassen Bukarests befahren wir eine neue Brücke,
den "Pasajul Basarab", die
erst einige Tage zuvor (am 19.
Juni) für den Verkehr eröffnet worden
ist. Die
Brücke soll die längste und breiteste Überführung Europas sein. Es handelt
sich um das bisher umfangreichste städtische Infrastrukturprojekt in Rumänien.
Die Brücke ist im erdbebengefährdeten Bukarest auf ein Erdbeben bis zur Stärke
7 auf der Richterskala ausgelegt. Wir
fahren ca. eine Stunde lang auf der Autobahn in Richtung Sibiu, nach Aussage des
Reiseleiters ist diese Autobahn eine Sehenswürdigkeit.
Links
und rechts sind Felder, die zum großen Teil brach liegen. Trajan berichtet uns,
dass über 80 % der Lebensmittel importiert werden müssen! Die kleinen Felder
mit modernen Maschinen zu bearbeiten lohne sich nicht. So sehen wir auf den
Feldern Bauern ihre Arbeit mit bei uns längst im Museum gelandeten Werkzeugen
verrichten. Einige Erdölpumpen sind zu sehen: 60 % des benötigten Erdöls wird
im eigenen Land produziert. Wir bedauern nicht, dass die Autobahnstrecke nur kurz ist. So haben
wir an den nächsten Tagen während der Fahrt auf den Landstraßen Muße zum
Hinausschauen. Langsam gleitet die Landschaft vorüber. Wir kommen durch Dörfer
und können in die Innenhöfe sehen. Fast können wir Pflanzen bestimmen, die in
den kleinen Gärten wachsen. Auffallend sind die vielen Walnussbäume, die in
jedem dritten Garten und auch als Straßenbäume stehen.
Wir
durchfahren Piteşti, eine Stadt der Autoindustrie und bekannt für den
Dacia. Heute wird hier die erfolgreiche Marke Logan (Renault) produziert.
Wir
erreichen das Kloster Cozia, eines der ältesten Klöster im Land, direkt am Fluss Olt
gelegen, 40 Mönche leben hier. Die Bemalung der Kirche innen und außen ist
teilweise noch original aus dem 14. und 16. Jh. Wegen des kirchlichen Feiertages
sind viele Gläubige in der Kirche.
Unsere
Weiterreise führt durch die Vorkarpaten entlang dem Fluss Olt (dt. Alt), der
zur Energiegewinnung größtenteils gestaut ist.
In
Sibiu, der Europäischen Kulturhauptstadt 2007, kommen wir 14.30 Uhr an, wir
haben eine Verschnauf- und Mittagspause und treffen uns später zum gemeinsamen
Spaziergang durch die Innenstadt. Auf dem Weg sehen wir häufig das Stadtwappen,
seit 2007 auch auf den Kanaldeckeln in der Stadt. Das Wappen zeigt zwei
gekreuzte Schwerter unter einer Königskrone sowie drei miteinander verbundene
Blätter. Die Schwerter sind Symbol für die beiden Sachsenführer, die
bei der Ankunft ihre zwei Schwerter als Zeichen der Inbesitznahme des Landes in
den Boden gesteckt haben sollen. Die drei Seerosenblätter sollen
die damals sumpfige Landschaft symbolisieren.
Vor
dem einsetzenden Regen retten wir uns in das Palais Brukenthal, ein Kunstmuseum
mit bedeutender Kunst des 15.-17. Jh. Der fortschrittliche Gouverneur von
Siebenbürgen, Baron Samuel von Brukenthal (1721-1803), war Kunstsammler und ein
Günstling der österreichischen Kaiserin Maria Theresia. Hier, im nach ihm
benannten Museum begegnen wir unerwartet bedeutenden Bildern von Lucas Cranach, Jan
van Eyck, Pieter Bruegel d.Ä., Jacob Jordaens („Die heilige Familie“) und
Philips Wouwerman. Und zur großen Überraschung sehen wir zwei Bilder
eines „Bekannten“, vom in Seligenstadt geborenen Hans Memling: das Portrait
eines lesenden Mannes und das Portrait einer betenden Frau.
Sibiu
macht einen lebendigen und gastlichen Eindruck, belebt mit zahlreichen Lokalen
und einem großen Marktplatz.
Am
Abend besteigen wir noch einmal den Bus und fahren nach Cristian
(dt. Großau), der Ort imponiert uns mit fast 60 Storchennestern auf den
Strommasten. Überhaupt sehen wir täglich auf unserer Fahrt belebte
Storchennester. Frau Anna Zeck, geb. 1930, Betreuerin der großen evangelischen
Kirche, begrüßt uns im Hof der Kirchenburg, die von einer dicken hohen Mauer
umgeben ist. Einer der Türme ist der Speckturm. Wie der Name sagt: Hier wurde
frischer Speck, versehen mit dem Stempel der Besitzer, zum Trocknen aufgehängt.
