Es wollen drei auf Reisen gehn'..
Ein Reisebericht von Frank Weise (Dresden)
Drei Jahre sind in's Land gegangen, und mein Versprechen, beim nächsten Mal meinen Kumpel Stefan mit nach Rumänien zu lotsen, stand noch zur Einlösung aus. Da ja nun in der heutigen Arbeitswelt zwar der Urlaubsplan für das nächste Jahr möglichst schon im Oktober des Vorjahres vorliegen muß, aber keiner weiß, ob er ihn in der Struktur, in der er ihn beantragt, auch noch erlebt, haben wir uns in unser Schicksal ergeben und diesen also treu und brav eingereicht. Danach hieß es warten, warten auf die Dinge, die da kommen...
Während ich nun bei meinen ersten Touren losgezogen bin, wie der berühmte Frisör, war diesmal eine ausgiebige Internetrecherche Grund für "Vorfreude - schönste Freude". Sicher hat Arcor nicht schlecht daran verdient, galt es doch, die Frage zu beantworten, wie kommen 3 Leute am preiswertesten und dabei schnellsten von Dresden nach Sibiu, von dort über den Fagaraschkamm, in's Jezer-Papusa, nehmen die Highlight's von Königstein und Bucegi noch mit und haben dabei auch noch ein bißchen "Urlaub" an den Salzseen von Ocna. Das Problem: Wir haben nur 7 reine Inlandstage zur Verfügung, da heißt jede Stunde länger im Zug sitzen eine Stunde weniger im Land laufen. Doch es kam eben wieder einmal fast alles anders .....
Nun ist
man ja nicht der Erste, der kostengünstig und schnell dorthin
will, also das web befragt. Erstaunlich, wieviel
"Wander-" Berichte da auch außerhalb von Willi's
Seiten zu finden sind, jedoch wie wenig deutschsprachige Hinweise
und Tips zur Reise dorthin darunter sind. Die meisten nehmen,
nachdem sie von diversen Busspediteuren die Nase voll haben, das
Auto und vertrauen darauf, von den Wegelagerern aller Länder mit
Röcken in grünen und bunten Farbschattierungen und
Rangabzeichen in Ruhe gelassen zu werden. Da ich nun in Dresden
wohne, war es also naheliegend, die polnischen und vor allem
tschechischen Reiseberichte dahingehend zu "durchfoersten.
Zum Glück hatte man ja 'mal russisch gehabt, so daß man
zumindest den groben Sinn versteht. Auf diesen Seiten gab es dann
auch die fast ultimativ günstige Reiseempfehlung: Nutzung der
Inlandstarife.
Als Nicht-Autofahrer und begeisterter Nutzer des ÖPNV war das
natürlich bezüglich der Fahrplanrecherche eine absolut
lohnenswerte Aufgabe für mich.
Es wurde Mai und für Stefan kam die Hiobsbotschaft: Firmenkonkurs! Also zum Arbeitsamt und dort der nächste Hammer: Für die ersten sechs Monate nach Arbeitslosigkeitsbeginn herrscht Urlaubssperre! Aus der Traum von hohen Bergen! Doch wie überall im deutschen Recht gibt's auch da ein: ".., es sei denn..". Und so ging es Mitte Juni los..
15:00 Start in Dresden. Eigentlich wollten wir ja mit der S-Bahn fahren, doch Tino, unser Dritter im Bunde, wohnt so weit außerhalb, daß er sowieso mit dem Auto hätte zum nächsten Bahnhof fahren müssen. So haben wir unsere drei 25-Kilo-Rucksäcke in Stefan's Clio gequetscht, uns hinzu und los gings. Unterwegs wurden noch einige Kleinigkeiten eingekauft, die, wie sich später herausstellte, jeden Cent wert waren. Gegen halb fünf trafen wir am Stellwerk in Schöna ein. Der freundliche Fahrdienstleiter vom Bahnhof, dem wir eigentlich nur sagen wollten, daß im Auto keine Bombe liegt (man weiß ja nie..), gab uns sogar noch eine Parkkarte als "Servicefahrzeug". Echter Service made by DB!
Unser Weg führte uns entlang des Elbradweges nach Dolni Zleb, vorbei an der alten Malzfabrik, von der nur noch der Küchentrakt steht. Drinnen stehen sogar noch die alten Töpfe und Pfannen auf den Herden! Nur die mittlerweile aus den Fenstern wachsenden Birken bezeugen, daß hier schon seit dreizehn Jahren kein Grundstoff für den "Hopfenblütentee" über die WÜST abtransportiert wurde ..
Reichlich
eine halbe Stunde später erstehen für je 16Kc zwei Fahrkarten
nach Decin. Ich selbst bin schon mit Tickets bis zum Ziel und
zurück ausgerüstet.. Kurz darauf bringt uns der Schienenbus
nach Decin. Mittlerweile ist es halb sechs. Früher gab es hier
im Bahnhof eine gut gehende Wechselstube (mit
"Verwöhnaroma"-Öffnungszeiten), die allerdings der
ansonsten äußerst gut gelungenen Verschönerungskur des
Bahnhofs zum Opfer gefallen ist.
Also gut, wir haben ja noch 400 Kronen. Zwar wollten wir bis Prag
mit dem Bus fahren (75Kc p.P), da wir aber 2 Stunden zu zeitig da
sind und statt dessen nun in Prag Zeit zum Geldtauschen brauchen
(EC-Karten hatten wir nicht mit), nahmen wir dann doch den
nächsten D-Zug zu 162Kc p.P. nach Prag
Eigentlich wollte ich die zuerst recht freundliche Dame am
Schalter noch nach allen möglichen Verbindungs- und
Preisvarianten "löchern", doch die gute Frau machte
mir dann schnell klar, daß sie um sechs Feierabend hätte und es
noch so viel zu tun gäbe, ..
Später habe ich dann erfahren, daß ein Ticket für zwei
Personen von Decin nach Mediasch und zurück zusammen etwa 220
Euro gekostet hätte, die man sogar mit EC-Karte bezahlen konnte.
Kurz vor der Abfahrt unseres D-Zuges konnte ich die letzten
Krönchen bei Julius Meinl gegenüber vom Bahnhof noch gegen vier
"pivo" tauschen. Ansonsten gibt's im Bereich um den
Bahnhof nach 18:00 nur noch hochgeklappte Bürgersteige.
Lediglich etwa 5min vom Bahnhof entfernt gibt's am Lyzeum noch so
einen guten tschechischen Laden, halb Bistro, halb
Tante-Emma-Laden, der von 6:00 bis 20:00 u.v.a. die leckeren
typisch tschechischen "Schnittchen" anbietet. Doch dazu
reichte uns die Zeit nicht mehr.
