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Fahrradtour zum Schwarzen Meer und zurück, 26.04.-22.06.2003

Ein Reisebericht von Christian Goosmann (Berlin)

CGoosmann@arcormail.de


Am 26. April 2003 startete ich in Berlin mit dem bepackten Fahrrad und 2 Monaten Zeit Richtung Schwarzes Meer. Herzstück der Tour wurde Rumänien, das ich als sehr reizvolles Fahrradreiseland kennengelernt habe und jedem weiter empfehle. Auf den 4.800 km im Sattel, zuzüglich etwa 700 Bahnkilometern und vielleicht 900 km mit dem Schiff machte ich immer mal wieder Meldungen per Email an Freunde zu Hause. Aus den gesammelten Mails ist der folgende Bericht zusammengefügt.

Presov, Slovakei 03.Mai 2003

Bis jetzt ist alles sehr glatt gelaufen. Nach vier Fahrradtagen von Berlin aus habe ich das ganze bepackte Rad in Legnica in den Zug gestellt und bin mit der Bahn nach Krakow gefahren. Dort kam ich abends an und konnte dank Tatjanas grandiosem Lonely Planet Guide für Krakow schon aus dem Zug nach einem Platz im Hostel telefonieren. Am Mittwoch also mit unbepacktem Rad die Stadt erkundet. Die herrliche Wawel Burg und die ehemaligen Stätten des jued. Ghettos waren beeindruckend wie auch die Marienkirche. Abends war ich in einem Jazzklub. Am 1.5. fuhr ich bis nach Woinicz, wo ich bei Ula herzlich empfangen wurde.

Bis hierher hatte ich eigentlich nur Rueckenwind, dass mir die Kilometer einfach so in den Schoss fielen. Am Freitag vormittag mit frisch gewaschenen Sachen aufgebrochen. Ulas Schwester Eva besucht, die mit ihren 4 Kindern in einem Holzhaus alter Bauart lebt. Hinten auf dem Grundstück entsteht das neue Haus. Fast zu gross. Aber ganz typisch für die Gegend. "Häusle Baue" ist die Lieblingsbeschäftigung und auf den 70 km zwischen Krakau und Woinicz war ich kaum aus den Dörfern herausgekommen, die fast ineinander übergehen. Dann ging es mit Kuchen gestärkt in die Beskiden hinauf, durch Nowy Sancz in eine der populären Erholungsgegenden mit Erhebungen um die 1000 m. Die kleinen Gänge kamen also schon öfter in Aktion.

In Piwniczne, an der Slovakischen Grenze, hatte ich einen Zeltplatz in einem Garten und einen Abend am Grillfeuer mit angeregter Unterhaltung mit den Englisch könneden jungen Leuten der freundlichen Familie aus Nowy Sancz, die hier ihre Sommerfrische haben.

Heute ging es über die Grenze. Zum Glück brauchte ich mit dem Fahrrad nicht in der Autoschlange anstehen. Die Grenze winziger als gedacht. Über den ersten Pass, Höhe 760 m ging es nach Stara Lubovna. Hier ist alles deutlich ärmlicher. Die Orte haben oft einen Kern aus Plattenbauten, nicht gerade so anheimelnd wie Polen. Über den Zweiten kleinen Pass ging es auf glatter Strecke aber bei leichtem Regen nach Presov. Eine sehr schöne Stadt. Während meine Hosenbeine langsam trocknen, entsteht dieser Bericht. Morgen soll es schon nach Ungarn gehen.

 

Vatra Dornei RO, 9.Mai 2003

Verbringe die heissen Mittagstunden in einem Internetcafe in Vatra Dornei, Südbukovina, Rumänien. Stunden, weil die Internetverbindung so langsam ist, dass ich weit über eine Stunde brauchte, um Eingangspost durchzulesen.

.....

Der Regen in Presov war tatsächlich der letzte, den ich erlebt habe, und nach einer Nacht im Zelt erreichte ich die Ungarische Grenze nach einer Pause in der schönen Stadt Kosice. Die ersten Pferdefuhrwerke, Tulpen und Flieder in voller Blüte und viel Sonne.

In Sarospatak war ich Gast bei Dr. Istvan Gyori, dem Dekan der evangelischen Hochschule dort. Ich durfte im Gästehaus der Schule übernachten und am nächsten Tag zeigte Istvan mir die beeindruckende Bibliothek die Anfang des 19 Jhd. erbaut wurde. Viele Bücher bis ins 16 Jhd. zurück, auch viele deutschsprachige die früher von reisenden Gelehrten zusammengetragen wurden. Gereist wurde auch, weil Sarospatak nicht das Recht zur Promotion der Studenten hatte.

