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Rumänien 1987

Ein Reisebericht von Petra Watzka & Hella Pohle


12.08.87

Aufbruch nach durchpackter Nacht. Ab Dresden 8 Personen im Abteil, schlimme Nachtfahrt.

 

13.08.87

Der Zug fährt, wir wollen es kaum glauben, trotz gegenteiliger Auskunft, über Arad ins gelobte Land. Nun können wir nicht wie geplant in Sibiu aussteigen. Also nach Sighisoara, Michael besuchen. War der überrascht! Er mußte aber erst mal noch "das Wasser aufhalten" (irgendwas mit der Wasserleitung), indessen "unterhielt uns" sein Bruder. In Minutenschnelle wurde für uns eine Suppe herbeigeflogen.

Eva war im Spital, sie war sehr krank, welche Krankheit sie hatte, haben wir nicht richtig herausbekommen. Wir besuchten sie also im Spital. Sie hatte sich mit Michael verkracht und schilderte uns seine Gefährlichkeit auf`s Grauslichste, so daß Petra ordentlich Schiß bekam, bei ihm zu übernachten. Sicherheitshalber gab uns Eva Ihren Schlüssel mit. Aber Micha war dann sehr nett; haben seine Mutter kennengelernt, die uns für den nächsten Tag einlud. Noch eine Stunde bei Michael und seinem Freund Cornel verbracht. Evas Schlüssel nützte uns gar nichts, das Schloß ging nur von außen zu schließen und Michael hatte ja auch einen. Es gelang uns, unser Mißtrauen zu vertuschen und seins zu zerstreuen, obwohl er anfangs beleidigt war. Er erzählte noch ausgiebig, daß er sooo aufopferungsvoll wäre, aber Eva undankbar und schlecht. Insgesamt eine etwas merkwürdige Geschichte.

 

14.08.87

Heimlich Eva besucht und Schlüssel zurückgebracht. Sie schenkte uns jedem einen Ring, der für Petra war etwas zu klein, sie mußte ihn aber unbedingt aufsetzen... Abschied von Eva mit Tränen. Dann bei Michaels Mutter zum Essen. Krautsuppe, Auberginenmus Vineta, Aprikosen. Oh, war das gut. Tochter Simona war sehr nett, sie schnitt Petra dann den zu kleinen Ring vom Leibe. Wunderbar: wir durften ein warmes Bad nehmen. Mit Simona spazierten wir noch ein wenig durchs Viertel und tankten 8 Flaschen Colanade.

Gern hätten wir noch mal Sighisoara besichtigt, aber wir wollten der Familie keine Umstände machen, sie hätten dann ja alles für uns organisiert. Also fuhren wir los, mit dem Zug bis zum abgeschiedenen Dörfchen Racos, wo wir die im Touristenführer erwähnte Racosul-Klamm vermuteten. Nach Anwendung unserer "umfangreichen" Sprachkenntnisse erfuhren wir, daß es bis zur Klamm 26 km sind, also fuhren wir weiter, keine Klamm gesehen. Weil es uns so schön vorkam, ausgestiegen in Maierus (Nußbach).

Unter scharfer Beobachtung der Dorfbevölkerung etwas abseits auf der Wiese unser Zelt (!) aufgeschlagen. Erst kam die ältere männliche Jugend, dann die Jüngsten, dann die Mittleren und zum Abend wieder die Älteren. Mittlerweile hatten alle ungefragt beteuert, daß es nicht gefährlich für uns sei und daß sie uns die ganze Nacht beschützen würden. Einer kam mit der ersten Flasche Wein. Walter, unser netter Dolmetscher, war immer dabei. Pinguin, der Gemeindewächter mit Gummi-Knüppel, kam mit dem Fahrrad.

Unser Vorschlag "Lagerfeuer" veranlaßte die mittlere Generation, affenartig die jungen Bäume zu erstürmen, um sie auszureißen, bis ihnen Walter erklärte, daß die nicht brennen, weil noch cauciuc drin ist. Gemeinsam noch eine Flasche Wein geleert, schöner Gesang am Lagerfeuer. Dann alle nach Hause (erste Schicht in Brasov) außer Walter - zum Glück, denn dann kam der Milize. Der versuchte kraft seines Amtes uns zum Autofahren zu verführen (aber einzeln, bitteschön) oder sonstiges zu erreichen und machte laute Automusik am Feuer. Nach einigen Drohungen und Schauermärchen sah er den Mißerfolg ein und zog ab.

