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Rumänien 1989

Ein Reisebericht von Frank Weise (Dresden)


Natürlich wurden die 88-er Story's mit allen Kumpels bei reichlich Punsch und Bowle auf unserer Berghütte "aufgewärmt", schließlich hatten meine Katrin und Tom, meine beiden Begleiter des ersten Tourenabschnitts die heißesten Storys von Bahnabenteuern und Strandleben, Donauschiffern und (-)kiffern zu berichten. Irgendwann gegen Mitternacht nahm dann die Idee für den Sommer '89 Gestalt an: Eine 6-Gebirgstour durch Rumämien und Bulgarien mit insgesamt ca. 30 Personen über einen Zeitraum von 4 Wochen. Eigentlich schon logistisch zum Scheitern verurteilt, noch dazu, wenn die erste Gruppe zu neunt startet, die zweite Gruppe (sieben Mann) eine Woche später in Brasov dazustoßen soll und die sich alle wieder eine Woche später in Petritsch (Bulgarien) mit unseren bulgarischen Freunden treffen soll.

Los ging's von Dresden mit dem Balt-Orient bis Copsa Mica, von dort mit dem Zug an einen Ort "mitten im Feld", an dem zwar der Zug hielt, aber reinweg gar nichts an einen Haltepunkt oder gar Bahnhof erinnerte. Aber das kannten wir ja nun schon. Kaum fuhr der Zug wieder an, fehlte irgendwem der Brustbeutel. Also wild gestikulierend dem schnaufenden Zug hinterhergerannt: Der Lokführer sieht's und .. bremst! Also rein in den Zug, Beutel gesucht, nichts gefunden, wieder raus. Dem Lokführer freundlich dankend zugenickt und weiter ging die Fahrt. Bei uns undenkbar, hier reinweg menschlich und schön. Der Brustbeutel fand sich dann doch noch an, allerdings auf dem Rücken der Besitzerin! Da waren wir aber schon auf dem Marsch in's nächste Dorf: Lisa.

Dort die übliche Totenstille (wohl an die 40 Grad im Schatten, den es nirgends gab), das Wasser aufgebraucht, die Zunge hing bis zur Schuhsohle. Dann das erste zaghafte Klopfen an einer der übermannshohen Gartentore: Freundliche Einladung auf ein Glas "Most" auf unsere Bitte um etwas Wasser. Nun war es halb vier, der Bus zum Simbata-Komplex sollte gegen sechs fahren, wie wir erfuhren. Die ganze Zeit wurde mit Händen und Füßen gesprochen und uns immer wieder eingeschenkt: Wein, Jahrgang '89, Erdbeergeschmack (es war aber wirklich Traubenwein)! Fantastisch. Wir revanchierten uns mit "Kent", "Rondo" und Pfeffer. Man lernt ja dazu. So war halt jeder glücklich. Nur einer nicht: Christoph, unser Bergküken (damals gerade 13). Der Bursche hatte sich soviel Wein zugemutet, daß er kurz vor der Busabfahrt (die dann allerdings doch erst eine Stunde später stattfand) noch die Dorfsau, die gemächlichen Schrittes die Straße entlangbummelte für ein Reittier hielt. Die Folge war eine quiekende Sau und ein saudreckiger Christoph.

Der Bus fuhr dann sonstwo entlang, er brauchte jedenfalls für die vielleicht 5 km reichlich eine Stunde. Innen gings zu wie in jeder guten Reiseerzählung: Gänse und Hühner in den Käfigen der Marktfrauen, Stiegen mit Äpfeln und das scheinbare Grundnahrungsmittel der Rumänen: Tomaten. Dazu eine Gruppe junger Leute mit Klampfe. Und da alle unserer neun Hanseln früher mal irgend etwas mit dem Singen von Bergliedern am Hut hatten und der Wein sein übriges längst getan hatte, dauerte es auch nicht lange, bis sich rumänische, deutsche, tschechische und bulgarische Lieder im Bus abwechselten.

Irgenwann war der Bus dann da, nur war's leider immer noch reichlich eine Stunde zu unserem Ziel, dem Simbata-Komplex. So haben wir uns also kurz hinter den letzten Gehöften auf die Wiesen gelegt. Zum Glück mit Zelt: nachts wurde es etwas naß. Die Ähren hab ich mir am nächsten Morgen 'mal näher angeschaut: fast in jeder 100. Ähre Mutterkorn! Das ergibt 1: 5000, wenn es gut kommt. In der EU gilt wohl 1:2000000 als unterster Grenzwert! Das Saatgut war also restlos degeneriert. Doch das nur am Rande.