Früher
lebten hier 3000 Siebenbürger Sachsen, heute nur noch 40, vor allem ältere
Personen. Geschichtswissenschaftler und Forscher sind sich nicht einig über den
Begriff „Sachsen“, der vom lat. Wort Saxones hergeleitet werden kann. Auf
jeden Fall kamen diese Siedler nicht aus dem Gebiet des heutigen Freistaats
Sachsen, sondern aus den damaligen Bistümern Köln, Lüttich und Trier. Auch über
die Gründe der Umsiedlung sind sich die Fachleute nicht einig. Im Jahre 1224
erhielten die deutschen Siedler von König Andreas II., dem Vater der Heiligen
Elisabeth von Thüringen, den Goldenen Freibrief, der ihnen über Jahrhunderte
(bis 1867) demokratische Selbstverwaltung garantierte.
An
diesem Peter- und Paulstag war am Morgen Gottesdienst mit Konfirmation von vier
Jugendlichen, darunter zwei Urenkel der Anna Zeck. Die Kirche erscheint riesig.
Inge Röhrs gibt ihr Bestes auf der Orgel zu Gehör. Wie am Morgen die kleine
Kirchengemeinde, so singen nun wir das Lied 207 „Nun jauchzet dem Herren, alle
Welt“. Anna Zeck ist gerührt und meint, jetzt klinge das Lied mächtiger als
am Morgen.
Nach einer kurzen Fahrt ins Nachbardorf Sebieul werden wir von einem jugendlichen Reiter in Tracht am Ortseingang empfangen. Er leitet uns ins gastliche Haus, wo die Hauswirtin Regina auftischt: Hauswein, Zwetschgenschnaps, Hackfleischbällchen, Speck, Suppe mit Griesnockerln, Krautwickel, Schweinefleisch, Stampfkartoffeln, Obstkuchen. Das Essen ist reichlich und der Rotwein schmeckt ab dem zweiten Glas sehr gut. Im Dorf sehen wir weitere Busse, anscheinend verdienen sich andere Familien mit Essen für Reisegruppen ein Zubrot.
Den 3. Tag
(Donnerstag, 30. Juni) beginnen wir 9 Uhr bei Regen mit einem Stadtrundgang
durch das historische Zentrum Hermannstadts, zuerst entlang der Wehrmauer.
Hermannstadt wurde von Siedlern aus dem Mosel-Saar-Gebiet im 12. Jh. auf einem Hügelplateau
(ca. 430 m ü. NN) über dem Fluss Zibin, einem Nebenfluss der
Alt, gegründet. Die Stadt war dreifach gesichert durch Ringmauer, Zwinger und
Graben. Unterbrochen ist die in Teilen vorhandene Wehrmauer von Zunfttürmen: Früher
hatte jede Handwerkerzunft im Angriffsfall einen Stadtturm zu verteidigen. So
sind Töpferturm und Zimmermannsturm zwei alte Zunfttürme im dritten
Verteidigungsring.
Bevor wir in Richtung Marktplatz gehen und die Stadtmauer verlassen, verweilen wir vor dem Thalia-Saal, in dem heute die Philharmonie konzertiert. Das Gebäude wurde 1788 als erstes Hermannstädter Theater auf den Grundmauern des dicken Turmes errichtet. Das Theater brannte 1826 und 1948 aus. Ein provisorischer Ersatzbau wurde errichtet. Doch 1994 bis 2006 erfolgte der Wiederaufbau als Konzertsaal. Wir überqueren den Schillerplatz, wo in einer Ecke eine Büste des Dichters etwas verloren steht. Am zweiten Verteidigungsring bewundern wir Prunkbauten von Patriziern, den Marktplatz dominieren das Rathaus, die katholische Kirche und das Kloster der Jesuiten. Von der Lügenbrücke neben den Fleischerlauben (früher Fleischerzunfthaus) haben wir einen Blick auf die Unterstadt (und auf ein Storchennest). Wir besichtigen das Wahrzeichen von Hermannstadt, die evangelische Stadtkirche. Das Hauptschiff ist wegen Einsturzgefahr vollständig mit dicken Balken (70 m3 Holz) eingerüstet. Das Gebäude ist schwer geschädigt (mehrere Erdbeben im Laufe der Zeit). Man weiß noch nicht, wie man die Kosten von über 4,5 Millionen Euro für die Kirchensanierung beschaffen soll. http://hermannstadt.evang.ro/fileadmin/user_upload/pdf_dateien/Sanierungskonzept-Krekeler-kl.pdf
Zwischen
der Kirche und dem Brukenthalgymnasium befindet sich das bronzene Denkmal des
evangelischen Bischofs Georg Daniel Teutsch (1817-1893). Auf ihn gehen u.a.
weitreichende Reformen im Bereich des deutschsprachigen Schulwesens zurück.