Pinguin brachte noch eine halbe Flasche Tuica für Walter, der treu bei uns blieb und uns für den 23. August in den Wald einlud. Die ersten Morgenstunden versuchten wir zweckentfremdet zum Schlafen zu nutzen, aber gegen 5 Uhr kam Walter noch mal vorbei und verabschiedete sich herzlich von uns, ehe auch er mit dem Zug zur ersten Schicht ins Traktorenwerk mußte.

 

15.08.87

Geschlafen bis um zehn, dann schon wieder Besuch alter und neuer Freunde vorm Zelt. Aperitif am Morgen bannt Kummer und Sorgen. "Cowboy" Paul von der mittleren Generation reitet für uns nach Wasser und kriegt dafür unseren letzten Kaugummi. Auf zur Kirchenbesichtigung durch`s Dorf, wo uns der Buschfunk natürlich schon allgemein bekannt gemacht hat. Rucksäcke bei der Pfarrersfrau im Pfarrhaus abgestellt.

Bei der Rückkehr von Kirche und Friedhof empfing uns der Herr Pfarrer mit den Worten: "Was macht Ihr zwei Leichtsinnigen in diesem wilden Land?!!" Sprach`s, lud uns gestrenge zum Sitzen ein und begann ein Testverhör, welches zu unserem Glück wohl zu seiner vollsten Zufriedenheit ausfiel. Bei Kaffee und Kuchen ("Ihr müßt kauen, damit ich reden kann") erarbeitete er uns einen straffen Plan für die weitere Tour. Wir unterhielten uns stundenlang (der soeben aufgestellte Zeitplan geriet in Gefahr) äußerst interessant. Er stellte uns das Buch "Rumänische Rhapsodie" (Horst Deichfuß) vor, das demnächst erscheinen würde.

Zum Abend kochte uns seine Frau noch ein frumoses Mahl (Kürbismus, hmm!), dann brachte er uns zum Zug. Fahrt nach Brasov - Risnov (Rosenau), dort zum Campingplatz, den wir nach langem Fußmarsch im Dunkeln erreichten. Es fing langsam an zu regnen, aber wir hatten ja ein schönes Zelt ... Nachdem wir die Handtücher, die wir zum Aufwischen brauchten, auswringen konnten ließen wir das Miststück im Stich und flüchteten unter das Dach der offenen Waschanlage mit Betonfußboden im Zentrum des Zeltplatzes ...

 

16.08.87

... wo wir unter den etwas seltsamen Blicken der Zeltplatzbewohner erwachten. Besichtigung der Rosenauer Burg, dann Spaziergang durch den Ort (1.Melone). Abends fuhren wir nach Brasov, Stadtbummel mit schönem Pizza-essen, dann gebratenes Hirn mit pire de cartofi, dann zum Bahnhof zum Übernachten.

 

17.08.87

Eigentlich waren heute laut Plan die Schulerau und Poiana Brasov dran, aber wir waren nur in der Altstadt und auf der Timpa (Zinne). Liftfahrt hinauf und oben endlich mal Mititei erkämpft - wahre Knoblauchbomben! Nicht alle geschafft, der Rest in der Tasche hat uns noch lange vor den Leuten blamiert, die Lederhülle des Fotoapparates roch noch ewig danach.

Von der Timpa herrlichster Ausblick über die ganze Stadt. Hier oben endlich die erste Melone verspeist und ins Naturschutzgebiet gesch.... Besichtigung der alten Stadtbefestigung und der schönen Schwarzen Kirche. Wurst gekauft (!), Tütensülze und Leberwurst. Abendbrot im Stadtpark mit Gitarrengesang auf der Nebenbank. Zweite Übernachtung auf dem Bahnhof. Unsanftes Wecken mit der Stiefelspitze der Miliz. Wir erfuhren, daß der Bahnhofswartesaal kein Hotel sei, Aufstehen!!! Weiter wollte er nix und anschließend schliefen wir weiter bis zum Morgen.