Die Bahnfahrt klappte bestens, die Wagen zwar betagt, aber sauber, Auskünfte in tschechisch, englisch und sogar deutsch (obwohl es ein rein innertschechischer Zug war!). Zwei Stunden später verließen wir also den Zug in Masarykovo und schlenderten ganz relaxt die zehn Minuten zum "hlavni nadrazi". Dort wurden erst 'mal die Preise eruiert. Für umgerechnet insgesamt 116 Euro könnten wir für zwei Personen die Hin- und Rückfahrkarten bis Lököshaza (ung. Grenzstation zu Rumänien) erwerben. Das hat allerdings etwas gedauert, da sich die meisten Geldstuben den Wechselservice mit bis zu 16%(!) "comission" versüßen lassen. Suchen spart Geld, und so waren wir nach einer weiteren Stunde stolze Besitzer eines (wichtig!) "City-Star-Tickets" bis Lököshaza für 3720 Kc und 2Personen. Wir hätten auch bis Mediasch lösen können, nur wären wir dann mit 5780 Kc dabei gewesen. Die Fahrkarte war zwar in Euro (und Korun) ausgepreist, bezahlen mußten wir aber mit Kc. Mittlerweile habe ich aber die Info, daß die "City-Star-Tickets" sowohl in Decin als auch in Prag mit EC-Karte bezahlbar sind.
Inzwischen war es abens kurz vor 10 und unsere Mägen knurrten. Also mit Ruck und Sack in die nächste Prager Schwarzbierkneipe. Gambrinus hieß die Lokalität, etwa 5 Minuten vom "hlavni nadrazi" weg. Das namensgebende Schwarzbier wurde zwar sicher nicht nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut, schmeckte aber dafür um so besser! Also weg damit! Als "Beilage" gab's reichlich "Kung pao", süß-sauer gebratene Erdnußkerne mit Reis - leckerst! Stefan und Tilo entschieden sich für die böhmische Küche: Genauso gut!
23:24
fährt der D375 Pannonia ab Prag Hbf, wir in einem eigenen Abteil
(anzuraten wegen der Nachtruhe). Zu Dritt ein herrliches Reisen!
Unterwegs diverse Halte mit nervenden Fahrschein-, Paß- und
Zollkontrollen, bei denen man meist beiden handelnden Parteien
ansieht, was sie davon halten...
8:45 ist man in Budapest . 9:45 ging es mit dem selben Zug weiter
nach Bekescsaba (etwa 30 km vor Lököshaza). Hier sind wir erst
mal ausgestiegen in der Annahme, in einer größeren Stadt besser
Fahrkarten nach Arad erstehen zu können. Damit lagen wir auch
völlig richtig. Der Kauf ging ohne große Probleme wie üblich
über die Bühne: zuerst nach dem Fahrpreis erkundigen, Geld
tauschen (Mo-Sa ca. 5:30-18:30, So geschl.!) und Fahrkarte
Lököshaza-Arad holen: One-way für 2255 HUF (2P), 2-way: 1815
HUF (2P)! Die Geldwechselstube befindet sich gleich neben dem
Fahrkartenschalter.
(Also 2-way kaufen, logo, schließlich 60% Rabatt ....) 13:18
fährt der "Kleine Grenzverkehrszug" von Bekescsaba
nach Arad, ab Curtici wird der Zug zum "Rapid" und
bekommt eine neue Zugnummer. Damit müßte man ab Curtici
eigentlich Platzkarte und Zuschlag zahlen, das entfällt aber mit
dem "internationalen" ungarischen Ticket. Sehr
lobenswert!
Der ungarische Kontroletti bekam zwar fast einen Herzkasper, als
wir ihm versehentlich schon den "neuen" Fahrschein
zeigten, obwohl wir uns noch zwischen Bekescsaba und Lököshaza
befanden. Nachdem das Mißverständnis geklärt war, war aber
eitel Sonnenschein angesagt.
Der Maisgürtel zwischen Lököshaza und Curtici war zu dieser Jahreszeit trotz der Tatsache, daß es seit der Schneeschmelze nicht mehr geregnet hatte, noch als solcher zu erkennen. Die Infrastruktur der ehemaligen Grenzzollanlage in Curtici rostet immer schlimmer vor sich hin, alle Gleise sind aber noch elektrisch überspannt, obwohl der "Rückleiter" darunter förmlich nach Einschmelzen schreit. Die vor tausend Tagen noch anzutreffenden Tausenden von rostenden Güter- und Personenwagen sind aus dem Bahnhofsbereich verschwunden. Wo mögen die wohl hin sein? Der Fahrgastbereich des Bahnhofs selbst ist zwar nicht modernisiert, aber gepflegt. Das Grenzzollpersonal umstellt die Züge nicht mehr mit der Kalschnikov, sondern wacht lässig auf dem Bahnsteig mit der Makarov am Gürtel. Gestempelt wird wie eh' und je, selbst die Frage nach dem "wohin" scheint obligat. Nur die Erhebung der Gebühr für das Einreisevisa ist entfallen.
15:50
langt der Zug in Arad an. In den tausend Tagen seit meinem
letzten Besuch hat sich nicht viel verändert, lediglich der Kurs
war anders (statt 100 DM reichten nun etwa 28 Euro zum
"Millionär") und die ehemals doch recht schmierige
"Schiene" mit gelangweiltem Personal und eintönig
kreisendem "Miefquirl" an der Decke hat sich zur
"Bar" mit leichtgeschürtztem Personal und diversen
einarmigen Banditen gemausert.
Die eigentliche "Schiene" war "outgesourced"
worden und fand sich auf dem Bahnhofsvorplatz wieder, gar nicht
mal zu ihrem Nachteil. Für mich gab's eine ciorba de burte,
Stefan und Tino waren allerdings nicht für Kutteln zu
begeistern. Die erste rumänische "Pilsette" ließ das
Mißtrauen der beiden in einheimische Lebensmittel aber schnell
schwinden. Für die Versorgung mit Brot, Zwiebeln und Knobi lud
der kleine Markt auf dem Bahnhofsvorplatz ein. Eine Tütensuppe
schmeckt mit etwas frischem Gemüse eben doppelt so gut.