Zum
Abschluss besichtigen wir die orthodoxe Hauptkirche (erbaut 1902-1906) mit
neuzeitlichen Ausmalungen. Die Architektur zeigt Ähnlichkeiten mit der
byzantinischen Bauweise der Hagia Sophia in Istanbul.
Zur
Mittagszeit fahren wir in Richtung Biertan (dt. Bierthälm).
Wir
erreichen die Kirchenburg Biertan mit
einem Zugang durch drei dicke Mauern zur Wehrkirche. In der gotischen
Hallenkirche aus dem 16. Jh. ist die Sakristeitür mit 13 Riegeln bemerkenswert,
sie war auf der Weltausstellung 1900 in Paris zu sehen und wurde dort lobend erwähnt.
In einem in die Mauer eingelassenen Gebäude war das Ehegefängnis
untergebracht. Hier wurden streitsüchtige Paare zwei Wochen lang mit einem
Stuhl, einem Tisch, einem Bett, einer Gabel, ein Löffel, einem Becher und einem
Teller eingesperrt. Meistens versöhnten sich die Eheleute. Innerhalb von drei
Jahrhunderten soll es nur eine Ehescheidung gegeben haben. Im ehemaligen
Speckturm befindet sich eine katholische Kapelle. Die alten Fresken darin werden
z.Z. restauriert. (Kapelle wurde erst im Speckturm eingerichtet, nachdem der
neue Speckturm außerhalb der 1. Mauer errichtet war.)
Weiter
geht die Fahrt.
Wir
durchqueren einen kleinen Ort, der hauptsächlich von Roma bewohnt ist. Dort am
Straßenrand stehen einige Roma, die Kupfergeschirr feilbieten.
In
Sighişoara (dt. Schäßburg) versucht man mit Draculas Geburtshaus Touristen zu
locken, doch ist hier Vlad III. Drăculea, der Pfähler, überhaupt nicht
geboren. Die historische Oberstadt diente mehrmals als Filmkulisse und wird als
rumänisches Rothenburg oder Nürnberg bezeichnet. Beeindruckend wirkt das
Stadtzentrum auf dem Berg mit dem Stundturm als höchstem Turm der
Stadtbefestigung. In die Klosterkirche der Dominikaner gibt uns Michael Kraus
einen Überblick über das Leben Siebenbürger Sachsen in Schäßburg, vor dem
2. Weltkrieg lebten hier 7.500, 1989 noch 2.500, heute nur noch 513, vor allem
ältere. Im Kreuzgang der Kirche ist ein kleines Museum der Nachbarschaften
eingerichtet, mit ausgestellten Gegenständen, alten Richttags-Protokollen und
Bekanntmachungen der Nachbarschaft, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen.
Das Leben der Sachsen wurde über so genannte Nachbarschaften als
Solidargemeinschaften geregelt. So waren Männer und Frauen getrennt
organisiert. Gegenseitige unbezahlte Hilfe war selbstverständlich. Regeln
mussten eingehalten werden, sonst gab es Strafen.
In
Siebenbürgen existiert die größte Teppichsammlung außerhalb Istanbuls, hier
in der Klosterkirche sind einige wertvolle Teppiche ausgestellt. Die Teppiche
sind Spenden von Handelsreisenden aus dem 15. bis 17. Jh.
178
Stufen führen hoch zur Bergschule und Bergkirche, der drittgrößten Kirche
Siebenbürgens, erbaut als katholische Kirche mit vielen Fresken, die teilweise
erhalten sind und in den letzten Jahren frei gelegt wurden. Hier werden
wertvolle alte Altäre aus verlassenen Kirchen zur Sicherheit aufbewahrt, u. a.
ein Altar von Veit Stoß Sohn. Interessant ist das Fresko der Dreifaltigkeit mit
Gottvater in der Mitte, Sohn Christus mit Bart rechts und links ein junges
Gesicht mit weiblichen Zügen als Heiliger Geist. Pfarrer Kölbel hat die Erklärung
parat: im Alten Testament (hebräisch) ist der Hl. Geist weiblich, das
griechische Wort dafür ist sächlich und im Lateinischen ist es männlich
(Spiritus Sanctus).
Weiter geht es nach Oderheiu, wo wir zwei Nächte bleiben. Hier wird Ungarisch gesprochen, die Straßen tragen ungarische Namen. Am Ende des Tages haben wir 159 km zurückgelegt.
Heute am 4. Tag
(Freitag, 1. Juli) reisen wir 300 km durch das Burzenland, wir kommen an
Rupea (dt. Reps) mit einer imposanten Burgruine vorüber, sie wurde ursprünglich
vom Deutschen Ritterorden zwischen 1211 und 1225 errichtet. Die 1726 gebaute
Schwalbennestorgel aus der Repser evangelischen Kirche ist seit
2009 provisorisch auf der Südempore der Schwarzen Kirche in
Kronstadt deponiert und gesichert. Unser erster Halt ist in Hărman (dt.
