prima paginá
carpatii pesterile raport fotografie hártii informatie Willi si carte
Reportage de
cálátorie vechii
(Komm Mit) linkuri ghid si cazare privire de ansamblu dictionar postá

Gudrun in Rumänien

Reisebericht 2001

von Gudrun Pauksch (Torgau)

www.gudrungudrun.de


Es ist jedes Mal so. Der Abschied von Thomas bricht mir fast das Herz. Ich heule auf dem Bahnsteig wie ein Schloßhund, meine Kehle ist zugeschnürt und dabei ist es doch der Beginn der Reise, auf die ich mich schon das ganze Jahr freue. Auch dieses Mal war es wieder so!

Thomas sagte „Na bleib doch einfach hier“... ach nee... das wollte ich auch nicht. Und ich wußte: Die Abschiedstränen lohnen sich doch schon allein wegen der Freudentränen beim Wiedersehen; In 14 Tagen; In Dresden; Gleicher Bahnsteig...

Dann saß ich im Zug, und es ging mir besser. Ich schaute mich um und lächelte den Mitreisenden zu. In meinem Abteil saß ein alter, klitzekleiner, dünner Mann, der, wie sich heraus stellte, auch in Richtung Budapest wollte und genau wie ich nur 15 min. Zeit zum Umsteigen auf dem Prager Bahnhof hatte. Wir beide machen uns Sorgen, daß wir den Zug nicht schaffen, schauen immer wieder ängstlich auf die Uhr und unseren Fahrplanausdruck.

Der Zug war schon in Dresden 15 min. zu spät losgefahren. Der kleine aufgeregte Mann - ein Slowake -, wollte sich unbedingt mit mir unterhalten, aber das war sehr schlecht möglich. Er stotterte und war nervös, und wir fanden keine gemeinsame Sprache. Ich wollte so gern von ihm wissen, warum er in Deutschland war, und ich bekam es aber es nicht aus ihm heraus.

Ich versuchte es in allen mir auch nur ansatzweise bekannten Sprachen. Ohne Erfolg. Dafür kam ich in den Genuß eines Kurzkurses: russische Wörter - slowakische Wörter, aber irgendwie konnte der Mann auch nicht Russisch, sondern nur ein paar Brocken Deutsch, und zwar solche Wörter wie „Zuname“ („mein Zuname ist deutsch“), „Schaffner“, „Ankunft“ und nicht viel mehr. Diese ganze Situation forderte mich natürlich heraus, und wir hatten Spaß, miteinander mit Händen und Füßen zu reden. Ich weiß jetzt, daß „Buch“ auf slowakisch „Kniha“ heißt, wußte schon das „Buch“ auf russisch „Kniga“ heißt, aber er verstand meine Frage nach dem Grund seines Besuches in Deutschland nicht. Dafür wurde ich aber mit leckeren Bonbons gefüttert.

Dann nutzte ich die Gunst der Stunde - als er auf Toilette ging -, mich schlafend zu stellen, schlief dann auch tatsächlich ein und wachte auf als der sympathische, pausbäckige Schaffner durch das Abteil ging und die Fahrkarten kontrollierte...

Von fast jedem Reisenden wurde er gefragt, ob denn der Anschluß nach Budapest zu schaffen sei. Sicherheitshalber fragte ich ihn das auch noch mal. Da er die Frage bejahte, beschloß ich, mir keine Sorgen zu machen, und räumte kurz vor dem Prager Hauptbahnhof meine zwei riesigen, furchtbar schweren Reisetaschen an die Zugtür. Ich verabschiedete mich mit einem Lächeln und einem Wink von dem kleinen alten Mann, der noch ganz verschlafen auf seinem Platz saß. Der Zug hielt, und wirklich, am gegenüberliegenden Gleis stand mein Anschlußzug...

Allerdings landete ich ziemlich weit am Zugende und ich musste ein ganzes Stück laufen, um an meinen Wagen zu gelangen und meinen Platz zu finden. Ich wollte mir aber die Schlepperei der schweren Taschen durch den Zug ersparen und lief und schwitzte und ächzte den Bahnsteig entlang.

Auf einmal packte jemand meine Tasche. Ich schaute mich um und staunte nicht schlecht. Es war der kleine Mann aus dem anderen Zug. Er half mir beim Tasche tragen, stopfte mich in letzter Minute in den Zug und kletterte hinterher..

Dann setzte er sich in ein fast leeres Abteil, während ich mit den Besetzern meines Platzkartenplatzes verhandelte. Dann kam er zu mir und deutete mir, ich solle mit in sein Abteil kommen. Also ich fand das sehr, sehr nett.


 

Samstag, 01.09.2001

Die Nacht war anstrengend, und ich mußte sie vorwiegend im Sitzen verbringen, da es kein rumänischer Zug war, sondern ein tschechischer bei dem sich die Sitze nicht umklappen lassen. Gegen 5.00 Uhr stieg der kleine Mann in Bratislava aus, und ich konnte mich auf die Sitzbank legen. Allerdings kamen im halbstündigen Abstand slowakischer Schaffner, slowakischer Grenzschutz, slowakischer Zoll...und das gleiche passierte noch mal in ungarisch.

Meine rumänischen Mitreisenden wurden dabei besonders scharf unter die Lupe genommen und - wie ich fand - auch ziemlich unfreundlich behandelt. Ich brauchte oft nur meinen Paß hochzuhalten und wurde immer mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt. Da fiel mir die immer noch schwelende Diskussion mit einer Kollegin im Gesundheitsamt zum Thema "Ich bin stolz deutsch zu sein" ein.

Eine kleine Katzenwäsche war in der einigermaßen sauberen Zugtoilette möglich und danach fühlte ich mich trotz Müdigkeit besser...und kam mit den beiden rumänischen Männern ins Gespräch. Der eine – riesengroß - ist Handballspieler und spielt für eine tschechische Mannschaft, der andere ein Student der in Prag studieren wollte, aber die Aufnahmeprüfung nicht geschafft hat und nun statt in Prag Journalismus in Arad Jura studieren will.

Die Zeit bis zum Aussteigen in Arad verging in Schläfrigkeit und bald hätte ich noch das Passieren der Grenze verpaßt. In den vergangenen Jahren war der Eintritt nach Rumänien immer dadurch zu erkennen, daß die Bahngleise von riesigen Müllbergen umgeben waren. Irgendwie muß eine große Aufräumaktion stattgefunden haben, denn es war fast kein Müll mehr zu sehen und auch die alten verfallenen Eisenbahnwagons waren nicht mehr da.

Ich nahm es als gutes Zeichen. Außerdem, und obwohl wohl hinreichend bekannt, ich muß es trotzdem noch mal schreiben, ist das Visum weggefallen und so blieb mir die Ausgabe von 50 DM Eintrittsgeld nach Rumänien erspart.

In Arad halfen mir die Fahrgäste beim Tragen meiner Taschen und außerdem wurde ich von Taxifahrern angesprochen.

Zuerst suchte ich eine Wechselstube und tauschte 200DM; dafür bekam ich 2 750 000 Lei. ( 1 DM sind ca. 13 400 Lei. 1996 bekam man für 1 DM 2 370 Lei)

Danach versuchte ich, mir eine Fahrkarte zu kaufen. Man könnte annehmen, daß das auf einem Bahnhof kein Problem ist, aber so einfach ist das dann in Rumänien auch wieder nicht. Ich hatte mir bereits in Deutschland im Internet die Bahnverbindung von Arad nach Gura Humorului, meinem ersten Ziel, ausgesucht. Das geht ganz einfach über die Auskunftseite der Deutschen Bundesbahn.

Auf dem Arader Bahnhof gibt es ca. 6 Schalter und jeder Schalter ist für bestimmte Züge zuständig. Also muss man zuerst den richtigen Schalter für den richtigen Zug finden. Das hört sich vielleicht unkompliziert an, aber es ist schwierig. An der „Informaziee“ stehen Massen von Leuten und an den offenen Schaltern auch. Diese öffnen nämlich erst eine Stunde vor Abfahrt des Zuges für den jeweiligen Zug. Ich fragte mich also durch und stand schließlich brav in der Reihe an der Cassa 20. Pünktlich 15.04 Uhr - öffnete der Schalter, und ich bekam meine Fahrkarte erster Klasse und eine Platzkarte. Ich bezahlte 375.000 Lei dafür (600km)

Dann hatte ich noch ausreichend Zeit, mir einen Kaffee in einem Steh-Imbiss zu genehmigen. Den hatte ich wirklich nötig. Während ich den Kaffee trank war gut Gelegenheit, die Leute zu beobachten. Es war gemischtes und hoch interessantes Publikum auf dem Bahnhof und reichte vom feinen Zwirn bis hin zu in Lumpen gekleideten Kindern - Straßenkindern, Bahnhofskindern - .

Ein Mann verkaufte kleine Glückslose mit einem giftgrünen Wellensittich, der mit dem Schnabel die Lose aus einem Kasten zog. Ein Junge schnüffelte an einer Plastiktüte - wahrscheinlich Klebstoff - und hatte einen riesigen Pullover mit Goldfäden an, der überall zerlöchert war. Er bettelte und bekam auch ab und zu mal ein paar Lei von den Leuten. Ein anderer Junge in einem viel zu großen Anzug kontrollierte sämtliche Aschenbecher nach verwendbaren Stummeln und räumte sie leer. Den Aschenbecherteller des Stehcafe, in dem ich mich aufhielt, wischte er sogar noch mit dem Ärmel seiner schmierigen Anzugjacke sauber. Ein grotesker Anblick.

Die älteren Männer in Rumänien tragen alle noch Hüte. Das Sortiment reicht von pfiffigen Hütchen über Strohhüte bis zur folkloristischen melonenähnlichen Kappe mit aufgerollter schmaler Krempe.

Die Stunde Wartezeit auf dem Bahnhof verging schnell. Es gab - wie das auf Bahnhöfen so ist viel zu sehen ... Züge die kommen und fahren ... Abschiedstränen und Willkommensfreudentränen. Überall Geschichten, die ich nicht erfahren werde .....

Schon während des Anstehens nach der Fahrkarte war mir ein Paar aufgefallen, das sich englisch unterhielt. Die Frau sah ich dann wartend den Bahnhof rauf und runter spazieren. Ich sprach sie an und erfuhr, daß es ein Paar aus Australien ist und es zur Zeit auf Weltreise unterwegs ist. Die beiden waren schon in Deutschland, Frankreich und Polen; wollen noch nach Istanbul und ich weiß nicht wohin noch; Dann einige Tage nach Afrika und ein paar Monate in London arbeiten ........Wir hatten ein ausführliches Gespräch in meinem wohl verständlichen aber nicht perfekten Englisch und hatten danach noch das gleiche Abteil und so viel Zeit zum Erzählen.

Als der Zug einfuhr und ich meine zwei riesigen Taschen aufhob, fragten mich zwei Männer, ob ich Hilfe brauchte. Es waren Zigeuner. Ich habe, ob berechtigt oder Nicht, Angst vor Zigeunern. Ich drehte mich um, mußte lachen. Sie sahen wirklich sehr zigeunerich aus, dunkel gekleidet mit schwarzen Hüten, Goldzähnen und verwegenen Schnurrbärten. Ich sagte auf rumänisch – international: “Danke, ich bin eine deutsche Stahlfrau“, was die beiden sehr lustig fanden. Und Sie wollten unbedingt die Stärke meiner Stahlmuskeln überprüfen, was ich ihnen auch genehmigte und die sie dann sehr lobten.

Außer Lukas und Rebecca aus Australien saß im Zugabteil noch ein junges Paar das auch gut englisch sprach. Er, ein Taxifahrer, hatte die englische Sprache in der Schule gelernt und sie, eine Stripteasetänzerin, vom Fernsehen. Es entspann sich ein interessantes Gespräch .... Allerdings war es sehr eng und ich hundemüde, so daß ich mir dann ein anderes Abteil suchte, in dem nur ein einzelner Mann saß. Ich bezog den Fensterplatz und klappte die Sitze aus und schloß meinen Rucksack mit dem Fahrradschloß an das Gepäcknetz an. Obwohl es heiß war, nahm ich auch noch den Schlafsack und schaute bis zum Dunkel werden aus dem Fenster. Das war „mein Rumänien“.

Zuerst flache und vertrocknete Landschaft, Menschen die Gras hauen (mit der Sense und nicht mit dem Rasenmäher), einkaufen (mit Taschen und Körben - nicht mit dem Auto), mit Alltäglichen beschäftigt waren, Kinder, die in zerlöcherten Räubersachen - wie es sich beim herzhaftem Spiel gehört - herumtollten und von oben bis unten dreckig waren, aber auch frei, viele, viele Hunde (davon mehrere nur auf 3 Beinen) und auch Leute, die einfach auf der kleinen Bank vorm Haus saßen und sich unterhielten und wahrscheinlich genossen, die Arbeit geschafft zu haben.

Der Zug sollte morgens 3.52 Uhr in Gura Humorului, dem ersten Ziel meiner Reise - ankommen, und ich machte mir Sorgen, daß ich es verschlafen könnte ... Trotz dieser Angst schlummerte ich ab und zu ein und wurde auch öfters geweckt, z.B. vom Schaffner, der erst meine Fahrkarte kontrollierte und 20 min. später zurück kam und meine Platzkarte sehen wollte. Er schüttelte sorgenvoll seinen Kopf , weil ich nicht auf dem richtigen Platz saß. Als ich nicht dergleichen tat, fing er an sich über mein reichliches Gepäck zu beklagen. Er meinte pro Person dürfe ich nur ein Gepäckstück mit mir führen. Das ist doch unglaublich!

Ich beschloß, ihn zu ignorieren und irgendwie half das auch den Stänkerfritzen los zu werden. Ich schlief wieder ein und wachte von Männerstimmen auf. Ich sah mich um. Da saß der Schaffner in meinem Abteil und verhandelte mit Fahrgästen, wahrscheinlich über Fahrkarten. Ich wollte lieber nicht wissen, wie lange er schon da saß und mich beobachtete.

Ich fand die Situation irgendwie gruselig und unangenehm. Mein Gepäck war noch vollständig vorhanden, also drehte ich mich zum Schaffner und beobachte ihn, was ihn unsicher machte und dann veranlaßte zu gehen. Es war richtig unheimlich.

Ich schlummerte wieder ein und wachte das nächste Mal auf, als in Bistria 3 Leute einstiegen und es sich auch gemütlich machten. Allerdings löschten sie auch das Licht im Abteil, und ich konnte nun die Zeit auf meiner Uhr nicht mehr erkennen.

Ich war unruhig und schaute bei jedem Lichtschein auf die Uhr und bei jedem Halt auf meinen Fahrplan. In Rumänien gibt es keine beleuchteten Bahnhofsschilder, meistens ist nur ein kleines Schild am Bahnhofshauptgebäude, welches besonders im Dunkeln sehr leicht zu übersehen ist.

Man weiß nie richtig wo man ist. Irgendwie war ich dann doch eingeschlafen, obwohl der Mann neben mir fürchterlich schnarchte, und schreckte gegen 3.15 Uhr auf. Die Leute neben mir waren auch gleich wach und meinten, daß die nächste Haltestelle Gura Humorului wäre. Ich konnte mir das nicht vorstellen und ließ mich trotzdem anstecken. Meine Mitreisenden rannten mit meinem Computerausdruck wie wild durch den Zug und fragten laut, ohne Rücksicht auf Schlafende, alle Leute, wo wir sind... und das ist es, was ich an Rumänien so liebe. Man glaubt nicht daran, aber irgendwie funktioniert alles. Es wird geholfen; Ich fühlte mich aufgehoben und umsorgt. Und so war es dann auch. Es stellte sich heraus, daß noch genügend Zeit für ein Schwätzchen war und wir uns bekannt machen konnten. Die Familie brachte mir dann auch meine schweren Taschen zur Zugtür und verabschiedete sich nett. Natürlich wurden die Adressen getauscht und ich werde die Familie sicherlich bei meiner nächsten Rumänienreise besuchen.


 

Sonntag 02.09.2001

Ich stieg in Gura Humorului aus dem Zug, das erfordert schon einiges Geschick, denn die letzte Stufe der Zugtreppe befindet sich ca. 0,5 m über dem Bahnsteig. Freundlich wurden mir die Taschen raus gereicht und ich machte mich auf den Weg zum Bahnhofsgebäude. Abermals packte von hinten jemand meine Tasche und ehe ich mich versah lief ein wieder kleiner, alter, dünner Mann neben mir und redete auf mich ein. Er hatte, wie ich im schummrigen Licht erkennen konnte, kaum noch Finger an seinen Händen (wie die ihm wohl abhanden gekommen waren???) und eine mächtige Alkoholfahne. Ich sagte ihm, daß ich nach Manastirea Humor wolle und er organisierte für mich ein Taxi, in das er dann selber einstieg.

Es war stockdunkel und ich lotste den Taxifahrer auch noch eine Straße entlang die keine war. Er musste ein Stück rückwärts fahren und wider Erwarten standen wir plötzlich vor dem richtigen Haus. Das Haus mit dem hohen hellbraunen Zaun, mit dem liebevoll verzierten, überdachten Tor, das nur Insider von außen öffnen können und das nie verschlossen wird, auf dem aber, wenn die Familie den Hof verlässt, ein Stein liegt und man erkennen kann, ob jemand da war, wenn der Stein hinunter gefallen war.

Die Hunde bellten wie verrückt und Dumtiru, Elenas Ehemann, hatte uns schon gehört und verstand gleich wer da kommt. Nämlich ich. Er rief Elena und meine liebe Freundin rannte ganz aufgelöst im Nachthemd und mit wehenden Haaren aus dem Haus und begrüßte mich mit überschwenglicher Freude. Es war richtig schön und rührend! Dumitru und Elena strahlten um die Wette und ich wurde endlos abgeknutscht und in den Arm genommen..

Ich genoß die Fürsorge und Freude und Elena bezog mir schnell das Bett in dem Zimmer mit dem Katzenteppich an der Wand, dem alten Kachelofen und der Vitrine mit den guten Gläsern, die nur zu besonderen Anlässen und für besondere Leute benutzt werden, und ich freute mich nach zwei Nächten in der Bahn aufs Schlafen, Schlafen, Schlafen.

Ich fragte Elena noch, wann sie aufsteht und in die Kirche geht. Sie antwortete: „Gegen 10 Uhr“. Ich sah immerzu auf das frisch bezogene Bett. Es zog mich magisch an. Ich war sooo müde. Dumitru meinte, es wäre noch warmes Wasser da, und so konnte ich auch noch schnell duschen, obwohl ich unendlich müde war, daß es mir nichts ausgemacht hätte, dreckig schlafen zu gehen. Dann schlief ich ein, tief und fest ...und wachte gegen 10 Uhr das erste Mal auf.