Das erste Kopfschütteln meiner beiden Mitreisenden gab's jedoch bei der Prozedur des Fahrkartenverkaufs. Da wir mit dem gleichen Zug wie vor 3 Jahren weiterfahren wollten, stellte ich mich natürlich auch am gleichen Schalter wir vor drei Jahren an. Pustekuchen, diesmal war es der gegenüberliegende. Das System, wie man den richtigen Schalter zum richtigen Zug zuordnet, hab' ich immer noch nicht begriffen. Generell gilt ja für Zugreisen in Rumänien: Fahrkarten gibt es für jeden zuschlagpflichtigen Zug auf dem Bahnhof immer erst eine Stunde vor Abfahrt; sie enthalten auf der Rückseite immer gleich die Platzkarte ("tichet de loc"). Interessant ist dies bei der Rückfahrt bzw. bei Umsteige- oder Freifahrkarten: hier MUSS man immer ein "tichet de loc" lösen, sonst gibt's großen Streß mit dem conductor (Merke: das Ding heißt "tichet de loc"..:)). Fahrkarte und "tichet de loc" werden beim Verkauf aufeinander referenziert, sind somit nicht übertragbar.
Unser Zug fuhr 17:30 nach Sibiu, zuerst an der (die/das?) Mures entlang, das letzte Stück eingleisig durch enge Schluchten des Cindrelgebirge bis Sibiu, das man gegen 22:30 erreicht. Unterwegs gesellten sich zwei Schwester im Rentenalter zu uns, die eine knapp 70, modisch und "mopsfidel", in den 70-ern nach Deutschland ausgewandert, die 14 Jahre ältere, würdevolle, in traditioneller Tracht angetan und "heimattreu" geblieben, die ihre Verwandten bei Tejus besuchen wollten: so kurzweilig habe ich selten eine Bahnfahrt erlebt! In unseren ICE's schlafen die Leute immer nur oder starren zum Fenster hinaus. So hab' ich nebenbei auch noch ein paar weitere Brocken rumänisch lernen können. Und der Hit der Fahrt ist natürlich die knappe Stunde durch die Schluchten und Täler des Cindrel. Dagegen ist die Fahrt mit der Müglitztalbahn landschaftlich gesehen absolut fade (allerdings auch schneller).
Angekommen
in Sibiu hat man nun die Möglichkeit, kurz vor 23:30 in Richtung
Medias ("hoch" zu; z.B. zu den Salzseen von Ocna) oder
in Richtung Fagarasch ("runter") zu fahren. Hat man
weiter nichts zu tun: Den Vorplatz überqueren, die unscheinbare
Straße links des Vorplatzes geradeaus über die nächste
Kreuzung und nach wenigen Minuten ist man auf auf der "piata
mare". Hier kann man seinen Lieben daheim eine weltweite
Botschaft zusenden, zumindest wenn diese einen Internetanschluß
haben und man selbst einen großen Block mit Stift: In der ersten
Etage der "banka agricola", zweites Fenster von rechts,
befindet sich die web-cam. Der link dorthin:
wetter.de->rumänien->sibiu->web-cam. (Na gut, es muß
noch hell sein.. :o).
Von der piata mare führt eine Einkaufspassage linksseitig zum
Festplatz der Stadt. Wir waren einige Tage später zwischen 21:00
und 22:00 Uhr dort: wenn Dresden eine solch angenommene
Flaniermeile hätte, wären wir schon viel weiter!
Wir
nahmen also den Zug "runter" zu und fuhren gleich die
nächsten 50 km nach Cirta (Zugfahren des nachts ist in Rumänien
"in" und genau so sicher wie tags; überhaupt ist,
zumindest außerhalb der Großstädte, die Sicherheitslage wie
daheim) und verbrachten die Nacht ganz easy auf dem dörflichen
Fußballplatz. Das Zelt aufzubauen, war ich angesichts des
Sternenhimmels zu faul, Stefan und Tilo taten's, aber da schlief
ich schon ....
Am anderen Morgen, wir waren gerade beim Frühstück, kam
plötzlich ein Bauer mit seinem Pferd auf den eingezäumten Platz
und, nachdem er das Tier mit einer Longe angeleint hatte, auf uns
zu: Nach einem freudlichen buna dimineata entnahmen wir seinen
Worten, daß wir nur ruhig weiter frühstücken sollten und, wenn
wir gehen, das Tor wieder verschließen. La reverdere...
Zwischendurch war immer wieder das Hupen und fröhliche Winken
der Vorbeifahrenden zu hören und zu sehen; von Streß,
Mißgunst, Mürrischkeit keine Spur.
Mittlerweile hatte der Wind aufgefrischt und "trieb" uns direkt dem Gebirge zu. Da wir ja nur eine Woche Zeit hatten, hatten wir den Bilea-Lac als Einstiegspunkt gewählt. Damit würden wir zwar das "Kirchdach" aussparen, aber alles kann man nun 'mal nicht haben. Der Weg zum Abzweig der Transfagarascher Hochstraße von der DN105 war dank einer Schar fleißiger Erntehelfer schnell gefunden, auch der Platz für die (ansonsten absolut nicht erkennbare) Bushaltestelle am Abzweig ward uns vom dortigen Tankwart schnell gezeigt. Die Uhr zeigte kurz vor neun, das Schild am Straßenrand hinter uns aber "Straße gesperrt". Natürlich stellt sich da sofort die Frage, welcher Bus oder welches Auto denn eine 26 km lange Strecke in's Gebirge fahren soll, wenn es auf der anderen Seite nicht wieder hinunter geht?? Aber keine 10 min später, wir versuchen per Autostop unser Glück, hält schon der Erste mit drei freien Plätzen an und lädt uns samt Gepäck flugs ein. Den Abzweig zum Kloster Cirtisoara lassen wir einige Kilomerter später links liegen. Das Kloster wäre bestimmt einen Besuch wert gewesen, uns aber treibt es in's Gebirge. Unser "Engel mit Auto" fährt uns wirklich bis zum letzten Gebäude vor dem Gebirge, hier baut er sich am Bach sein kleines Häuschen, das er später einmal vermieten will. Wärmeschutzverordnungsritter dürften zwar die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, für mich sah das Hüttlein aber trotzdem schon jetzt einfach uhrig aus. Nachdem der stolze Bauherr die Führung durch seine Latifundien nebst Hazienda beendet hatte, wurden wir zu einer Cola-Flasche mit klarem Inhalt geführt und schnell vier kleine Plastebecher gereinigt. Ich hatte gerade noch Zeit, Tilo und Stefan die wichtigste rumänische Vokabel beizubringen, dann hieß es schon: Noroc! Der Tuica wärmte durch und heizte ein. Nach der herzlichen Verabschiedung sind wir fast eine halbe Stunde mit Gelächter bergan marschiert, bis der Alk wieder 'raus war.