Honigberg), wo wir in der Mitte des Ortes eine der größten Kirchenburgen
Siebenbürgens besichtigen. Von den
wenigen hier noch lebenden Sachsen hat ein Ehepaar die Kirchenaufsicht übernommen.
Im ehemaligen Wassergraben sind Kartoffeln angepflanzt. Der Hof ist liebevoll
mit zahlreichen Blumentöpfen geschmückt. Über einen Ziehbrunnen versorgt man
sich mit Wasser. Wunderlich anzusehen sind die
Vorratskammern, die wie Schwalbennester an das Mittelschiff gebaut und über
Leitern erreichbar sind. Innen
an der Mauer sind nebeneinander und übereinander kleine Behausungen angebracht.
Der Wehrgang ist gut erhalten. Im
Innern der Kirchenburg fand Unterricht für die Kinder statt, der ehemalige
Schulraum ist zu besichtigen.
Braşov
(dt. Kronstadt) ist unser nächstes
Ziel, die Stadt mit fast 300.000 Einwohnern liegt am Fuß des Berges Tampa (967
m), auf den eine Seilbahn hinaufführt. Wahrzeichen ist die Schwarze Kirche mit
einer wertvollen Sammlung von osmanischen Teppichen. Wir sehen auch die Repser
Schwalbennestorgel auf der Empore. Besonders eindrucksvoll sind die Kirchenbänke
der Zünfte. Im Gedächtnis bleiben die zehn großen Tafeln mit dem Tugendzyklus
aus der ersten Hälfte des 18. Jh.: Geduld, Großmütigkeit, Liebe, Gütigkeit,
Gottesfurcht, Fleiß, Hoffnung, Klugheit, Mäßigkeit und Keuschheit.
Vor
der Kirche befindet sich ein Denkmal für den Reformator und Universalgelehrten
Johannes Honterus (lat. für Holunder), er studierte in Wien, weilte in
Regensburg, Nürnberg, Basel und Krakau, in Wittenberg traf er Martin Luther.
Honterus unterhielt eine eigene Druckerei, in der er seine Schriften und Karten
drucken lassen konnte. Eindrucksvoll ist der riesengroße Marktplatz mit
Patrizierhäusern. Hier beobachten wir Eltern mit ihren jugendlichen Kindern,
die sich gegenseitig fotografieren. Von Trajan erfahren wir über den großen
Skandal im Zusammenhang mit den Maturaprüfungen: Mehr als die Hälfte der rumänischen
Schüler hat in diesem Jahr die Matura nicht bestanden. Nur knapp 44,5 Prozent
der 200.000 Schüler haben die Prüfung erfolgreich absolviert. Das sei auf die
verstärkten Schummel-Bekämpfungsmaßnahmen
(einschließlich Videoüberwachung) zurückzuführen, meint Trajan. Am
Abend in Odorhei besuchen wir die Mallersdorfer Schwestern im ehemaligen
Franziskanerkloster neben unserem zentral gelegenen Hotel. Das Kloster wurde während
der kommunistischen Zeit anderweitig genutzt.
Gebietsoberin
Schwester Michaela Haushofer und die 40-jährige Hausoberin Schwester
Margit begrüßen und bewirten uns mit einer Spezialität des Landes:
Baumstriezel, eine ungarische Süßspeise (ung. Kürtőskalács), und mit
Wasser der Marke Perla Harghitei. Sr. Michaela ist von dem Mineralwasser aus dem
vulkanischen Harghita-Gebirge als Wirtschaftsfaktor überzeugt. Wurzeln der
Mallersdorfer Schwestern reichen 150 Jahre zurück, als die Schwestern von
Pirmasens nach Siebenbürgen ausgesendet wurden. Bis 1948 konnten die Schwestern
an vielen Orten wirken. Danach erhielten sie Arbeitsverbot, sie verloren ihre
Arbeit als Krankenschwestern in der Universitätsklinik, nur teilweise konnten
sie im Untergrund arbeiten. Die Kommunisten enteigneten sie. 1991 trafen sich
die alten Schwestern und baten um
Unterstützung aus Mallersdorf. Im selben Jahr konnten sie das Gebäude im
heruntergekommenen Zustand übernehmen: „Es war nichts da“. Die erste
Anschaffung war eine gebrauchte Badewanne, die bei der Abholung am nächsten Tag
doppelt so teuer wie am Tag zuvor abgesprochen war. Übersicht über die Aktivitäten
der Mallersdorfer Schwestern in Ordoheiu:
-
Armenküche
für 20 bis 30 Menschen täglich
-
Ausgabe
von Lebensmitteln, wie Mehl, Zucker, Nudeln
-
Ideelle
und praktische Hilfe: Täglich kommen Menschen, die um Hilfe bitten (z.B.