 

18.08.87

Entgegen der Anweisung unseres Pfarrers wollten wir mit dem Zug 5.50 auf der Strecke nach Intorsura Buzaului Prejmer erreichen, das schlug aber gründlich fehl. So mußten wir bis zur Endstation (durch ganz frumose Landschaft mit langem, langem Tunnel) mit - und wieder zurück nach Brasov, um dann doch auf empfohlener Strecke anzukommen. Schon der äußere Anblick der Kirchenburg in Prejmer (Tartlau) war überwältigend, bei näherer Begehung und Betrachtung waren wir ganz hin und weg.

Wegen Übernachtung waren wir etwas ratlos, der hiesige Pfarrer empfahl uns, das Zelt auf dem Dorfgänseanger aufzuschlagen, was wir dann auch taten. Hier freundeten wir uns mit dem Mädchen Lotte, dem Hund Lola und den äußerst neugierigen Gänsen an. Nachdem uns nun die Dorfbevölkerung eingehend besichtigt und betuschelt hatte, luden uns mehrere Frauen ein, doch bei ihnen zu schlafen, aber wir waren`s ja so eigentlich zufrieden und blieben. Aber der Einladung der Mutter von Lotte konnten wir dann doch nicht widerstehen, ihr Haus war gleich nebenan, und wir sollten unser Zelt bei ihr im Vorgarten aufstellen. Nach angenehmer Unterhaltung schon bettfertig, stellten sich noch zwei junge Männer ein, Jürgen und Koko, Sachse und Rumäne. Wein getrunken, Kent geraucht, spät noch bei Koko Kaffee getrunken und Gitarre gesungen.

 

19.08.87

Wollten vormittag noch mit dem schönen Jürgen die berühmte Volkskunstsammlerin Hertha ... besuchen, leider war sie nicht zu Hause. Großer Abschied von Familie Beck und Abmarsch erst gegen Mittag bei großer Hitze. Mit dem Zug nach Sfintu Gheorge, einer schönen (?) Neubaustadt, dort ewig rausgelaufen, aber gut weggekommen. Durch ein riesenlanges Dorf gelaufen, stundenlang wollte uns da keiner mitnehmen. Die Dorfbevölkerung nahm regen Anteil. Mußte doch erst ein alter Mann kommen, schmiß seine Sense in den Graben und hielt uns durch einmaliges "Hüpfen" einen LKW an!!

Nun fuhren wir prima, durch herrliche Landschaft, bis Baile Tusnad - großer Touristen-Hotel-Ort mit negativer Ionenluft und mineralreichen Wässern. In Sichtweite des Campingplatzes haben wir unsere Tüte aufgeschlagen - weil wir ja unser Wasserschloß bei Regengefahr nicht mehr nutzen konnten - wohlig geschlummert, bis der große Regen kam. Flucht zu einem leicht verfallenen Gebäude auf dem nahen Sportplatz - mit einer alten Bank vor dem ehemaligen Klosett - wie wir bald leicht feststellen konnten. Sitznacht also bei penetranten Gerüchen.

 

20.08.87

Wegen dauernden Dauerregens auch noch dort gefrühstückt - man war schon ziemlich riechfest geworden - und unsere Tüte geradeso vor Diebstahl bewahrt. Gegen Mittag erfolgloses Bemühen um trockene Übernachtungsmöglichkeit. Letztes Angebot: Hotel für 480 Lei! (ca. 190 M) Regen, Regen. 2. Melone auf dem Bahnhof verspeist, übrigens wieder neben dem Klo. Trotz strengen Staatsverbots auf Privatzimmersuche gegangen. Im Gemüseladen ein Zettelchen mit unserem Anliegen vorgezeigt und sofort eine Adresse bekommen.