Langsam sieht man die Sonne auch aus dem tief geschnittenen Tal heraus, die Luft wird wärmer. Nach einigen vergeblichen Versuchen (die Autos waren schlicht voll) zu trampen, werden wir von einem Freiberger Paar mitgenommen, das seinen Sohn, der in Sibiu Restaurator lernt, besucht hat. Ihren letzten Urlaubstag wollen beide mit einer Wanderung um den Bilea-Lac verbringen. An der Seilbahnstation der Bileakaskaden sonnen sich unterdessen die Ausflügler. Die Bahn selbst ist außer Betrieb. Wir haben riesiges Glück: Die Freiberger lassen sich nicht von der Hinweistafel schrecken, daß die Staße noch nicht durchgängig befahrbar ist. Und richtig, im steilsten Stück der Straße passieren wir noch eine langgezogene, durchgewühlte Schneewehe. Einige Tage vorher wäre hier bestimmt Schluß gewesen. Doch so erreichen wir den Parkplatz am Tunnel. Thermometer und Uhr zeigen "11". Zum Dank für die komfortable Anreise kann ich mich mit einer Kartenkopie der Bileagegend revanchieren.
Nun
geht's los. Hinauf zum Capra-See-Sattel im Galopp, die Lunge
keucht, der Sturm pfeift. Oben sind kaum mehr als 6 Grad. Am See
etwas weiter unten ist's dann etwas ruhiger. Am Studentendenkmal
kurz daneben treffen wir zwei Sauerländer, die sich in Sibiu
einquartiert haben und schon einige Tagestouren hinter sich
haben: Bis gestern sei noch T-Shirt-Wetter gewesen. Na prima!
Die Querung unterhalb der Buteanu-Wände ist fast schneefrei,
hier hatte ich eigentlich Mitte Juni mit einer geschlossenen
Schneedecke gerechnet. Aber auch so schlaucht der Anstieg zum
Drachenfenster genug. Diesmal hab' ich allerdings meinen Foto
'mal dabei. Die anschließenden "Drei Schritte zum
Tode" sind problemlos (wie immer, wenn ich hier bin), selbst
bei nun wieder merklich aufkommendem Wind. Am Büchsensee kurz
vor dem Podragu-Abstieg schlagen wir unser Nachtlager auf. Der
Abfluß des Sees ist noch meterdick unter Schnee begraben. Zum
Waschen und Wasserholen reicht es aber. Auf der anderen Seite des
Talkessels tobt eine Horde Teenies bis zum Dunkelwerden. In der
Nacht stürmt es recht arg, aber unsere Zelte überstehen es
unbeschadet, lediglich der Schlaf ist etwas kurz weggekommen.
Ider
Nacht haben sich Wolken gesenkt, mit unserem 2280m hohen
Rastplatz stecken wir mitten drin. Das Wasser an den Gräsern ist
gefroren, aber der Wind hat sich etwas beruhigt. Nach einem
gepflegten Müslifrühstück geht es los. Über mehrere Auf- und
Abstiege, sogar irreführende Kehren gelangen wir im
Rauhreifsturm zum Vistea Mare-Gipfel. Den Abstecher zum
Moldoveanu klemmen wir uns bei dem Wetter. Die (neuen!) Wegweiser
sind so mit Rauhreif überzogen, daß man die Schrift kaum
erahnt. Die Grasbüschel tragen etwa fingerdicke Reifpanzer. Die
Tatra sieht im Winterurlaub nicht viel anders aus. Heute jedoch
ist der Tag der Sommersonnenwende!
Der Abstieg ist noch ätzender als der langgezogene Aufstieg,
dafür entschädigt der Ausblick durch die für einige Minuten
aufreißende Wolkenwand in Richtung Vistea-Mare-Senke mit der von
uns angesteuerten "Kammgarage", der Refugiu
"Vistea Mare". Der erste Eindruck: Wenn Du hier in
Sturm, Regen und Gewitter strandest, glaubst Du, im Himmel zu
sein: ein zweietagiges Stahlgestell mit Sperrholzauflagen für
etwa 10 Leute, dazu ein Stahltisch. Die Tür verschließbar, das
Fenster leider zerbrochen, aber mit einer Tüte geflickt. Der
Boden ohne Schafexkremente. Ist natürlich nichts für
"all-inclusive"-Touries :o).
Kurz zuvor gesellte sich noch ein recht wortkarger Hirte zu uns.
Gegen einen Tee hatte er nichts einzuwenden, und so machten wir
erst 'mal Mittag. Als wir ihm noch ein Pfund Kaffee in die Hand
drückten, waren wir froh, daß der Rucksack leichter wurde, und
er über seine Errungenschaft.
Nach einem "Salutate" zogen wir weiter, vorbei an
großem und kleinem Fenster bis zum Fuß der Urlea-Pyramide. Nun
hatte mich beim letzten Mal unser Gabi ja auf die Urlea neugierig
gemacht, andererseits ist der (Haupt-) Weg über den Jezerul ja
auch wirklich sehens- und laufenswert. So hab' ich dann meine
beiden Mitstreiter überzeugen können, den Rot-Band-Weg weiter
zu laufen, während ich mich auf die Urlea stürzte (oder besser
keuchte). Wir haben es alle drei nicht bereut: Von der Urlea
führt ein nur anfangs steiniger Pfad später über weite, weiche
Matten bis in die Senke zwischen Mosuleata und Mosu, in der ein
Bach entspringt. Für mich ein Labsal, da ich den letzten Tropfen
Wasser auf der Urlea aufgebraucht hatte. Weiter unten im Tal
unterhalb der Urlea steht eine Stina, aber eher von der
bescheidenen Sorte. Die Frage nach kaufbarem Käse wurde mit
"leider nicht" beantwortet. Auf der anderen Seite
steigt man über herrliche Alpenrosenmatten einen schon recht
verwachsenen Pfad etwa 100 Höhenmeter zur Zirna-Schutzhütte
auf. Die hat von Jahr zu Jahr einen erbärmlicheren Zustand, der
nicht vom Wetter herrührt. Hier haben Hool und Co. ganz kräftig
gewütet. Weder Tür noch Fenster sind noch vorhanden, viele der
Epoxidharzfünfecke sind beschädigt, der Wind heult durch den
"Fußball". Wir hatten zum Glück Kaiserwetter und
haben davor gezeltet. Mit uns ein Pärchen, das den Königstein
schon hinter sich gebracht hatte und recht beeindruckt ob dessen
Schroffheit war. Ich selbst war allerdings auch recht fertig, die
Tour war doch recht heftig gewesen.
