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Eine ''Fluss-Expedition'' die Marosch hinunter

Zehn Tage im Paddelboot

Zwei junge Temesvarer ziehen Bilanz: Jeder Paddelschlag ein Erlebnis (I) / Von Walter Jass


Eine Nacht auf dem Heuboden irgendeiner Scheune, die andere in einem warmen Strohschober, die nächste wieder unter freiem Himmel (aber im Schlafsack) und die übernächste sehr nobel im Zelt eines regelrechten Campingplatzes. Die Tage, die dazwischen lagen, "wunderschöne Tage", heisst es nachher, in einem alten Boot auf der Marosch, die Paddel in der Hand, ein Fuss als Wasserstandmesser immer über Bord. Erlebnisse auf Schritt und Tritt. Pardon: bei jedem Paddelschlag.

So fassen zwei junge Temesvarer die Eindrücke ihrer nicht alltäglichen Expedition zusammen. Udo Herzog (30), Student der Mechanik, und Sergiu ("Zulu") Morariu (26), Ingenieur für Wasserbauten, haben "mal einen richtigen Ausflug machen" wollen, wie Udo sagt. Und Zulu ergänzt: "Das Wasser war schon immer unser Element, zumindest im Sommer."

Udo besitzt ein altes Sandolin-Boot. Nichts lag näher, als eine Bootsfahrt entlang des Flusses. "Die Temesch ist zwar näher an Temesvar, aber sie ist ganz einfach zu kurz. So dachten wir an die Marosch."

Wassertaufe eines alten Bootes

Der Entschluss wurde gefasst: In einer Woche geht es los. Bedenken gab es nur, als man zu beratschlagten begann, ob das 30jährige Paddelboot eine so lange Fahrt aushalten würde.

"Wir wollten es darauf ankommen lassen", erzählten die beiden. Schliesslich und endlich machen wir für gewöhnlich Ausflüge, die immer etwas Unvorgesehenes in sich haben müssen. Nur dann sind sie interessant und voller Erlebnisse. Alles schon vorher wissen oder geplant haben, ist halb so interessant.

Jedenfalls rückte man eine Woche vor Expeditionsstart dem Boot zu Leibe. Es wurde mit Styrokol, Leisten, Kitt und Firnis einer Generalreparatur unterzogen. Damit fertig, sah das Wasserfahrzeug schon viel vertrauenerweckender aus. Später sollte es nur einmal die beiden Paddler im Stich lassen: Bei einem unerwarteten Auffahren auf Felsen entstand ein meterlanger Riss im Boden des Bootes. Aber der war mit Leisten und Kitt schnell behoben. Als man später einen meterhohen "Wasserfall" hinunterpurzelte, blieb das Boot besser erhalten, als seine zwei Insassen. Da erhielt es mit jahrzehntelanger Verspätung seine Wassertaufe. Udo und Zulu entschieden sich für den lobenden Namen "Indestructibila", was soviel wie "die Unzerstörbare" heissen will. Die beiden sprechen den Namen nun nach gelungener Expedition fast zärtlich aus. Anerkennend klopfen sie der "Unzerstörbaren", die unterdessen wieder in Udos Schuppen in Temesvar abgestellt ist, auf die Bordwand. "Sie hält im nächsten Jahr vielleicht auch eine Donaufahrt durch."

Start an einem Dreizehnten

Obwohl es gerade der 13. September war, liessen weder Udo noch Zulu sich von dieser Unglückszahl erschrecken. Udo meinte, ganz im Gegenteil sei die Zahl 13 eine Glückszahl. Schade, dass es gerade Samstag war und nicht Freitag. Freitag, den dreizehnten, wäre sogar die ideale Startzeit gewesen.