Nach langem Suchen fanden wir dann unsere nette Zimmerwirtin. Mokkafix macht`s möglich! Preis pro Übernachtung 100 Lei (ca. 40 M), das entsprach etwa dem Schwarzmarktpreis von einem Päckchen Kaffee (125 g), der bei uns 8,75 M kostete. Sie war`s zufrieden, wir konnten es uns nur so leisten. Ausgiebig mit kaltem Wasser uns und Haare gewaschen. Zum Aufwärmen dann Kirschschnaps getrunken.

 

21.08.87

Noch in Tusnad geblieben, Wanderung zum Bergbaugebiet. Gegen Nachmittag wieder Regen. Pilze gefunden, sie dann aber doch nicht mitgenommen, weil wir uns nicht wegen Küchenbenutzung zu fragen trauten. Pferdekur gegen Kälte gemacht mit Heißer Suppe und heißem Schnee mit Taps. Und die 3. Melone ausgelöffelt.

 

22.08.87

Zum Abschied Bekamen wir von Agota ein großes Glas Brinza und ein kleineres mit Jeme de zmeura als Überlebenshilfe geschenkt. Das Käseglas war gewaltig! Fahrt mit ungarischem Rumänen-Trabant bis Miercurea-Ciuc, dort sahen wir in einem Kaufhaus eine regelrechte Schlacht, weil es Wurst gab, wir hatten da keine Chance. Mühsam erstanden wir ein zerlatschtes Brot, Dann ging es weiter mit einem Ungarn-Wartburg durch wunderfeine Abendlandschaft und Serpentinen hoch bis Lacu Rosu. Beeindruckende Felsen über Hotels und Riesen-Andenkenmarkt.

Erste Mahlzeit aus dem Käseglas, oh, war der gut! Tausch 600 Lei gegen 200 Mark angeboten bekommen und dankend angenommen. Der Fußmarsch zur nahegelegenen Cabana erwies sich als Beginn der berühmten "Cheile Bicazului", von der wir schon wußten, daß man sie unbedingt zu Fuß beschauen muß. Übernachtung in einem Zimmer für 1 Mokkafix und 40 Lei.

 

23.08.87

Heute (Nationalfeiertag) laufen wir die Klamm hinunter. Man könnte seitenlang Großartigkeiten über die bizarre Schönheit äußern, es soll ja Leute gegeben haben, die die über 400 m hohen Felswände mit denen des Grand Canon verglichen haben, aber es gibt wohl kaum Worte, die den Eindruck des selbst Gesehenen wiedergeben könnten. Es tat uns irgendwie leid, als dieses Drama dem Ende zuging, das Tal weitete sich, die Berge wurden flacher ... wir mußten weiter.

Das nächste Auto brachte uns über Bicaz direkt bis zur Staumauer - Baraj. Der Zeltplatz direkt unter der riesigen Mauer, an der Cabana Baraj. Großes Wundern unsererseits: will denn keiner an dem großen Stausee zelten? Mühseliger Aufstieg mit Gepäck in der Hitze zum Kopf der Staumauer. Der Anblick des Sees war ein Schock! Sehr niedriger Wasserstand, meterweise trockener, rissiger Schlamm am Ufer, unser Eindruck: total tot. Also wieder runter und im drohenden Angesicht tausender Tonnen Beton und Millionen m³ Wasser das Zelt aufgebaut.

Ein Jüngling kam und wollte dringend für ein Trinkgeld unser Feuerzeug kaufen, abgelehnt, Pfeffer verschenkt und Bier bekommen. Großer Hunger, erstes Nudelkochen mit Schweinsfleisch. Ringsum wurden Zelte aufgebaut und Vorbereitungen für den Festtagspicknickschmaus am Lagerfeuer getroffen - die Männer gingen in den Wald und die Axt schallte, Fleisch wurde geschnitten und schon das eine oder andere Getränk verzehrt.

Plötzlich Ankunft eines daciaweißen Dacias, dem vier bessergekleidete Jungs entstiegen; erste Maßnahme: Radiorecorder auf`s Dach und los ging`s mit heißen rumänischen Volksmusikrhythmen. Je lauter umso kräht es! Vorbereitung eines Stehbanketts auf der Motorhaube. Auch sie rüsteten dann zum "Lagerfeuer" und bald schickten sie zwei Abgeordnete zu uns, die uns ans Feuer luden. Also ran an den groben Holzstapel aus dicken Brettern und Knorren, welche fleißig mit Benzin aus dem Kanister übergossen wurden, gewaltig aufflammten, dem einen fast die Nase verbrannten, um dann wieder zu verlöschen.