Nachmittags ging es weiter durch die platte Theissebene. Nicht eben aufregende Landschaft, aber sehr gute Strassen, die letzten guten Strassen für eine lange Zeit, wie mir in Rumänien schwante. Am Dienstagmittag war die Grenze bei Satu Mare erreicht. Schnell weg von der staubigen Stadt und endlich wieder Berge. Die erste Nacht am Ufer eines Stausees auf einer grossen abgeweideten Wiese. Die Rumänischen Angler sagten: Camping, gar kein Problem. Kaum künstliche Lichter zu sehen, dafür Sterne. Die Frösche lullten mich mit ihrem Konzert ein.

Anderntags über einen kleinen Pass ins Marmarosch. Zuerst an der Ukrainischen Grenze entlang über Sapanta, wo der Friedhof mit den lustigen Kreuzen zu besichtigen war, nach Sighet, wo ich das Politische Gefängnis, heute ein Museum, besichtigte. Nach einer Nacht in einem Hotel ging es über einen weiteren kleinen Pass in das Viseul Tal.

Hier gibt es ganz viel heile Welt. Berge mit Almen, viel Wald. In den Dörfern stehen Bänke an den Gartenzäunen, wo in Deutschland die Autos geparkt wären. Und statt im Haus zu fernsehen sitzen die Leute halt auf der Bank an der Strasse. Viele Transportprobleme werden mit Pferdefuhrwerk oder Fahrrad gelöst. Leider sind die Strassen wirklich legendär schlecht, dass man sich schon einen "Sattelbrand" holen kann.

Nachmittags dann noch den ersten richtigen Pass gefahren, den Prislop. Zum Glück mit guter Strasse und so ausgebaut, dass das Klettern nach zwei Stunden mit Lila blühenden Krokuswiesen zwischen Schneeresten und mit einer bequemen Abfahrt fast ohne bremsen zu müssen belohnt wurde. Durch ein sehr wildes Bergtal immer neben dem schaümenden Fluss ging es noch 30 km weiter, bis ich einen schönen Platz zum Zelten gefunden habe. In der nähe hielten Rumänen ein Picknick und sagten dass es sicher genug sei und keine Bären zu befürchten seien. Die Rumänische Familie mit nach Deutschland ausgewandertem Anhang, kenntlich an den bayrische Autokennzeichen nötigten mich noch zu Pflaumenbrand und Grillhähnschen, was ich mir gerne gefallen lies.

Heute soll es auf den zweiten Bergpass, den Tihuta, von Vatra Dornei Richtung Cluj Napoca (Klausenburg) gehen. Viele Grüsse aus dem sonnigen Vatra Dornei, einem alten Kurort, heute Sitz einer Mineralwasserfabrik.

 

Brasov RO, 17. Mai 2003

Heute erholen sich mal Handballen und Hintern für einen mildsonnigen Samstag im schönen Brasov (Kronstadt) an der südöstlichen Ecke Transsilvaniens.

Von Vatra Dornei führte mich der Weg über den Tihuta Pass, der der literarische Schauplatz der bekannten Draculageschichte ist. Die Landschaft dort eher lieblich, eine Hochebene umgeben von alpinen Bergmassiven. Nach einer Zeltnacht in einem kleinen Tal, wo ich mit jungen Rumänen am Lagerfeuer saß, die für das Wochenende dort ebenfalls zelteten, ging es nach Bistrita und damit ins Siebenbürgen.

Auffallend war schon, dass die Häuser jetzt längsseits zur Straße standen. Dann die großen neugotischen Kirchen, teilweise als Wehrkirchen mit wenigen Häusern zusammen in einer Burg eingefasst. Dabei ist oft der Kirchturm als Wehrturm begehbar und mit Schießscharten ausgestattet. Um diese Burgen drängen sich dann die Bauernhäuser. Zwischen der Straße und den Häusern ist auch oft ein Stück Gemeindewiese angelegt, auf der Gänse, Hühner, Schweine und Pferde grasen. Oft fühlt man sich durch solche Kulisse ins Mittelalter zurückversetzt.

Die Landschaft ist dabei leicht hügelig, und wo nicht als Feld bestellt, fein von Schafen abgegrast. Zwischen Dörfern ist manchmal in allen Richtungen nicht ein Zaun zu sehen, nur grüne Hügel mit einem Wäldchen hier und da.

Nach der ungarischen gut ausgearbeiteten Landkarte fahre ich durch Heidendorf, Sankt Georgen, Micheldorf ... .

Am anderen Tag auf dem weg nach Cluj, Klausenburg kommen mir plötzlich zwei Radler mit Reiserädern entgegen. Urs und Denise aus Bern. Sie sind auf dem Weg nach Indien und wollen es in einem Jahr erreicht haben. Sie haben eine Webseite www.freiwind.ch <http://www.freiwind.ch> , auf der sie berichten. wir tauschen Mobiltelefonnummern aus, falls wir uns gleichzeitig am schwarzen Meer aufhalten sollten, werden wir uns noch mal treffen. (P.S. Ihre ganze Tour bis nach Indien ist seit Ende 2003 im Internet nachzulesen.)