Wie immer: Mit der Ausrüstung - Proviant, Zelt, Schlafsäcke, Wäsche und den Flaschen mit Mineralwasser, Wein und Kognak, Leisten für Reparaturen wenn das Boot leck werden sollte, Holzschlappen für die Zeit im Boot (sie sind wasserundurchlässig) - war die "Indestructibila" bis hoch an den Bordrand gefüllt. Von den 28 Zentimeter Bordhöhe blieben nur zehn Zentimeter über Wasser. Aber auch das war gut, denn man konnte bei seichtem Wasser und bei Gefahr, auf Felsen aufzulaufen, die Füsse als Lot gebrauchen. Anstatt soviel und soviel Faden hiess es: "bis zum Knöchel" oder: "bis zum Schienbein" oder: "bis zum Knie".

Rheuma hat bisher keiner davon bekommen. Durchfall und Schüttelfrost aber schon auf dem Wasser. Beides brachte die Expedition bis hart an den Rand eines vorzeitigen Abbrechens. Doch davon später.

Vorläufig war man dankbar, einen Marosch-Bekannten aus den Badetagen in Perjamosch gefunden zu haben, der sich erbötig machte, das fünf Meter lange Boot mit seinem Peugeot-Diesel von Temesvar zum Ausgangspunkt zu bringen. André Ledran aus Frankreich war vom Paddelvorhaben sofort begeistert und krempelte also seine Touristen-Pläne in Rumänien um, nur um die beiden Temesvarer und vor allem ihr Boot an den Oberlauf der Marosch zu bringen. Udos Wagen hätte das nicht schaffen können. Dabei sprach man auch eine andere Sache ab. Im nächsten Jahr will André wieder kommen und mit den beiden eine Rumänien-Rundreise machen. Weder mit Wagen noch mit Boot, sondern ganz einfach auf Pferden; reitend also. Alle drei sind davon begeistert, und Udo hat auch schon Verbindungen mit Pferdehändlern aufgenommen.

Das seichteste Wasser seit drei Jahren

Man kam am Abend im Regen in Regen an. Erster Weg zum Wasser. Erste Feststellung: Obwohl es in Regen regnet, ist das Wasser in der Marosch klein. Erste Sorgen: Hoffentlich geht alles gut. Trotzdem feierte man eine Stunde später, als der Regen nachgelassen hatte, "Abschied vom Festland" und "gutes Gelingen der Fahrt". Mit Zelt, Lagerfeuer und viel Gelsen. Die Camp-Spuren am nächsten Morgen verwischen, war Ehrensache. "Wir wollen korrekte Ausflügler sein", meint Zulu. "Konservenbüchsen, Flaschen, ein ungelöschtes Lagerfeuer und ähnliches zu hinterlassen, das geht nicht."

Und dann war man auf dem Wasser. "Es war rein, klein und klar, und wir legten die 31 Kilometer bis Tg.- Mures mehr zu Fuss zurück, das Boot im Wasser schiebend, als im Boot selbst. Das seichteste Herbstwasser seit drei Jahren", meinte ein alter Marosch-Fischer seelenruhig in seinem Boot.

Fischer sorgten auch für die erste Kunde über die Marosch-Expedition. Über Rundfunk gaben sie weiter, dass sich zwei junge Paddler mit dem Fluss schlagen. Als Udo und Zulu in Tîrgu-Mures ankamen und zum 500 Meter vom Ufer entfernten Camping-Platz wollten, standen bereits Camping-Gäste am Ufer. Sie wurden also erwartet. Ihr Interesse und Beifall für das Unternehmen mit der "Indestructibila" machten des Tages Arbeit und Plage wieder wett.

Aber nach Tîrgu-Mures war das Wasser nicht mehr seicht. Durch Flussengen schoss das Boot ebenso wie das Wasser "mit Volldampf" dahin. Wellen schlugen über Bord. "Unser Herz wurde klein." Dann hiess es: "Wasser im Boot. Alle Mann an die Pumpen."