Während ich mir vornahm sofort aufzustehen, muß ich wohl gleich wieder eingeschlafen sein. Das nächste Mal wachte ich 13 Uhr auf und war sauer, weil ich die Kirche verpaßt hatte.

Ich zog mich an und schaute mich auf dem Hof um, ob jemand von der Familie da wäre. Es hat sich seit dem letzten Jahr nichts verändert und ich mag Dinge, die sich nicht verändern. So etwas beruhigt mich immer irgendwie. Elena hatte auf mich gewartet und war nicht in die Kirche gegangen. Sie knutschte mich schon wieder ab und wir umarmten uns. Sie versicherte mir immer wieder, wie sehr sie sich über meinen Besuch freut. Es gab natürlich erst einmal leckeren Schnaps (Tuica!!!) mit Heidelbeeren... hmmmmm... und jede Menge Essen. Zuerst eine leckere Suppe mit Fleischklößen, dann gebratene Wurst und Melone. Dazu Maisbrei, Brot und selbst eingelegte Salzgurken. Wie immer schmeckte alles total lecker und war liebevoll zubereitet. Beim abschließenden Kaffee erzählte mir Elena, daß ihr kleiner Enkel Alexandru gerade den 5. Geburtstag hat und deshalb ein Fest stattfindet. Ich war auch eingeladen.

Elena hat drei Töchter. Die älteste heißt Stelluza und ist die Mutti des kleinen Geburtstagskindes und eines weiteren kleinen Jungens, namens Januz. Die mittlere Tochter, Valerica, ist mir besonders ans Herz gewachsen. Sie ist auf besondere Weise natürlich und schön. Es war eine besondere Ehre für mich, als ich im vergangenen Jahr bei ihrer Hochzeit Trauzeuge sein durfte und die gigantische Hochzeit mit all den besonderen Ritualen und 5oo, bis in den Morgen tanzenden Gästen miterleben konnte. Valerica ist nun hochschwanger und erwartet Anfang Oktober ihr Baby. Die jüngste Tochter Viorica ist 17 und schon jetzt eine berühmte Sängerin. Ihre Spezialität ist die Volksmusik der Bukowina.

Gerade als wir uns auf den Weg zur Geburtstagsfeier machen wollten, Elena und ihre hübsche Tochter Viorica hatten sich wunderschön herausgeputzt, fing es an, in Strömen zu regnen.. In dieser Hinsicht sind die Damen des Hauses fein. Dumitru wurde bestellt und fuhr uns in seinem Daciatransporter ... erst mich und dann Elena und Viorica ... zu Stelluzas neu erbautem Haus.

Das Haus von Stelluza und ihrem Ehemann Duzu kannte ich noch nicht im fertigen Zustand und hatte nun Gelegenheit das sowohl für rumänische als auch für deutsche Verhältnisse prunkvoll gebaute Haus zu bewundern. Das Haus ist sehr groß und alle Räume sind großzügig angelegt. In der Mitte des Hauses gibt es einen riesigen Flur von dem die einzelnen Räume und auch die Treppe ins Obergeschoß abgehen. Oben führt eine Balustrade rund um den Flur und hier gibt es 4 nett eingerichtete Gästezimmer.

Nachdem ich das Haus richtig ausgiebig bewundert hatte, wurde ich in das große Speisezimmer gebeten, wo an einem prachtvoll gedeckten Tisch schon einige, mir seit der Hochzeit, im Vorjahr bekannten Gäste Platz genommen hatten. Unter anderem auch die interessierte und unbebrillte Urgroßmutter (über 90 Jahre) des Geburtstagkindes Alexandru.

Als Alexandru mich erblickte, freute, er sich riesig und kam gleich auf mich zugestürzt und schrie: „Gudrun Gudrun“. Ich hatte ein kleines Geschenk für ihn aus meinem Geschenkbeutel zusammengepackt: Filzstifte, Luftballons, Seifenblasen und ein wenig Geld...Er wußte sofort was der Geldschein bedeutete und freute sich aber am meisten über die Seifenblasen, die ab sofort überall durch das Haus schwebten. Ach, Seifenblasen mag ich selber so gern!

Stelluzas Haus befindet sich direkt an der Straße zum berühmten Kloster Humor und der später erbauten größeren Kirche. Deshalb ist diese Straße Touristenzentrum des Dorfes und es ist immer etwas los. Mal eine Beerdigung, dann wieder eine Hochzeit, wenig später eine Taufe. Aurica, die andere Großmutter Alexandrus, erzählte mir, daß wohl gerade eine Beerdigung in der großen Kirche stattfände und, da ich schon mehrere Hochzeiten und Taufen gesehen hatte, wollte ich nun auch noch eine Beerdigung in dieser Kirche erleben.

Alexandru ließ sich nicht davon abbringen, mit mir zu gehen, und so stieg ich, mit seiner kleinen Hand, in meiner Hand den kleinen Hügel zur Kirche hinauf. Der Tote, ein älterer Mann, war mit einem tannenbaumgeschmückten kleinen Lastwagen zur Kirche gebracht worden. In der Kirche war er aufgebahrt und die Angehörigen standen trauernd um den offenen Sarg. Der Pope sang den beeindruckenden orthodoxen Singsang und der Chor war auch eifrig am Singen. Es war eine sehr feierliche Atmosphäre.

Der kleine Alexandru ging mit dem Anblick des Toten unbefangen um. Es ist halt so, Menschen sterben und werden geboren.

Ich wurde von den Trauernden bemerkt und wollte nicht stören. Deshalb machte ich mich schon nach kurzer Zeit auf den Rückweg zur Geburtstagsfeier und bemerkte auf der Straße einen Menschenauflauf. Da lag eine alte Frau mitten auf der Straße. Sie war auf dem Weg zur Beerdigung zusammengebrochen. Ohne einen Arzt zu holen waren die anwesenden Dorfbewohner sicher, daß die Frau tot ist. Schließlich, so wurde mir erklärt, wäre es der 3. Herzinfarkt. Man hatte ihr schon Kerzen in die Hände gelegt. Aurica holte eine Decke und in einem Verkaufsstand wurden die Beine eines Tisches abgeklopft und die Frau darauf gelegt. Ich fand die Situation etwas makaber und musste, um ehrlich zu sein, auch ein bißchen lächeln. (Psst, bitte nicht weiter sagen). Es hat doch irgendwie etwas, auf dem Weg zu einer Beerdigung zu sterben, und irgendwie war es auch noch praktisch, denn als die Trauerfeier in der Kirche zu Ende ging, zog der Trauerzug direkt an der im Verkaufsstand aufgebahrten Toten vorbei und der Pope segnete sie sozusagen im Vorbeigehen.

Unterdessen wurde ich im Haus vermißt, denn es gab Essen und zwar gegrillten Fisch, der in einen Sud von Brühe, Knoblauch, Petersilie gelegt war und hmmmmm lecker schmeckte ...

Das Fest nahm seinen feucht fröhlichen Lauf, nur noch unterbrochen von einem Hochzeitszug, der unbedingt angeschaut werden mußte; im großen Speiseraum wurde kräftig gesungen (das klang wunderbar), getrunken ( Tuica, selbst gebrannt) und geredet (natürlich über Geld). Gegen 21.00 Uhr verabschiedete ich mich, nachdem mich Valerica für den nächsten Tag zu sich nach Hause eingeladen hatte.

Ich ging ins Bett und schlief auch sofort ein.


 

Montag, 03.09.2001

Gegen 9 Uhr weckte mich Elena richtig lieb und als ich aufstand, hatte sie auch schon in der Sommerküche den Tisch für mich gedeckt. Es gab gebratene Wurst und Ei, Brinza und Maisbrei und hinterher wurde ich auch noch genötigt, Brot mit Marmelade zu essen. Ich konnte gar nicht so viel essen, besonders da Nelli neben mir saß und mir gar nicht gefiel. Nelli hatte ich vor 3 Jahren als Freundin von Valerica kennengelernt. Sie war mir damals nicht symphatisch. So laut und schrill, überdreht. Ein Partygirl! Im vergangenen Jahr saß sie, als ich zur Hochzeit von Valerica kam, still und leise in Elenas Küche auf dem Sofa, sah schlecht und traurig aus und griff sich auf einmal an die Haare und nahm die Perücke ab. Ich war so furchtbar erschrocken, als sie mit kahlem Kopf vor mir saß.

Mir wurde erzählt, daß sie Knochenkrebs hat. Dieser hat sich in ihrer Wirbelsäule festgesetzt und beeinträchtigt ihren rechten Arm. Sie war sehr ernst und gefaßt, aber mir rannen die Tränen. Knochenkrebs ist sehr bösartig und den Erkrankten werden nur wenige Überlebenschancen eingeräumt. Im Dezember rief mich Elena an und sagte, dass mit Nelli alles in Ordnung sei. Sie wäre gesund. Nun saß Nelli beim Frühstück neben mir ... sie sah sehr sehr schlecht aus, blaß mit dicken Augenringen und hatte Schmerzen im Arm, den sie fast nicht mehr bewegen konnte. Es war so traurig. Sie sagte, dass sie bereits zwei mal operiert worden sei, aber der Tumor hätte sich trotzdem ausgebreitet. Das Schlimmste wären aber die ständigen Schmerzen und sie hätte keine Medikamente.

Unterdessen kamen auch Valerica und Doru, und ich wurde dezent zur Eile getrieben. Ich packte schnell ein kleines Geschenkpaket für Nelli, ein schönes T-Shirt, eine graue Hose und diverse Kleinigkeiten und dazu noch etwas Geld. Nelli kam in mein Zimmer, um sich zu verabschieden und ich gab ihr den Beutel, den sie erst gar nicht annehmen wollte ... aber schließlich lies sie sich doch überreden.

Am Nachmittag, wir saßen in lustiger Runde, wurde Elena dann auf einmal ernst und sagte mir, daß Nelli im Krankenhaus in Iasi wäre, da sich ihr Zustand verschlechtert hätte ....

Doru, die hochschwangere Valerica und ich machten uns auf den Weg in die Stadt. Zuerst wollte ich für eine Stunde ins Internetcafe und einen Brief an meine Familie schreiben, damit sie wußten, daß ich gut angekommen bin und alles mit mir in Ordnung ist. Dann schrieb ich noch ein paar Zeilen an meine liebsten Freunde, aber der Server war so langsam, daß ich es bald aufgab.

Valerica, Doru und ich fuhren mit dem Auto in das Haus der jungen Leute. Ich hatte das Haus schon im vergangen Jahr bewundert, als wir bei dem Brautpaar eingeladen waren. Dorus Vater hatte es für seinen Sohn gebaut und das Besondere waren die reichen Verzierungen an jeder Dachrinne, jedem Tor, jeder Zaunlatte. Das ganze Haus ist mit weißen Holzschuppen (wie ein Fisch!!!) verkleidet und sieht irgendwie stolz aus. Es war nun auch innen fast vollständig eingerichtet. Viele feine Zimmer, die wohl nie richtig bewohnt werden, überall Holztäfelungen und Geschnitztes. Sehr hübsch. Das Leben des Hauses spielt sich aber nur in der Wohnküche ab, die wie in Elenas Haus eingerichtet war. Ein Ofen, ein breites Bett, Spüle, Elektroherd, Tisch und Stühle. An den Wänden Teppiche. Gemütlichkeit ohne Ende. Kein Vergleich zu den anderen prunkvoll eingerichteten Zimmern. Natürlich gab es auch bei Familie Boca erst mal einen Schnaps (Tuica!!!!) und wir unterhielten uns kurz. Dann machten wir uns auf den Weg nach Moldovenesc Campulung, einem Luftkurort im Moldova – Tal am Fuße des Rarau - Berges.

Ich dachte, ich sollte die Stadt und die Berge gezeigt bekommen, aber es ging darum, daß sich Doru ein Auto kaufen wollte. Wir fuhren also los und nach 5 km gab es ein Problem mit dem Auto. Das Benzin war alle. Doru bekam einen roten Kopf. Er machte sich auf den Weg, Benzin zu besorgen. Während Valerica und ich warteten kam ein alter Zigeuner und beschwerte sich, daß wir vor seiner Einfahrt parkten. Der Mann sah furchterregend aus, mit Schnauzer, dunklen Sachen und brauner Haut und war richtig blubrig. Er half uns aber dann doch das Auto wegzuschieben. Ich hatte Gelegenheit mich umzuschauen. Wir hatten an einer Art Bushaltestelle gehalten. Überall campierten Leute mit kleinen, großen oder riesigen Taschen und saßen träge und schläfrig in kleinen Gruppen zusammen. In den Männergruppen kreiselten Schnapsflaschen und einige Männer waren auch schon eingeschlafen. Weiter hinten kochten ein Mann und eine Frau irgend etwas in einem großen schwarzen Kochtopf. Wahrscheinlich Schweinefutter, wie Valerica vermutete. Überall war Lebendigkeit und Leben, geschäftige Leute, Pferdefuhrwerke und moderne Autos und Oldtimer ...

Es dauerte nicht sehr lange, da kam Doru mit einer 1,5 l Limoflasche, in der sich Benzin befand zurück. Er schämte sich ein wenig vor mir, war aber dann beruhigt, als ich sagte, daß die kleine Panne für mich rumänische Romantik wäre.

Wir fuhren also weiter nach Campulung durch eine schöne Gebirgslandschaft. Von Campulung kann ich nichts berichten, da wir nur von einer Verwandtschaft zur anderen gefahren sind und es um irgendeinen Autokauf ging.

Meine Frage, ob wir nicht mal in die Berge fahren, wurde nicht verstanden oder überhört. Es ging also nur hin und her, über irgendwelche seltsamen Brücken eine Tante abholen, mit einem Onkel reden und dann zu einer Autowerkstatt. Dort wollte Doru ein Auto kaufen, aber das Objekt seiner Begierde war gerade mit dem Bruder des Verkäufers in Deutschland unterwegs. Also wurde unverrichteter Dinge wieder zurückgefahren.

In Vame streikte das Auto wieder und wieder war das Benzin alle. Diesmal standen wir an einer Kirche. Während Doru nach Benzin unterwegs war (per Anhalter), schaute ich mir den Kirchenneubau an und die dazugehörige kleine und auch neu errichtete Holzkirche. Ich sprach die Bauarbeiter an und sofort erging ein unaufhörlicher Redeschwall über mich. Ich hatte keine Gelegenheit einzuhaken und zu verstehen zu geben, daß ich nichts von den - durch Gesten reich untermalten - Erklärungen verstand. Erlöst wurde ich erst von Doru, der mit Benzin zurückkam.

An der nächsten Tankstelle wurde wieder getankt, aber wieder nur 2 oder 3 Liter. Es wurde mir erklärt, daß es ja nicht Dorus Auto war, sondern das vom Schwager Ducu und Benzin wäre schließlich teuer. (1l = 15 ooo Lei) Im Haus von Doru angekommen, machte sich Valerica gleich daran Essen zu zubereiten . In kurzer Zeit zauberte sie gebratene Leber, gebackene Kartoffeln, Salat, Blätterteigtaschen mit Äpfeln und selbst hergestelltes Eis auf den Tisch. Doru erzählte mir unterdessen, daß er sich gern ein Auto in Deutschland kaufen würde und ich versuchte ihm das auszureden, was mir allerdings nicht gelang. Ich bat ihn sich vor Augen zu halten, daß er ja nicht nur den Preis für das Auto sondern auch das Geld für die An– und Abreise, diverse Versicherungen, Papiere und den Zoll mit einkalkulieren müsse. Er fand, daß das alles kein Problem wäre.

Nach dem Essen fuhren Doru und ich zu Ducu und brachten das Auto zurück. Auf der Straße war gerade ein Bus mit holländischen Touristen angekommen und Aurica und Stelluza hatten sich in Trachtenpuppen verwandelt und boten diverse Teppiche, bestickte Blusen, bemalte Holzeier usw. an. Um die Wirkung noch ein bißchen zu verstärken, war auch das einjährige Enkelkind Januz mit auf Auricas Arm. Es war eine so richtig für Touristen zurechtgemachte vorgespielte Situation. Die Frauen wissen genau, was die Touristen sehen wollen. Doru brachte mich dann zurück zum Haus von Elena, welches am anderen Ende des Dorfes liegt. Dort war gerade der Strom weg, was Dumitru zwar ärgerte, weil er nicht in seinem Sägewerk arbeiten konnte, aber er fand die Ruhe, sich zu uns Frauen zu setzen und mit uns zu tratschen. Das war richtig schön. Wir tranken einen Schnaps (Tuica!!!!) nach dem anderen und es ließ sich nicht verhindern, daß sich Elena alsbald wieder ans Kochen machte. Zum Abendbrot gab es Suppe mit Hackfleisch, Mici mit einer Mehlsoße, Kartoffelpuffer mit Honig und saurer Sahne.

Eigentlich ein total fauler Tag und ich beschloß, am nächsten Tag wird etwas unternommen! Dann ging ich zeitig und angetütelt ins Bett und schlief wie immer fest und tief in dem wunderbaren Bett im wunderbaren Märchenland ein. Schnarch grunz, träum ...


 

Dienstag, 04.09.2001

Um 9.00 Uhr weckte mich Elena. Sie hatte mein Frühstück zubereitet und war reisefertig. Während sie am Tag zuvor in Suceava beim Advokaten war und keinen Erfolg in irgendeiner wichtigen Sache hatte, wollte sie an diesem Tag in Campulung versuchen ihr Problem zu klären. Ich fragte sie und Dumitriu ein bißchen aus und erfuhr, daß die beiden ein Testament machen wollen, damit es später zwischen den 3 Kindern keinen Streit gibt. Das Ganze ist wohl mit großem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden.

Elena ließ mich jedenfalls mit meinem Frühstück, das aus gebratener Wurst, Maisbrei, Kuh- und Schafskäse bestand, allein. Zum Kompott gab es Joghurt mit Erdbeeren. Wohlgemerkt, es war morgens 9.30 Uhr und es kostet mich schon Überwindung diesem tollen Eßkram zu widerstehen. Viorica tauchte dann auch irgendwann auf und frühstückte, machte sich fein und verabschiedete sich ...

Nun hatte ich das erste Mal richtig Zeit und konnte ein bißchen in meinen Sachen herum kramen und mein Reisetagebuch schreiben. Dann machte ich mich auf den Weg und ging mit „Rondo Veneziano“ (schönen Gruß an Rainer Trautz!!!!) im Ohr die Dorfstraße herunter. Es war strahlender Sonnenschein und ich hatte wie jedes Mal Gänsehaut über und über und war total glücklich. Mich beschlich ein unsagbares Gefühl von Freiheit!

Zuerst begegnete mir der kleine Ilie und einer seiner Brüder, die ein ca. 1-jähriges Kind in einem Kinderwagen die Straße entlang schoben. Weil das Baby heulte, steckten die beiden Jungs ihm ohne größere Umstände die Nuppelflasche in den Mund. Das beruhigte das Kind für einen Moment, als es mich jedoch sah, fing es sofort lauthals an zu schreien. Mein Gott, so schlimm sehe ich doch nun auch nicht aus oder war es vor meiner Sonnenbrille erschrocken...?