Cluj, eine alte Universitätsstadt mit vielen Barockfassaden und einer beeindruckenden Kirche. Nehme ein gar nicht so teures Zimmer im alten Hotel Continental direkt am Platz. Auf dem Hauptboulevard ist Strassenfest mit grosser Bühne und Bier und Grillständen. Es sind Europatage, mit denen Rumänien sich mental auf einen Beitritt in die EU irgendwann einstellt. Mir laufen hier viele Deutsche über den Weg und es ist wie auf Strassenfesten in Berlin. Auch mal wieder nett.

Am nächsten Tag Richtung Süden mit einem verdorbenen Magen. Hat eines der gegrillten Cevapcici ähnlichen Teilchen gestern ein Problem gehabt, oder ist es die anhaltende Hitze von knapp 40 Grad tagsüber? Jedenfalls unter Schonkost (Cola mit Zitrone) nach Turda. Dort zur Turdaschlucht, einer bizarren Karstschlucht mit schönem schattigen Wanderweg unten den Bach entlang.

Im Rimetea-Tal, einer Empfehlung von Istvan, erhalte ich auf Anfrage für einen günstigen Preis ein Privatquartier bei netten Ungarn, die mir im Wohnzimmer eine Couch beziehen und den Badeofen anfeuern. Ich werde auch bekocht.

Am nächsten Morgen geht es früh durch das wunderschöne Tal weiter. Zu beiden Seiten ragen Felsen auf, dass es richtig alpin aussieht auch wenn es weniger als 800 m Höhe sind. An diesem Tag fahre ich durch Alba Iulia (Weissenburg) Sebes (Mühlbach) nach Sibiu (Herrmannstadt).

Herrmannstadt hat wieder einen alten barocken Marktplatz in der Oberstadt. Durch Torbögen und über Treppchen geht es zur Unterstadt. Die Abendsonne strahlt durch die Torbögen. Weil ich kein günstiges Hotel mehr finde, zelte ich später auf dem Grasland vor der Stadt unter einem Bäumchen sehr friedlich.

Ca. 30 km südlich lockt schon die Kette des Fogarasch Massivs mit 2.500 m hohen schneeverzierten Gipfeln. Ich nehme den Transfogarasch-Highway, eine verkehrstechnisch herrlich sinnlose Strasse, die in 2050 m Höhe durch einen Tunnel auf die Südseite führt, und das 30 km östlich vom Oltdurchbruch, durch den man auch auf die Südseite der Karpaten kommt. Die Strasse ist noch gesperrt, aber ich möchte sehen, wie weit ich ins Hochgebirge komme. Am frühen Abend erreiche ich, nachdem die Strasse sich schwindellerregend die Steilwand hinaufgeschlängelt hat, das kleine Hochtal, von wo die Bergstation der Seilbahn schon zu sehen ist. Dort soll auch der Tunnel sein. Tatsächlich ist aber die Strasse nicht weiter befahrbar. Zunehemend höhere alte Schneewehen liegen im Weg.

Ich baue am Flüsschen über der Baumgrenze das Zelt auf. Am nächsten Morgen fangt es leicht an zu Regnen. Ich schlage mir eine Kraxeltour zum Tunnel aus dem Kopf und fahre wieder ins Tal.

Bei leichtem Regen nach Dacia, Stein, einem Dorf, das eine Begegnungsstätte eines Vereins aus Sachsen hat. Hier leisten deutsche Freiwillige Sozialdienst und bauen ein Tagungshaus aus. Es gibt eine Schlafgelegenheit. Ich darf sogar einige drei letzten Siebenbürger Sachsen des Dorfes kennenlernen. Es gibt die Konnerths, ein altes Ehepaar, bei denen die Milch geholt wird, und den jungen Herrn Dotz (etwa 75 Jahre alt) der im Dorf der Baufachmann ist.

Hier muss ich mal unterbrechen, um eine Verabredung hier in Kronstadt einzuhalten. Die nächsten Tage geht es Richtung Meer und ich melde mich vielleicht schon aus Bulgarien wieder.

 

Mangalia RO, 22.Mai 2003

Nach dem Ruhetag in Brasov nahm ich morgens noch an dem auf Deutsch abgehaltenen Gottesdienst in der schwarzen Kirche (so benannt nach einem Brand), welche die grösste neugotische Kirche zwischen Wien und Istanbul sein soll, teil. Es war eine etwa 50 köpfige vor allem ältere Gemeinde da.