Am
anderen Morgen bin ich zum "Shoppen" nach der
Morgenwäsche 'mal bis zur Stina am Zirnei-See abgestiegen, war
aber "keiner da". Dafür hab' ich ein paar fotogene
Eindrücke vom eigentlich fast animalischen Leben der Hirten
einfangen können. Mit unseren Vorstellungen von Hygiene hat das
alles nichts zu tun. Was wird wohl nach dem EU-Beitritt mit
solchen "Produktionsstandorten"?
Der Tag zeigte sich anfangs wieder von seiner besten Seite. Heute
stand der Abzweig in's Jezer auf dem Programm. Nach einem sich
recht lang dahinziehenden Aufstieg auf den Ludisoru und einen
ebenso tiefen Abstieg zweigt der Weg nach rechts ab, zuerst über
weite Matten, vorbei an Millionen von Alpenrosen, später durch
Latschenkiefernbestände. Die herrliche Aussicht auf die bereits
zurückgelegten Teile unserer Tour vermischte sich mit der gar
nicht so herrlichen Aussicht auf den zu erwartenden Regen, der
jedoch letztendlich um uns einen großen Bogen machte.
Im Tal
unterhalb des Mezea-Gipfels wird gerade eine neue Stina gebaut.
Die Waldrodungen am Fuß des Jezer sind so angelegt, daß der
aufzuforstende Jungwald durch einen umlaufenden Gürtel von
Altbäumen vor Sturm und Lawinen sicher ist. Von der Mezea-Senke
geht es 600 Höhenmeter hinauf, zuletzt über große Blöcke, die
mich an das Rila erinnern. Ist man oben, hat man einen
traumhaften Ausblick nach allen Seiten.
Das Gebirge selbst dürfte bis auf die beiden
"Randerscheinungen" Vf.Rosu und Vf.Jezer im Winter
sicher ein Skifahrparadies sein, wenn es die Seilbahnerbauer
einmal entdecken sollten. Bis dahin gibt es aber noch die
idyllischen Flecken, wo man auf dichtem, grünen Gras sein Zelt
aufstellen kann, das keine 100m hinter einem entspringende
Bächlen munter dem Tale zu plätschert, abends die Sonne in die
Senke und in's Zelt herein scheint, der Wind fast einschläft und
man nur 120 m unterhalb des Kammes campiert. Ach Sorgen, ihr seid
so weit, doch morgen geht's zum Königstein..
Doch
auch dieser Morgen ließ sich noch gut an: Frühstück im
Sonnenschein, der Aufstieg zum Kamm beschwerdefrei, bis der Vf.
Jezer auftaucht. Und des Übels nicht genug, davor eine Scharte:
also 150m runter, 400m hoch. Gut, das wär' geschafft. Danach
Abstieg über den Cascoe-Rücken mit Tücken: ein Weg ist nur im
oberen Teil erkennbar. Zwar steht aller 500m eine Eisenstange mit
der Wegmarkierung, der Weg aber ist weg. So stürzt und humpelt
man über die recht steil abfallende Wiese mit ihren
halbmetertiefen Unebenheiten. Der Weg über die Nachbarschulter
Dracsinu sah zumindest anfangs aus der Ferne bedeutend besser
aus. Irgendwann ist aber jeder Sch...weg zu Ende, in unserem Fall
an der Stina am Waldrand. Der Schäfer meinte, der Weg Richtung
Tamas ginge nach links (was auch die Karte so meinte) und so
befolgten wir seinen Rat. Irgendwann teilte sich der Weg, der
eine Teil führte leicht bergan, der andere steil bergab. Da wir
ja zu Tale wollten, gab's keine Fragen. Welch Irrtum! Der Pfad
endete einen Kilometer später am nächsten Bach. Wir waren der
Tiertränke gefolgt. Was nun? Der Bach war klein, das Gefälle
mäßig, das Ufer bewachsen. Also "Vollschutz" anlegen:
Lange Hose, lange Jacke. Da fängt es auch noch an zu regnen. Das
Ende vom Lied: Da schlagen sich im wahrsten Sinne des Wortes drei
igelitgewandete Gestalten zwei oder drei Kilometer
unkrautvernichtend durch die Pampa. Das slovakische Paradies
läßt grüßen.
Doch was ist das? Da vorn ist Licht! Und kaum sind wir aus dem
Wald, hört auch der Regen auf! Die Sonne scheint! Der weitere
Weg ist ein Fahrweg, der sich gepflegt durch das nun größere
Tal zieht. Und als Krönung des Ganzen: kurz unterhalb der
Einmündung unseres Bächleins in den größeren Bach ergießt
sich dieser in einen einladenden Wasserfall! Also runter mit den
sowieso nassen Klamotten und ab unter die Dusche: Aktion
"Neuer Mensch". Doch als ob es des Guten schon zu viel
war, kaum sind wir wieder in den Sachen, verfinstert sich der
Himmel, und kaum sind wir wieder "on the road", öffnen
sich die Himmelsschleusen erneut, aber diesmal richtig! Und so
stampfen wir verbissenen Gesichts in Richtung Staumauer des
Pecineagu. Das Wasser rast in Strömen die Staße herab. Bei mir
rinnt es mittlerweile auch, und zwar die Mußrinne entlang. Die
Dusche war, unterm Reinigungsaspekt gesehen, völlig unnütz. Die
Bäche am Wegesrand sind mächtig angeschwollen, das Wasser ist
lehmbraun. Der ausgedörrte Boden kann solch Mengen trotz der
vorherigen Dürre einfach nicht aufsaugen. Von den steilen
Berghängen strömen murenartige Ströme aus Laub, Schlamm und
Wasser hernieder.
Im größten Regen stehen wir nun am Abzweig Richtung Tamas und
ernten mitleidige und verständnislose Blicke der Bewohner des
nebenan stehenden Gehöfts. Ich glaube, selbst wenn sie uns
aufgefordert hätten, zu bleiben, wir wären mechanisch
weitergelatscht. Schlimmer kann es ja kaum noch werden.