Die waren zwar nicht vorhanden, aber das ständig schnell eindringende Wasser musste ebenfalls ständig schneller ausgeschöpft werden. Und dabei paddeln. Eine Stromschnelle brachte auch die erste Panne. Die "Indestructibila" erhielt ihren Namen: Obwohl sie gegen einen Felsen geschleudert wurde, hielt sie sich tapfer und kam nur mit dem erwähnten Riss von einem Meter davon. Der musste gleich im Boot ausgebessert werden.

Kein Wunder, dass an diesem Tag nur 25 Kilometer zurückgelegt werden konnten und auf einer Insel in der Nähe der Ortschaft Dileul Nou übernachtete werden musste. Hier erwischte die beiden ein "kolossaler Regen". Sie wurden bis auf die Haut durchnässt. Danach war Udo nur halb einsatzfähig. Sein anschliessendes Durchfall war "mindestens ebenso kolossal" wie der Regen.

Von nun an trank er keine Milch mehr, sondern nur mehr Kognak (in kleinen Mengen) und ass ausschliesslich Schokolade. Das letzte Liter der am Ufer erstandenen Milch wurde, da Zulu Anti-Milchtrinker ist, erst nach Deva geleert, als alles vorüber war.

Zwischen Deva und Arad ein zweites Tal der Loire (II) / Von Walter Jass

Am frühen Morgen, schon um 5 Uhr, ging es weiter. Nach der Insel bei Dileul Mare wurde das Wasser wieder seicht, "faul", wie Udo sagt. Bis Ludus musste das Boot erneut gezogen und gestossen werden. In Ludus selbst wollte man sich "ein bisschen Ruhe gönnen". Ruhe, das heisst Ausruhen, bedeutete für Udo und Zulu einen Spaziergang durch die Stadt.

Dabei wollte man das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Proviant und Medikamente mussten erneuert werden. Bis zum Schluss blieb jedoch Zulu beim Boot, Udo ging allein in die Stadt. Er wählte, da fast alle Kleidungsstücke durchnässt waren, folgende Aufmachung (von unten nach oben: Holzschlappen, Badehose, Anorak, alter ausgebeulter Tirolerhut. Dazu einen Sportbeutel in der Hand. "Natürlich habe ich Aufsehen erregt", erzählt er. Ein Milizmann nahm Anstoss an Udos Mode-Kombination. Nach der "Untersuchung" die höfliche Bitte: Wenn Udo wieder nach Ludus kommen sollte, dann möge er sich Hosen anziehen.

Wiedersehen auf der Leinwand

Der Proviant aus Ludus hielt jedoch nicht lange vor. 25 Kilometer nach der Ortschaft befinden sich zwei Wasserfälle, die Udo und Zulu nicht auf ihrer Karte eingezeichnet hatten. Sie waren unaufmerksam und liessen sich peinlich überraschen: Die grössere der beiden Kaskaden purzelte sie mit dem Boot, aber nicht in ihm hinunter. Blaue Flecken am Körper, ein Teil des Proviants ging verloren, wieder total durchnässt, aber die "Indestructibila" blieb unberührt.

Am Abend legten die beiden bei der Siedlung von Arbeitern einer Kiesgrube an, die sie freundlich aufnahmen und sie ihre Kleider trocknen liessen. "Überhaupt: Man darf die grosse Hilfsbereitschaft aller Leute am Wasser nicht vergessen. Von Regen bis nach Perjamosch halfen alle, wo sie nur konnten, seien es Brückenwächter, Fährleute, Fischer, Bauern oder Städter, Ausflügler oder Ansässige."

"Nach der allgemeinen Trocknung", erzählt Zulu, "gingen wir ins Dorf ins Kino. Hier feierten wir Wiedersehen auf der Leinwand mit einem Freund und Landsmann. Im Dorfkino rollte nämlich "Der Major und der Tod" mit Peter Paulhoffer. Zuschauer im Saal: "Udo und ich."