Am nächsten Morgen sind wir zeitig los, schließlich lagen 2000 Höhenmeter vor uns. Kaum standen wir auf der Straße, hielt auch schon ein riesiger "Ural", ehe wir noch den Daumen hochhielten. Auf der Ladefläche schon andere Tramper, so das sich die Fuhre jedenfalls lohnte. Für den Fahrer lohnte es sich auch, jedenfalls wenn er Kaffee trank. Am Pionierlager war Endstation. Perfekt! Der Weg wurde mit zunehmender Höhe immer pfadähnlicher, teilweise war er schon durch die nicht zu übersehenden Errosionsschäden weggespült worden. Gegen elf wurde der Niesel durch richtigen Regen abgelöst, den großen Guß verbrachten wir zum Glück in der Simbata-Hütte. Als es nach Mittag etwas nachließ, blies ich ins Horn. Der Weg schlängelt sich nun durch die Latschen bis zu einem Absatz, ab dem die große Wiese in der Nordseite des Cheia Bindei-Gipfels beginnt. Auf diesem Absatz gelangten wir zwar über die Wolken, nur war es die untere Wolkenschicht, die obere lag 2000m höher. Mitten auf der Wiese kamen uns zwei abgekämpfte, eingeregnete Landsleute entgegen, die mir auf das Bejahen der Frage "Wollt Ihr etwa aufsteigen?" mit "Es ist Dein Leben" antworteten. Sie wußten, wovon Sie sprachen.

Aber wer glaubt schon an das Unwetter, wenn man das Fagarasch nur bei Sonnenschein kennt, und es gerade aufgehört hat zu regnen? Nach dem Abschnitt durch die endlosen Serpentinen der Wiese führte der Weg direkt über den Gipfel. Oben war ich dann der Einzige, der es im Stehen aushielt, und das auch nur, weil ich den schwersten Rucksack trug (über 35 kg - Wahnsinn, macht so etwas niemals!!!). Alle anderen sind in die Gipfelmulde gekrochen. Was nun? Bisher sind wir in der dem Wind abgewandten Seite aufgestiegen, der Wind kam also von hinten, nun müssen wir uns gegen den Wind vorwärts kämpfen! Eigentlich wollte ich ja hier Mittag machen, jetzt war's um fünf und fängt wieder zu regnen an, der Sturm trägt den Vornamen "Orkan" und die Temperatur sinkt und sinkt. Erste Eistropfen mischen sich unter's Wasser, das Gesicht brennt wie von Nadelstichen malträtiert. Dazu weiß nur ich, was noch kommt und vor allem, wo's langgeht. Vor uns eine Strecke, für die ich im Vorjahr bei idealen Bedingungen und maximaler Motivierung bei geringster "Zuladung" etwa zwei Stunden gebraucht habe! Da halfen nur noch die guten Schmalkaldener Früchteriegel, der Mars des Ostens (oder was auch immer)!

Vielleicht hätten wir doch nicht so lange futtern sollen, was jetzt kam, dagegen war die Grundausbildung bei der Army ein Lacher. "Häschen Hüpf" mit Rucksack auf das Kommando von Blitz und Donner bei Schneesturm über eine Länge von etwa 2000 m unterhalb des Daragipfels mit bereits 2000 Höhenmetern in den Knochen. Das war selbst mir etwas "fett". Dazu das pausenlose, nervenzermürbende Gedonnere und Geblitze! Hinter der Scharte am Fundu Bindei dann plötzlich nur noch mäßiger Regen und Wind. Im letzten Abendlicht sahen wir sogar schon den Fußball der Biwakschachtel in der Zirnei-Senke (der fehlt heute selbst die Tür). Da einige von uns nun schon restlos "fertig" waren, hieß die Parole: Je zwei Mann, auf zum "Fußball". Nur bleiben von neun halt einmal drei übrig. Und dann kam das, was kommen mußte: Von uns letzten drei Kandidaten verstaucht sich doch eine den Fuß! An Rucksack tragen war nicht mehr zu denken. Ein Rucksack mußte also unterhalb des Zirna-Gipfels übernachten, und da meiner der schwerste war, war die Wahl klar.