Nun
hatte ich zwar eine Karte, die aber war mittels
Tintenstrahldrucker dem web entrissen und nach dem Regen somit
nicht mehr sonderlich "detailscharf". Der Ausdruck
mittels Farblaser ist also zu empfehlen. Unterdessen war es kurz
vor sechs, das Licht ließ nach, die Kräfte auch und wir waren
an der letzten Stelle vorbei, an der man noch zwei Zelte hätte
aufstellen können. Da hieß es also, die Flucht nach vorn zu
wagen: Abendbrot stehend im schlammbraunen Bachbett und
anschließend 400 Höhenmeter hinauf auf den Rot-Band-Weg
zwischen Fagarasch und Königstein. Man kommt ziemlich genau an
der Stelle heraus, an der ich 15 Jahre zuvor die Bekanntschaft
mit zwei kleinen Hirtenkindern gemacht hatte. Die Holzbank steht
sogar noch, wenn auch recht verfallen. Während des Aufstiegs
hatte der Regen allmählich aufgehört. Allerdings waren unsere
Wasserreserven auch aufgebraucht. Die nächste Wasserstelle war
noch eine halbe Stunde hin. Nun wußte ich ja von der Stina in
etwa 3 km Entfernung. So haben wir denn unsere müden Knochen
aufgerafft und auch die letzten drei Kilometer auch noch
zurückgelegt. Die Alm hatte sich kaum verändert, die Wegweiser
waren allerdings funkelnagelneu! Die Neugier trieb uns vor zur
Stina - verlassen. Wie die Schmierereien an den Wänden zeigten,
schon seit mindestens 2001. Nun waren wir also "Stineri auf
Zeit". So gut es ging, richteten wir uns ein, ein Feuerchen
ward schnell entzündet und desinfizierte mit seinem Qualm sofort
alle Sachen. Kaum tuckerte die Barthel-Bombe, da zeigte sich auch
Tante Klara wieder von ihrer besten Seite und bescherte uns eine
fast heilige Abendstimmung: Im Tal wogte der Nebel, darüber
glänzte die Sonne. Hinter uns glühte das steinerne
Spitzengewebe des Königsteins und ließ die große Geröllhalde
erahnen.
Langsam kam die Nacht und hüllte uns drei Adventuretouries in
ihre Decken, denn auf den harten Holzlattengestellen der Hirten
hätten wir normalerweise nie auch nur ein Auge zugemacht.
Der
Morgen kam, und das Wetter verhieß nichts Gutes: Der Königstein
hüllte seine Krone den ganzen Morgen in grauen Filz, der zudem
recht zerzaust schien. Nach unserem morgendlichen Pow-Wow haben
wir uns dann für die "Urlaubsvariante" entschieden:
Besichtigungstour zum Grenzerkreuz, danach den Weg unterhalb der
Wände wieder zurück bis zum Abzweig zur Deubelscharte. Die
Karte dieses Gebietes stimmt nur teilweise, mittlerweile sind
Wege, bedingt durch Rodungsaktionen, verlegt und neue Wege
hinzugekommen, aber mit einem kleinen bißchen Intuition kommt
man gut zurecht.
Unser Ziel, das Grenzerkreuz, war allerdings dann doch soweit
weg, daß uns der Regen schon vorher wieder einholte. So
erkundeten wir den Wandfuß des Königsteins, einige Grotten und
Höhlen, kamen sogar an ein paar Gemsen bis auf Fotoentfernung
heran und faulten den Rest des Tages in "unserer"
Hazienda herum. Wenn man es weiß, sieht man von von hier aus
sogar die in der Karte eingezeichnete Höhle. Mit dem Fernglas
kann man die Kletterkunststücke der Gemsen verfolgen.
Unsere Ausrüstung haben wir während unseres kleinen Ausflugs
teilweise in der Senne zurückgelassen.
Diese Idylle brachte uns dann auf die Idee: Was wäre dieser
Standort für eine Berghütte! Klettertechnisch ideal gelegen,
Wasser und Holz vorhanden.
Fehlt nur die Straße. Aber wenn diese kommt, hat die Erde wieder
eines ihrer Paradiese weniger. Leider.
Nun war
er also da, der Tag des Königsteins. Nach dem obligaten
gepflegten Müslifrühstück bei bedeutend besserem Wetter fiel
der Startschuß schon früh. Den ersten Teil des Weges bis zum
Wandfuß kannten wir ja schon. Von dort schlängelt sich der Weg
mit ständigen Auf- und Ab noch etwa eine Stunde nordwärts am
Fuße der Wände hin. Dann steht man am Beginn der Deubelscharte,
deren Name sogar auf einem Wegweiser auftaucht. Der Aufstieg
erinnert in Vielem an die Dolomiten. Die an den neuralgischen
Stellen angebrachten und in gutem Zustand befindlichen Stahlseile
geben die nötige Sicherheit. Etwa in halber Höhe bietet eine
Höhle notdürftigen Schutz, falls der Wettergott einmal nicht
milde gestimmt ist. Nach knapp zwei Stunden mit wechselweisem
Wandern, Klettern und "Knipsen" standen wir dann oben
auf dem Kammweg; wo wir vorher noch fröstelten, schien nun die
Sonne voll herein. Kurz noch einen Abstecher zum La Om und auf
geht's Richtung Süden, immer den schmalen Gratweg entlang.
Die Sicht reichte zwar weit in's Land bis hinüber zu Leaota,
Schulerau und Bugegi, aber für gute Foto's war's einfach zu
diesig.
Uns
hat's nicht gestört, wir wanderten den absolut empfehlenswerten
Kammweg gen Süden, vorbei an Wiesen mit allen erdenklichen
Blumen, selbst das Edelweiß wächst direkt neben dem Weg. Nach
etwa zwei weiteren Stunden erreichten wir die Saua Funduri. Hier
geht der Kammweg in einen gemäßigteren Teil über. Wir
verließen den Kamm und stiegen über einen weitgezogenen Bogen
durch Jungwald und über weite Wiesen zu den Funduri-Sennhütten
ab. Der Weg schien es allerdings kurz vor uns einem Bären so
angetan zu haben, daß er sich von jedem Meter einen Hand voll
herausgerissen hatte. Uns gefiel der Weg dadurch ganz und gar
nicht.
An der Senne freundlicher Empfang, besonders als sich
herausstellte, daß wir zahlungskräftiges Publikum waren.
Andererseits, wo bekommt man schon drei Pfund Schafskäse in
Fichtenrinde eingenäht für ein Pfund Kaffee und umgerechnet 5
Euro?
Daß dann noch ein 10-er Pack R6-Batterien den Besitzer
wechselte, erhöhte die Freude der neuen Besitzer noch mehr. Wir
aber mußten weiter. Willi hatte mich mit seinen Foto's von der
Brusturet-Location neugierig gemacht.
Den
Abzweig zum Weg durch's Pietrelor-Tal haben wir nicht gefunden,
dafür den direkten Weg zur Cabana Brusturet. Auf dem Weg dahin
wurden wir allerdings mit der Nase darauf gestoßen, was die
rumänische von der deutschen Art unterscheidet, Probleme
anzugehen:
Es gab da 'mal zwei recht gute Waldwege, dann kam mehrfach der
große Wind und ließ einige Bäume umfallen.
Hier teilt sich nun die Geschichte: Die deutsche Problemlösung
besteht nun darin, alle Bäume zu fällen, die zukünftig jemals
auch nur einen Zapfen auf den Weg hätten fallen lassen können,
und diese zusammen mit dem Windbruch abzutransportieren.