Danach stattete ich auf dem Weg in die Ostkarpaten der Burg von Tartlau (Prejmer) einen Besuch ab. Sehr gut ist die Wehrmauer um die Kirche erhalten, die auf der Innenseite lauter Kammern mit Holztüren hat, die über Treppchen zu erreichen sind und in denen bei Tatarenangriffen damals jede Familie aus Tartlau unterkommen konnte. Die Anlage ist gepflegt und frei begehbar, ein Kleinod, um das in Deutschland wahrscheinlich viel mehr Aufhebens gemacht würde. Hier liegt die Burg einfach so in einem völlig verschlafenen Nest und es gibt halt ein Hinweisschild an der Hauptstrasse.

Nach einem kleinen Pass war ich im oberen Buzau-Tal angelangt, einer Gegend, die ich zum Verwechseln mit dem Hochschwarzwald fand.

Nach einigem Auf und Ab entlang eines langen Stausees führte die Strasse wieder durch viele Dörfer, die im Tal fast ineinander übergingen. Ich fand eine Stichstrasse zum Fluss Buzau und erhielt von einem Anrainer Erlaubnis, mein Zelt auf seinem Luzerneacker am Ufer aufzustellen. Kaum stand das Zelt, kam er schon mit einem Teller Abendessen herüber, frisch abgekochter Milch, gekochte Eier, Frühlingszwiebeln, Radieschen, Brot Käse Wurst. Die Freundlichkeit ist umwerfend, auch wenn man sich nur radebrechend verständigen kann. Die ersten Brocken Rumänisch kann ich aber inzwischen verstehen.

Am nächsten Tag ging es zum vorerst letzten Bergabenteuer, ich besuchte die Schlammvulkane in der Nähe von Berca, 20 km vor Buzau und dem Flachland. Etwa 4 von 13 km bergiger Anfahrt waren auf unbefestigter Strasse zu fahren, dann ging es in einem einsamen Tal, welches nur einige kleine Ölbohrstationen als Auffälligkeit aufwies auf einen Gras bewachsenen steilen Hügel. Auf dessen Gipfel ein Feld mit vielen kleinen Kratern, in denen Teiche aus Schlamm sind, die glucksend Blasen werfen. Ein schöner Blick rundum und Ärger, dass die Leute sogar hier oben ihre PET-Flaschen wegwerfen, eine nicht nur Rumänische Krankheit. Ich habe auch in der Slovakei überall riesige Flaschensammlungen in der Natur gesehen.

Von diesem Bergidyll ging es in die Ebene, durch die bisher hässlichste (P.S. entschuldigt, Buzauer) Stadt, Buzau. Nachdem ich gegen den Wind noch 20 km zwischen mich und dieses Monstrum gebracht hatte, fragte sicherheitshalber ich bei einer örtlichen Polizeistation (in Transsilvanien hatte man mich eindringlich vor der Wallachei gewarnt) wo ich möglicherweise Zelten könnte. Es endete mit einem Zeltplatz unter den Kirschbäumen des polizeilichen Vorgartens und einem Fernsehabend mit einem jungen Beamten und seinem sehr gefährlich tätowierten Gefangenen in der Wachstube.

Von Smeeni ging es am anderen Tag leider mit konstantem Gegenwind nach Südosten. Nach einer weiteren Übernachtung in einem kleinen Dorf vor Fetesti ging es Mittwochvormittag über die Donau. Diese wird durch eine Maut-Autobahn überquert, die erst den einen Arm und nach 15 km Flachland die eigentliche Donau auf imposanten sehr hohen Brücken überquert. Durch die Maut ist auf der Autobahn wenig Verkehr und ich teilte mir die Standspur mit anderen Fahrrädern und Pferdefuhrwerken (ohne Maut zu bezahlen).

Vorbei am einzigen rumänischen AKW in Cernavoda, hier zweigt der Schwarzmeerkanal von der Donau ab, ging es im zähen Ringen mit dem Gegenwind auf Constanza zu. Um 17 Uhr war die Stadt erreicht und ich genoss den Blick auf das Meer. Nach einer Tour durch die Altstadt hielt es mich nicht weiter in Constanza und ich fuhr nach Eforie Nord, einem Ferienort weiter südlich.

Die tausenden Bettenburgen und Campingplätze an der Küste gehören noch ganz den Bau- und Renovierungstrupps, die alles für die Saison vorbereiten. Auf einem Campingkomplex bekam ich aber ein Zimmer im Haus, eine warme Dusche und ein vorzügliches Abendessen mit einer Flasche trockenen rum. Weisswein alles zusammen um etwa 10 eur. Heute geht es nach einem morgendlichen Bad im kühlen und gar nicht sehr salzigen Meer weiter nach Süden.

Die Bulgarische Grenze ist noch etwa 15 km entfernt und wann ich dann wieder lateinische Schrift sehe, weiss ich noch nicht.