Neidvoll sahen unsere Gastgeber auf die anderen herrlichen Knäckerchen, wäre es nicht schon so dunkel gewesen und Kleinholz nur in beträchtlicher Entfernung zu finden, wir hätten ihnen gezeigt, wie man Feuer macht. Irgendwie kam dann doch mal was zum Brennen und unsere Unterhaltung konnte beginnen. Sie konnten nur rumänisch, es war schwierig, aber wir unterhielten uns prachtvoll.

Ziemlich ängstlich wurde uns, als plötzlich ein böse aussehender, anscheinend betrunkener Mensch erschien, unser Feuerlein mit Füßen trat, einige Scheite herausnahm und mit wütendem Gebrumm davonstapfte. Man erklärte uns, daß dies ein Vorgesetzter bei der Miliz sei, wir mußten also betretene Mienen aufsetzen und uns respektvoll betragen. Lica konnte ihn dann so weit beruhigen, daß er das Holz wieder hergab. Oh, Wunder, nach einiger Zeit kam er sogar wieder, brachte uns viel Holz, für uns zwei eine Flasche Bier und begann, sich in angeblichem Englisch mit uns zu "unterhalten". (Obwohl es der Miliz ja angeblich verboten ist, mit Ausländern zu sprechen.) Wir waren ihm scheinbar so sympathisch, daß er Hella sein Taschenmesser schenkte. Spät gingen wir ins Zelt, die vier schliefen alle zusammen im Auto.

 

24.08.87

Nachdem sich die vier aus dem Auto gefaltet hatten, lungerten wir noch bis zum Mittag rum, dann fuhren wir zu sechst im Dacia auf die Staumauer, wo wir nun so tun mußten, als wären wir hier zum ersten mal, dann Verabschiedung. Wir waren darüber ganz froh, denn uns war die Nichtstuerei wirklich schon langweilig geworden.

Nun stiegen wir den nächsten Berg hinan, um noch Pilze zu suchen. Nach kurzer Zeit hörten wir unten auf der Straße andauerndes Hupen und so was ähnliches wie Heeelaaa, Peeitraa! rufen. Was war nun passiert, hatten wir was Wichtiges vergessen? Im Eiltempo den steinigen Hang runter - standen da nicht unsere vier und fragten, ob wir nicht noch ein Bierchen mit ihnen in der Cabana trinken würden!?! Wir waren so von den Socken, daß wir gar nicht ablehnen konnten, also alle sechs wieder rein ins Auto, zurück auf den Zeltplatz, schnell Bier geholt und alle ums Auto gelagert. Uns schwitzte sehr und Petra entschloß sich zur kurzen Hose. Leider löste das die Frage aus, warum denn die Beine so ... daciaweiß seien. Unsere logische Antwort, daß bei uns eben nicht so viel die Sonne scheine erklärte zwar alles, aber naja, taktlose Bande! Irgendwann fuhren sie dann doch los, uff!

Jetzt aber: Hunger! Ein Glas grüne Bohnen und eine Büchse Hammelfleisch mit viel Fett, seine Kalorien braucht der Mensch! Petras Verdauungstrakt wollte wohl diese schubweise Ernährung nicht ganz einsehen, darum bekam sie nun die Cholera. Auf dem Wege nach Bicaz, um Lebensmittel und eine Melone zu ergattern, befiel sie größte Übelkeit. Deshalb mußte sie in einen Gemüseladen nach einem Klo fragen - Dünnpfiff! Vom Einkauf brachten wir eine Flasche Fruchtsekt mit - da ernteten wir aber Auslacher!