Die rumänische Lösung: Die Bäume bleiben liegen, bis
Borkenkäfer und andere "Helfer" ihr Werk getan haben.
Bis dahin (also mindestens die nächsten 20 Jahre) latscht man um
den Windbruch herum, quer durch's Unterholz, zertrampelt mit
seinen Herden die umstehenden Jungbäume und verschlammt mit
deren Hufen den Bach.
Welche Lösung die bessere ist, kann jeder für sich entscheiden.
Nach
einem steilen Abstieg hatten wir's dann geschafft. Die
Zivilisation hatte uns wieder. Zur Freude der guten Frau in der
Kneipe verputzten wir ihre sehr gut schmeckenden Futteralien für
reichlich eine halbe Million Lei, was bei Preisen von 2 Euro für
den Teller schon etwas heißen will...
Während des Essens, es war mittlerweile weit nach 19:00,
versuchten unterdessen 11 (!) Waldarbeiter, einen Baumtransporter
mit etwa 20 Stämmen zu beladen. Als wir zwei Stunden später zu
Bett gingen, hatten sie es endlich geschafft. Die Bäume dürften
damit schon das Dreifache wert gewesen sein.
Am anderen Tag bekamen wir noch mit, daß der Fahrer des Abends
auch noch den Zündschlüssel mit in's nächste Dorf genommen
hatte. Und so wurde der neu hinzugekommene Roman-Diesel gleich
wieder die 20 km zurückgeschickt. ....
Mit solch einer Produktivität droht Rumänien nach dem
EU-Beitritt der Absturz hinter Albanien und Bulgarien.Ob das wohl
alle wissen?
Für sehr moderate Preise konnten wir noch eine der putzigen
Hütten mieten, die am völlig ausgetrockneten Bachlauf standen.
Unsere während der Tour gesammelten Abfälle deponierten wir im
Mülleimer der Kneipe. Doch wie groß war unser Entsetzen, als
gegen Kneipenschluß die Kneiperin den Eimer nahm und dessen
Inhalt 50 m neben das Anwesen in den Wald entleerte? DAS hätten
wir auch gekonnt!
Nach
einer Nacht mit 5000 Hunden (vielleicht waren's auch zehn
weniger) und deren Gekläff stand die Besichtigung der
Dimbovicioarahöhle auf dem Programm. Vorbei an kleinen Weilern,
in denen an jeder Ecke gebaut wird (und das architektonisch vom
Feinsten!) führte uns der Fahrweg die engen Schluchten der
Dimbovica entlang. Am Ziel mußten wir etwas warten, dafür
bekamen wir dann eine "Höhlenerklärerin" mit auf den
Weg. Das Mädchen war vielleicht 8 Jahre und versuchte sich mit
ein paar Brocken Englisch das Taschengeld aufzubessern. Ob sie
auch selbst verstanden hat, was sie sagte, weiß ich aber nicht
so genau. In der Höhle selbst gab's nicht viel zu sehen, dazu
hatten die Touries aller Nationen schon zu sehr gewütet.
Vor der Höhle die obligaten Souvenirstände. Wir deckten uns mit
Fichtenrindenbrinza ein. Ein Stück daneben versucht ein
örtlicher Glücksritter mit viel Fleiß und Enthusiasmus, aber
scheinbar wenig fachlichem Verstand, direkt an den Fels (nasser
Kalkstein!) eine Touristenbleibe zu errichten. Wenn aber die
Wände im Erdgeschoß schon während der Bauphase bis in 1m Höhe
Stockflecken, Ausblühungen und Schwarzschimmel zeigen, will ich
nicht wissen, was der Frost im kommenden Winter mit dem Gebäude
veranstaltet. Das Beste von allem war seiner Meinung nach zwar
das fließende (Leitungs-) Wasser in allen Räumen. Für mich
waren es aber die handgesetzten, verspielt gestalteten zierlichen
Kachelöfen (Absätze, Nischen, Durchreichen,..), die in jedem
Zimmer standen.
Jeder Bauplanprüfer hätte zwar die Hände über dem Kopf
zusammengeschlagen und die (deutsche) Feuerwehr würde das
Gebäude sofort sperren lassen, vom Statiker ganz zu schweigen,
aber wir sind ja (noch) in Rumänien.
Nachdem
wir in's nächste größere Dorf eingeritten sind, stürmen wir
erst 'mal das "Magazin Mixt" und genehmigen uns ein
gepflegtes "Urus". Mit den altehrwürdigen Herren des
Nachbartisches entsponnt sich eine lebhafte
Hand-zu-Fuß-Unterhaltung. Nebenbei: Ich hatte noch nie einen
Menschen gesehen, der nur noch Silberzähne hatte!
Etwas später, wir sind schon losgezogen, sammelt uns das
Maxi-Taxi ein und brachte uns durch die Mautstelle am Taleingang
nach Podu Dimbovica zur Paßstraße Bran-Rucar. Der Bus läßt
auch nicht sonderlich lange auf sich warten. Im Bus dann diverse
Männer aller Altersgruppen mit zusammengebundenen Sensen, die
als Mund-zu-Mund-Propaganda-Tagelöhner von Wiese zu Wiese ziehen
und mittels Grassensen Ihren Unterhalt von etwa 100 000 Lei (ca.
3 Euro) pro Tag verdienen. Für viel mehr als den täglichen
Tuica und die Busfahrt reicht das nicht. Aber alle sind gut
drauf, selbst als der Bus so voll wird, daß selbst Heringe in
der Dose komfortabler liegen.
Bei der
gut 90-minütigen Fahrt durch das hügliche Land zwischen Rucar
und Bran wird am Paß eine viertel Stunde Rast eingelegt. Hier
besteht auch die Gelegenheit, etwas zum Essen oder zum Trinken zu
erstehen. Bei der Einfahrt in Bran vorbei am Zeltplatz halte ich
Ausschau nach der Salmonellen-Kneipe vom letzten Besuch. Die
wurde aber vermutlich dicht gemacht. Nichts erinnert mehr an die
Ursache des "Großen Reiherns".
Der Besuch von Schloß Bran und der davor liegenden Freiluftschau
ist immer wieder ein Erlebnis, selbst wenn neuerdings im Schloß
Fotoverbot herrscht und die Farbe an den Außenmauern langsam
wieder zu bröckeln anfängt. Der Souvenirmarkt vor dem
Schloßareal mausert sich langsam zum eigenen Highlight mit
eigenem Kunstbereich. Der nebenan liegende
"Dracula"-Markt ist fest in der Hand der Firma
"Trödel,Tand&Tineff", die auch den Dresdner
Freitagsmarkt unterwandert hat. Die (umgerechneten) Preise hatten
im Vergleich zu 2000 deutlich angezogen.