Ich machte mich jedenfalls schnell aus dem Staub und entdeckte in der nächsten Kurve eine Pferdemama mit einem winzig kleinen Fohlen .... Das war soooo süß, denn ringsherum schnatterten auch noch weiße Gänse und jede Menge anderes Federvieh ...

Ich lief immer weiter und erregte doch schon irgendwie Aufsehen. Ich habe es mir schon lange angewöhnt, nicht nur in Rumänien, Menschen prinzipiell erst einmal anzulächeln und besonders in Rumänien ist ein Lächeln wie ein Zauberschlüssel. Ich lächle und die Leute sprechen mich an. Ich bin ja nun auch schon zum 5. Mal hier und sie kennen mich, besonders auch, weil ich Trauzeuge von Valerica bin. Ich blieb also öfter stehen und begann das Gespräch mit: “Ich kann nicht die rumänische Sprache verstehen“ auf rumänisch natürlich. Dieser Satz bewirkte bei Männern, daß sie sofort lauter mit mir reden und bei Frauen, daß sie langsamer und verständlicher reden. Ich mag die Gesichter der Menschen in Man. Humorului. Sie zeigen, daß es viele Geschichten gibt, die von Arbeit, Zufriedenheit, aber auch Träumen und Wünschen und tiefem Glauben handeln.

Ich fotografierte das Holzhaus auf der Dorfstraße, dessen Dach nun fertig und vollständig mit Schindeln bedeckt war. 1999 hatte ich es zum ersten Mal fotografiert, als es gerade mühevoll gedeckt wurde und im letzten Jahr wurden noch Restarbeiten erledigt und in diesem Jahr war es fertig. Als Nächstes besuchte ich den Friedhof und genoß die wilde Unkrautromantik dieses besonderen Ortes. Ich setzte mich für eine halbe Stunde hin, unter einen großen Apfelbaum.

Es wurde gerade eine neue Grube ausgehoben, die war, wie sich herausstellte, für die Frau, die auf dem Weg zur Beerdigung tot zusammengebrochen war. Ich weiß, daß man über so was nicht lacht, aber ich mußte doch immer wieder über diese makabere Geschichte lächeln.

Dann machte ich mich auf den Weg zum Kloster, wurde aber doch von Viorica erwischt, die mich in Stelluzas Bar einlud und ich bekam einen großen Kaffee spendiert. Das Thema der Unterhaltung war Stelluzas Anämie und Blutunterdruck, Aurica redete auf sie ein und meinte, sie müsse Tabletten mit Vitaminen zu sich nehmen. Stelluza entgegnete, daß das alles nicht helfe und es wurde ein bißchen gestritten. Ich machte mich aus dem Staub, um endlich in das Kloster zu kommen.

Auf den Weg in das Kloster traf ich eine Oma in Schafwollsocken und ich fragte sie, ob ich sie fotografieren dürfte. Sie zeigte aber auf ihre Füße und schämte sich ein bißchen, da sie gerade keine Schuhe an hatte. Ich zeigte ihr daraufhin, daß ich auch solche Schafwollsocken trage wie sie und sagte, sehr gute Qualität, was sie wiederum freute.

Der Eintritt in das Kloster kostete 30.000 Lei. Der kleine Alexandru, den ich auf der Straße getroffen hatte und dem ich unterdessen die vierte Seifenblasenflasche gegeben hatte, begleitete mich und wich nicht von meiner Seite. Das 1530 erbaute Kloster tut mir immer wieder gut, ich weiß nicht warum, aber es liegt sicherlich an der besonderen Atmosphäre der jahrhundertealten Gemäuer. Ich schaute mir wieder die wunderschönen Außenfresken an.

Besonders beeindruckt mich immer wieder die Darstellung dessen, was einem in der Hölle so alles widerfahren wird, die sich im ersten von 3 Innenräumen der Kirche befindet. Wer BÖSE ist, wird gekocht, gebraten, geköpft und mit den Füßen nach oben aufgehängt und außerdem noch geschlagen. Es gibt aber auch nettere Bilder, zum Beispiel von Maria und dem Jesuskind.

Nach der Besichtigung der Kirche, bei der Alexandru nicht von meiner Seite wich, beschloß ich den Turm, der ein Wehrturm ist, zu besteigen. Alexandru war ganz begeistert und versicherte mir, daß er das dürfe ohne erst die Mama zu fragen. Wir stiegen also auf und ich erinnerte mich dabei an meine erste Besteigung des Turmes mit meinem Freund Alex ...

Alex Margaza hatte ich 1999 auf meiner ersten Solorumänienreise im Zug kennen gelernt. Er war damals Student im Timisoara und ist unterdessen ein richtig guter Freund unserer Familie geworden. Im Mai dieses Jahres haben Thomas und ich ihn in London besucht, da er , wie leider sehr viele rumänische super ausgebildete junge Leute keine Perspektive in Rumänien sah . Er arbeitet jetzt als Hilfsarbeiter, was ihm zwar jede Menge HEINWEH aber doch ein materiell besseres Leben bringt.

Nun war ich also mit dem kleinen Alex hier und er lachte, weil die Treppe zunächst recht eng für mich war. Seine Schadenfreude war allerdings grenzenlos als es noch enger wurde und die Stufen schmal und hoch. Ich dachte wirklich und wahrhaftig, daß ich steckenbleibe. Es war fürchterlich eng, ich kroch auf allen Vieren und nicht einmal das gelang mir richtig. Ich konnte mich, weil die Stufen so hoch und schmal waren, jedesmal nur mit der Fußspitze auf eine Stufe stellen und dann hochziehen. Ich wußte zwar noch, daß es in dem Turm eng ist, aber doch nicht so eng....puh! Ich war mir sicher, dass ich gleich in diesem Turm stecken bleibe und überlegte, dass es schade um den Turm wäre, wenn er nur für meine Befreiung abgetragen werden müßte. Aber vielleicht würden die Einheimischen lieber auf einen Touristen verzichten, als auf ihren Turm???? Alexandru stand oben auf der Treppe und lachte sich halb tot und hinter mir kroch ein kleiner schmaler Mann ... ich schniefte und schimpfte und blieb am Ende doch nicht stecken.

Die Aussicht belohnte mich für die Quälerei. Alexandru blieb ganz geduldig an meiner Seite und war mit seinen Seifenblasen beschäftigt. Lange und ausgiebig genoß ich die wunderbare Umgebung. Dann machte ich mich an den Abstieg. Es war genauso eng wie der Aufstieg! Ich setze mich hin und rutschte die Treppe einfach runter. Alexandru fand das sehr, sehr witzig. Als wir unten angekommen waren, setzten wir uns in den Klostergarten und Alexandru hörte Musik und machte Seifenblasen. Ich freute mich über die Stille und den Anblick der vorbeihuschenden Nonnen, die ganz in schwarz gekleidet waren.

Danach kaufte ich mir noch ein Büchlein über die Klöster der Bukowina und einige Postkarten und schickte Alexandru nach Hause. Ich wollte die Umgebung noch ein bißchen erkunden und einen anderen Weg als den über die Dorfstraße zu Elenas Haus finden. Es war warm und sonnig und ich machte mich frohen Mutes auf den Weg durch einen Dorfteil, den ich bisher nicht kannte. Überall bunte Häuser, liebevolle Details und alte Leute in Trachten. Ein alter Mann, der mir begegnete, hatte eine Tracht an, die er bestimmt schon seit 10 Jahren trägt (vermutlich ohne Unterbrechung) .

An einer Wiese mähte ein Mann gerade mit der Sense Gras und ich fragte ihn, ob es auch einen Weg zum Haus von Elena und Dumitru über die Berge gibt. Er musste lange überlegen, welche Elena und welchen Dumitru ich wohl meinte und ich zählte alle mir in den Sinn kommenden Verwandten der Familie auf ...... plötzlich ... aha ... die Elena und der Dumitru ... ein Blitz der Erkenntnis schlug in seinem Gehirn ein .... ja ja es gäbe einen Weg, aber .... er machte große Wellen mit seinem Arm ... aber es würde immer hoch und runter gehen und wäre halt nicht bequem. Ach, sagte ich mir, ein Indianer kennt keinen Schmerz.

Ich marschierte den beschrieben Weg, schnaufte, schniefte den steilen Berg hoch und höher und legte reichlich Pausen ein (es war schon steil!!!) und nutzte diese, mich immer wieder umzusehen und die Aussicht zu genießen. Es gibt doch wirklich nichts schöneres, als auf einem Berg zu stehen und ins Tal zu blicken und dort ein wunderschönes Dorf mit Kirche und Kloster zu sehen. Im Sonnenschein funkeln die Blechdächer der Kirche und der Häuser und leuchtet saftiges Grün auf den Wiesen.

Ich gab mir Mühe einige Häuser wieder zu erkennen, musste aber feststellen, daß meine Orientierung wirklich nicht die beste ist, ich fand mich bald nicht mehr zurecht und hatte auch schon das Gefühl mich verlaufen zu haben. Das nächste Mal muss ich unbedingt den Kompass mitnehmen!!!!!!

Ich lief und lief. Durch unwegsamen Wald, Viehpfade und nutze als Wege kleine Gebirgsbächlein, die sich ihren Weg durchs Gelände bahnen. Es dauerte nicht lange, da waren die Schuhe und Hosen voller Matsch. Die Schafswollsocken (auf die ich eigentlich nur ungern etwas kommen lasse) saugten sich irgendwie in den Schuhen voll und mir taten die Füße weh.

Obwohl ich auf dem Berg stand und das mir inzwischen vertraute Dorf zu Füßen lag, war ich völlig durcheinander und hatte Mühe mich für eine Richtung zu entscheiden, in die ich laufen könnte. Instinktiv tat ich dann aber wohl doch das Richtige und lief durch eine Schlucht auf einem Trampelpfad entlang in die Richtung von Elenas Haus. Der Abstieg erfolgte über eine Wiese.

Gegen 3.00 Uhr traf ich bei Elena ein, die natürlich schon wieder kochte. Diesmal gab es Ente, Suppe und Maisbrei, sowie Salat und eingelegte Paprikaschoten. Zum Abschluss sollte ich noch zwei große Stück Melone essen, aber da musste ich aber passen. Ich war so satt, dass ich mich erst einmal hinlegte und schlief sofort ein.

Den Abend verbrachte ich mit reden und dem Kritzeln eines Gutscheines für einen Restaurantbesuch für Doru, der am nächsten Tag Geburtstag hatte. Dann saßen wir noch zusammen und Elena telefonierte für mich mit der Adresse in der Nähe von Buzau, die mir der liebe, liebe (na ja .... wir wollen es mal nicht übertreiben) Karpatenwilli gegeben hat. Ich hatte mir nämlich vorgenommen die dort befindlichen die Schlammvulkane zu besuchen. Gegen 23.00 Uhr ging ich ins Bett und schlief ruhig und friedlich ein.


 

Mittwoch, 05.09.2001

Der Tag begann mit in Eierkuchenteig, gebackener Ente, Palatschinken und in Honig eingelegten Brombeeren...alles natürlich und natürlich hmmmmmmmm!

Dann nahm ich mir Zeit für Notizen für meinen Reisebericht und machte mich dann auf den Weg zur Post. Das Telefonieren in Manestirea Humor erfolgt noch per Steckverbindung. Man geht in das Gebäude und hinter einem winzig kleinem Fenster sitzt eine Frau mit Kopfhörer vor einem Kasten mit tausend Knöpfen und Löchern. Man schiebt sein Zettelchen mit der Telefonnummer durch und die Dame vom Amt fängt wie wild an, Stecker in Löcher zu stecken. Irgendwann wird man aufgefordert, den Hörer eines uralten Telefons abzuheben und wenn man Glück hat, ist da sogar jemand am anderen Ende der Leitung. Ich versuchte bei meinem Freund Adrian anzurufen, was allerdings nicht klappte. Dann fuhr ich mit dem Privattaxi in die Stadt. Dafür bezahlte ich übrigens nur 7500 Lei, also gerademal ein zehntel von dem, was ich dem Taxifahrer bei der Anreise für die gleiche Strecke bezahlt habe.

Das Internetcafe in Gura Humorului ist eine Computerspielhalle in der zu den Tönen der Computerspiele auch noch laute Musik ertönt. Ich las meine Post und freute mich, dass so viele Freunde an mich gedacht haben.

Dann machte ich mich auf den Weg zu Doru, der Geburtstag hat. Die Stadt Gura Humorului ist nicht sehr schön, die üblichen hässlichen Betonbauten säumen die Strasse ... aber es gab doch viel zu sehen.

Beeindruckend sind für mich immer wieder die Leute, die ihre Teppiche im Fluss waschen und dann zum Trocknen über die Eisenbahnbrücke hängen oder auch der Polizist, der wichtig auf der Strasse steht und ein todernstes Gesicht hat. Ich gratulierte Doru zum Geburtstag und überreichte ihm eine selbst gekritzelte Einladung für ein Essen in Deutschland, da er ja zum Autokauf nach Deutschland kommen möchte. Der Geburtstag wurde nur in kleiner Runde gefeiert, nur die Nachbarsfamilie kam. Wir saßen im Garten, tranken Wein und jede Menge Heidelbeerschnaps und konnten uns natürlich von Glas zu Glas besser miteinander verständigen. Das Lagerfeuer knatterte vor sich hin und man sah die bewaldeten Berge vom Lagerfeuerplatz aus. Wirklich romantisch. Gegen 21.00 Uhr kamen auch noch Dumitru, Elena und Viorica und es wurde ein Geburtstagslied gesungen.

Dann wurde es doch kühl und die Feier wurde ins Haus verlegt. Dort wurde heftigst über Dorus Reisewunsch nach Deutschland diskutiert. Ich sehe es so, dass die Zweifler recht haben, denn ein Auto in Deutschland zu kaufen mag zwar billig sein, aber das ganze drum herum, ist wohl auch nicht billig. Ich gab zu bedenken, dass an Versicherung, Benzingeld, Zoll, Anreisekosten und und und gedacht werden muß.

Gegen halb elf brach die Meute auf und ich staunte nicht schlecht. Dumitru transportierte Elena und Viorica auf der Ladefläche seines Daciatransporters. Der auch im Dunkeln mitten auf der Strasse stehende Polizist übersah das höflich.

Viorica schenkte mir noch eine Kassette mit ihrer Volksmusik. Ich packte meine Sachen und machte mich dann gleich ans Schlafen. Meine letzte Nacht im Märchenland a la Elena.


 

Donnerstag, 06.09.2001

Ich schlief schlecht, obwohl ich mir doch sicher sein konnte, dass ich nicht verschlafe, denn erstens habe ich mir die Alarmuhr des Weckers gestellt und zweitens ist Elena wohl noch ein bißchen zuverlässiger als jeder Wecker der Welt. Als ich mich gegen halb sechs auf den Weg zum im Sägewerk befindlichen Klo machte, war sie schon voll in der Küche beschäftigt, um mir ein deftiges leckeres Frühstück zu bereiten......hmmmmm.

Wir stritten uns ein wenig, da sie mir unbedingt jede Menge Geschenke mitgeben wollte. Ich entschied, nur die 2-Liter-Flasche Rübenschnaps, die ebenso große Flasche Heidelbeerschnaps und die zwei kleinen Flaschen Erdbeerschnaps mitzunehmen.

Dann fuhr mich Dumitru zum Bahnhof und wartete geduldig bis der Zug kam. Wir umarmten uns und verabschiedeten uns herzlich.

Ich fuhr also nach Iasi, weil ich die kranke Nelli besuchen wollte. Es war ausgemacht, dass ich vom Bahnhof abgeholt werden soll, und zwar von der Tante, bei der Nelli zur Untermiete wohnt.

Auf dem Bahnhof stand ich und blickte mich eine zeitlang hilfesuchend um. Es war keine mit Blicken um sich werfende Tante, zu sehen .. Dann sprach mich aber ein kleiner dicklicher Mann mit einem freundlichen Parteifunktionärsgesicht an und es stellte sich heraus, dass es keine Tante, sondern ein Onkel war, der mich abholte und tatsächlich ein Gewerkschaftsboß war!

Er bot sich an, meinen Rucksack zu tragen, aber ich wollte ihm das nicht zumuten und erzählte was von Spezialtechnik. Meine 36 Jahre Lebenserfahrung lehrten mich, dass man mit Männern vorsichtig sein muss, da sie leicht in ihrer Ehre gekränkt sind. Der Onkel war aber irgendwie auch froh darüber, dass ich sein Angebot nicht annahm und hielt tapfer seinen kleinen Schirm über mich. Wir fuhren im strömenden Regen mit dem Maxitaxi in ein tristes graues Neubaugebiet.

Maxitaxis sind eine tolle Erfindung. Privatleute kaufen sich einen Kleinbus und kutschieren Leute durch die Stadt. Die Haltestellen ergeben sich scheinbar automatisch und ich fand, dass diese Transportmöglichkeit ein lebendiges Beispiel für die Funktion von Kapitalismus ist. Aus Nachfrage entsteht Angebot und es funktioniert. Eins ist nämlich sicher! Maxitaxis kommen immer. Es regnete und regnete in Strömen, Bindfäden und wie aus Kannen.

Aus dem Maxitaxi ausgestiegen, war das triste Neubaugebiet in meinen verwässerten Augen noch trister als es vielleicht wirklich war. Während der Onkel gekonnt mit seinem Schirm um alle Pfützen balancierte, hatte ich Probleme, von Loch zu Loch ein einen Weg zu finden (für Werner Hintze falls er das jemals liest: wassergefüllte Löcher sind natürlich keine Löcher, sondern Pfützen, aber.... mann/frau kann auch manchmal ein Auge zudrücken) . Ich war froh, dass wir es nicht weit bis zum Block hatten.

Es ist für mich immer wieder verwunderlich, welchen Gegensatz es zwischen den Hausfluren der Neubaubetonklötze und den Wohnungen gibt. Die Hausflure sind total gruslig, verschlissen, schmutzig, finster und es funktioniert fast nix. Die Wohnungen sind aber liebevoll, freundlich eingerichtet und sauber. So war es auch bei Nellis Tante Maria.

Maria ist eine gestresste, resolute Frau, eine typische Krankenschwester (SCHNALLE – für Insider, die wissen was ich meine!), aber herzlich und ein bisschen ein Helfersyndrom scheint sie auch zu haben.

Ich wurde aufgeregt und freundlich begrüßt .... ablegen ... dahin der Rucksack .... einen Kaffee??? ...was Essen???? .... ach Tschuldigung, ich muß erst mal rauchen .... setz´ Dich hin ..... stört es Dich, wenn ich rauche ..... Du willst keinen Kaffee ..... rauchst Du auch???? ... nein???? ...... sehr vernünftig .... Puhhhhhhhh!