Abends Einladung ans Feuer der Familie Rizea aus Ploiesti, Mutter, Vater, 3 Söhne mit Freundinnen, einer konnte ein wenig englisch. Es ging nicht lange, wir lagen dann schon im Zelt, plötzlich ein Gast vor der "Tür": Hallo, sisters? Cigarete? Ein Sohn der Familie. Während Hella noch eine mit ihm raucht, besteht er darauf, doch mal 5 min. im Zelt schlafen zu dürfen. Scherzkeks! Haben selber ein vom Vater so großartig schön bemaltes!

 

25.08.87

Petra hat eine üble Nacht hinter sich und butterweiche Knochen. Auch sitzt ihr der morgendliche Kuhschreck noch in den Gliedern: Früh gegen fünf plötzlich ein saftiges Schmatzen direkt am Zelt, sie linst durch die Luftlöcher - und schaut der Kuh ins Maul, die gerade unsere am Abend liegengelassenen Salzstangen samt Papiertüte frißt. dann leckt sie sich genüßlich die Lippen und stolpert mit allen vier Beinen über die Zeltleine. Beim Packen besuchte sie uns dann noch einmal, und wollte über unsere ausgebreiteten Utensilien zum Zelt trampeln. Petra also ein Stöckchen geschnappt, um sie in die Flucht zu schlagen, wie wir das hier gelernt haben, aber das interessierte die Kuh überhaupt nicht. Mußte uns doch erst der kleine Nachbarjunge retten.

Nun aber los gen Norden! Kein Auto nimmt uns mit auf der sicher schönen Straße am See entlang. Hitze! Verzweiflung! Heute hat wohl Hella die Cholera, sie macht einen recht käsigen Eindruck. Autostop in Gegenrichtung klappt sofort, also fahren wir nach Piatra Neamt. Dort Pizza gegessen und ewig nach Zigaretten gesucht, unsere sind alle. Langer Marsch bis nach außerhalb. Einer nimmt uns ein paar Nester weiter mit und setzt uns an der Bushalte ab. Von hier gehts mit dem Bus (unter reger Beteiligung der Fahrgäste) weiter bis zur Abzweigung nach Agapia, eine ziemlich verlassene Ecke in der flachen Landschaft. Hier haben wir zu ersten mal einen Ziehbrunnen betätigt.

Es begann schon langsam dunkel zu werden. Ja was, wenn nun nichts mehr die ? km bis Agapia fährt? Zum Glück kommt noch ein Bus, der uns bis ans Ziel fährt, keiner will Geld von uns, wir kriegen sogar noch eine Flasche Bier von einem Fahrgast geschenkt. Das scheint wohl hierzulande eine übliche Gunstbezeigung zu sein, scheinbar hat man das auch meist dabei oder greifbar. Im Klosterdorf Agapia gegenüber dem Han findet sich ein bezelteter Platz, wo wir im Dunkeln unser Zelt aufbauen. Übelster Steinboden. Hellas Cholera erreicht in dieser Nacht den Höhepunkt, sie mußte dann im Dustern das Flüßchen suchen, um sich wieder reinzuwaschen.

 

26.08.87

Rucksäcke im Han gelassen, 4.Melone gekauft. dann das wunderschöne Kloster besichtigt. Zum ersten mal sahen und erfuhren wir, daß da wirklich noch echte Nonnen drin leben und wirtschaften. Dieses Kloster macht einen sonnigen und heiteren Eindruck durch seine weiß gestrichenen Wände und die Geranienbeschaulichkeit. Nach der Melone aßen wir ein opulentes Mahl im Hanul: gebratene Knackwurst mit mamaliga und grünen Erbsen, anschließend Gemüsebrühe mit Schweinseinlage und saure Gurken.