Und obwohl ich allen gepredigt hatte, mindestens zu zweit zu laufen, mach ich nun auch noch den Fehler, und laß' unsere Dritte im Bunde allein hinter uns her laufen im Glauben, es ist ja nicht mehr weit! Das Ende vom Lied: Ich bin zwar gegen 9 im Fußball, der vielleicht für 10 Personen gedacht ist, aber nicht für 26, wie in dieser Nacht, muß aber gleich wieder raus, unsere Letzte bergen. Als ich sie nach einer halben Stunde endlich finde, hatte sie mit ihrem Leben schon abgeschlossen gehabt und heulte sich hemmungslos bei mir aus. Ich bin ihr heute noch dankbar, daß sie mir das nicht nachgetragen hat. Am nächsten Morgen bin ich dann den Rucksack holen gegangen, der den Regen recht gut überstanden hatte.

Da es mir in der Sturmnacht nicht geglückt war, auch nur einen Fuß auf den Boden der Biwakschachtel zu bekommen (irgend etwas lag immer drunter), baute ich nun doch mein Zelt auf. Durch zehnminütiges Schnelltrocknen mit der legendären "Barthel-Bombe" (Juwel-Kocher) hielt das Zelt auch die folgende Nacht dicht. Für eine Weiterreise konnte ich meine Mitstreiter jedoch nicht begeistern und so hieß es warten.

Am nächsten Tag das gleiche Wetter: bei uns regnet's und der Ludisoru-Rücken liegt in der Sonne, keine zwei Kilometer weg! Irgendwann wurde es uns dann doch zu dumm. Gegen Mittag ging's los Richtung Königstein. Gekommen sind wir bis an den Waldrand am Comisu. Dort hieß es wieder fluchtartig Zelt aufbauen, es regnet. Es regnete dann die ganze Nacht durch. Am nächsten Morgen: Blauer Himmel, das Jezer-Papusa komplett weiß, das Wasser an den Grashalmen vorm Zelt gefroren. Jedes Mal nehme ich mir vor, ein Thermometer mitzunehmen und dann vergeß' ich's doch wieder.

Am Tage kamen wir dann bis zu jener Stâna, die man von der Rudarita aus als erste erreicht (die, wo der Mist knöcheltief steht). Dann war der Riemen runter. Und ich hab' doch wirklich meine Hose an der Quelle unterhalb der Hütte gewaschen. Das war ja noch landeskonform. Sie jedoch nachts allein (bis auf die Socken) vor der Hütte auf der Leine hängen zu lassen scheinbar nicht mehr. Ich hoffe nur, sie hat ihrem neuen Besitzer wenigstens noch genutzt und ist nicht gleich auseinandergefallen. Die Socken fanden keinen Gefallen. Vermutlich ein Geruchsproblem.

Mittlerweile war klar, daß die Zeit nicht mehr bis Predeal reichen würde. Ich hab' dann mit Katrin noch einen Tagesausflug zur Stâna von Ghorghe und Nikolai gemacht, ohne sie allerdings anzutreffen. Dafür war ein anderer Dreikäsehoch nebst seinem stolzen Vater zugange, der sich über das Kilo Blockschokolade und Schlagersüßtafeln sicher genau so gefreut hat. Als Dank wurden wir in die Geheimsisse der Käsezubereitung eingeweiht und mit Milch und Käse verwöhnt. Dazu gab's noch ein kefirartig schmeckendes Etwas, das mit Süßstofftabletten geradezu himmlisch mundete. Der Rest des Zückli-Tablettenröhrchens verlieb in der Stina. Ich hoffe nur, es hat keine Schwangere in die Hand bekommen, soll wohl nicht so gut sein.

Der Abstieg zur Plaiu Foii unterhalb des Tamasu Mare am nächsten Tag war dann der Totmacher! Ohne Stöcke einen immer noch 30kg-Rucksack 1200 m Höhenmeter zu Tale tragen (Meine Knie haben noch 5 Jahre später aufgemuckt, wenn's bergab ging!). Da uns die Zeit drängte, beschlossen wir, in kleinen Gruppen in Richtung Zarnesti zu gelangen. Episode am Rande: zwei von uns wurden von einem Pärchen aus Bukarest eingeladen, die beide beschworen, daß "Honni" und "Ceaucescu" den ".. Gorbi schon fertig machen.".. Geholfen hat's nichts. Dafür haben sie uns, als wir wieder alle mit mehr oder weniger Hilfe eines Ochsen(!)gespanns in Zarnesti auf dem Bahnhof versammelt waren, noch ein großes Stück Speck vermacht.

In Brasov gab's ein großes Hallo, als der Zug einfuhr, schließlich waren sich die sieben neu Dazugestoßenen überhaupt nicht sicher, ob wir denn unser "Pensum" geschafft hatten, und vor allem, ob wir uns auch treffen würden!. Wie sich später herausstellte, hatten wir das Wetterchaos erlebt, das auch in Dresden für Nachttemperaturen von gerade mal 7 Grad im August gesorgt hatte!

