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Reise-Journal: Siebenbürgen / Rumänien

30. Mai - 7. Juni 1998

"GOTTES FESTE BURGEN"


Veranstalter:   Genealogisch-Heraldische Gesellschaft Zürich
Ausgezeichnete Organisation   Werner Adams
und verdankenswerte Leitung:   Helena Adams

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen ....

Alles aufzuzeichnen, was wir auf dieser Reise gehört, gesehen, erfahren und gelernt haben, würde den Rahmen dieses Berichts sprengen. Daher: dieses Reise-Journal des Redaktionsteams ist naturgegeben subjektiv, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und muss sich mit der Meinung der übrigen Reiseteilnehmer keineswegs decken.

Redaktionsteam:   Doris Katz, Eva Ullmann
Mitarbeit:   Samuel Uhlmann
Fotos:   Wolfgang Lescovar

Samstag, 30. Mai 1998

Bemerkenswert fängt unsere Reise an. Der Hinweis "Die Fürsorge-Organisation der Rumaniendeutschen würde sich über einige Kleidungsstücke freuen", hat offensichtlich den Laderaum des vorgesehenen Flugzeugs "gesprengt". Dabei auch nicht zu vergessen: die Rumänen, die aus dem Ausland mit Bergen von Koffern heimkehren. So musste die Swissair umdisponieren und einen Airbus A320 zur Verfügung stellen. "Major" Adams gelingt es immer wieder, seine 47 Schäflein mit straffer Organisation zusammenzuhalten - er findet sie glücklich alle im Flugzeug, das mit einer Verzögerung von einer Stunde startet.

Ankunft und Abfertigung in BUKAREST problemlos - nur WC´s müsste es mehr haben bei einer Hitze von Ga. 30 Grad.... Dieses kleine Problem sollte ein ständiger "Reisebegleiter" werden ...

Herr Erwin Hellmann, Dipl. Ing. für Maschinenbau, jetzt pensioniert, und mit ganzem Herzen und vollem Einsatz in der lutherisch-evangelischen Kirche Siebenbürgens engagiert, wartet bereits auf uns. Er wird unsere "wandelnde Enzyklopädie" sein und uns sein Siebenbürgen in ausführlichster Form - sei es Geschichte, Kirchengeschichte, Kunstgeschichte, Volkskunde, Politik oder was immer wir wissen wollen - in den nächsten Tagen näherbringen.

Erste Eindrücke: auf der Autobahn (nicht ganz mit der unseren zu vergleichen) fahren Pferdewagen neben modernen westlichen Autos und schrottreifen Ladas und Djajas, Landleute stehen am Rand und verkaufen Tomaten und schon reife Kirschen, Schafe und Kühe grasen ganz ohne abgrenzenden Hag - man könnte sich fast in frühere Zeiten versetzt fühlen, aber die "Segnungen" des Kapitalismus nach der Wende 1989 stören das Bild: riesige Coca-Cola- und Zigaretten-Plakate. Auf unserer Car-Fahrt durch die Tiefebene der Walachei in Richtung Norden erreichen wir die petro-chemische Industrie von Ploiesti mit für uns furchterregend aussehenden Pipelines - es kann doch nicht sein, dass diese mit Stoff repariert sind - aber es scheint fast so .... Langsam steigen wir auf zum Predeal-Pass und durchfahren Sinaia, 1690-1695 als Kloster Sinai gegründet, später die ehemalige Sommerresidenz der rumänischen Könige aus dem Hause Hohenzollern-Sigmaringen, heute ein Kur- und beliebter Wintersport-Ort, von dem eine Drahtseilbahn auf den Berg namens "Sehnsucht" fuhrt. Durch eine an die Schweiz erinnernde hügelige Landschaft mit natürlich belassenen, nicht korrigierten Wasserläufen erreichen wir KR0NSTADT I BRASOV (ca. 360.000 Einwohner), Hauptort von Siebenbürgen, Herrn Hellmanns Heimatstadt und unser Stützpunkt für die nächste Woche. Mitten in der 1211 erbauten Altstadt checken wir dank der ausgezeichneten Organisation in Windeseile im Hotel CAPITOL ein und werden beim üppigen Nachtessen mit lautstarker Volksmusik "verwöhnt".