So turbulent ging es in der kleinen Küche der Neubauwohnung zu. Außerdem wurden gerade Vorbereitungen für den Winter getroffen, nämlich eine Art Borschtsch – Grundlage zubereitet. Und hier ist auch gleich das Rezept: ..... 2 kg Paprika und 1 kg scharfer Paprika, 3 Knollen Sellerie und je 1 kg Möhren und Petersilienwurzeln werden gaaanz winzig klein geschnitten und vermischt. Dazu wird ganz viel grüne Petersilie gegeben und das ganze sehr stark gesalzen. Dann kommt diese fröhliche bunte Mischung in eine große Schüssel und wird kräftig und herzhaft durchgemischt. Angeblich tut man auch noch eine Aspirintablette dazu (das werde ich mir wohl verkneifen) und das Ganze wird in Gläser oder breithalsige Flaschen verteilt. Im Winter kann man dieses Gemisch als Grundlage für Suppen, aber auch für Bortsch verwenden.

Trotz der lauten Fröhlichkeit, die durch die gut eingerichtete Wohnung tobte, war die Stimmung irgendwie gereizt und seltsam. Nach einiger Zeit kam auch Nelli. Sie war, wie sich herausstellte, zu einer wichtigen Untersuchung gewesen und sollte am nächsten Tag erfahren, ob sie erneut wegen des Tumors operiert werden soll oder nicht. Ich war also an einem ungünstigen Tag erschienen und fühlte mich irgendwie störend. Ich beschloß, in die Stadt zu fahren; aber es regnete noch immer sehr sehr stark und Maria meinte, dass wir dann zusammen fahren könnten.

Gegen 14.00 Uhr machten wir uns auf den Weg, aber es regnete unterdessen so schlimm, daß ich mich nur in ein Internetcafe flüchten konnte. Auch nicht schlecht, hatten mir doch meine liebsten Freunde alle ein paar Zeilen geschrieben und mir so gezeigt, dass sie an mich denken . Draußen tobte währenddessen das Wetter. Es regnete wirklich wie aus Kannen, aber es war auch der erste Regen seit Monaten.

Nach einer Stunde holte mich die völlig durchnässte Maria wieder aus dem Internetcafe ab. Der Regen war noch stärker geworden und am nächsten Tag war sogar ein Bild in der Zeitung, dass Autos in Iasi zeigte, deren Reifen bis zur Hälfte im Wasser standen.

Keine Chance für mich, sich etwas anzusehen von der schönen alten Stadt, die unter dem Fürst Alexandru Lapusneanu zur Hauptstadt Moldawiens im 16. Jahrhundert erklärt wurde. In der Stadt gibt es zahlreiche Kirchen, die ich mir aber schon im Vorjahr während eines Stadtbummels mit meinem Freund Alex angeschaut hatte. Besonders in Erinnerung geblieben war mir die Klosterkirche Trei Ierarhi, die in meinem Reiseführer als eine der interessantesten und eigenartigsten Sakralbauten Europas angepriesen wurde. Das Besondere an der Kirche ist, dass sie vollständig mit einem eigenartigen Relief überzogen ist und damit irgendwie wie eine Geburtstagstorte aussieht.

Wieder in der Neubauwohnung angekommen, unterhielt ich mich noch einmal intensiv mit Nelli. Sie war sehr hoffnungslos, und lag meistens wimmernd auf dem Sofa! Gegen 20.00 Uhr war die gesamte Familie im Bett verschwunden und ich war froh darüber und legte mich auch hin. Allerdings war an Schlafen fast nicht zu denken, denn es war in diesem Neubaughetto ein furchtbarer Lärm. Hunde bellten, Kinder tobten, Männer schrien und Frauen auch, Autoalarmanlagen heulten los und es kamen auch noch jede Menge Polizeiautos mit ihren kreischenden Sirenen vorbei.


 

Freitag, 07.09.2001

Gegen 8.00 Uhr weckte mich Maria. Ich trank einen Kaffee und unterhielt mich noch ein bisschen mit Nelli. Ich konnte sie weder trösten, noch aufmuntern und ich weiß, wenn mir das gelungen wäre, wäre es so etwas wie ein Wunder gewesen. Dann machte ich mich aus dem Staub !!!!

Mit dem Maxitaxi fuhr ich zum Bahnhof und hatte keinen festen Plan. Das wurde mir auf einmal so richtig bewusst und fand das total aufregend. Ich war absolut frei und um mir dieses schöne Gefühl nicht zu verderben, beschloß ich, einfach den nächsten Zug zu nehmen, der fährt- vom Iasi-Bahnhof.

Naja und der ging nach Buzau, wo ich ja sowieso unbedingt hinwollte. Ich fand selbständig die Kasse und verfluchte Elena ein bißchen, die mir die zwei großen und zwei kleinen Schnapsflaschen aufgebürdet hatte. Mein Rucksack war wirklich fürchterlich schwer und ich stellte mich an der Kasse an, bekam von der ersten freundlichen Fahrkartenverkäuferin Rumäniens, die mir begegnete, die Fahrkarten ausgehändigt (170.000Lei).

Bis zur Abfahrt des Zuges hatte ich noch einige Zeit. Deshalb traute ich mich meinen Rucksack im einsamen Erste-Klasse- Abteil stehen zu lassen und mir noch eine große Flasche Mineralwasser zu kaufen. Der Kiosk war am anderen Ende des Bahnsteiges und die Ungewissheit, ob ich meine Reise ohne die schwere Kraxe fortsetzen muß, war ein bisschen aufregend. Als ich in das Abteil zurückkam, war noch alles an Ort und Stelle und da soll mir noch mal einer sagen, in Rumänien wird geklaut.

Im Zug saß ich zunächst mit einer Oma und einem Teppich, doch bald stiegen zwei junge attraktive Männer dazu, von denen einer behauptete deutsch zu können. Doch dann sprachen wir doch rumänisch und ein bißchen englisch. Es war wirklich ein nettes Gespräch über wohin, woher, warum, wieso. Allerdings, als die beiden mir vorschlugen, mich für den Rest meines Rumänienurlaubs als Touristenführer zu begleiten, tat ich lieber so, als ob ich es nicht verstünde. Sie bemühten sich eine ganze Weile es mir doch noch verständlich zu machen, und ich bemühte mich sehr geschickt verzweifelt zu sein, weil ich nichts kapierte.

Ich hatte unterdessen beschlossen, noch am selben Abend nach Galati weiter zu fahren, um am Samstag das Donaudelta zu genießen und dann evtl. am Sonntag zurück nach Buzau zu fahren.

Endlich gaben sie es auf ...verlangten ein Stück Papier von mir und schrieben mir ungefragt auf, was ich am Bahnhof sagen sollte, um Fahrkarten für meine Weiterfahrt zu bekommen. Süss!!! Außerdem erhielt ich jede Menge Verhaltensregeln und Warnungen, die sich besonders darauf bezogen, auf mein Gepäck und mein Leben zu achten, niemanden zu trauen, das Geld sicher zu verwahren und mich vor bösen Männern, bösen Polizisten, bösen Zigeunern und tollwütigen Hunden (hab ich das richtig verstanden??? ) in acht zu nehmen.

Ich fand die beiden sehr nett und meine Entscheidung, nicht mit ihnen zu gehen nach wie vor sehr vernünftig, schulterte meinen 1- Milliarde- Kilo- Rucksack, winkte noch mal und stieg in Buzau aus dem Zug. Die beiden Männer standen am Zugfenster und schauten mir nach, was ich irgendwie rührend fand.

Tatsächlich fuhr 20 min. später ein Zug nach Galati und ich fand wieder auf Anhieb die richtige Kasse. Super Gudrun.!!!!!!

Am Schalter standen jede Menge Leute und ich stellte mich mit meinem schweren Rucksack in die Reihe. Vor mir ein junger blonder Mann mit ganz kurzen Haaren, rotem Pullover und großen blauen Augen. Es dauerte nicht lange und wir begannen ein Gespräch in englisch ... er war so nett ...bescheiden und leise, irgendwie! Er kaufte seine Fahrkarte und verschwand ......

Die Fahrkartenverkäuferin .... jung, total auffällig geschminkt mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, klatschte mir die Fahrkarten auf den Tisch (puhh....so was zickiges) und sagte mir, daß ich auf Bahnsteig 5 muß! Bahnsteig 5, hmhmm hmmm hmmm, aber natürlich war der nicht ausgeschildert.

In Rumänien ist man mit Beschilderungen sehr sparsam und das Mitdenken wird gefördert, aber wie denkt die rumänische Bahnhofsverwaltung???? Ich überlegte und schlussfolgerte dann, dass der Bahnsteig, der am nächsten zum Bahnhofsgebäude liegt und der Bahnsteig EINS ist.

So richtig sicher war ich aber nicht und hielt vorsichtshalber Ausschau nach dem roten Pullover des netten jungen Mannes, der an der Fahrkartenkasse vor mir gestanden hat. Er hatte auch eine Fahrkarte nach Galati gelöst! Ich schaute nach rechts und nach links und auch auf die anderen Bahnsteige und sah alle möglichen Pulloverfarben, aber nicht die des Jungen. Also trottelte ich angestrengt und konzentriert mit gesenktem Kopf und meinen sauschweren Rucksack auf dem Rücken zum Fußgängertunnel (ja, es gab einen Fußgängertunnel) und als ich den Kopf hob, tatsächlich, stand der rotpulloverte Junge vor mir.

Er lächelte mich sanft an und sagte, dass er mich gesucht hatte, weil der Bahnsteig schwer zu finden sei. Ach, das fand ich super. Er ließ sich meine Fahrkarte zeigen und stiefelte mit mir an die Stelle des Bahnsteiges, an der die Erste-Klasse-Wagen hielten. Wir sprachen miteinander und ich fragte ihn, üblicherweise, ein wenig ungehemmt aus.

Er ist also Soldat, stammt aus Galati und möchte seine Eltern besuchen. Er fragte mich ebenfalls aus, wohin, woher und ich erzählte ihm, dass ich zunächst nach Galati wolle und dann ins Delta und noch keine Übernachtung habe.

Dragan, so hieß der nette Junge, erklärte sich sofort bereit, mir zu helfen und am Bahnhof mit einem Taxifahrer zu reden. Als der Zug einfuhr verabschiedete er sich von mir, da er eine Platzkarte in einem Wagen am anderen Ende des Zuges hatte und rannte los. Ich stopfte meinen Rucksack mit aller Mühe und kletterte nicht weniger mühevoll in den Zug. Die erste Stufe des Zuges befand sich mind. 70 cm über dem Bahnsteig. Ufff!

In meinem Abteil saß noch ein netter alter Mann, fein angezogen mit einem Sommerhut, der mich beeindruckte. Er erinnerte mich irgendwie an einen Kubaner! Natürlich kamen wir auch wieder sofort ins Gespräch. Die üblichen Fragen an mich, wohin, woher, warum allein und für meine Antworten bekam ich eine kleine Lebensgeschichte erzählt.

Der Mann hatte ein freundliches Gesicht und erzählte mir, das er eigentlich in Craiova wohnt aber nach seiner Hochzeit nach Braila gezogen ist. Ich fragte ihn natürlich gleich ein bisschen darüber aus, wie ich von Craiova nach Birca zu Adrian, meinem übernächsten Reiseziel dieser Reise komme.

Adrian hatte mir immer erzählt, dass es nur den Zug bis .... gibt und ich dann trampen müsse. Aber durch den Mann erfuhr ich, dass ich auch per Bus oder Maxitaxi fahren kann.

Nach cirka 3 Stunden Zugfahrt kamen wir in Galati an. Zunächst fand ich meinen kleinen Freund nicht, dann stürzte auch noch eine Oma über eine der üblichen Unebenheiten auf dem Bahnsteig und ich musste ihr helfen, aufzustehen.

Aber dann leuchtete doch der rote Pullover und Dragan brachte mich zu einem Taxi. Der Taxifahrer und er unterhielten sich und ich wurde schließlich gefragt, ob 300.000 Lei für eine Übernachtung zu teuer wären. Nein, nein, das war schon ok. Dragan fragte mich, ob er lieber mitfahren und mich ins Hotel bringen soll. Ich witterte Komplikationen und freute mich über sein Angebot.

Im Taxi ging das Gespräch zwischen den beiden weiter und auf einmal fiel denen ein, dass ich ja Ausländerin bin und wenn ich meinen deutschen Pass vorlege, wohl statt 300.000 Lei etwa 30 Dollar bezahlen müsse.

Das war mir aber zu viel. Schließlich hatte der Taxifahrer die Idee, mich in einem Bungalowdorf unterzubringen. Für 300.000 Lei hatte ich einen ganzen Bungalow für mich und der befand sich auch noch direkt an der Donaufähre, die ich am nächsten Morgen nutzen musste, um ins Donaudelta zu gelangen. Der Taxifahrer setzte mich ab und Dragan ließ sich meinen Pass und das Geld geben und erledigte die Formalitäten für mich. Dann ging er mit mir und der Wirtschafterin den Bungalow besichtigen. Für rumänische Verhältnisse war der tipp-topp in Schuss und ich kann es anderen Reisenden nur empfehlen, auf dem Weg ins Delta dort Pause zu machen.

Dann überlegte ich, was ich mit Dragan mache. Ich wollte ihm kein Geld geben, aber vielleicht zum Abendbrot einladen. Er lehnte das schüchtern, aber entschieden ab. Dann wollte ich ihm die Rückfahrt in die Stadt mit dem Taxi bezahlen, aber auch das wollte er nicht. Er umarmte mich zum Abschied, nahm seine Tasche, winkte und ging. Er hat mir einfach so geholfen. Aus Freundlichkeit. Einfach so. Ist das nicht wunderbar???

Der Bungalow war sauber, ordentlich und hatte Toilette und Waschbecken und 3 Betten. Ich machte mich kurz frisch und ging in das zum Objekt gehörige Restaurant und bestellte mir eine Suppe .... hmmm lecker ... Rindfleischsuppe mit Nudeln und Gemüse. Richtig selber gekocht mit ganz viel Fleisch! Und viel!!! Dafür und für ein Mineralwasser bezahlte ich 36.000 Lei . Dann fiel ich ins Bett und wachte gegen 7.00 Uhr vom Wecker des Minicomputers auf. Ganz in Ruhe packte ich meine Sachen und nahm aus dem Rucksack die Reisetasche und tat die zwei großen Schnapsflaschen und den Geschenkebeutel hinein. Alles in einem Rucksack zu haben ist zwar praktisch, weil man nur an ein Gepäckstück denken muß, aber so war der Rucksack einfach zu schwer.

Dann lief ich die wenigen Schritte zur Fähre und an der stand eine lange Autoschlange. An einer der üblichen Bars, die rund um die Uhr auf haben, gönnte ich mir erstmal einen richtig starken Kaffee, heiß und schön mit Zucker drin und dann watschelte ich zur Fähre, wo mir gesagt wurde, dass ich erst zur Kasse muß, um ein Ticket zu kaufen.

Auf der vollbesetzten Fähre wurden die Besitzer nicht vollbesetzter Fahrzeuge gefragt, ob sie nach dahin oder dorthin fahren. Das wäre für mich auch eine Möglichkeit gewesen nach Tulcea zu kommen, aber ich dachte mir, dass ich lieber versuche mit dem Bus zu fahren, weil ich da viel mehr sehen würde und im Notfall könnte ich mir ja immer noch eine Mitfahrgelegenheit suchen. Ich hatte ja gelernt, irgendwie geht es immer weiter. Es wird geholfen.

Wir fuhren also mit der Fähre über den dicken, breiten Hauptarm der Donau. Im September 2000 habe ich mit meinem Freund Michael auf der Steinbrücke in Regensburg gestanden und natürlich in die Donau gespuckt. Während ich ins Wasser starrte, überlegte ich, ob meine Spucke nun schon hier angekommen sei oder vielleicht noch irgendwo in Budapest rumbummelt oder eventuell auch schon längst im Schwarzen Meer schwimmt. Vorsichtshalber habe ich meinen Schachfreund Michl aus Regensburg gebeten, noch mal in die Donau zu spucken und vorher rote Limo zu trinken. Im nächsten Jahr kann ich die Donau dann gezielt nach roten Flecken absuchen.

Die Fahrgäste auf der Fähre waren wieder sehr interessant. Alle hatten große Gepäckstücke. So schleppten Bauern riesige Taschen mit Tomaten oder Gurken, Frauen hatten ein kleines Motorrad zu transportieren und ein Mann führte eine Kuh an einem Strick. Die Fahrt dauerte nicht sehr lange und ich sprach ein älteres Paar an, wo denn ein Bus zu finden sei.

Alles kein Problem. Ich lief von der Fähre geradewegs zum Bus, der nach Tulcea fuhr. Für 45.000 Lei kaufte ich mir eine Fahrkarte. Das Gepäck musste ich dann unten im Bus in ein Gepäckfach tun. Da es die anderen Passagiere auch taten, störte es mich nicht. Es dauerte aber nicht lange, bis ein Auto genau neben der geöffneten Luke des Gepäckfaches hielt und aus dem Dacia 3 wunderschöne Zigeunerfrauen stiegen. Sie waren sehr hübsch und bunt gekleidet, mit bunten Bändern in den Haaren. Ich war fasziniert, aber ich hatte auch Angst, besonders als sie begannen, vor dem Gepäckfach ihre Röcke zu richten. Ich stieg aus dem Bus und beobachtete das Treiben. Ich überlegte was zu tun sei, dann ging ich wieder in den Bus und sagte ganz laut, dass ich Angst habe, dass die Zigeuner das Gepäck aus dem Gepäckfach klauen. Vielleicht war ich da ungerecht, aber die Situation war mir undurchsichtig. Der Busfahrer sprang jedenfalls sofort auf und gab mir recht und die anderen Businsassen auch. Er brüllte die Zigeuner kräftig an, die auch sofort in das Auto stiegen und davonfuhren. Nun konnte ich auch beruhigt wieder meinen Platz einnehmen.

Der Bus, nicht ganz neu (es fehlten mehrere Fenster, die Sitze waren total durchgesessen) schaukelte los. Ich war von den Aussichten, die sich mir boten total begeistert. Es war eine wunderschöne hüglige Landschaft, mit endlosen Weinbergen, strohgedeckten Häusern und auch Hütten, die nur aus Stroh bestehen. Uns begegneten zahlreiche Esel– und Pferde– oder Ochsenkarren und ich konnte keinen Blick vom Fenster lassen.

An den zahlreichen Bergen wartete ich jedesmal auf den Moment, wo es nicht weiter ging - mit dem Bus - und wir alle aussteigen und schieben mussten, aber es ging und ging weiter. Nach 3 Stunden erreichten wir den Busbahnhof Tulcea, der sich direkt am Donauhafen befindet.