Arbeitslose, Frauen, die um Kinderkleidung bitten).
-
Kindergarten.
Der katholische Kindergarten gilt als privater Kindergarten und erhält keine
staatlichen Zuschüsse. Die Unterbringung eines Kindes kostet die Eltern 40 Lei
(10 Euro) pro Monat, diese Summe entspricht dem staatlichen Kindergeld. Der
Kindergarten galt insbesondere in der Anfangszeit als Musterkindergarten für
andere. Kinder aus schwierigen Verhältnissen werden aufgenommen, um auch ihnen
eine Chance fürs Leben zu geben.
-
Hausaufgabenhilfe
im Hort bis einschließlich 4. Klasse.
Im Kindergarten und Hort werden täglich 112 Kinder betreut. Die weltlichen
Erzieher erhalten als Monatslohn 250 € (ohne Sozialabgaben).
Im Haus hält eine Psychologin ihre Sprechstunden ab – so können Kinder
regelmäßig therapiert werden.
-
Später
erfolgt Hilfe für Auszubildende und Studierende in Form von Stipendien und
Internatsplätzen.
-
Altenheim.
Das Heim wurde aufgebaut, weil sich Insassen sonst keinen Heimplatz leisten können.
Alte Menschen erhalten teilweise gar keine Rente oder nur eine Mindestrente von
40 Lei im Monat.
-
In
der jüngsten Einrichtung, dem Nazarethhaus, werden im Stich gelassene Kinder
und vernachlässigte Behinderte aufgenommen. Wir dürfen das Haus besichtigen, das von der
Hausoberin Sr. Margit (sie ist im Alter von 20 Jahren dem Orden beigetreten)
eingerichtet wurde. Die Kinder freuen sich über unseren Besuch, vor allem über
die Unterbrechung des Tagesrhythmus. Auch sie zögern gern das Insbettgehen
hinaus. Die Kinder singen uns fröhlich einige Lieder und wollen gar nicht damit
aufhören.
Die
Schwestern haben ständig mit den durch Personalwechsel im Erziehungsministerium
bedingten staatlichen Gesetzesänderungen zu kämpfen. Die Löhne der
Lehrer, Erzieher wie auch für alle Mitarbeiter im öffentlichen Dienst wurden
2010 um 25 % gekürzt, während die staatliche Mehrwertsteuer auf 24 % stieg.
Heute
sind hier 19 Schwestern aktiv, sie betreuen - neben den oben beschriebenen Tätigkeiten
- 13 Mitschwestern, von denen sechs über 90 und sieben über 82 Jahre alt sind.
Den
Besuch im Kloster beschließen wir mit einem Gottesdienst in der Hauskapelle.
Im
Innenhof überreicht Thomas Röhrs,
der Vorsitzende der Kolpingfamilie Alzenau, einen
Geldbetrag von 1.000 €, der sich aus dem Erlös beim Verkauf der in
Alzenau eingefärbten Ostereier, bemalter rumänischer Eier und Spenden der
Reiseteilnehmer zusammensetzt.
Vier
Franziskanermönche sind inzwischen als Seelsorger in das Kloster zurückgekommen
und haben in einem Teil des Gebäudekomplexes ein Internat für 20 Jungen
eingerichtet. Sie haben Eigenbedarf für einen weiteren Teil des Gebäudes
angemeldet.
Am 5.Tag
(Samstag, 2. Juli) verlassen wir das Gebiet Siebenbürgens, wir durchqueren
die Ostkarpaten in Richtung Südbukowina. Unserem Busfahrer wird größte
Aufmerksamkeit abverlangt, es geht bergauf und bergab. Der erste Halt ist am
Roten See, am so genannten Mördersee, der sich in einer Höhe von 983 m über
NN befindet. Er war 1837 in Folge eines Erdrutsches entstanden. Von dem mit
hohen Tannen bewachsenen Hang sind heute noch Baumspitzen über der
Wasseroberfläche zu sehen. An einem von Zuschauern dicht belagerten Stand
sehen wir zu, wie Baumstriezel zubereitet werden. Dieser Kuchen ist eine
Spezialität der Siebenbürger Küche. Die Zubereitungsart und Form des Gebäcks
sind einmalig. Man benötigt dazu eine Walze aus Holz, die 40 cm lang ist und
einen Durchmesser von 10 cm hat. Hefeteig wird dünn ausgerollt und in
Streifen geschnitten. Diese Teigstreifen werden um die Walze gewickelt, bis
der Teig gleichmäßig und fingerdick verteilt ist. Der Teig wird vor dem
Backen glasiert. Die Kuchen bäckt man nun im Freien über der Holzkohleglut,
dabei müssen die Walzen gleichmäßig von Hand gedreht werden.