 

Pfingstsonntag, 31. Mai 1998

Der Pfingstsonntag fängt mit einer angenehmen Überraschung an: ein Frühstücks-Buffet à discretion im Hotel, nicht nur das im Winter bei dem Rekognoszierungsbesuch von Werner Adams servierte mickrige Morgenessen. Danach wird Pfingsten, das Fest der Ausschüttung des heiligen Geistes, angemessen begonnen: mit einem Fest-Gottesdienst in deutscher Sprache in der SCHWARZEN KIRCHE, dem östlichsten gotischen Dom Europas, wahrscheinlich um 1390 erbaut. Im Frühling 1689 - ein sehr trockenes Jahr - brannte die ganze Stadt, auch die Kirche wurde zerstört, deshalb der Name "schwarze Kirche". In den Jahren 1689-1696 wurde die Kirche in der heute noch existierenden Form restauriert. Im Herbst 1696 wurden die ersten Gottesdienste nach dem Wiederaufbau gefeiert - und wir dürfen 300 Jahre später an einem dieser Gottesdienste teilnehmen.

Die Kirchgemeinde geht auf JOHANNES HONTERUS zurück, 1498 in Kronstadt geboren. Ein grosser Sohn der Stadt, der die Reformation im Sinne Luthers nach Siebenbürgen brachte. Das von ihm gegründete humanistische Gymnasium im Schatten der Kirche besteht noch heute.

Für die Gottesdienst-Teilnehmer liegen Gesangsbücher bereit, die 1974 in der Sozialistischen Republik Rumänien gedruckt werden konnten und genauestens numeriert und mit dem Stempel der Republik versehen sind. Der 1923 gegründete Kirchenchor, mit Unterstützung der 1839 von Buchholzer in Berlin gebauten Orgel, gestaltet den Gottesdienst feierlich-würdevoll. Am Abendmahl, im Lutherisch-Augsburger Ritual gefeiert, wird rege teilgenommen. Wie kühl es allerdings in einem jahrhundertealten Dom sein kann - das hatten wir wohl alle ein wenig unterschätzt ....

Für West-Europäer auffallend: Teppiche in einer Kirche (das werden wir noch oft auch in anderen Kirchen sehen). Die der Kirchgemeinde Honterus geschenkte Sammlung wertvollster alter anatolischer Gebetsteppiche könnte em Gefühl des Übergangs vom Okzident zum Orient vermitteln - ob eine so versöhnlich anmutende Idee allerdings beabsichtigt ist, bleibt angesichts der Jahrhunderte voller Kriege und Kämpfe in diesem Teil von Südosteuropa zu bezweifeln. Es ist eine Freude, über das alte Kopfsteinpflaster des Marktplatzes und der umliegenden sauberen Strassen zu flanieren und die restaurierten Fassaden, die sehr an Österreich erinnern - kein Wunder, die K.u.K. Donau-Monarchie hat ihre Spuren überall in Osteuropa hinterlassen - zu bewundern. Im MUZEUL DE ISTORIE haben wir die Ehre, die nur für ein paar ganz wenige Tage der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Kelche und Schreine der HONTERUS-Gemeinde aus den vergangenen Jahrhunderten zu sehen und eine Froschau-Bibel, die erst kürzlich von jemand geschenkt wurde, der sie gefunden hatte und damit nichts anzufangen wusste. Normalerweise bleiben diese Kostbarkeiten tief im eigenen Depot der Kirchgemeinde verwahrt. Zum Mittagessen geht´s auf die ALP SCHULERAU / POJANA BRASOV, wo wir mit einem "Tuica", Zigeunermusik und einem üppigen Vorspeisenbuffet im Freien erwartet werden. Sonne / Musik / Schaschlik / Wein - die gelöste Stimmung stellt sich ein .... Dann geht´s an´s Zahlen und siehe da, unser Organisator Werner Adams wird unversehens zum Millionär. Dies ist ein so harter Job, dass der "schwer balastete" Werner bäuchlings in´s Gras fallen muss, um seine Millionen liegend zu zählen - wäre er sonst wohl zusammengebrochen? Helena Adams übernimmt die Kontrolle, freut sich an 4,4 Millionen Lei und ist nach wenigen Minuten wieder "mittellos" - dafür hat der Wirt des erst kürzlich eröffneten Restaurants einen guten Sonntag. Die Sportlichen unter uns nehmen den Abstieg nach Kronstadt unter die Füsse. Im CAPITOL geht ein schöner Tag, der christlich und kulturell begann und in der Natur seine Fortsetzung fand, zu Ende - ein gelungener Auftakt für unsere Reise.