Ja, ja, es klappte wieder alles bestens. Der Busfahrer fragte mich, wohin ich wolle. Ich antworte nach Sfantu Gheorghe, bedankte mich der Nachfrage und fand, dass ich mir schon selber helfen könne. Ohne große Mühe fand ich eine Wechselstube, (meine ersten getauschten 200 DM neigten sich dem Ende entgegen) die auch gleichzeitig ein Reisebüro war. Dort erfuhr ich, dass am heutigen Tag kein Schiff nach .... fährt, weil Samstag war. Das einzige Schiff des Tages fuhr um 14.00 Uhr nach Sulina. Und am nächsten Tag könne ich wieder zurück nach Tulcea fahren. Das war zwar alles nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte und ich würde nicht in das „richtige“ fein verzweigte Donaudelta mit den tausend kleinen Flußarmen und –ärmchen kommen, aber manchmal muss man eben etwas aus Situationen machen.

Ich würde also nur ein bisschen auf dem Hauptarm der Donau herumschippern, aber es blieb mir nichts anderes übrig. Der Touristenbüroangestellte sagte mir, dass ich mit einem Raketenschnellboot fahren würde und in 1,5 Stunden in Sulina wäre. Ich rechnete schnell durch, dass ich dann ja schon um halb 4 am Ende der Welt (so nannte ich das Städtchen im Stillen schon bevor ich es gesehen hatte!) ankommen würde und dann könnte ich auch noch was unternehmen, etwas sehen und erleben.

Ich setze also meinen schweren Rucksack wieder auf und trabte am Donauhafen entlang. Die meisten Schiffe sahen nicht besonders vertrauenerweckend aus, aber ich dachte mir, dass ich ja gut schwimmen kann und die Donau ja so breit auch wieder nicht ist. Ich hielt den Zettel mit der Schiffahrtsgesellschaft in der Hand, an die ich mich wenden sollte. Zunächst wurde ich von mehreren jungen Männern angesprochen, die sich anboten, mit mir durchs Delta zu fahren. Naja, ich hätte schon gewollt, aber alleine war mir das zu unsicher und wäre auch zu teuer geworden.

Dann sprach mich ein alter Mann an, lies sich den Zettel in meiner Hand zeigen und brachte mich zu der richtigen Schiffsanlegestelle und übergab mich dort dem Steward. Ich drückte dem Alten ein paar Lei in die Hand, worüber er sich sehr freute. Bevor wir zu dem Raketenschnellbot kamen, mussten wir erst zwei andere Schiffe überqueren. Das heißt, das Raketenschnellboot lag hinter zwei weiteren Booten. Es war ein sehr vornehmes Boot und ich bekam einen Platz in der Spitze des Schiffes zugewiesen. Allerdings waren die großen Fensterflächen mit Milchglas ausgestattet, so dass ich fast nichts sehen konnte. Zuerst stellte ich meinen Rucksack ab, und besah mir das Boot. Damit war ich aber schnell fertig und beschloß noch einen Hafenrundgang zu machen. Außerdem hatte ich Hunger und Durst. Der Steward meinte ich könne mein Gepäck ganz ruhig dalassen, solle aber spätestens 30 min. vor Abfahrt wieder an Bord sein.

Ich schlenderte durch den Hafen, sah Anglern zu und bestaunte die großen und riesigen Containerschiffe, die ab und zu auf der Donau vorbeifuhren. Der Hafen für die großen Containerschiffe lag etwas weiter entfernt, trotzdem konnte man die Kräne und sonstigen Entladevorrichtungen sehen.

Im Hafen leben auch Unmengen von Straßen- oder in diesem Fall besser Hafenhunden, die natürlich meine Blicke, meine Neugier und mein Verzücken bei jedem ganz besonders niedlichen Hund bemerkten. Ich wusste, dass man bei so was Flöhe bekommt, konnte mich aber trotzdem nicht beherrschen, die Köter zu streicheln und schließlich liefen mir vier oder fünf in verschiedenen Größen hinterher. Ich kam mir vor, wie der Rattenfänger von Hameln und obwohl ich ja wusste was passiert, wenn man auf die Tiere zugeht, schämte ich mich vor den Leuten mit dem Hundeschwarm im Schlepp.

In einer Freiluftkneipe genehmigte ich mir ein großes frisches leckeres Bier ... hmmmmmmmmmmmmm .... es zischte richtig als ich es hinunterschluckte. Dann bestellte ich mir noch einige dieser Mici, die mir nie schmecken, aber in diesem Fall blieb mir nix anderes übrig. Ich musste mich sehr sehr beherrschen, dass ich das Fleisch nicht an meinen hundigen Fanclub verteile, der mich mit treuen, traurigen, geduldigen Augen ansah. Ich versuchte die Viecher zu ignorieren und sah mir das restliche Publikum im Lokal an. Es war natürlich wieder interessant und gemischt.

Feine Herren spielten Skat und vornehme Damen mit Hüten saßen beim Cafe. Es waren auch einige Familien da, aber fast keine Touristen. Ein Junge kam und legte mir einen Kugelschreiber und einen Zettel auf den Tisch. Ich kannte das schon. Auf dem Zettel stand, dass der Junge taubstumm ist und ich ihm den Stift abkaufen soll. Ich tat es aber nicht, denn solche Jungen oder Mädchen kommen aller paar Minuten auch durch den Zug und irgendwo muß mit der Mildtätigkeit Schluß sein.

Dann kam ein kleines hübsches großäugiges Zigeunermädchen und wollte mir Astern verkaufen. Die Blumen, zum Teil noch mit Wurzel, sahen wie frisch geklaut aus. Ich gab ihr trotzdem 10.000 Lei, entgegen meines gerade vor 5 min. gefaßten Entschlusses niemanden mehr etwas zu geben (aber DIESE Augen!!!) und sie zog zufrieden ab.

Dann ging ich meine 5 Hunde im Schlepptau, zurück zum Schiff und hatte noch eine ganze Stunde Zeit. Ich besah mir noch einmal das Boot und stieg dann auf die kleine Aussichtsplattform an Deck. Da konnte man die ankommenden restlichen Fahrgäste beim Einchecken beobachten.

Auf die Minute pünktlich wurden wir vom Deck verjagt und gebeten, auf unseren Plätzen Platz zu nehmen. Naja, ich war damit nicht so zufrieden, schließlich war für mich nicht Sulina, sondern der Weg das Hauptziel. Erst mal nahm ich brav Platz.

Das Schnellboot flog los und ich fand es total schade, dass ich die Fahrt nicht im Freien genießen konnte. Nach 10 min. hielt ich es nicht mehr aus und ließ alle Gäste aufstehen, quetschte mich durch die Reihen. Durch die Scheibe der Tür sah ich, dass einige Leute auf der Treppe, die zum Deck führte, saßen. Oh, was die durften, wollte ich auch. Ich ging zielgerichtet zur Treppe und stieg hinauf. Die Männer auf der Treppe wollten mich davon abhalten, aber ich sagte nur „Das ist keine Katastrophe“ . Ein Mann sagte aber „Es ist schon eine Katastrophe!“ Und dann ging es auch schon los! Ein richtig großes Donnerwetter von dem ehemals netten Steward. Er brüllte mich an und die Männer auf der Treppe auch, obwohl die ja nun wirklich nichts für meinen Eigensinn konnten. Ich wollte meine Schuld eingestehen, aber er war richtig wütend und ALLE Fahrgäste sahen zu mir. Ich schämte mich ein bißchen, aber wirklich nur ein bißchen und stellte mich an ein offenes Bullauge.

Die Besatzung hatte nun aber leider kein Vertrauen zu mir und sofort kam ein Besatzungsmitglied und schloß das Fensterchen. Was die nur für Angst hatten. Ich hätte dort niemals durchgepasst. Jedenfalls wich mir der Matrose nicht mehr von der Seite. Er war mein persönlicher Wachhund, oder so. Auf dem Boot befanden sich eine ganze Reihe Snobs, mit Goldketten behangen, aber vorwiegend auch Angler.

Schließlich stellte sich heraus dass auch noch eine ca. 20-köpfige Reisegruppe aus Deutschland an Bord war. Ich regte mich aber irgendwie über die Gruppe auf, besonders als einer anfing im bayerischem Dialekt, seinem Reiseleiter lang und breit etwas über die Schubkraft von Booten zu erklären. Typisch Deutsch! Tz tz tz!!!!!

In Crisian stiegen viele Passagiere aus und 30 min. später war ich in Sulina. Als ich vom Boot stieg sprachen mich sofort mehrere Leute an, ob ich ein Zimmer suche. Hatte ich mir etwa Gedanken wegen dem Nichtfinden einer Unterkunft gemacht??? Tja, mal wieder total unnötig, schließlich bin ich doch in Rumänien. Ich entschied mich für das Angebot eines Mädchens, das meine Frage nach Dusche mit „ja“ und meine Frage nach dem Preis mit „100.000 Lei“ beantwortete. Ich schulterte meinen Rucksack und wir marschierten los.

Ich hatte Sulina im Stillen schon immer als Ende der Welt bezeichnet und so sah dann auch die Realität aus. Die Stadt machte auf mich einen verwahrlosten verlassenen Eindruck. Ehemals sicherlich stolze Hotels waren verlassen und hatten zugenagelte Fenster, viele Häuser waren zerfallen und ich fand die sicherlich ehemals stolze Touristenstadt ziemlich trostlos.

Wir liefen zuerst die „Uferpromenade“ entlang und bogen dann in einen Stadtteil mit flachen Häusern und großen bunten Vorgärten ein. Die Straßen waren unbefestigt, aber durch die üppigen Sommerblumen und die mit kräftigem Grün oder Blau gestrichenen Gartenzäunen, wirkte die Gegend etwas ermutigender. Mit Adriana unterhielt ich mich leidlich englisch und ich hatte irgendwie den Eindruck, dass sie mich stolz wie eine Art Trophäe durch die Straßen führte. Nach nicht allzu langer Zeit gelangten wir in meine Unterkunft für eine Nacht und eine große mächtige Mama nahm mich in Empfang.

Das Haus war, wenn man sich durch den wunderbaren Urwald von Blumen, Tomaten und Stangenbohnen gekämpft hatte, ziemlich reparaturbedürftig, aber ich bekam die gute Stube zugewiesen, die wirklich sehr liebevoll und rumänisch hergerichtet war. Natürlich hing ein großer Teppich an der Wand und auch ein schöner großer Kachelofen war vorhanden. Zur Auflockerung der Atmosphäre schmiss ich Vioricas Kassette in den Recorder und unterhielt mich kurz über das übliche wohin, woher, warum.

Es stellte sich heraus, dass ich bei einer kinderreichen Familie gelandet war mit 5 bis 7 Kindern (die Angaben schwankten von Zeit zu Zeit und ich kam nie zum Zählen, weil ich nie alle mit einmal antraf und sich die rotblonden Gören auch irgendwie total ähnlich waren). Eines Vaters wurde ich nicht ansichtig.

Ich lies mir den Weg zum Schwarzen Meer zeigen und fragte, wie weit es wohl bis dahin wäre. Adriana meinte ca. 8 km und ich würde nur ein oder zwei Stunden laufen. Die Mutter stellte in Aussicht, dass ich wohl schon in 30 min. am Wasser wäre.

Also, Handtuch und Badeanzug unter den Arm geklemmt und losmarschiert. Die Familie fand das irgendwie seltsam. Es dauerte nicht lange und ich war aus der Stadt raus und lief an verwilderten Gärten vorbei, in denen dunkle Strohhütten standen. Überall schnatterten Gänse und weideten Pferde. Dann war es auf einmal nur noch flach und bis zum Horizont wuchsen nur noch Wacholderbüsche, zwischen denen ich buntgescheckte Kühe sehen und Glockengebimmel hören konnte.

Ganz weit hinten, wie mitten im Gebüsch, stand ein orange angestrichenes riesiges Containerschiff. Nach 20 min. Fußmarsch immer entlang der Telegrafenmasten sah ich das Meer und ein riesiges Sonnendach. Ich war fast allein. Der Sand war dunkel und das Wasser trüb und auch richtig schwarz. Ich war enttäuscht, aber eigentlich war es doch logisch, dass ich hier, wo die Donau, die so viele Kilometer durch Europa zieht, ins Meer mündet, kein sauberes Wasser erwarten kann. Oh Gott, was auf dieser Reise alles in den Strom reinfließt, Nebenflüsse und Industrieabwässer, Haushaltsklärwässer oder auch ungeklärte Wässer ... Und was da alles rumschwimmt, Fische, Leichen, Plastikflaschen, Äste ... Ach was, wenn ich schon einmal hier bin. Ich entschloß baden zu gehen. Das Wasser war eisig kalt und ich lief nur bis zu den Schultern ins Wasser, schwamm drei Züge und war wieder an Land. Puhhh! Kalt!!! Schmutzig!!! Und dann kam auch eine richtig tiefschwarze, bedrohlich aussehende Riesenwolke aus der es wie aus Kannen regnete. Schnell rettete ich mich unter das Sonnendach und wartete auf das Unwetterende.

Der Heimweg war etwas beschwerlich. Alles war naß und der Regen hatte den Weg aufgeweicht. Aber bald kam die Sonne wieder zum Vorschein und ich war trocken bevor ich in meiner Unterkunft ankam.

Ich lies mir zunächst die Dusche zeigen und ich muß sagen, eigentlich hätte ich für den Mut diese Duschanlage zu nutzen, eine Tapferkeitsmedaille verdient. Der Duschraum war ein zwei mal zwei Meter großer Raum mit winzig kleinem Fenster. Der Raum war mit giftgrünen Ölsockel gestrichen und die Fliesen waren aus Steingut und grau. Außer einem Waschbecken, in dem ein Sortiment rumänischer Kosmetikartikel lag, gab es die Dusche. Ein Rohr mit einem Brausekopf. An der Wand hing ein Wassertank der aussah wie ein Stück Gießkanne. Rings um die Kanne wanden sich blanken Drähte. Adriana erklärte mir, dass ich während des Duschens sparsam mit dem Wasser umgehen soll, weil nur wenig heißes Wasser da wäre und zeigte mir die blanke Drähte. Ich verstand es nicht richtig, aber es ging um GEFÄHRLICH!!!, WASSER!!!! ELEKTRO!!!! Ich überlebte das Duschen unbeschadet und begab mich in mein Zimmer, wo sich einige Familienangehörige auf meinem Bett breit gemacht hatten.

Das war nun eine gute Gelegenheit meinen Geschenkebeutel zu leeren. Zuerst holte ich zwei Hände voll Zahnbürsten, ein paar Bleistifte und Lineale heraus. Die Freude war verhalten. Dann legte ich 10 Packungen Kugelkaugummi aufs Sofa, auf die sich die Familie stürzte und die Mama zu tun hatte, für die nicht anwesenden Kinder ein paar Packungen zu ergattern. Die Krönung waren aber die Seifenblasen und die Luftballons. Darüber brach regelrechter Jubel aus und wir tobten wie wild durch die gute Stube und kugelten uns auf dem Teppich.

Schließlich fragte ich nach einem Restaurant und die Mama schlug mir vor für mich zu kochen. Sie hätte noch Fleisch, aber ich lehnte ab und sagte, daß ich lieber Fisch essen wollte. Ich machte mich auf den Weg zur Strandpromenade. Über der Stadt lag die eigenartige beunruhigende und doch wunderbare Stimmung eines rötlichen Sonnenuntergangs. Beim Einbiegen in die enge Gasse, die zur Donau führt, bot sich ein ungewöhnlicher Anblick. Ein riesiges Schiff stand scheinbar mitten in der Stadt, aber natürlich hatten die Matrosen es ganz normal angedockt.

Ich schlenderte einige Male die Hafenstraße auf und ab und dachte darüber nach, was hier wohl früher mal los gewesen sein muß. Es waren Spuren eines regen Hafenstadtleben zu spüren. Ich fragte mich nach einem Restaurant durch in dem es Fisch gäbe. Eine ältere Frau bot mir an, mich mit nach Hause zu nehmen und mir diverse Fische zu zubereiten,. Ich weiß auch nicht warum ich das ablehnte, denn normalerweise bin ich sehr neugierig. Ich wurde also an ein gepflegtes Restaurant verwiesen in dem eine gestylte Kellnerin mit eiskalter Miene bediente. Ich bekam meinen Fisch mit Kartoffeln, bezahlte 81000 Lei und 10 000 Lei age ( was immer das ist) und trabte zurück zu meiner Gastfamilie mit dem Gefühl, dass ich aus diesem Abend mehr hätte machen können. Bei meinen Gastgebern angekommen versicherte mir die Mutter, dass sie mich am nächsten Morgen weckt und dass ich keine Angst haben brauche, dass ich verschlafe!

Ich konnte aber kein Auge zu machen. Es stellte sich heraus, dass ich in einem Durchgangszimmer schlief und im Hinterzimmer noch eine mehrköpfige Urlauberfamilie einquartiert war. Diese gaben sich ganz viel Mühe mich nicht zu stören und schlichen in regelmäßigen Abständen mit Taschenlampe durch das Zimmer. Knarrrrr erste Tür auf, Geflüster, knarrrr zweite Tür auf...taps taps taps... drei Minuten später das selbe in umgekehrter Reihenfolge.


 

Sonntag, 09.09.2001

Die Mutter verschlief es tatsächlich nicht und weckte mich. Ich hatte mir vorsichtshalber die Uhr des Minicomputers gestellt und war schon munter. Ich zog mich an und schlich mich aus dem Haus. Es war halb sieben und noch richtig gruslig dunkel. Die Mama kam mir mit zwei Eimern Wasser entgegen und verabschiedete sich freundlich von mir. Wir wünschten uns Sanatate und ich lief mit dem schweren Rucksack zum Hafen. Ganz langsam und vorsichtig ging die Sonne mit rotem Licht auf. Sie vergoldete das Städtchen und ich war froh, wenn ich ein paar Schritte in ihrem flachen Licht laufen konnte.

Das Schiff Moldowa war ziemlich groß. Ein richtiges Fahrgastschiff, daß sicher mal gute Zeiten gesehen hat. Es gab 3 Decks, diverse Räume, zum Teil erster Klasse mit verstaubtem Plüsch und auch ein Restaurant.

Ich hatte natürlich mal wieder nicht bedacht, dass es in Rumänien total unüblich ist, dass man die Fahrkarten (Schiff 105 000 Lei,4,5 h Fahrt, 72 km) direkt am Verkehrsmittel erstehen kann und ließ meinen sauschweren Rucksack zurück und trabte zum 500 m entfernten Fahrkartenschalter! Ja, ja, es ist für mich schon immer bauchkitzlig, dieses Gefühl, steht der Rucksack noch oder nicht. Es mag manchen Leser enttäuschen, aber auf meinen 5 Reisen durch Rumänien, davon dreien alleine ist mir noch nie etwas weggekommen. Nur mein alter Kumpel Haiko Kühne hat sich bei unserer Reise 1997 in UNGARN (!!!) auf einen Autobahnparkplatz das Reisegeld und die Enkelbilder klauen lassen, aber man läßt so was vielleicht auch nicht über Nacht auf dem Autodach liegen, oder????