Weiter geht es per Bus nach Tirgu Neamt. Diesmal laufen wir gar nicht raus aus der Stadt, Hitze, Müdigkeit und Cholera machen uns zu schaffen. Uns nimmt ein netter LKW-Fahrer mit (Hella, zieh Dir was über, sonst fahren wir noch gegen einen Baum!") bis Gura Humorului, dort soll es eine Cabana geben, da müßte sich doch auch eine Zeltmöglichkeit finden. Die Leute auf der Straße wissen nichts. Eine gefragte Vielweiberfamilie lädt uns ein, bei ihnen zu übernachten. Dankbar nahmen wir das Angebot an. Bratkartoffeln, Spiegelei, Gewürzgurken, Kirschschnaps tafelten sie uns auf. Aber irgendwie waren sie nicht freundlich, unseren Kaffee und Pfeffer nahmen sie in Empfang wie Bezahlung, Pantalone und andere Bekleidung haben wir nicht zu verkaufen? Nicht mal ihre großen Häkeldecken wollen wir kaufen, wo wir doch noch gar keine Geschenke für unsere Kinder haben! Waschen - ab 22 Uhr gibt`s hier im Ort kein Wasser mehr - und noch mal der Versuch, irgendwas aus uns rauszuholen, dann endlich schlafen. Turbulente Nacht: aller Stunden poltern die Damen auf ihr quietschendes knarrendes Klo.

 

27.08.87

5.30 Uhr aufstehen! Die raffgierigen Weiber stehen da: Gebt uns was!! Hosen, Pullover, Seife!?! Uns wird richtig Angst und Petra rückt noch ein Stück Seife raus und dann schnell los! Wir werden uns stets mit einem süßsauren Lächeln unserer reizenden Freundinnen Aurelia und Viorica erinnern, die beiden Mädchen waren ja noch nicht so raffzähnig.

Mit dem Bus nach Radauti, um für eine Bekannte aus Ilmenau, die von hier stammt, Ansichtskarten mitzubringen. Gibt aber keine gescheiten. Auf dem riesigen Markt Paprika, Tomaten, saure Gurken, Pflaumen und die 5.Melone gekauft. Wir versuchten vergeblich, eine Uhr zu verkaufen, dafür schenkte uns aber der freundliche Mensch, der sie nicht kaufte, eine Scheibe Wurst mit Brot und zwei Birnen. Petra kaufte einen großen Mustopf, den sie fortan mit sich rumschleppen mußte.

Von Radauti ging`s mit dem Bus nach Sucevita, wo wieder ein Kloster unserer sehenswürdigkeitshungrigen Augen harrte (schon seit 400 Jahren). Eigentlich wollten wir mal eine der schwarzgekleideten Nonnen vor die Linse nehmen, wir wußten aber nicht, ob das pietätlos ist und ließen es sein. Hier in der Gegend werden alle Kloster noch von Nonnen (auch von Mönchen?) bewohnt, ob die sich wohl als Touristenattraktion wohl fühlen? Man sagt, daß sie das wegen des Geldes tun, um die Kloster erhalten zu können, vom Staat bekommen sie nur geringe Zuschüsse. Jedenfalls herrscht eine eigenartige Atmosphäre in den alten Mauern, selbst wenn man außerhalb ist, läuft einem noch ein Schauer über den Rücken, wenn der dumpfe Einton der Klosterglocke zu irgendwelchen Verrichtungen ruft.

Nach der ausgiebigen Klosterbesichtigung wollen wir gleich weiter nach Moldowita, immerhin befinden wir uns schon auf dem großen Heimweg und dürfen den Tag unserer Abfahrt von Cluj auf keinen Fall verpassen. Auf der Fahrt zum Kloster hatte der Bus schon zwei Haltestellen, also kann... das Dorf ... wohl nicht ... mehr lang...sein - es war noch immer kein Ende in Sicht, als wir erschöpft am Straßenrande niedersanken, und wir waren doch nur bis zu einem Schatten gelaufen! Aber dunkle Gewitterwolken dräuen.

Durch unser "Hüpfen" hielten wir einen Bus an und erheiterten die Fahrgäste. Die rumänische Anhaltergeste können wir ja schon, aber scheinbar sieht`s doch noch komisch aus. Mit einem waghalsigen Busfahrer fuhren wir durch herrliche Berglandschaft über einen Paß nach Moldowita. Das dortige Kloster ist dem in Sucevita sehr ähnlich. Für ein Mokkafix und 12 Lei bekamen wir eine Hütte auf dem Camping (hatten leider keine BHs zu verkaufen). Auf der Suche nach Wasser liefen wir durch`s Dorf und bewunderten die klugen Kühe, die alleine ihr Zuhause finden, einer waren wir dann behilflich, sie konnte nicht an`s Hoftor klopfen. Vor der Hütte kochten wir dann rumänische Salznudeln mit faden DDR-Büchsen-Ffleischklößchen (übelste Sorte!) und schliefen danach wunderbar.