Zu
Fuß gehen wir eine kurze Strecke der 10 km langen Bicaz-Schlucht, die - tief
eingeschnitten in die Felsenlandschaft - von in- und ausländischen Touristen
gern besucht wird. Der Weg ist teilweise nur wenige Meter breit. Die gewaltige
Erdspalte ist beeindruckend. Die
Felswände ragen bis zu 100 m hoch in den Himmel – ein richtiger „Höllenschlund“.
Im
Kloster Agapia, das im 17. Jh.
ursprünglich als Kloster für Männer erbaut worden war, leben heute 350
Nonnen. Wir besichtigen die Kirche, das Museum und die Werkstätten
(Teppichweberei, Ikonenmalerei, Strickerei mit deutschen Strickmaschinen).
Interessant aber ist auch ein Schwalbennest auf einem Lampenschirm im
Hausflur. Fünf junge Vögel reißen ihre Schnäbel auf, wenn die Eltern mit
Nahrung durch die Türe geflogen kommen.
Am
Abend erreichen wir nach einer Tagesstrecke von 320 km die Stadt Gura
Humorului am Fluss Humor. Gegenüber unserem zentral gelegenen Hotel ist eine
kleine Parkanlage. Seltene Sträucher
und Bäume sind angepflanzt, darunter Maulbeerbäume.
Den
erlebnisreichen Tag beschließen wir mit einem Gottesdienst in der
katholischen Kirche, die ein Jubiläumsjahr feiert, da sie vor 200 Jahren in
der Zeit der Habsburger gegründet wurde.
Der
heutige 6. Tag (Sonntag, 3. Juli) steht unter dem Thema Moldauklöster,
deren Kirchen seit 1993 unter dem Schutz der UNESCO stehen. Hier in der
Bukowina soll die Wiege der rumänischen Orthodoxie gestanden haben, hier
errichtete man die im 16. Jh. von innen und außen bemalten Klosterkirchen.
Die byzantinischen Fresken sind zum großen Teil noch im
Originalzustand. Auf den Wetterseiten sind die Farben verblasst, meistens sind
dort gar keine Bilder mehr zu sehen.
Zuerst aber besuchen wir eine kleine Werkstatt, in der eine Frau mit zwei Helferinnen Eier verziert. Sie hat das Bemalen der Eier erst nach der Wende ab 1990 erlernt und sich durch Fleiß und Begabung zwei Techniken angeeignet: Wachstechnik und Relieftechnik, die sie uns vorführt. Außerdem bemalt sie Eier von verschiedenen Vögeln (Hühner, Enten, Gänse, Emus und Strauße). An einem Entenei arbeitet sie ungefähr zwei Stunden, bis es verkauft werden kann. Ihr selbstgemachter Heidelbeerlikör, den es zur Begrüßung gibt, schmeckt sehr gut, sie verrät uns auch, dass sie ihn stets mit Honig ansetzt.
Unser zuerst besuchtes Kloster ist das Kloster Moldovita, das Fürst Petru Rares, ein illegitimer Sohn von Stefan dem Großen, erbauen ließ. Stefan der Große war ein moldauischer Fürst und führte zahlreiche Schlachten. Der Sage nach versprach der Fürst für jeden Sieg auf dem Schlachtfeld die Errichtung eines Klosters oder einer Kirche. Die Erfolge über Ungarn, Polen und Türken führten zur Stiftung von mehr als 40 Gotteshäusern und zur Ausweitung des Fürstentums Moldau.
Das
Kloster Moldovita ist wie eine Festung angelegt, die Mauern mit Türmen sind
bis 6 m hoch und über einen Meter breit. Unser Besuch ist angekündigt, so
erhalten wir eine Exklusivführung mit
Sr.
Tatjana erklärt uns ausführlich die Symbolik der teilweise detailliert
ausgeführten Bilder außen und innen. Die Verkündigungskirche des Klosters
wurde 1532 erbaut und fünf Jahre später ausgemalt. Neu für uns ist der
gemalte Kalender im Innern der Kirche. Das Jahr der orthodoxen Kirche beginnt
am 1. September. Für jeden Tag existiert ein Bild - wie ein großes buntes
Kalenderblatt, auf dem der jeweilige Namensheilige oder auch ein Ereignis
abgebildet ist. So ist z.B. der Hl. Nikolaus für den 6. Dezember zu erkennen.
Wir müssen nicht raten, denn die Bilder sind fortlaufend nebeneinander
angeordnet. Sr. Tatjana führt uns in das Klostermuseum. Stolz präsentiert
sie uns einige Klosterschätze. Sr. Tatjana spricht neben acht anderen
Sprachen sehr gut Deutsch. Am liebsten übernimmt sie Führungen in deutscher,
französischer und italienischer Sprache. Aufgewachsen in der Südbukowina,
trat sie nach einem Lehrerstudium dem Orden bei.