Ich eroberte das Schiff und versuchte mich ein ganz kleines bißchen wie die Kate auf der Titanic zu fühlen, was mir leider nicht gelang. Zuerst schloß ich meinen Rucksack in einem dieser Passagierräume an und machte mich ohne meine Bürde auf den Weg nach einen guten Platz. Schließlich wollte ich, wenn schon nicht auf der Hinfahrt geklappt hat so doch wenigstens auf der Rückfahrt, den Donauhauptarm genießen.

Die Sonne war unterdessen etwas höher gestiegen und hatte immer noch goldenes Licht. Damit verzauberte sie alles ringsherum. Es ist unglaublich, am Abend war Sulina in rotgold getaucht und jetzt war die ohne Zaubersonne trostlos wirkende Stadt ganz golden. Aber nicht nur die Stadt, auch das Donauwasser. Ich konnte mich kaum satt sehen!!! Dann fand ich auch noch einen wunderbaren Platz, der allerdings im Schatten lag. Es war fürchterlich kalt und ich hielt es nicht lange aus, sondern holte meinen Rucksack.

Unterdessen, das Schiff legte gerade ab, hatte sich das Schiff gut gefüllt und ich musste, um zu dem anderen Deck zu kommen, unentwegt über Gepäckstücke und überall platzierte Leute steigen. An einem großen Tisch hatte eine Zigeunerfrauengemeinschaft Platz genommen und frühstückte. Der Tisch war mit Zeitungspapier ausgelegt und darauf lagen jeweils ein Haufen Tomaten und Zwiebeln und 3 zerkrümmelte Brote und ein kleiner Berg Salz. Die 6 Frauen stopften sich munter die Münder mit den Zutaten voll und bemerkten meine Blicke. Ich schämte mich meiner Neugier, senkte den Kopf und stieg weiter über die menschlichen Hindernisse. Mein Rucksack war, wie unterdessen fest erwartet, unberührt und ich machte mich zurück zu meinem Sonderplatz im Schatten.

Da saß ich nun. Schaute auf die ruhige von der immer höher steigenden Sonne angestrahlten Donau und die umherstehenden Wälder! Es war ganz ruhig. Kaum ein Schiff, kaum ein Mensch an den Ufern oder in den vereinzelten Dörfern, und wider Erwarten flatterten auch fast keine Vögel umher. Es war einfach nur sonntägliche Ruhe! Aber konnte ich endlich mal die riesigen Schilffelder sehen, von denen ich gelesen hatte.

Aber es war schweinekalt. Ich zog mir zuerst meinen dicken Pullover über die Jeansjacke, denn die orange Regenjacke .... aber ich wurde nicht warm. Als nächstes zog ich den dicken Pullover aus und einen halbdicken an und und noch einen anderen drauf und dann wieder den dicken drüber und die beiden Jacken. Jetzt kam ich mir vor wie eine dicke runde Zwiebel und versuchte ganz angestrengt nicht daran zu denken, daß ich friere, aber mir war trotzdem klirr klirr klirrr ... noch immer schweinekalt. Da zog ich meinen letzten Trumpf aus dem Rucksack, nämlich meinen Schlafsack und wickelte ihn um mich. Es half alles nichts. Ich hatte zweifellos den allerbesten und allercoolsten Platz auf den Schiff, aber ich musste ihn wegen Weicheiigkeit aufgeben und mir am hinteren Teil auf dem Sonnendeck ein freies Plätzchen suchen. Da sah ich zwar nicht mehr so viel von der Donau, aber ich konnte meinem liebsten Hobby nachgehen, nämlich Leute beobachten. Und die Sonne schien hier so kräftig, dass ich, - das Staunen meiner Umgebung war mir sicher - meine „Schalen“ nacheinander ablegen konnte und bald im Shirt dasaß!

Halb Zwölf kam das Schiff in Tulcea an und es herrschte ein aufgeregtes Gedränge als alle Passagiere mit einmal vom Schiff stürmen wollten. Und dann geschah es wieder, das rumänische Wunder. Ich schlenderte mit meinen Rucksack, der sich nur um wenige Gramm erleichtert hatte, zum Busbahnhof und sprach den erstbesten Fahrer an. Nach Galati???? Ja, in 10 min. geht es los. Ich stieg in den Bus und erwischte ein einigermaßen guten Platz. Meinen Rucksack stellte ich neben mich und schaute mich um. Aha, dieses Mal waren die meisten meiner Mitreisenden Zigeuner. Einige schliefen tief und fest, andere unterhielten sich aufgeregt.

Seltsamer Weise brauchte der Bus für die Rückfahrt eine Stunde weniger. Keine Ahnung warum? Hatte der Bus einen besseren Motor oder ging es rück zu mehr bergab??? Keine Ahnung.

Wir durchfuhren wieder das interessante Gebiet mit den großen Weinbauflächen und ich wurde direkt an der Donaufähre abgesetzt. Jetzt wusste ich ja wie alles abläuft, Fahrkarte kaufen, Stehplatz auf der Fähre mit Festhaltemöglichkeit suchen und einfach mit dem Menschenstrom treiben lassen. Auf der anderen Donauseite angekommen, wurde ich von einem jungen Mann in englisch angesprochen, ob ich ein Taxi brauche. Ich antwortete ihm, dass ich zum Bahnhof wolle und fragte ihn, was er für die Fahrt haben wolle! Er antwortete 60.000 Lei und ich war wirklich platt. Ei der Dauz, Es gibt also doch ehrliche Taxifahrer in Rumänien, denn sein Fahrpreis stimmte auf den Lei mit dem Preis des Fahrs überein der mich mit Dragan vom Bahnhof zur Fähre gebracht hatte. Ich fasste sofort Vertrauen zu dem Jungen und wir kamen ins Gespräch. Also ich will mal so sagen, der Michael war ziemlich cool, aber ich auch.

Wir hatten Spaß miteinander und ich sagte ihm, dass ich ihm vertraue. Er sagte mir, das sei falsch, rumänischen Taxifahrern sollte man nie vertrauen und wieso ich es trotzdem täte. Ich erzählte ihm von der Übereinstimmung der Preise der Hin- und Rückfahrt und er meinte, dass sei halt mal eine Ausnahme gewesen.

Michael brachte mich zum Bahnhof und erkundigte sich, wohin ich wolle. Ich erzählte ihm, dass ich nach Buzau zu den Schlammvulkanen wolle und wir schauten gemeinsam nach einer Zugverbindung. Es stellte sich heraus, dass der nächste Zug erst in ein paar Stunden fährt und ich eine Menge Zeit hätte. Ich beschloß, mich in ein Internetcafe fahren zu lassen, um meiner Familie mal wieder ein Lebenszeichen zu geben.

Während der Fahrt zum Internetcafe erzählte mir Michael von seiner Schwester Stephania, die Deutschlehrerin sei und gern mal mit jemand original Deutschen reden würde. Er fragte mich lieb, ob ich sie vielleicht treffen wolle und ich sagte sehr gern zu. Er setzte mich also in dem Internetcafe eines Freundes ab und als ich meinen Rucksack aus dem Kofferraum seines Autos haben wollte, meinte er ich soll es ruhig drin lassen, er käme dann mit seiner Schwester und bringt mich zum Bahnhof.

Also ließ ich den Rucksack im Auto, schließlich war ich ja in Rumänien und hatte fast kein schlechtes Gefühl, als ich Michael davon fahren sah. Es verging kaum eine halbe Stunde und er war wieder da, mit seiner hübschen, zurückhaltenden Schwester, die ein entzückendes leicht angestaubtes Schuldeutsch spricht. Wir zogen uns in ein richtig hübsches Straßencafe zurück und plauderten.

Irgendwann machte mir Michael das Angebot, mich mit seinem Taxi bis nach Berca zu fahren und es begann, da mir der Gedanke angenehm war, ein richtig schönes Feilschen, was unserer Dolmetscherin Stephania peinlich war. Zuerst wollte Michael 700 000 Lei für die Fahrt. Dann rief er seinen Vater an, der meinte 100 Mark würden gerade die Kosten decken. Nach längerem Hin und Her einigten wir uns auf 80 DM für die Fahrt, von ca. 160 km, die mir erst zuviel erschienen, sich dann aber bezahlt machten, zumal mir auch die Gesellschaft der beiden jungen Leute gefiel! Wir besiegelten unseren Handel mit Handschlag und es ging los.

Naja, nicht gleich ... schließlich waren wir in Rumänien! Bevor es los ging, wurde noch ein Freund, nämlich Peter, abgeholt, dessen Freundin nach Hause gebracht, eine Taxifahrt erledigt, mit dem Vater verhandelt und diverse Ersatzteile in den Dacia geladen.

Schließlich war es 17.30 Uhr und es ging endlich los. Stephania wollte unbedingt mitfahren und sich mit mir unterhalten ... sie ist eine richtig nette junge Frau und vielleicht schaffen wir es ja Freunde zu werden und per Internet in Kontakt zu bleiben.

Wir kamen mit unsere Reise gut voran, fuhren über Braila und Inacu nach Buzau und fanden dann die richtige Strasse nach Berca. An einer Bahnschranke mussten wir anhalten und ich fotografierte einen wunderschönen roten Sonnenuntergang und einen Zug. Danach sprang aber das Auto nicht mehr an, weil Michael vergessen hatte das Licht auszumachen.

Ich sah schon wieder endlose Komplikationen vor mir, aber erst wurde ein bißchen im Inneren des Autos rumprobiert, dann schob Peter das Auto mit großen eleganten Schritten ein paar Meter und es sprang an. So einfach war das Problem zu lösen. Der Weg zu dem kleinen Dorf und zu dem Haus, dessen Adresse mir Karpatenwilli gab, war schwer zu finden. Die Straße war nicht befestigt, nicht ausgeschildert und wir fragten viele Leute, die zum Teil auch nicht Bescheid wußten.

In einem Magazin Mixt kannte die Verkäuferin den Namen und wußte auch den Weg und nachdem wir noch ca. 3-mal gefragt hatten, standen wir in einer Straße, nein einem steinigen schlammigen Weg mit zerfallenen Häusern. Stephania fragte mich unsicher, ob ich wirklich hier bleiben wolle und ich sagte mutig „ja“ obwohl es dunkel und alles so seltsam und irgendwie sehr sehr einfach, verfallen und gruslig war. Die Frau des Hauses war sehr nett und überredete Stephania, Peter und Michael mit ins Haus zu kommen. Wir sollten auf den Sohn warten und das taten wir auch.

Der Sohn war der Freund von Karpatenwilli, Dorin, ein schmaler sehr netter 19 jähriger Junge, der, wie schon von Willi angekündigt, unheimlich sanft und still war. Wenn er doch mal was sagte, dann hatte es irgendeine Bedeutung.

Ich spielte mit Michael noch eine Runde Schach und verlor jämmerlich. Dann nahm mich Catalin, ein Freund des Hauses in Beschlag und redete unaufhörlich in einem aufgeregten, anstrengenden und selbstbewußten englisch auf mich ein. Ich war froh, als er ging und ich schlafen konnte.

Vor dem Schlafen hatten Dorin, Ani und ich das Geschäftliche erledigt. Ich verhandelte nicht, sondern sagte es so, wie mir es Karpatenwilli aufgetragen hatte .... 200.000 Lei für die Übernachtung und 200.000 für Dorins Führung zu den 3 Vulkanen ... ich wußte, daß das für rumänische Verhältnisse viel ist und die beiden freuten sich auch richtig über das Geld. Ich schlief tief und fest und glücklich und zufrieden ... alles wird gut ... irgendwie geht es immer weiter, das ist Rumänien.


 

Montag, 10.09.2001

Gegen dreiviertel Neun (für die Wessis 8.45 Uhr) wachte ich auf und war richtig erschrocken. Ich hatte tief und fest geschlafen, richtig ausgeschlafen, streckte mich ein paarmal und ging in die Küche, wo Ani schon mit der Zubereitung des Frühstücks beschäftigt war. Es gab gebratene Wurst und Eier und Brinza und leckere Milch von der Familienkuh ... hmmmmmmmm alles lecker und ich kann leckerem Essen nicht widerstehen ..... Dorin, klein und schmächtig langte auch kräftig zu und löffelte und spachtelte das Essen in Windeseile in sich rein. Als ich mich darüber lustig machte, meinte er nur ganz ruhig, dass er alles schnell macht: schnell laufen, schnell arbeiten und halt auch schnell Essen.

Obwohl es in Strömen regnete, beschlossen Dorin und ich, uns auf den Weg zu den Schlammvulkanen zu machen. Wir machten uns bereit: Ich im T-Shirt und in der Regenjacke, Dorin mit diversen Sachenschichten (T-Shirt, Pullover, Jeansweste, Anorak). Ich nahm noch eine Wasserflasche mit, die Dorin (auf Geheiß seiner Mutter) die ganze Zeit für mich trug.

Zuerst liefen wir durch das Dorf , das in einem Tal liegt. Ein richtig verschlafenes Bergdorf. Wir liefen gemächlichen Schrittes (für Dorin) für aber mich doch im Tempo eines straffen Spazierganges. Nach ca. 3 km verließen wir das Dorf und ich konnte die kahlen Berge bewundern, die auf eine besondere Art schön, herb, rauh sind. Sie sehen irgendwie nicht nach Märchenwaldberglandschaft, sondern eher kahle Riesen aus.

Entlang das Weges verlief eine dicke Erdgas- oder Erdölleitung. Dorin versicherte mir, dass sie in Betrieb sei. Auch als wir an einer ca. 10-köpfigen Reparaturbrigade vorbei kamen, die eifrig an der Leitung schweißten, war er nicht davon abzubringen, das durch diese Leitung Öl fließt bzw. Gas strömt. Und Unfälle würden halt auch manchmal passieren.

Zwischen Dorin und mir herrschte während des Marsches eine Art freundliches Schweigen. Ab und zu zeigte mir Dorin eine Kuh oder Schafherde, die ich dann bewunderte und mir Mühe gab, seinem animalischen Sprachkurzkurs zu folgen. Nach ca. einer Stunde Marschspaziergang bog ein Feldweg von dem Hauptweg ab und wir kamen an einer Apfelplantage mit richtig alten Bäumen vorbei.

Natürlich wurde erst mal gekostet. Kleine süße Apfel .... hm! Wenig später stand auch noch ein Walnussbaum in unserem Weg, von dem Dorin geschickt mit einem Stein ein paar Nüsse schoss. Prassel! Prassel! Prassel! Ein Stein als Unterlage, mit einem anderen kräftig drauf gehauen ...... ja, die Nüsse sind reif und schmecken auch richtig gut. So reichhaltig gestärkt machten wir uns an den Aufstieg auf einen der Berge. Ich schwitzte und schnaufte und schniefte dabei und Dorin zog sich noch nicht mal die Jacke aus. Dann waren wir am Objekt der Begierde.

In einer Art Krater befand sich eine Mondlandschaft, genauso als hätte man ein Stück Mond ausgeschnitten und auf die Erde gestellt ...einfach so ... ohne erkennbaren Zweck und Sinn. Aus heiterem Himmel. Seltsam! Eine Fläche, die grau und schlammig war und auf der sich ab und zu kleine Vulkane erhoben. Leider waren diese gerade nicht aktiv, aber trotzdem schön.

Ich hatte in meinem uralten Reiseführer gelesen, dass die Vulkane von Picele Mari und Picele Mici, die zwischen dem Buzau– und dem Slanic-Tal liegen (Nähe der Ortschaften Berca-Picele-Beciu) liegen, etwas sehr Besonderes sind. Sie werden durch die aus dem Boden entweichenden Erdölgase geformt. Sie sehen tatsächlich aus wie kleine Miniaturvulkane. Wer sich besonders schöne Bilder von diesen Vulkanen anschauen möchte, kann das bei Karpatenwilli tun: http://home.t-online.de/home/Rumaenien-Bilder/dia03.htm  .

Wir setzten uns ins Gras und ich wunderte mich über die Stille, die mir auf einmal bewußt wurde. Es war eine dröhnende Stille, die nur ab und zu von einem leisen oder stärkeren „Blub“ unterbrochen wurde. Dorin, bei dem ich die ganze Zeit das Gefühl hatte, dass er sich Mühe gab, sich mir anzupassen (meinem Schritt, meinem Pausenbedürfnis) und ich saßen eine ganze Weile da und als der Regen wieder etwas stärker wurde, brachen wir auf.

Ich wollte eigentlich zurück zum Weg, aber Dorin überredete mich in den Krater über die glitschige "Schlammlava" zu steigen. Es war mir nicht geheuer! Ich hatte allerlei Befürchtungen und tat es dann doch. Es war vorwiegend rutschig. Nicht wie wenn man auf Eis geht, sondern eher klebrig rutschig. Nach wenigen Schritten klebte an den Schuhen jede Menge Schlamm. Dorin zeigte mir, wie man ihn gekonnt abschütteln konnte. Er hatte übrigens sehr elegante schwarze Schnallenschuhe an und einmal beim Abschütteln flog einer dieser beschlammten vornehmen Schuhe durch die Gegend und ich stützte ihn während er im klitschigen Schlamm auf einem Bein zu seinem Schuh hüpfen. Wir gingen ganz nah zu den Vulkanen und ich steckte auch mal den Finger in so einen Krater. Es war kaltes graues schlammiges sämiges Wasser, weiter nichts! Ich war ein bißchen enttäuscht und weiß auch nicht, was ich erwartet hatte. Fand es dann aber doch wieder erstaunlich, was diese Pempe für wunderbare natürliche Kunstwerke zaubern konnte!

Wir schlitterten und rutschten an den Vulkanen auf und ab und hatten richtig Spaß. Der Abstieg war schnell getan und durch das regennasse Gras, welches unsere Schuhe reinigte, sahen wir auch bald wieder wie normale Wanderer aus.

Das nächste Ziel war die zweite Vulkanlandschaft, die gegenüber des Tales ungefähr in gleicher Höhe gut sichtbar zwischen zwei Bergen lag. Wieder liefen wir freundlich schweigend nebeneinander her und aßen einige Äpfel und trafen Hunde und Kühe, sahen Pflanzen, die ich nicht kannte und ich fühlte mich einfach nur gut.

Dorin zeigte mir Sanddorn und erklärte mir, dass das Pastillen seien. Man muß darauf beißen und dann ausspucken, den Kern ausspucken. Das wäre gesund und auch gut gegen Durst (aber auch ziemlich sauer).

Nach ca. einer Stunde (Dorin allein hätte vermutlich nur eine halbe Stunde gebraucht.) kamen wir am zweiten vom Mond gefallenen Vulkanfeld an. Dort machten wir eine längere Pause. Ich bewunderte die Berge und mußte immer wieder sagen, wie gut mir das alles gefällt. Ich war richtig begeistert und Dorin schien sich über meine Verzückungsausbrüche zu freuen.