 

Alexandroupoli GR, 29.Mai 2003

Nachdem es aus der Türkei mit dem Mailen nicht geklappt hat (in Tekirdag war die Verbindung ins Internet zu schlecht) also jetzt mit langer Unterbrechung wieder ein Gruss von unterwegs diesmal aus Alexandroupoli.

Nach meinem Abschied von einer netten Gruppe von Rumänen am Strand in Vama Veche,denen ich es gleich tat und auch trotz Verbotsschildern da zeltete durfte ich also Bulgarien kennen lernen. Es fing damit an, das ich anders als mir ein Rumäne sagte, meine restlichen Lei nicht umtauschen konnte. Obwohl das Land einen heruntergkommeneren Eindruck macht, als Rumänien, ist die Währung des Nachbarlandes in Bulgarien schlicht Falschgeld. Ich habe später in Varna in einer privaten Wechselstube dann doch noch ca 60% des Wertes der Lei in Leva ausgezahlt bekommen, aber erst nachdem die Dame lange telefoniert hatte und während des Gespräches die Scheine drei mal hintereinander laut am Telefon vorgezählt hatte. Da hatte ich aber auch schon einen Bankautomaten gefunden und war nicht mehr knapp bei Kasse.

Dann traf ich in Varna, einer brummenden Hafenstadt, doch noch einen sehr netten Bulgaren, der mir seine Unterkunft, eine Gästehaus im Hafengebiet empfahl und mir dann abends im Restaurant das nötigste der Bulgarischen Sprache beibrachte. Er war oft in der Türkei und Griechenland wandern und stattete mich auch mit den nötigsten Phrasen auf Türkisch aus.

Landschaftliche war die Bulgarische Küste allerdings etwas reizvoller als die Rumänische und manche Küstenwälder waren gerade voll mit blühenden wilden Pfingstrosen, wie unsere Gartensorten, nur nicht gefüllt sondern mit einem Kronblattkranz.

Die Landschaft geniessend fuhr ich am nächsten tag über Nesebar einer romantischen alten Hafenstadt voller Souvenirläden bis 30 km vor Burgas, wo ein Campingplatz mir tatsächlich schon ein Bungalow am Strand gab, obwohl die Saison noch mehr als eine Woche nicht losgehen sollte.

Weg von der Küste ist Bulgarien ziemlich entvölkert. Anders als in Rumänien hat auf dem Land kaum einer ein Pferd, oder den Stolz, ein Bauernhaus zu schmücken. So sehen die Städte an der Küste zwar sehr modern aus, die ländlichen Siedlungen aber eher wie eine Mischung aus Geisterstadt und Slum. Dafür gibt es aber sehr viel wilde Natur.

Südlich von Burgas begann das schönste Stück Küste bisher und nach einer Nacht in Carevo führte die Strasse in das Gebirge, das Bulgarien und die Türkei trennt. Nach einer sehr einsamen, bergigen und schönen Strecke durch viel Wald aus blühenden Robinien, Rhododendron, Eichen, Buchen, Pinien ging es über die Grenze.

Das erste Dorf in der Türkei war schon ein Unterschied wie Tag und Nacht. Endlich wieder Leute auf der Strasse. Männer in Teehäusern, Kinder auf der Strasse und alle Grüssen und rufen mir zu. In Kirklareli nehme ich ein Hotelzimmer und kann erst mal das Treiben in der Stadt gar nicht fassen.

Dass es in einer Strasse nicht nur überhaupt ein geöffnetes Restaurant gibt sondern alle 30 m eins habe ich schon so lange nicht mehr gesehen.

Am nächsten Tag fahre ich weiter nach Süden. Die Gastfreundschaft der Türken ist unbeschreiblich. Ich kann oft meinen Tee oder mein Essen gar nicht bezahlen.

In Corlu rufe ich Celal an, einen Türken, den ich in Bulgarien bei einer Kaffeepause getroffen habe. Er holt mich ab und lädt mich nach Hause ein. Wir verbringen einen Grillabend auf der Dachterasse mit seinen Brüdern und einem Nachbarn. Celal ist Architekt und stammt aus dem Kurdengebiet. Am nächsten Tag ist er etwas geknickt, das ich nicht länger bleibe. Ich habe aber schon langsam an den Rückweg nach Berlin zu denken. Auf die Grossstadt Istanbul habe ich auch nicht genug Lust um noch eine Tagesreise weiter nach Osten zu fahren und damit ist ab jetzt Westen die Fahrtrichtung.

Am Marmarameer komme ich durch Tekirdag, einer hübschen Hafenstadt und fahre bei gewittrigem Wetter noch 25 km weiter in die Berge. In einem kleinen Dorf abseits der Hauptstrasse verbringe ich den Abend mit einigen Mänern im Teehaus, sie haben mir in der leerstehehenden Schule einen Schlafplatz angeboten. Um 4:30 singt der Immam, hoch verstärkt durch die Lautsprecher in der Moschee direkt gegenüber, sonst schlafe ich gut in dieser Einfachstbehausung.