Eine
wahre Bilderflut ist über uns eingebrochen. Aus Moldovita bleiben die
resolute sympathische Sr. Tatjana und sicherlich das Bild mit der Darstellung
der Belagerung Konstantinopels an der Südwand in Erinnerung.
Weiter
geht die Fahrt über den Ciumarna-Pass (1110 m hoch) mit herrlicher Aussicht.
Auf dem Gipfel ragt eine riesengroße Hand aus Beton als Denkmal für die
Erbauer der Passstraße in kommunistischer Zeit in den Himmel.
Offensichtlich
ist bekannt, dass an dieser Stelle Touristenbusse Halt machen, denn rumänische
Kinder sind sofort bei uns und bieten bemalte Ostereier zum Kauf an. Bei den
flehenden Kinderaugen kann fast keiner von uns widerstehen. Als wir
weiterfahren, winken uns die Kinder zufrieden nach - und warten auf das nächste
Auto oder den nächsten Bus mit Touristen.
Das
Kloster Sucevita mit der
Auferstehungskirche ist bereits von weitem zu sehen. Von
besonderer Bekanntheit ist an der Nordwand die so genannte Himmelsleiter des
Johannes Klimax. Die Hintergrundfarbe ist ein kräftiges Blaugrün, mehr Grün
als Blau. Bemerkenswert ist das
Stundenholz, das wir nur hier in Aktion sehen und hören. Um die Kirche herum
gehend, schlägt eine Nonne mit einem Hammer rhythmisch auf ein Brett und ruft
damit ihre Mitschwestern zum Gebet.
In
Marginea sind wir bei jenen Töpfern,
die die berühmte Schwarzkeramik fertigen. Es ist Sonntag und die Werkstätten
sind geschlossen. Doch in Souvenirläden werden Schalen, Vasen, Teller in
schwarzer Keramik angeboten.
Das
Kloster Humor mit der Kirche Mariä
Himmelfahrt (errichtet 1530, ausgemalt 1535) wurde
von dem Adligen Toader Bubuiog und seiner Frau Anastasia gestiftet.
Da er kein Fürst war, durfte kein Turm errichtet werden. Die Klosteranlage
befindet sich in einem Tal, das vom Humor durchflossen wird. Die
Malerei von Humor wird von einem strahlenden Ziegelrot im Hintergrund der
Bilder dominiert. Wegen seiner Werkstätte für Miniaturmalerei und
Kalligraphie im 15. Jh. hatte das Kloster eine große Bedeutung.
An
diesem Tag haben wir 200 km zurückgelegt. Nach der Besichtigung der drei Klöster
haben wir uns eine Belohnung verdient, diese kommt im Hotel in Form einer
Folkloredarbietung mit drei Musikanten, 3 Tänzern und 3 Tänzerinnen, die uns
in wechselnden Trachten verschiedene Tänze vorführen, bei denen wir schon
vom Zuschauen ins Schwitzen geraten.
An
unserem vorletzten Tag, dem 7. Tag (Montag, 4. Juli) verlassen wir Gura Humorului, 275 km müssen
wir bis Cluj Napoca (dt. Klausenburg) zurücklegen. Wir fahren nur wenige
Kilometer zu unserem letzten Kloster: Voronet
liegt in einem Seitental, hier befindet sich die St. Georgskirche
(errichtet 1488, danach erweitert, ausgemalt 1547). Die bemalte Westwand
machte die Kirche Voronet weltberühmt, sie erhielt die Bezeichnung
"Sixtinische Kapelle des Ostens". Thema des großen Bildes unter dem
tief herabgezogenen Daches ist das Jüngste Gericht. Hier leuchtet ein
wunderbar intensiv leuchtender Blauton, das weltberühmter Voroneter Blau.
Wir
durchfahren den Kurort Vatra Dornei (dt. Dorna-Watra, über 800 m hoch
gelegen), der im 19. Jh. eine blühende Zeit als Badeort hatte, sogar mit dem
berühmten Gast Kaiserin Elisabeth „Sissi“.
Weiter
geht die Fahrt durch die wunderschöne Landschaft der Ostkarpaten bis zur
Passhöhe Tihuţa (1150 m hoch, früher auch Borgopass).
Ein Stopp zum Mittagessen wird im Burghotel
„Dracula“ eingelegt. Laut Bram Stokers Roman soll an dieser Stelle
die berühmte Dracula-Burg gestanden haben. Ein rumänischer Volksglauben
brachte den irischen Schriftsteller auf die Idee für seinen Roman:
Verstorbene, die kein ehrenwertes Leben geführt hatten, seien durch einen
Fluch zur nächtlichen Wiederkehr gezwungen.