Dann brachen wir auf, auch dieses Vulkanfeld zu erobern. Er war schon wie im ersten Feld - klitschig, rutschig, klebrig. Ständige Ausrutschgefahr! Wahrscheinlich passiert es ab und zu mal, dass ein tapsiger Tourist ausrutscht und in den Schlamm fällt, aber wahrscheinlich passiert es nur äußerst selten, dass ein Tourist in einen Vulkan reinfällt.

Ich brachte das aber fertig. Auf dem Weg zu einen größeren Vulkan beachtete ich einen kleineren nicht und trat voll rein und mein linkes Bein war sofort in der grauen Schlammpampe verschwunden. Zuerst mußte ich richtig laut lachen. Dorin war erschrocken. Hatte ihm die Mutti nicht gesagt, er soll auf mich aufpassen? Ich mußte noch ein bisschen mehr lachen und bat ihn, mir meine Regenjacke auszuziehen. Ja das war sicher ein toller Anblick, eine große dicke Frau hängt im Schlammloch fest und versucht sich zu befreien. Während ich versuchte, mein linkes Bein aus dem Schlamm zu ziehen, versank mein rechtes auch im Schlamm. Immer tiefer ! Und dann wurde es mir ängstlich zu mute. Ich zog und zog und schniefte und schwitze und schimpfte. Boah und irgendwie schaffte ich es dann doch, mich zu befreien. Als ich das Bein aus dem Schlamm zog machte es richtig „Flup“. Und da stand ich nun. Die Frau mit dem schlammigen Unterleib. An meinen Beinen klebten Zentimeter dicke Schlammschichten. Ich war irgendwie ratlos und fand die Situation aber auch urkomisch. Die Schuhe waren einzige Schlammklumpen und ich hatte auf dem klitschigen Boden überhaupt keinen Halt mehr. Da beschloss ich die Schuhe auszuziehen und barfuss bis an den Rand des Vulkanfeldes zu gehen. Aber mit nackigen Füßen war es noch viel rutschiger. Also wieder in die schlammigen Schuhe, die nun auch noch von innen pampig wurden. Ich rutschte wie auf Eiern auf das „Festland“ zu und fiel dabei nicht mal hin, wo es doch jetzt eh egal gewesen wäre.

Natürlich kamen auch noch Touristen und ich schlammverklebte Person schämte mich ein bißchen. Dorin, der diesem Theater interessiert, aber mit Abstand zugeschaut hatte, wusste wo ein Brunnen war und da gingen wir hin. Dorin holte mit dem Eimer Wasser aus dem Brunnen und schüttete es in die Viehtränke, damit ich mich waschen konnte. Mit den schlammigen Klamotten wollte ich nicht ins Dorf zurückgehen und so blieb mir nichts anderes übrig, als die Hose auszuziehen (was gehen mich die Leute an, pah!) in der Viehtränke waschen und gemeinsam mit Dorin auszuwringen und wieder anzuziehen. Das war kaaalt! Und naaaaaaß! Aber es half alles nichts.

Dann widmete ich mich meinen lieben Wanderschuhen, die ich schon seit 10 Jahren besitze und die mir stets gute Dienste geleistet haben. Oh Schreck, nach so langem treuen Dienst, gab es die erste Enttäuschung. Die Sohle hatte sich vom linken Schuh ziemlich schlimm abgelöst, wahrscheinlich bei meinen nicht gerade zimperlichen Befreiungsversuchen aus dem Loch. Nun wusch ich die innen und außen verschlammten Schuhe auch noch gründlich und zog sie wieder an. Kaaaaalt! Und noch mal kaaaaaaaaalt! Dorin wechselte das Wasser in der Viehtränke, dass die nächsten durstigen Schafe auch schönes Wasser bekommen.

Ich fand, nachdem mir Dorin (was blieb ihm auch anderes übrig) das auch mehrmals bestätigt hat, daß ich nach der Wäsche einigermaßen zivilisationstauglich aussah und so machten wir uns patsch, patsch , tropf, tropf auf den Weg zurück. So sehr kalt war es dann irgendwann auch nicht mehr. Um ehrlich zu sein, ich bekam auf den ganzen Rückweg ständig Lachanfälle. Mal ehrlich, ein bisschen Ausrutschen in der Schlammlandschaft wäre ja ok gewesen, aber gleich in einen Vulkan, wenn auch einen kleinen zu fallen, das ist doch wieder typisch GUDRUN!

Dorin ging mit mir eine Abkürzung und ich hatte mich irgendwann beruhigt und warf ab und zu einen Blick auf die kahlen majestätischen Berge. Ach war das alles schön. Die Hose trocknete an meinem Körper und nur an den Füßen bildeten sich große Blasen, die ich mir am nächsten Tag mutig mit der Fingernagelschere aufschnitt !

Auf der Hälfte des Weges kamen wir noch einmal an einer Viehtränke vorbei. Eine einsame Kuh stand davor und glotzte uns an. Ich hätte sie gern ein bißchen geärgert, aber beherrschte mich. Die Wasserflasche hatte ich leer getrunken und so fragte ich, ob das wohl gutes Wasser sei. Dorin meinte es könnte salzig sein und holte von ganz tief unten mit dem Eimer Wasser hoch. Ich trank einen kräftigen Schluck und noch einen und noch einen und merkte dann, das es doch salzig war. Wo kommt das Salz aus dem Brunnen her?

Dorins Mama konnte uns ihre zweifellos vorhandene Freude über unsere Rückkehr gar nicht so richtig zeigen. Sie hatte sogleich mehrere Ideen, wie wir schnell wieder sauber werden könnten, bemächtigte sich meiner Sachen und stellte mir einen Trog Wasser hin. Also wusch ich mich gründlich, lies mich aufs Bett fallen und lies den Tag noch mal an mir vorbei ziehen.

Es dauerte gar nicht lange, da wurde ich von Ani zum Abendbrot gerufen. Es gab jede Menge guter Dinge, die ich mit Freude aß und kräftig lobte. Das Essen in Rumänien ist einfach, natürlich und lecker!

Ani, Dorin und ich saßen gemütlich beisammen und unterhielten uns. Dabei erfuhr ich auch noch einiges über die Familiengeschichte. Dorin hat sie im Alter von 9 Jahren aus dem Kinderheim geholt, der Ehemann war ein Schläger und Trinker und ist seit 5 Jahren gen Jugoslawien entschwunden und darüber ist sie sehr froh.

Am Abend kam dann Catalin, der Vielredner noch mal und ich hörte angestrengt seinen emotional vorgetragenen Redeschwällen. Wir schauten uns den ganzen Abend Bilder an und ich hörte die Geschichten dazu. Traurige, lustige Familiengeschichten, die ich aufsaugte, die mir winzige kleine Stücke nicht selbst erlebter Lebenserfahrung geben. Ich mag das so sehr!


 

Dienstag 11.09.2001

Ich schlief tief und fest bis 9.00 Uhr und erschrak, als ich auf die Uhr blickte. Schon wieder soooo lange geschlafen! Tz tz tz!!!! Ich stieg aus dem Bett und schaute nach Ani und Dorin, die auch gerade erst aufgestanden waren. Dorin machte sich auf den Weg um Wasser zu holen . Mir war gar nicht bewußt, dass jeder Tropfen Wasser für Ani und Dorin aus dem etwas 300 m entfernten Brunnen rangeschleppt werden muß.

Es regnete noch schlimmer als am Tag zuvor und so verbrachten wir den Vormittag mit Reden, Bilder anschauen und ich ordnete meine Sachen ein wenig... der Gang zur Toilette war ein Balanceakt, denn das Toilettenhäuschen stand im Hühnergehege und dort war es durch den Regen fast so rutschig wie auf dem Vulkan ......

Halb eins brachte mich Dorin zum Bus, auch Catalin war an der Bushaltestelle erschienen, um mich zu verabschieden. Der Abschied verlief herzlich und ein bißchen wehmütig und ich versprach, ein Päckchen mit Schokolade an Dorin zu schicken und im nächsten Jahr zurück zu kommen. Wir umarmten uns, winkten und dann stieg ich in den Bus, der so ein richtiger Lumpensammler war und holperte in anderthalb Stunden nach Buzau.

Catalin hatte mir geraten, nicht wie geplant, mit dem Zug, sondern per Maxitaxi nach Bukarest zu fahren. Am Busbahnhof standen auch dann schier unendlich viele dieser mit großen Buchstaben beschrifteten Maxitaxi. Ich stieg in das erst beste ein, verstaute meinen Rucksack und bezahlte 70.000 Lei. Als auch der letzte Platz besetzt war, zuckelte das Taxi los. Zuerst ging es aber zum Luftaufpumpen in eine der zahlreichen Vulcanizare Werkstätten. Für mich war es schon ziemlich eng und neben mir saß ein schüchterner junger Mann, der sich bemühte mir nicht zu sehr auf die Pelle zu rücken.

Ich hatte einen tollen Fensterplatz, aber die Landschaft war eher eintönig. Interessant wurde es, als wir in rasanter Fahrt durch Bukarest fuhren. Ich bekam aller paar Minuten Angstausbrüche, da es in dieser wilden Stadt wohl üblich ist auf „Anschlag“ zu fahren!!!! Die Stadt sieht „verlottert“ aus.

Um 15.15 Uhr am Bahnhof Nord angekommen, lies ich mir meinen Rucksack vom Fahrer aushändigen und bevor ich überhaupt etwas sagen konnte, fragte er mich schon wie ich denn jetzt weiter käme und wohin ich wolle. Ich erklärte, dass ich nach Craiova möchte und schon wurde ich, ohne dass ich ein Mitspracherecht gehabt hätte, an das nächste Taxi weitergereicht, welches nach Craiova fuhr. Allerdings gab es hierProbleme mit dem Verstauen meines Rucksackes, das aber auch gelöst wurde.

Auch in diesem Taxi war es reichlich eng und hinter mir schrie ein kleines Kind fast ununterbrochen. Zunächst befuhren wir die, meines Wissens einzige Autobahn Rumäniens - nämlich von Bukarest nach Pitesti und dann über Slatina nach Craiova -, wo die Tante der Familie Adrian Gust wohnte und ich übernachten konnte.

Ab und zu flackerte mal ein Rodefeuer auf oder es lief eine Kuh oder ein betrunkener Mensch über die Straße. Ansonsten verlief die Fahrt ziemlich unspektakulär. Gegen 21 Uhr kam ich in Craiova an. Ich war die Letzte im Taxi und der Fahrer lies mich wieder nicht einfach so gehen, zumal ich in Windeseile von einem Haufen Kinder umringt war. Er ließ sich den Zettel mit der Adresse der Tante zeigen und meinte daß es ganz in der Nähe wäre. Er empfahl mir trotzdem lieber mit dem Taxi zu fahren und winkte ein Taxi heran, verhandelte mit dem Fahrer wegen des Preises und so wurde ich sicher bei der Tante Constantina abgeliefert.

Die Tante ist eine kleine herbe resolute Frau. Circa 70 Jahre alt, Diabetikerin und ehemalige Krankenschwester. Sie lebt in einer hübsch eingerichteten Wohnung, umgeben von zahlreichen Nippes und Erinnerungsstücken. Bei meinem letzten Besuch erzählte sie mir, dass ihre beiden Töchter und der Ehemann an Tuberkulose gestorben seien. Ich bekam ein liebevoll hergerichtetes Bett, ein leckeres Abendbrot und wir wechselten einige Worte, eh ich Adrian anrief um meinen Besuch für den nächsten Tag anzukündigen.

Ich freute mich sehr auf meinen alten Adrian, diesem Schlitzohr, das ich damals während meiner Tätigkeit im Asylantenheim kennen gelernt hatte. Wir wurden Freunde und Thomas, unsere Kinder, meine Schwester und ihr damaliger Freund brachten Adrian nach Rumänien zurück. Adrian hatte damals im Rahmen der Möglichkeiten, die er als Asylant hatte und auch ein bißchen schwarz gearbeitet und sich eine ganz schöne Stange Geld verdient. Thomas half ihm zwei Dacias zu kaufen und die transportierten wir dann für ihn nach Rumänien. Adrian hatte uns von seiner Heimat vorgeschwärmt und leider entsprach sein Heimatdorf bei weitem nicht seinen Erzählungen, so dass sich bei Thomas eine Art Rumänienallergie entwickelte und ich nun alleine meine Abenteuer erleben muß.


 

Mittwoch ,12.09.2001

Ich wurde direkt von der Tante geweckt und nahm mir Zeit für die Morgentoilette in einem fast deutschen Bad. Es gab warmes Wasser zum Duschen, und dass ich statt der defekten Toilettenspülung Wasser aus dem Eimer in die Toilette schütten sollte, störte mich überhaupt nicht. Während ich mich mal wieder so richtig pflegte, bereitete die Tante ein leckeres Frühstück mit gebratenem Ei, einer Suppe und Käse zu. Sie selber aß nichts, weil wieder einer dieser undurchschaubaren orthodoxen Fastentage war. Wir unterhielten uns beim Essen und sie bedankte sich noch einmal für das Päckchen, welches ich ihr im vergangenen Jahr geschickt hatte. Die Süßstofftabletten wären gut gewesen, auch der Tee und die Konserven. Aber der Kaffee war miserabel, warum ich nicht Jacobs-Krönung geschickt hätte. Ich schämte mich für den Aldikaffee, den ich ihr in den Karton getan hatte und gelobte, ganz bestimmt in diesem Jahr den richtigen Jacobskaffee zu schicken. Damit war sie dann zufrieden. Plötzlich stand sie auf und befahl mir im Generalston den Aufbruch. Sie zog sich mit an und ließ keine Widerrede gelten, mich selber zum Bus zu bringen.

Da saß ich nun in diesem alten Bus, in dem alles schmutzig und verbraucht war und zuckelte durch die Einöde des flachen, kargen und besonders ärmlichen Rumäniens. Adrian selbst bezeichnet seine Heimat als „ Afrika“ und ich weiß nicht, ob man Afrika vielleicht ein wenig Unrecht mit diesem Vergleich tut. Es ist wirklich eine total ärmliche Gegend. Nirgends richtiger Wald, nur Gebüsch und karges, gelbes Grasland. Die Dörfer auch grau, ärmlich, die Leute ganz anders, viel einfacher.

Ich hatte Angst das Austeigen zu verpassen und bat deshalb eine eifrig schnatternde Frauengruppe mir Bescheid zu sagen, wenn wir in Birca sind. An der Bushaltestelle war natürlich, trotz Versprechen, KEIN Adrian und so lief ich erst mal in die falsche Richtung. Während ich durch das Dorf lief, die lieblosen elendigen Höfe und Häuser sah und mich darüber ärgerte, dass ich nicht vom Bus abgeholt wurde, hatte ich immerzu Adrians Worte im Ohr: „Das ist Rumänien!“ Ach Adrian, ich muß es immer und immer wieder sagen. Das ist nicht Rumänien. Das ist nur ein kleiner Teil von Rumänien, der Teil, der mir Sorgen macht und den ich nicht verstehe, der Teil des Landes der verwahrlost ist. Rumänien – das sind für mich besonders meine liebe fleißige Freundin Elena, der stille brave Dorin, die klugen Geschwister Stephania und Michael, meine Freundin Nori im „europäischen“ Timisoara, mein pfiffiger Tausendsassa Alex und dann zum Schluß erst das verwahrloste Birca.

Mit Hilfe diverser Passanten fand ich dann doch das Haus Adrians. Er saß in seiner Bar an einem mächtigen Schreibtisch, umgeben von einigen „Kunden“, die aus verschmierten Marmeladengläsern Schnaps tranken. Adrian freute sich mich zu sehen und ließ mich gar nicht richtig zum guten Tag sagen kommen, sondern stopfte mich in ein anderes Zimmer. Er sagte, er müsse jetzt die Bar schließen und wenn ich dabliebe, würden die Säufer nicht gehen, sondern mit mir reden wollen. Da stand ich im „Lager“ zwischen Mehlsäcken, Bergen von Getreide, einem Klavier, Büchern, drei oder 4 Fahrrädern und diversem anderen Krempel.

Ich hörte Adrian laut und bestimmt mit seinen Kunden reden und es dauerte keine 5 Minuten und er hatte alle hinausgescheucht. Dann schloß er die Tür ab und holte mich. Nun konnten wir uns begrüßen und ein paar Worte wechseln. Adrian redet gut deutsch, aber ich kann ihn trotzdem nicht verstehen. Ich verstehe seine Ansichten, seine Lebenseinstellung, seine Moral, seine Werte nicht.

Adrian, er bezeichnete sich immer als „Prinz de Birca“ ist Geschäftsmann und hasst es, mit seinen Händen zu arbeiten. Er liebt Handel und hat immer ein oder zwei schwarze Geschäfte laufen. Er prahlt damit, dass seine Geschäftspapiere nicht stimmen, daß sogar die Polizei Angst vor ihm hat und überhaupt ist er sehr undurchsichtig und ich denke oft darüber nach, warum ich eigentlich keine Angst vor ihm habe.

Zuerst zeigte mir Adrian seine Bar, die aus dem Schreibtisch, einem Regal und 5 Stühlen bestand. Im Schreibtisch war eine Schublade, in der die Einnahmen lagen und ein kleines Anschreibebuch. Adrian erklärte mir sein Geschäftsprinzip. Er wäre „Aldi“, also der billigste Laden im Dorf. Er würde das Eis, den Schnaps, das Bier für ein paar Lei weniger als die anderen Ladenbesitzer verkaufen und zum Beispiel auch Zigaretten einzeln. Dadurch würden viel mehr Leute, besonders aber Zigeuner zu ihm kommen und er hätte größere Umsätze und damit mehr Gewinn. Zu den Dingen im Lager erklärte er mir, dass er nebenbei auch noch eine Art Leihhaus betreibt und all diese Sachen Pfandsachen sind.

Dann besahen wir uns das Haus und ich bewunderte Adrian ein bißchen für das, was er im vergangen Jahr alles erneuert hat. Das Haus hat eine neue Dachrinne erhalten, ein Spalier für den Wein (an den Reben hingen riesige Weintrauben ... hmmmmmm) und die Sommerküche war nutzbar gemacht wurden.

Ich schwöre, ich habe Adrian gelobt, ich habe es wirklich getan, obwohl ich an allem was auszusetzen gehabt hätte, aber ich konnte es mir nicht verkneifen, zu beanstanden, dass das Klohäuschen total verdreckt war, überall Müll war und und und ...