Gegen heute Nachmittag habe ich dann die Ebene des Evro mit ihren Reisfeldern und die von Soldaten umschwärmte Grenze am Grenzfluss überquert. Meine ürsprüngliche Idee, mit einem Schiff von Alexandroupoli weiterzukommen wird wohl nichts, weil erst am Sonntag ein Schiff von hier weiter weg geht und ich dann von Rhodos erst nach Athen müsste. Ich habe mich daher kurz entschlossen, mit dem Zug heute nacht nach Thessaloniki zu fahren. Dort soll ich um 8 Uhr morgens ankommen und kann dann die Tour über die Berge auf die Adriaseite beginnen.

Von Igoumenitsa muss ich dann wohl nach Italien übersetzen. Ein direktes Schiff nach Kroatien gibt es nämlich leider nicht. Aber einen groben Plan für die Rückkehr bis um den 20 Juni rum habe ich damit erstmal.

 

Ioannina, GR, 02.Juni 2003

Die 130 km Radfahren und anschliessende Bahnfahrt nach Thessaloniki waren fast ein bischen zu viel Orts- und Kulturveränderung. Kam am Morgen in der Grossstadt an und fuhr erst mal im Berufsvekehr einmal fast durch und dann an der Seepromenade zwischen den Joggern zurück Richtung Zentrum. Katzenwäsche mit Rasur in einem öffentlichen WC Häuschen/Waschraum in einem kleinen Park an der Promenade. Sehr sauber und sogar gratis. Dann Frühstück auf einer Bank im Schatten.

Viel mehr konnte ich mit Thessaloniki erst mal nicht anfangen. Mir an diesem Morgen zu laut und geschäftig. Nach einer nicht so schönen Strecke und viel Staubschlucken im dichten Verkehr fuhr ich durch das Axiosdelta auf kleinen Strassen zwischen Schilf und Reisfeldern und Gewerbegebieten. Zwei mal mit Herzklopfen auf die Autobahn um über Brücken zu kommen.

Über die anstrengende, weil sehr bergige alte Küstenstrasse erreichte ich die Badeorte am Strand bei Katerini hier war die Stimmung erst mal am Tiefpunkt als ich mehrere Dornen im Hinterreifen hatte und langwierig mehrmals flickte bis ich alle Löcher hatte. Ich ging erst mal nach einem möglichen Zeltplatz schauen. Dann in eines der Touristenrestaurants zum Abendessen. Der Kellner war sehr nett und interessiert. Weil die Saison noch nicht los war konnten wir uns gut unterhalten. Er sagte dass das Zelten hinter dem Ort am Strand kein Problem sei.

Am nächsten Morgen beim Frühstück mit Blick auf den Olympgipfel mit einem ständig wechselnden Wolkenvorhang war ich wieder bei mir und in Griechenland angekommen. Ein Bad im Meer und es sollte in die Berge gehen.

Die Gefahren des Landes sollten mir auf der Strasse durch die Olympusschlucht klar werden, als ich an einem Bauernhaus an der Strasse vorbeifuhr. Der Hofhund hatte auf der gegenüberliegenden Strassenseite den Schatten aufgesucht und bemerkte mich als ich schon vorbei war. Er kam agressiv bellend angerannt. Ich blieb stehen, der Hund biss voller Wut in eine der Packtaschen am Fahrrad und liess dann glücklicherweise ab. Ich wünschte mir eine Waffe.

Seitdem bin ich noch zwei mal von ganzen Hundemeuten "gestellt" worden, die aber zum Glück die jeweiligen Herrchen auf den Plan riefen, die sie dann grosszügig zurückholten.

Die andere Gefahr, Giftschlangen habe ich bisher zum Glück nur in überfahrenem Zustand gesehen. Durchgeknallte Bus- und andere Kraftfahrer, die im Gegenverkehr überholend mich fast in den Graben zwingen sind zum Glück auch selten.

Landschaftlich sind die Berge hier allerdings traumhaft schön. Die Griechen sind auch sehr nett und ich habe Abends immer gute Unterhaltung in einem Restaurant gehabt. Nach einem Tag durch das mittelhohe Bergland mit vielen bewässerten Feldern und duftenden Erdbeerplantagen, nahm ich heute den bisher höchsten Pass der Tour den Katara vor. Ein langes Tal entlang immer hoch auf der Talseite kamen immer mehr schneegesprenkelte grüne Gipfel in Sicht. Durch duftende Pinien und später auch Fichtenwälder mit verschiedensten Blüten am Strassenrand. Erst noch Ginster und Mohn später kleine Orchideen und Glockenblumen, ganz oben Gänseblümchen Hahnenfuss, Vergissmeinicht, Margeriten.