Dankbar sanken wir auf die reservierten Plätze. Die Nacht verging wie im Flug. Der Grenzbahnhof Russe war viel zu schnell da. Nun standen also 16 übernächtigte und trotzdem überdrehte Gestalten nachts um drei auf dem neonbefunzelten Grenzbahnhof und harrten der Dinge, die uns nach Varna bringen sollten. Die Dinge kamen auch bald, nur waren sie, die Wagen, restlos überfüllt. Interessanterweise war es auch hier erstaunlich, wieviel Überzeugungskraft ein mehrsprachig gehaltener Zettel mit diversen Stempeln (Gruppenfahrschein) besitzt, selbst wenn die Angaben darauf offensichtlich falsch sind. In Varna gegen Mittag angekommen, beförderte uns ein Schwarztaxi für 5 M (noch ohne D, dann wär's wohl nur eine gewesen) pro Person zum 15 km entfernten Zeltplatz. Für 20-Pfennig-Fahrschein gewöhnte Leute ein sündhafter Preis, heute würde man wohl sagen: preiswert. So ändern sich die Zeiten.

Also ab an den Strand. Zelt aufgebaut und den ersten Sonnenbrand geholt. Ich bin wohl den halben Tag auf meinen schmerzenden Knien durch den heißen Sand gerobbt. Spät am Abend wurden wir von 2 jungen Dortmundern zum Umtrunk eingeladen. Auf die Frage nach dem Job gab's die damals unbegreiflichste und heute zumindest in meiner Gegend normalste Antwort der Welt: derzeit arbeitslos. Auch so ändern sich die Zeiten. Jedenfalls wurde der Abend feucht-fröhlich, die Anzahl der Schampusflaschen war enorm. Sie kosteten die Spender damals 0,96 DM. Was kostet die Welt?!

Als ich mich oberhalb des Zeltplatzes in ein 3-Sterne-Hotel namens "Düni" verlief (der Zaun war schlichtweg geklaut), wurde ich nach dem Ausweis gefragt. Nachdem ich den PA zückte, wurde ich "höflich, aber bestimmt" der Anlage verwiesen. Zeitenwende, die dritte. Nach vier Tagen zog's uns wieder in die Berge. Von Varna nach Sofia, dort umgestiegen nach Sandanski. Da wir uns Platzkarten geholt hatten, haben wir die Bulgaren erst mal unter sich die Handgreiflichkeiten zum Ergattern eines Sitzplatzes austragen lassen. Welch verhängnisvoller Fehler! Alle unsere Plätze waren von Kindern im Unterstufenalter belegt. Und davon saßen sechs oder sieben gequetscht auf unseren Vierer-plätzen! Mit "mal auf den Schoß nehmen" war da nix zu machen. - Im Zug waren vielleicht 40 Grad. In Simitli verließ dann die Gesellschaft den Wagen, nicht ohne sich bei uns mit einem Pionier- oder Partisanenlied zu dafür zu bedanken, daß wir sie haben sitzen lassen. Tarapunow war jedenfalls auch dabei (im Lied!:)).

Da stehen hungrig macht, wurde erst mal zu (Abteil-) Tisch gerufen. In Sandanski, dem traditionellen Kurort, der sich auch als Tor in's Pirin bestens eignet, waren dann alle mitten beim mampfen, als der Kontroletti vorbeistürzte und fast einen Herzkasper bekam: Für Touristen war hier normalerweise Endstation! Da wir aber nach Petritsch, der damals uns verbotenen Stadt eingeladen waren, zeigte sich auch hier die verblüffende Wirkung eines mehrsprachig verfaßten, mit duzenden Stempeln versehenen Schriftstücks. Schließlich war unser Gastgeber Ivan Apostoloph der Chef der örtlichen Schule, des bulgarischen Esperantovereins, einer Tanzgruppe, eines Chores, einer Schnapsbrennerei und .... eben ein Bulgare, der mit beiden Beinen im Leben stand. Heute lebt er von 110 DM Rente. Gewendete Zeit, die vierte.

In Petritsch, einer Mixtur aus modernen, aber nicht protzigen Funktionalbauten, um die sich die traditionellen alten und neuen bulgarischen Häuser scharten, trafen wir dann unsere bulgarischen Gastfamilien, mit denen wir dann die nächsten 14 Tage durch's Pirin zogen. Aber das ist dann eine Story für den "Bulgarienwilli".

Frank Weise, Dresden frank.weise-leittechnik@nexgo.de

http://home.arcor.de/berghuette.koenigstein/berghuette.koenigstein/


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