Wir
legen nur einen kurzen Halt in Bistrita (dt. Bistritz) ein, unser Busfahrer
benötigt nach den Bergstraßen eine Verschnaufpause. Eigentlich wollten wir
die zentral gelegene evangelische Kirche besichtigen. Doch diese ist eingerüstet und geschlossen für
Renovierungsarbeiten. Vor drei Jahren (am 11. 6. 2008) wurde die
Renaissance-Kirche durch einen Brand stark beschädigt. Turm und Dach waren
gerade vor dem Abschluss von Renovierungsarbeiten, als die Brandkatastrophe
ausbrach.
In
Klausenburg sind wir im Hotel
Belvedere untergebracht, das sich auf dem Schlossberg mit
einem schönen Rundumblick
auf die Stadt befindet. Reste der Zitadelle aus
der habsburgischen Zeit sind noch zu sehen. Das im Jahr 1980 errichtete
Hotel hat den Charme vergangener kommunistischer Zeiten: viel Prunk, Lampen
und Spiegel. Unser Abendessen wird uns im Spiegelsaal serviert, drei Wände
sind verspiegelt, die vierte Wand ist mit großen Fenstern versehen.
Am letzten Tag
(Dienstag, 5. Juli) ist der Rückflug erst
nachmittags vorgesehen, so haben wir Gelegenheit
zu einem Stadtrundgang durch Klausenburgs Zentrum. Wir beginnen ihn an
der katholischen Kirche St. Michael und vor dem großen Denkmal für Matthias
Corvinus (lat. corvus, dt. der Rabe), das hier seit 1902 steht. Vorher war das
Monument auf der Weltausstellung Paris 1900 zu sehen und soll dort auch einen
Preis bekommen haben. Das Denkmal war ein ständiger Streitapfel zwischen den
Nationalitäten, ein Dorn im Auge der nationalistischen Rumänen. So wollte
gar der Bürgermeister Gheorghe Funar (1992-2004) das Monument unter
fadenscheinigen Gründen abreißen lassen. Wollen wir froh sein, dass er sich
nicht durchsetzen konnte. Heute lautet die Inschrift am Sockel: Mathias Rex.
Nach
einem Regenguss spazieren wir durch die Altstadt und das Universitätsviertel.
Hier besichtigen wir eine spätgotische Kirche aus dem 15. Jh., gestiftet vom
ungarischen König Matthias Corvinus, mit einer wertvollen geschnitzten Kanzel
aus dem Jahr 1646. Vor der Kirche steht eine Statue des St. Georg, eine Kopie.
Das bekanntere Bronze-Original aus dem Jahr 1373 befindet sich in der Prager
Burg.
Knapp
zwei Stunden haben wir zur freien Verfügung; 14 Uhr ist an der Stadtkirche
Treffpunkt für die Busfahrt zum Flughafen, 16.15 Uhr startet der Flug nach
Frankfurt mit Tarom RO 305.
Imponierend
sind die erhalten gebliebenen Kirchenburgen und die vielen alten und neuen
orthodoxen Kirchen und Klosteranlagen sowie die Klosterkirchen mit farbig
leuchtenden Fresken an den Außenwänden und den Hunderten an blühenden
Rosensträuchern in den Klosterhöfen .
Besonders
bleiben in unserer Erinnerung die Begegnungen mit Menschen haften, mit der
resoluten und kenntnisreichen Sr. Tatjana, mit Gebietsoberin Sr. Michaela und
mit der hübschen Hausoberin Sr. Margit, mit Anna Zeck, die in Großau die
Stellung hält, und mit Trajan, der uns viel Interessantes über Land und Leute
erzählte.
Die
mitgebrachten Vorurteile haben sich nach Pfarrer Jan Kölbels Rückblick auf die
erlebnisreiche schöne Reise nicht bestätigt, nur eines nehmen wir wieder mit
nach Hause: die schlechten Straßenverhältnisse. Doch jene stellten sich als
großer Vorteil heraus! Durch die den teilweise schlechten und engen Straßen
angepasste Geschwindigkeit konnten wir die Umgebung intensiv betrachten,
Einzelheiten waren wahrnehmbar und wir hatten ein stressfreies gemütliches Vorwärtskommen.
Unser
Reiseleiter Trajan empfiehlt uns den Roman „Der geköpfte Hahn“ des
evangelischen Theologen Eginald Schlattner zur Lektüre (dtv, ISBN
978-3-423-13045-5). Eine Verfilmung gab es 2007 als österreichisch-deutsch-rumänisch-ungarische
Koproduktion in den Kinos zu sehen.
Weiterführende
Informationen zu unserer Reise gibt es auf den Seiten unseres Reisebüros
http://www.georgeturism.ro/
.
Außerdem ist u.a. der Reisebericht von Inge und Thomas Röhrs aus dem Jahr 2009
unter
www.st-justinus-alzenau.de/50ehe-familie/10kolping/index.htm
zu empfehlen. Sehr viele Fotos zu Rumänien mit entsprechenden Erklärungen
findet man im Internet auf der Seite http://www.hpgrumpe.de/
.