Am fünften Tag wurde der erste Rekord erreicht. Vor Teius wurde das Wasser "schön". Im 60-Tageskilomketer-Tempo ging es bis Teius. Dann weiter nach Vinþul de Jos. Der Rekord fiel: 62 Kilometer. Dann 64 Kilometer bis Deva - in einem Tag. Nun kommt aber heftiger Gegenwind auf. Der doppelte Kampf gegen Wind und Wellen hält zwei Tage lang. Zulu wird krank. Hohes Fieber schüttelt ihn. Man überlegt, die Expedition abzubrechen. Dann hat sich das Durchhalten ausgezahlt: Der Wind legt sich, und Zulu ist wieder frisch und munter. Am nächsten Tag paddelt man sogar 80 Kilometer weit bis zur Ortschaft Bîlci. Deva folgt.

Burg Schoimosch aus der Ferne

"Einfach phantastisch ist nun der Fluss. Ein Vogelparadies, Wildgänse, Wildenten, zahlreiche andere Wasservögel im Gewirr der Inseln und Landzungen. Die Landschaft bis Arad gehört zum schönsten, was wir gesehen haben. Möglicherweise haben wir aber vorher zuviel mit dem Wasser kämpfen müssen. Ich glaube trotzdem, dass beispielweise die Burgruine Schoimosch, aus der Ferne und vom Fluss aus gesehen, zum Schönsten gehört, was wir bisher erlebt haben. Mal taucht sie auf im blauen Dunst, mal verschwindet sie wieder. Und dann der Anblick der Weinberge, der leichtansteigenden Hügel. Ein Tal der Loire en miniature", erzählt Udo.

Von Arad bis Perjamosch trägt die Marosch das Boot gemächlich durch das Flachland. Ende der Fahrt. Freund André wartet mit seinem Peugeot-Diesel, um Boot und Leute zurück nach Temesvar zu bringen.

"Es war die schönste Tour"

Zehn Tage und wohl auch zehn halbe Nächte dauerte die "Fluss-Expedition" der beiden jungen Temesvarer. Beide sind durchtrainierte Wanderer und begeisterte Schwimmer und Skifahrer. Also physisch auf der Höhe. Zulu ist darüber hinaus noch einer der besten bekanntesten Judokas des Landes. Er hofft auf einen Titelgewinn bei den kommenden Landesmeisterschaften in Temesvar. Aber wenn man sie fragt: "Wie war´s?" (mit der Bootsfahrt nämlich), werden beide sagen: "Sehr schwer." Sie übertreiben damit nicht, sie geben nicht an. Es war tatsächlich nicht leicht. Erfahrene Ruderer aus Arad - Leute vom Fach - haben von Tg.-Mures bis Arad (eine kürzere Strecke also als Regen - Perjamosch, die Udo und Zulu zurückgelegt haben) ebenfalls zehn Tage gebraucht, bei ausgezeichnetem Sommer- und nicht veränderlichem Herbstwetter. Dazu meint Udo: "Wenn wir Nachahmer finden sollten, möchten wir ihnen gerne raten, im Frühsommer loszupaddeln. Dann ist der Wasserstand bestimmt höher. Jetzt im Herbst hatten wir leider sehr kleines Wasser. Dadurch wurde unsere ’Expedition’ erschwert. Zum Glück ging aber alles bis zum Schluss in Ordnung."

Nun bleiben die Erinnerungen an die Fahrt. Es sind nicht wenige. Das Boot wurde im Schuppen zum Überwintern abgestellt. Fotos von der Reise werden entwickelt. Bei jedem heisst es: "Erinnerst du dich?"... an das Camping in Tg.-Mures... an den Heuboden hier... an die Fischer dort... an das Mädchen am Ufer... Und man sagt jetzt: "Es war die schönste Tour, die wir bisher gemacht haben."

Erschienen im "Neuer Weg" Oktober 1969


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