Am meisten ärgerte ich mich aber über die Verantwortungslosigkeit von Mirella, Adrians Frau. Sie ist Krankenschwester und verabreicht Zigeunern und den Armen des Dorfes in ihrer Sommerküche auf einem alten Bettgestell Insulin. Die benutzten Spritzen und Insulinfläschchen lagen kreuz und quer im Garten verteilt. Unfaßbar für mich, zumal die Familie auch noch eine kleine Tochter hat, die auf dem Hof spielt. Adrian konnte meine Vorwürfe nicht verstehen und zuckte mit den Schulter und sagte diesen doofen, bequemen und nicht wahren Satz: „Gudrun, das hier ist Rumänien“. Ich wollte gerade Anlauf für einen Streit nehmen, als Mirella und Andrea, das kleine süße knopfäugische Töchterchen, zur Hoftür hereinkamen.

Ich freute mich, die beiden zu sehen und tobte ein bißchen mit Andrea. Mirella stellte unterdessen das Essen auf den Tisch, es gab kalte gefüllte Paprikaschoten mit Schnaps und Weintrauben. Nach dem Essen zogen wir uns ins Haus zurück und nacheinander kamen verschiedene Bekannte, um mich zu begrüßen.

Auch Adrians Eltern kamen, die sich, als Mirella nicht im Zimmer war, massiv über ihre Schwiegertochter beschwerten und die ich nur schlecht trösten konnte. Die Laune besserte sich, als ich Ihnen zwei Umschläge überreichte, die mir eine Kollegin für die beiden mitgegeben hatte und die Geld enthielten. Ich würde sagen, dafür, dass die beiden Zigeuner sind, freuten sie sich doch deutlich.

Die Zeit verging in trägem Rumgehänge und ich beschloß, mich auf dem Rückweg nach Craiova zu machen. Mirella bat mich aber zu bleiben, sie wolle noch ein Essen kochen und ein Huhn schlachten und ich dürfe mir wünschen, was daraus gemacht werden soll. Huhnschlachtung? Das interessierte mich und aus hygienischen Gründen wünschte ich mir eine Suppe.

Adrian und Mirella gingen ins Hühnergatter und fingen ein Huhn. Mirella schaute nach, ob da evt ein Ei im Anmarsch ist und ließ es wieder frei. Hühner die gerade beim Eierlegen sind, ißt man nicht. Es waren 4 Hühner gerade am Ei legen und das fünfte hatte Pech. Es wurde als passendes Abendbrot auserkoren. Adrian legte das Huhn auf den fest getretenen Boden und schnitt mit einem Messer den Kopf ab. Das Huhn zappelte wie verrückt und rannte ein Stück kopflos über den Hof, fiel um und blieb zittrig liegen.

Dann brachte Mirella einen großen Topf mit heißem Wasser und stopfte das Huhn hinein. Nun konnte es ganz einfach entfedert werden. Im Nu war das Huhn nackig. Dann sagte Mirella: „so Gudrun, jetzt machen wir Hygiene“ und hielt das Huhn in ihrer schmierigen Küche über die offene Flamme des Gasherdes um es abzubrennen.

Nun wurde es auf einen Stuhl gelegt und mit einem Messer zerstückelt. Der kleine räudige Haushund und diverse Katzen versammelten sich um Mirella und schauten sehnsuchtsvoll auf das Huhn. Mirella ließ immer mal irgendwelche Abfälle fallen und sofort begann eine Balgerei und der Hund entpuppte sich als Chef! Er bekam immer die besten Brocken, weil es ihm gelang, die Katzen wegzuscheuchen.

Während ich auf das Weichkochen des Huhnes in der Suppe wartete, dachte ich, dass ich ja noch etwas Käse besorgen könne. Ich fragte Adrian und Adrians Vater und sie versprachen mir zu helfen. Ich gab ihnen 200.000 Lei, denn ich wollte mind. 3 oder gar 4 Kilo Käse haben, denn meine Eltern sind ganz begeisterte Käseesser und überhaupt finden sich immer begeisterte Abnehmer für den guten rumänischen Käse. Die beiden Männer zogen also mit meinem Geld ab und ich sah es nie wieder. Als ich später Adrian nach dem Käse fragte, sagte er, es gäbe keinen und als ich das Geld zurück haben wollte, sagte er, das hat der Vater. So, so!

Die Suppe schmeckte gut und ich überlegte, wie ich nach Craiova zurückkomme. Adrian meinte, es würden zwar Busse fahren, aber es gäbe keine festen Fahrpläne und ich würde ewig auf der Straße stehen und auf den Bus warten müssen. Ich überlegte zu trampen, aber Mirella sah ihre Chance mal wieder in die Stadt zu kommen, und schlug vor, dass sie ja die Taufpaten, die Naschis, fragen könnte, ob sie mich nach Craiova fahren und da könnte sie gleich mitfahren. Der Pate hatte Zeit und sofort begannen die Reisevorbereitungen. Mirella schmiß sich in Schale und putzte sich aufs feinste raus.

Wow, das finde ich in Rumänien immer wieder erstaunlich. Die Frauen haben viel Geschick sich anzuputzen und manchmal bekommt man den Mund nicht zu, wenn man sieht, aus welchen verfallenen Hütten die schönsten Frauen treten. Auch die kleine Andrea wurde schick gemacht. Gute Sachen, eine große rosa Schleife ins schwarze Haar und dann noch die guten Lackschuhe. Zum Gesicht waschen blieb keine Zeit.

Dann fragte mich Mirella, ob ich vielleicht noch ein paar Tomaten für den Reiseproviant haben wolle und ich willigte gern ein. Von Adrian bekam ich einige Kilo frisch geerntete Weintrauben mit auf die Reise. Dann kam die Verabschiedung von Adrian, der seine Bar wieder aufmachen wollte, ohne Wehmut. Ach Adrian, ich verstehe soviel von deinen Ansichten und deinen Lebensauffassungen nicht, aber ich glaube, ich bin aus dem Alter raus, in dem ich immer alles verstehen muß. Mach mal; ich drück dir die Daumen und wünsche Dir alles Gute!!

Mirella, Andrea und ich quetschen uns auf die Rücksitzbank des Dacias und der Pate und seine Frau nahmen vorn Platz. In gemächlicher Fahrt bewältigten wir die ca. 70 km Richtung Norden nach Craiova. Da ich noch keinen Käse hatte, bat ich Mirella mit mir noch auf den nahe des Neubaublockes der Tante gelegenen Markt zu gehen und da bekam ich auch meinen Käse ganz komplikationslos.

Dann gingen wir zurück in das Haus der Tante, die mich in ihrer schroffen bestimmten Art an den Abendbrottisch befahl und mir beim Essen zusah, da sie noch immer eine dieser für mich undurchsichtigen Fastenrituale einhielt. Wir versuchten, uns eine ganze Weile zu unterhalten und es gelang tatsächlich auch einiges zu besprechen.


 

Donnerstag, 13.09.2001

Die Tante weckte mich 6 Uhr. Ich hatte ja meine Sachen schon am Vorabend fertig gepackt. Seltsamerweise gab es kein Frühstück, aber das beunruhigte mich zunächst nicht, denn ich hatte ja Tomaten, Brot und Käse im Rucksack. Frohen Mutes ging ich mit meinem Computerausdruck mit den Nachhausefahrzügen in der Hand zum Bahnhof. Die kleine herbe resolute Tante tippelte neben mir her. Ich positionierte meinen Rucksack und die Tante an einer Säule im Bahnhofsgebäude und stellte mich am erst besten Schalter nach meiner Fahrkarte an, schob den Ausdruck durch den Schlitz und machte der halbfreundlichen Schalterdame begreiflich, dass ich für diesen Zug eine Fahrkarte benötige. Kopfschütteln! Sturheit! Unverständnis! Ich wurde zum nächsten Schalter geschickt. Dort dasselbe Theater. Also ging ich zum Auskunftsschalter und da wurde mir knallhart und unsensibel gesagt, dass es diesen Zug gar nicht gäbe und ich könnte mit diversen anderen Zügen fahren und wäre dann am Abend auch in Arad! Oh, Nein. Es brach irgendwie die Welt für mich zusammen. Ich wollte nach Hause. Zu Thomas und den Kindern. Nicht erst irgendwann. Sondern am nächsten Tag um 10.10 Uhr. Dresden Hauptbahnhof – wie ausgemacht. Zunächst war ich ratlos. Dann beschloß ich niemanden zu glauben und fragte noch mal nach und ging zur Anschlag-Tafel der Züge. Nichts. Kein Resultat. Dann fielen mir die Maxitaxis ein. Irgendwo muß es doch ein Maxitaxi nach Arad, Timisoara oder so geben. Nein, es fuhren nur welche nach Bukarest usw. Dann zog ich die letzte Möglichkeit in Erwägung. Ein Taxi. Ein normales Taxi. Ich zählte mein Geld nach und hatte noch ca. 200 DM. Das müßte doch reichen. Also schnappte ich mir die Tante und schleppte sie zu den Taxis, und ließ sie nach den Preisen für die Fahrten nach Timisoara und Arad fragen. Das war auf jeden Fall besser, als wenn ich selber fragen würde, denn als Deutsche hätte ich bestimmt super Sonderpreise mit kreativen und phantasievollen Zuschlägen bekommen. Der erste Taxifahrer wollte bis Timisoara 250 DM, der nächste bis Arad 250 DM, der dritte bis Arad 200 DM. Aha, das war mein Mann. Die Tante verstand mich überhaupt nicht mehr. Soviel Geld? Warum diese Hektik? Ich verabschiedete mich von ihr, wünschte ihr Gesundheit, ließ meinen Rucksack ins Auto laden und begab mich wohlgemut und ohne das mir mein Geld leid tat in die Hände dieses Taxifahrers.

Das der mir alle ( !!!!!und ich habe viele !!!! ) meine Nerven raubte, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Da war es um 8.00 Uhr am Morgen. Mein Zug fuhr in Arad 16.25 Uhr los. Ich hatte also satte 8 Stunden Zeit für die 400-km- Strecke und freute mich auf eine schöne Autofahrt durch den Banat und die Karpaten, entlang der Donau, vorbei am Eisernen Tor.

Zuerst fuhren wir mit dem grünen Taxidacia zu einer Werkstatt. Dort wurde geredet und verhandelt. Dann zur Wohnung des Taxifahrers und stiegen in einen beigen Olcit. Mit diesem fuhren wir dann wieder zur Werkstatt und 4 Monteure schraubten wie wild an dem Fahrzeug herum und wackelten und hämmerten. Alle Versuche meinerseits, aus dem Auto zu steigen wurden unterbunden, ich solle sitzenbleiben und es geht gleich los, sagte der Fahrer.

Das Auto war leider nicht bequem, da die Rückenlehne des Beifahrersitzes sich nicht feststellen ließ. Ich hatte also die Wahl während der Fahrt frei zu sitzen, oder im Liegen zu fahren oder auf dir Rückbank zu kriechen. Ich entschloß mich zu letzterem. Nach einer halbe Stunde waren die Autoreparaturarbeiten erledigt und wir konnten zur Tankstelle fahren. Volltanken! Aha, es geht also doch bei rumänischen Autos . Hatte ich bisher noch nie gesehen. Nun dachte ich, jetzt geht es aber los. Unterdessen war es schon um Neun. Natürlich noch genug Zeit selbst für einen Olcit 400 km zu schaffen, oder????? Ich rechnete aus, dass wir ca. 60 km in einer Stunde schaffen müßten, um pünktlich in Arad zu sein. Aber erst fuhren wir noch mal zum Haus des Fahrers und nach einer viertel Stunde kam Vasile, so hieß mein Reiseführer, mit frischen Hemd und gebügelt und geschniegelt zurück.

Und dann ging es wirklich los. Endlich. Juhuuu! Wir waren kaum aus der Stadt raus, da gab es das erste Problem. Wir fuhren immer langsamer. Erst 60 km/h, dann 50 km/h, dann 40.Vasile erzählte mir was von „pumpa“, „benzina“ und „kaputt“ und bog in eine Nebenstraße ein. Da war eine Autowerkstatt. Ich beschloß zum ersten Mal auf dieser Fahrt ruhig zu bleiben, nicht zu drängeln und darauf zu vertrauen, dass alles gut geht. Puh, leicht fällt mir so was manchmal nicht.

Während diverse Monteure das Auto im Eiltempo auseinanderschraubten, diverse Teile beguckten, und wieder zusammenbauten, studierte ich „ in aller Ruhe“ die Autokarte. Dann wurde eine Probefahrt gemacht und der Monteur fand, dass wir weiterfahren konnten. Es war unterdessen fast 10 Uhr und Vasile lächelte mich aufmunternd an. Ich zwang mich diesem Lächeln zu vertrauen und mit satten 80 km rauschten wir durchs Land. In einem der Dörfer rannte uns ein Hund ins Auto. Diese rumänischen Straßenköter ( ich konnte Hunde schon nicht mehr nett finden, hatte andere Probleme!) haben aber auch die schreckliche Angewohnheit kläffend jedem Auto hinterherzurennen und dieser Hund war halt schneller als unser Olcit, irgendwie. Es schnorpste jedenfalls und der Hund blieb jaulend und humpelnd zurück.

Wir schlichen weiter und weiter und wurden wieder langsam und langsamer. Vasile lächelte etwas unsicher und hielt an. Er kroch unter sein Auto und kam nach 3 min. freudestrahlend wieder ans Tageslicht. Die Hände total ölverschmiert, lächelte mich wieder aufmunternd an und mit satten 80 km/h brausten wir durch die rumänische Pampa. Sorry, Karpatenwilli, aber ich konnte deine Karpaten nicht genießen. Ich hatte nur mit Rechnen zu tun. Zeit, Kilometer, Durchschnittsgeschwindigkeit, ...also wenn wir weiter 80 km/h fuhren und keine Panne mehr hätten, dann, ja dann könnten wir es schaffen. Aber der Olcit wurde wieder langsamer und Vasile entschloß sich zu einer Generalreparatur, die bestimmt satte 20 Minuten meiner wertvollen Zeit vergeudete. Ich werde diesen spannenden Bericht jetzt abkürzen.

Das Ende vom Lied war, dass wir genau 16 Uhr in Arad auf dem Bahnhof ankamen, insgesamt 7 Pannen hatten und noch einen weiteren Hund überfuhren. Das   arme Vieh war, glaube ich, tot. Ein richtiges herzliches Gespräch kam mit Vasile nicht zustande und seine Geschichte interessierte mich nicht und all seine Aufmunterungsversuche nahm ich an, aber ließ sie nicht wirken.

Ich hatte mehrere Nervenzusammenbrüche (innerlich) und auch Vasile war total angespannt. Er gestand mir zwischen Arad und Timisoara noch, dass er das Geld , das ich ihm zur Bezahlung der Fahrt gegeben hatte, zu hause vergessen hatte und er nicht mal Geld für das Tanken für die Rückfahrt hat. Ich sah mich gezwungen ihm auch noch meine letzten DM‘s zu geben und gab ihm die Adresse von Ani und Dorin und ließ ihn schwören, die 20 DM an die beiden zu schicken. Keine Ahnung, ob er es gemacht hat.

Er half mir meinen Rucksack aus dem Kofferaum heben, ich ließ ihn einen kräftigen Schluck aus meiner Wasserflasche nehmen und verabschiedete mich. Vasile bestand noch darauf, dass ich seine Telefonnummer aufschreibe, damit ich, wenn ich wieder in Craiova bin, seine Dienste in Anspruch nehmen kann. Aber das werde ich auch bei 100 Craiovabesuchen ganz bestimmt nicht tun.

Da stand ich nun in Arad vor dem Bahnhof. Von der abenteuerlichen Taxifahrt noch ganz benebelt, völlig neben mir. Ich wußte echt nicht, ob ich dem Taxifahrer dankbar sein soll oder nicht!!!!

Puh! Nun war meine Rumänienreise fast zu Ende. Meine Gedanken erholten sich und ich ließ die Reise wieder und wieder in meinem Kopf ablaufen. Wehmut empfand ich, aber auch riesige Freude auf zuhause! Ich schleppte mich mit meinem Rucksack in die Bahnhofsvorhalle und wurde auch gleich wieder von einigen Kindern angebettelt. Ich holte meine Lebensmittelvorräte aus der Tasche und verteilte sie. Egal, wenn ich mal ein bißchen Hunger habe, dachte ich mir.

Auf dem Bahnsteig erlebte ich Verabschiedungsszenen. Großmütter verabschiedeten sich von ihren Enkeln, Enkel von ihren Großmüttern, Väter von ihren Familien ... Diese Szenen unterstrichen meine Stimmung. Ich fühlte mich ausgelaugt und melancholisch.

Der Zug kam pünktlich und ich hiefte meine Kraxe in den Zug. Wer im Abteil sitze interessierte mich nicht mehr. Ich wollte auch keine neuen Geschichten hören. Rumänien war vorbei. Ich war müde! Der Zug hämmerte die altbekannte Strecke, die Grenzbeamten, Schaffner, Zollbeamten kontrollierten ... immer näher und näher kam ich Deutschland ... Die gesamte Zeit war ich im Dämmerzustand zwischen Vorfreude nach Hause und schon neuer beginnender Rumänienreiselust ... also im nächsten Jahr fahre ich wieder zu Dorin und treffe mich mit Stephania und werde Mihail im Schach besiegen...und ich werde richtig ins Donaudelta fahren und Valericas Baby wird schon fast ein Jahr sein und und und .........................

Gerit meine liebe allerbeste Freundin schickte mir SMS und rief mich an. Erzählte mir von den Katastrophen am 11.09. in den USA. Es klang wie ein böses Märchen und ich begriff es nicht so richtig und fühlte es nicht.

In Prag kam ich... Uhr an. Übermüdet!!!!! Eine Stunde Aufenthalt und Gelegenheit eine Bildzeitung zu kaufen. Die ganze Zeitung war voll von schrecklichen Bildern aus New York. Tränen kullerten aus mir heraus. Ich las und sah die Bilder und verstand endlich, dass etwas richtig schlimmes passiert war, das furchtbare Auswirkungen auf die Geschichte hat und das atemberaubend erschütternd ist ....... Kein schöner Abschluß für eine so wunderbare Reise.

Als ich dann in den Zug nach Dresden einstieg, legte ich die Zeitung beiseite und dachte an Thomas, der sich bestimmt schon genau so auf mich freut wie ich auf ihn. Ich bekam außerdem furchtbaren Hunger, denn seit Mittwoch Abend hatte ich nichts mehr gegessen und wenn ich die Augen schloß sah ich nicht mehr nur Thomas, sondern auch diesen Brathähnchenstand am Dresdner Hauptbahnhof vor mir. Fast 4 Stunden verbrachte ich zwischen Vorfreude, Erinnerung und dem Bild eines halben Huhns ... hm! Endlich fuhr der Zug im Bahnhof Dresden ein. Ich sah Thomas am Bahnhof stehen und war furchtbar zapplig. Ich sah in seinem Blick, dass er sich freute, mich wieder zu haben, aber auch, dass ich wohl ziemlich verwahrlost aussah. Trotzdem umarmte er mich und ging mit mir Huhn essen!


Gudrun Pauksch / gudrun.pee@web.de

zurück / înapoi