Uns zog
es aber gleich weiter nach Brasov, nur kam leider der Bus nicht.
So sammelte sich eine doch recht große Menschenmenge an der
Haltestelle. Das hatte auch sein Gutes, so konnte ich einen
kleinen Knirps mit der Nudossitube beglücken, die noch in meiner
Seitentasche steckte. Ob der Verschluß wohl bis daheim gehalten
hat? Die Fahrt nach Brasov endete leider nicht am Bahnhof,
sondern an der Peripherie. Der Weg zum Bahnhof zog sich dann ganz
schön. Kaum betreten wir das Bahnhofsgebäude (Menschenmassen!),
wird der nächste Zug nach Sibiu ausgerufen. Noch drei Minuten
Zeit! Und was macht der Tourie? Er rennt los, anstatt die gute
(prä-)orientalische Ruhe an den Tag zu legen und erst 'mal
Fahrkarten zu kaufen und den nächsten Zug zu nehmen. Die
Quittung: statt 79 000 Lei sind wir 245 000 pro Person los
geworden, da "unser" Zug auch noch ein accellerat war
(Nebenbei: mit dem folgenden Zug wären wir auch nicht später in
Ocna gewesen).
Zwei Stunden später standen wir wieder auf dem altbekannten
Bahnhofsvorplatz von Sibiu. Diesmal sind Stefan und ich gleich in
die Stadt marschiert, Geld zu tauschen, da uns der
"Öler" doch heftig geschröpft hatte. Dabei sind wir
wohl in die Erlebnismeile geraten. Da tobte abends um Zehn immer
noch das Leben: Oktoberfest ohne Zelte und genauso proppevoll.
Mit dem Nachtzug fuhren wir dann die reichlich 10 km nach Ocna Sibiuliu. Dort fällt man aus dem Zug und steht praktisch schon auf dem Zeltplatz. Das Problem: von überall her tönt und dröhnt Musik bis früh um vier. Ich wälzte mich im Schlafsack und erdachte hunderte Sabotagevarianten an Boxen und Verstärkern, um endlich Ruhe einkehren zu lassen. Vergeblich. Kaum dämmerte der Morgen und verstummten die Brüllwürfel, fingen nun die Köter ihr Gekläff an.
Die
Salzseen von Ocna bestehen aus vielleicht 15 Seen
unterschiedlicher Größe und absolut unterschiedlichen
Salzgehaltes, teilweise natürlich, teilweise durch einstürzende
Gewölbe des mittelalterlichen Salzbergbaus entstanden. Einer der
Seen gehört zum Zeltplatz, einer zum Dorf als Mülldeponie (!),
die anderen zu einem naturfreibadähnlichen Areal, in dem diverse
Kneipen, Buden, Massagehäuschen,.. zum Verweilen und Verwöhnen
lassen einladen.
Wer einen Tag auf seiner Reise durch Rumänien "opfern"
kann, sollte hier (und vielleicht auch in Verbindung mit einem
Besuch in Loamnes) einen Tag einplanen. Wer hier zum Baden
herkommt, sollte allerdings keine frischen Wunden haben: das Salz
"feuert" gar mächtig.
Unsere Urlaubszeit neigte sich hier zu ihrem Ende. Wir starteten rückzu ab Ocna 16:35 nach Medias. Hier fährt man am Besten mit dem R346 Dacia (21:37) bis Budapest (5:27); als Fahrkarte löst man Medias-Arad für 280000 Lei. In unser Abteil stieg später noch ein 23-jähriger Rumäne zu, der seit seinem 4. Lebensjahr in Österreich lebt, und nun im Auftrag einer österreichischen Adventure-Travel-Agentur Touristen durch die Berge und Täler Rumäniens führt. Nach seiner Bitte, ihm doch unsere auch kritischen Eindrücke über Rumänien zu schildern und unserem etwas überspitzten Fazit, daß Rumänien gerade dabei ist, seinen größten Reichtum, seine Landschaft, durch die Mentalität der Müll-in-die-Gegend-werf-Gesellschaft zu entwerten, (was er genau so sah), kamen wir dann auf den unserer Meinung nach neuralgischen Punkt des heutigen Rumäniens zu sprechen: Daß ein Land, daß ein halbes Jahrtausend lang den Begehrlichkeiten und daraus resultierenden Kriegen verschiedenster naher (Ungarn, Bulgaren) und ferner (Hunnen, Mongolen, Türken) Nachbarn ausgesetzt war, sich nach kaum errungener (demokratischer) Selbstständigkeit dem (Verlust-) Druck von 10 Millionen Dollar Militärhilfe beugt und nichts Besseres zu tun hat, als sich in ebenso ferne Kriege einzulassen. Noch dazu, wo ja erkennbar ist, daß das postulierte Ziel des Kieges, der Transfer der (amerikanischen) Demokratie in den mittleren Osten, auch dessen Ursache ist: Der american way of life!?
Nun, das war recht starker Tobak für ihn. Trotzdem haben wir uns noch recht tiefgründig mit ihm bis Curtici unterhalten, wo er die nächste österreichische Reisegruppe in Empfang nehmen sollte. Kurioserweise wollte auf dem Abschnitt zwischen Arad und Lököshaza keiner unsere Tickets sehen, die wir ja ebenso wie die von Lököshaza-(Prag)-Decin schon besaßen (Rücktour der 2-way-tickets). Sollte man für Prag-Decin (wie wir) eine Fahrkarte benötigen: nicht in Budapest kaufen: kostet hier 14,70 statt 5,20 Euro in Prag. Am Besten macht sich in einem solchen Fall der Bus 20:15 (von "UAN Florenc"), ca 15 min vom Bahnhof: 75Kc.
Mit beiden Varianten (Zug und Bus) erreicht man Decin gegen 22:00 und damit den tschechischen "Lumpensammler" 22:26 nach Dolni Zleb. Dann noch mal 35 min zu Fuß (BGS-ler habe ich an der Grenze auf dieser Seite noch nie gesehen) und 23:47 die S-Bahn nach Dresden. So liegt man spätestens um zwei wieder daheim im Bett.
Für Leute, die weiter weg müssen oder noch einige Tage in der Sächsischen Schweiz verbringen wollen: in Königstein gibt's da eine kleine Berghütte .. URL siehe unten.
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Frank Weise, Dresden frank.weise1@arcor.de
http://home.arcor.de/berghuette.koenigstein/berghuette.koenigstein/