Hinter dem Pass kam Metsovo ein Wintersportort am Hang klebend in Sicht. Die Abfahrt ins Tal war berauschend. Ich dachte dass ich es bis Ioannina nun leicht hätte. Aber was die nicht so gute Karte nicht zeigte, war ein weiterer Pass, nicht so hoch aber schon ernsthaft zum Steigen. Zum Glück war es bewölkt und das Steigen war ich ja schon gewohnt.

Entschädigt wurde ich durch die schönste Passabfahrt die ich kennengelernt habe. Sehr stetig am Hang abfallend links unter mir der Ioannina-See zuerst wie aus dem Flugzeug, dahinter die grosse Stadt. 10 km rollen lassend dauerte mein "Landeanflug" mit Kurven, die alle keine Bremse verlangten.

In Ioannina habe ich immerhin nach 3 Nächten "wilder" Übernachtung mal wieder einen offiziellen Campingplatz.Es sind fast nur Deutsche da, aber nette. Wie es überhaupt angenehm ist, dass fast alle Griechen deutsch sprechen. Morgen möchte ich Igoumenitsa erreichen, wo ich mich um eine Fähre kümmern werde.

 

Graz, A, 14. Juni 2003

Die eintägige Fahrt von Ioannina nach Igoumenitsa hatte noch mal eine Auswahl schönster Bergüberquerungen für mich auf Lager und dabei zeigte die griechische Sonne mal eben, was sie so drauf hat. Am Strand nördlich der Stadt nach einem ersten Bad im ionischen Meer schlief ich dann natürlich wunderbar unter den Eukalyptusbaümen.

In der Morgensonne kam dann die große Fähre am Schlafplatz vorbei, auf der ich eine Stunde später an Bord ging und mein Fahrrad unten bei den Motorrädern einstellte. Das Fahrrad kostet auf der Fähre tatsächlich keinen extra Fahrpreis so dass die Passage nach Venedig nur 57 eur kam.

Der Tag an Deck war heiß und gemächlich. Gelegenheit, in Ruhe Sachen zu waschen, Rasur, Tagebuch nachzutragen. Nach völlig ruhiger Nacht an Bord kam die Lagune von Venedig in Sicht. In extremer Langsamfahrt, wie für Schiffe in der Größe vorgeschrieben, ging es gegen 7 Uhr Ortszeit mitten durch die venetianischen Inseln mit herrlichen Blicken vom höchsten Deck über die Stadt und in den Canale Grande.

Nach dem Ausschiffen fand ich nach erfolgloser Nachfrage am Bahnhof eine bewachte Autogarage, wo man für 5 eur auf das bepackte Fahrrad aufzupassen versprach. Damit war ich frei für einen Tag in Venedig, den ich dann hauptsächlich mit Spazierengehen und Vaporetto- (öffentlicher Bootsverkehr) fahren verbrachte. Mir gefielen in dieser bilderbuchmäßig schönen Stadt mit dem schweren blumigen Duft in der Luft auch besonders die vielen Regebogenfahnen der Friedensbewegung.

Am Nachmittag nahm ich dann mit dem Fahrrad die Fähre nach Lido und später eine nach Punto Sabbioni auf der nordöstlichen Landzunge, die die Lagune von dem adriatischen Meer abtrennt. Dort übernachtete ich nach einem Abendessen in der Touristenpizzeria im Uferwald hinter den Dünen unbehelligt. Die Campingplätze hatten alle große Schilder, dass man mindestens 2 Nächte bezahlen muss.

Am nächsten Tag ging es die Adriaküste rauf, wobei ich mich immer wieder fragte, ob es eigentlich richtiger "Ferienhölle" heißen müsste, statt "Ferienparadies". In Lido di Jesolo fuhr ich mal ungelogen 11 km nonstop zwischen 5 geschossigen Hotels, in den Erdgeschossen eine unendliche Kette von Souvenirladen, Eisdiele, Pizzeria in beliebiger Reihenfolge, durch. Ich war jedenfalls wieder froh, hier nicht einen Urlaub lang festzusitzen.

Ein paar mal nutzte ich noch einen Strand zum Baden und dann war ich froh, durch Felder und an hübschen Farmen vorbei ins Inland zu fahren. Abends in Palmanova, einer von Napoleon entworfenen Stadt mit auffälliger Zitadelle, geriet ich in eine Art Kirchenfest mit jungen Leuten. Ich kam ins Gespräch mit einem jungen Stadtverwaltungsbeamten und hatte eine Schlafgelegenheit in Cervignano, 9 km südlicher.