 

28.08.87

Eile, eile vorwärts, wir müssen zurück! Es nähert sich alles dem drohenden Ende. Aufbruch mit dem Bus nach Cimpulung Moldovenesc (Petra erfährt, daß ihr Mustopf für Krautwickel ganz besonders geeignet ist!). Cimpulung ist auch wieder eine elend lange Stadt, Marsch in glühender Hitze. Uhr für 150 Lei verkauft. Mit nettem LKW-Fahrer, der uns zwischendurch noch in die Bergbaude "Mestecanis" zum Kaffee einlud, bis Iacobeni gefahren. Dort ewige Warterei, dann bis Vatra Dornei. Ein anderer Mitfahrer zeigte uns dort die Straße nach Bistrita, überzeugt von unserer Hirnlosigkeit, da es bis dorthin noch 80 km sind. Er erklärte uns auf englisch, wie man zum hiesigen Camping kommt.

Einen kräftigen Gewitterguß warteten wir unter einem Kneipendach ab, sicher ein ungewohnter Anblick für die Männer dort: zwei junge Weiber mit der Zigarette zwischen den Kiemen und einen Schnaps in der Hand! Wir hatten dann Glück, ein älteres Ehepaar nahm uns noch mit nach Bistrita. Unterwegs müssen sie Strafe zahlen: Radarfalle, das war uns hier auch noch nicht untergekommen.

Bistrita nebst Bahnhof machen nicht den Eindruck einer Bezirkshauptstadt, da war Vatra Dornei wohl wesentlich größer. Trotzdem fanden wir ein nobles Restaurant, wo wir für 200 Lei exzellent spiesen und eine Flasche Wein tranken. Zwei junge Männer belagerten uns penetrant, sie schienen uns nicht so seriös, wie sie sich ausgaben. Sie folgten uns dann und wir versuchten ihnen durch geschicktes Hakenschlagen in dunklen Straßen zu entkommen. Aber sie kannten sich wohl besser aus. Der eine erwischte uns dann doch, ließ sich aber durch deutlichen Ton und Petras "tödlichen" Blick verjagen. Unbehelligt gelangten wir auf den Bahnhof, wo wir die Nacht im Wartesaal fast ohne Schlaf verbrachten. Die Milize sorgte hier für Ordnung: Man mußte die Fahrkarten zeigen, wer keine hatte, wurde rausgeschmissen, d.h. die Leute trotteten dann brav hinter dem Polizisten hinaus und wurden nicht mehr gesehen.

 

29.08.87

4.20 Uhr Abfahrt nach Cluj. Dort Rucksäcke abgegeben und Stadtbummel gemacht und Mitnehmsel gekauft. In der Kellerkneipe, wo wir voriges Jahr unser Rumänienleben begonnen hatten, eine übelste Cola mit Fliege getrunken. Am Bahnhof wieder keine Platzkarten bekommen, das Gepäck war üppig (Die Gläser! Der Mustopf!!). Beinahe hätten wir nicht gemerkt, daß unser Zug heute auf einem anderen Bahnsteig einfuhr, also mit unserer Ladung Spurt die Treppen runter, die Treppen rauf - die anderen stiegen halt über die Absperrzäune zwischen den Gleisen. Nun konnten wir das Leben im vollen Zuge genießen. Angst vorm Schaffner, weil ohne Platzkarten, aber dieser nette Mensch besorgte uns zwei Sitzplätze, ohne auch nur ein Trinkgeld dafür zu nehmen! Im Abteil mit zwei jungen Dämchen und einem Schönlingspärchen wenig Platz gehabt. Wir stachen von denen in Kleidung, Sauberkeit etc. mächtig ab.

Damit ist nun unsere zweite Rumänienreise endgültig zu Ende - man könnte heulen! Tschüs, liebes Rumänien - bis 1988!


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