Am nächste Tag ging es bei Gluthitze nach Gorizia, der zwischen Italien und Slowenien geteilten Stadt nach Slowenien und in den Karst. Nach anstrengender Steigung fand ich mich bei knapp 1000 m auf blühenden Almwiesen wieder und fuhr weiter die Berge entlang durch hohen Wald auf einer relativ brauchbaren Schotterstraße. Weil ich bei einem Gewitter und zum Essen viel Pause gemacht hatte, wurde es dunkel bevor ich das Ziel, Predjama, erreichen konnte und nach langem Ausschauhalten fand ich dann doch mal einen fast ebenen Platz auf einer blühenden Wiese unterhalb der Straße mit herrlichem Blick das Tal hinunter. Da passte gerade das Zelt drauf.

Am nächsten Morgen ging es die letzten 16 km nach Predjama durch kühlen Wald auf einer einspurigen kurvigen Straße. Predjama beherbergt eine spektakuläre Raubritterburg, die in eine Felswand mit Karsthöhlen hinein gebaut ist. Nach Besichgtigtung von Burg und Höhlenwanderung fuhr ich weiter durch den grünen Karst mit seinen verwirrenden Tälern, die plötzlich aufhören, wenn der Fluß einfach im Berg weiterfließt bis ich abends Ljubljana erreichte.

Die Stadt war quirlig und angenehm. Viele Inline Skater auf den Straßen unterwegs. Was allerdings störte, war die offensichtliche Einstellung der Verkehrsplaner hier. Schon auf der Landstraße in die Stadt war der Fahrradweg ein breiter Schotterstreifen neben der Fahrbahn, den tatsächlich einige Slowenen langsam benutzten. In der Stadt gab es dann oft Fahrradwege, die pro km 20 x steile Rampen rauf und runter gingen, und dann Hauptstraßen in der Innenstadt ohne Fahrradweg mit Verbotsschildern für Fahrräder an jeder Kreuzung.

Nach Abendessen in der Fußgängerzone unterhielt ich mich auf der "Schusterbrücke", wo jeden Abende andere Kleinkünstler auftreten, so lange mit einem jungen Polen, der allerhand von seinen Touren in Albanien und Montenegro zu berichten hatte, das es Mitternacht wurde. Ich fuhr noch auf den Burgberg der Stadt und nächtigte unter einem Baum an den Mauern der Burg hoch über Ljubljana.

Am nächsten Tag musste ich erst einen neuen Reifen für das Hinterrad kaufen. Ein Jogger, der mich beim Frühstücken auf dem Burgberg sah, gab mir einen guten Tip für ein Fahrrradgeschäft. An einer Tankstelle lies ich den " Schwalbe Marathon", der am Vortag an der Felge durchgebrochen war, zurück. Leider durfte der Tschechische neue Reifen nur bis 3,5 Atü aufgepumpt werden.

Bei ziemliche Hitze fuhr ich in einem Tal in den Karawanken auf den Seebergsattel zu. Auf der Passhöhe bei ca 1200 m war die Grenze und ich war in Österreich. Immer hinter einem Gewitter her, im Rücken das Abendrot und vor mir ein nur noch roter Regenbogen erreichte ich Völkermarkt und, als es praktisch dunkel war bie leichtem Tröpfeln, Griffen in Kärnten.

Im Ortsteil Limberg wurde ich schon von den Frankes erwartet. Herr Franke ist mein alter Klassenlehrer und Chemielehrer aus Berlin. er wohnt seit 4 Jahren in Kärnten mit 2 Wildpferden auf 7 Hektar Land, ohne Auto, und baut sich mit seiner Frau ein Holz-Lehm-Haus. Ich blieb 2 Tage bei hausgemachtem Apfelmost, Sauerteigbrot und vielen Geschichten aus der Zeit an der Schule.

Am Donnerstag fuhr ich dann bei Affenhitze über den Packsattel nach Graz, wo ich meinen alten Freund Jan besuchte, der seit Februar von Berlin nach Graz zu seiner Freundin Susi umgesiedelt ist. Hier in Graz sind viele Ausstellungen und ein Flair der Kulturhauptstadt hat Einzug gehalten. Nach einem Ausflug in die Oststeiermark Morgen möchte ich am Sonntag auf den letzten Abschnitt der Radtour starten. Nach Berlin sind es 623 km Luftlinie von hier, genauso weit, wie nach Rom. Ich kann mich noch auf zwei höhere Pässe freuen und auf das Moldautal in Tschechien sowie das Elbsandsteingebirge.

In Graz schrieb ich die letzte Mail der Tour. Es ging es ziemlich straks zurück nach Berlin und ich machte in Hieflau, Linz, Cesky Krumlov, Benesov, Terezin, Ottendorf-Okrilla und nahe Jüterbog Station, bevor ich am 22.Juni wieder zu Hause war.


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