Pfingstmontag, 1. Juni 1998Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag heisst es beim Morgenessen für Paul Hugentobler und Willi Bächtold. Helena Adams hat einen gelungenen Auftritt mit Torte (die wir am Abend verzehren werden) und brennenden Kerzen. Heute ist der Tag der Kirchenburgen: in Richtung Nordwesten, durch das sonnige flache Burzenland, geht es nach TARTLAU / PREJMER zu der vor 1240 angelegten Kirchenburg. Wie Herr Hellmann es so schön ausdrückt: diese "Gottes feste Burgen" (insgesamt wohl 300, mehr oder weniger in gutem Zustand) waren die "Luftschutzkeller" von ehemals, erstellt in Abständen von wenigen Kilometern, so dass sie sich auch untereinander mit Rauchzeichen warnen konnten bei einem Einfall der oft und unangekündigt angreifenden Reiterhorden. Bei Alarm flüchtete die Dorfgemeinschaft in die Burg, wo jede Familie ihre eigene Kammer hatte. In Tartlau sind es 300 Kämmerchen. Die Kirche wurde in unseren 60-er Jahren restauriert und besitzt einen Altar eines unbekannten Künstlers, der in einmalig klarer Art die Auferstehungsgeschichte vom Leib zum Geist sichtbar macht. Der Altar wurde im vergangenen Jahrhundert abgehängt und in einer Rumpelkammer deponiert, ersetzt durch ein ganz "scheussliches" Werk. Nur die Bemerkung, man möchte den ursprünglichen Altar in ein staatliches Museum nehmen, hat die zuständigen Kirchenstellen umgehend dazu gebracht, den Austausch wieder rückgängig zu machen.Der Rundgang auf dem gut erhaltenen Wehrgang zeigt uns die immense Grösse der Schutzanlage Tartlau. Im Museum erzählt uns Herr Hellmann, dass seine Grossmutter noch das ausgestellte Spinnrad und mehrere der Haushaltsgeräte benutzt hat. Ein amüsantes Detail: In Tartlau gibt es einen Eichstein für Ehebrecherinnen: an Sonntagen wurde die Frau daran gefesselt und alle Bewohner durften auf sie spucken. Da es aber für einen Ehebruch immer zwei braucht - warum wohl wurde nur der weibliche Teil bestraft?Weiter geht es durch die Ebene der "drei Stühle" (Stuhl = Gerichtsbarkeit = Kreis, mit unseren Kantonen zu vergleichen) in einem heissen Bus - die Ebene ist flach - keine Büsche zu sehen - kein WC-Aufenthalt eingeplant und auch nicht möglich - hat denn gar niemand Mitleid mit uns?

Es fällt auf, dass hier die Ortsnamen auch in ungarisch auf den Schildern erwähnt sind. Grund dafür: Fur Minderheiten von 20 % in einem Gebiet ist es vom Staat Rumänien so vorgeschrieben. Die deutschen Namen der Städte und Dörfer sind nicht erwähnt, da die Minderheit der Siebenbürgen-Sachsen weniger als 1 % ausmacht. In GELENCE besichtigen wir die Fresken byzantinischen Einflusses aus dem 13./14. Jahrhundert.

Unsere nächste Kirchenburg ist ILIENI, hoch auf dem Hügel gelegen, wo wir von dem begeistert erzählenden Bela Kadar, Gemeindepfarrer und gleichzeitig Organisator, Ideenlieferant, Stiftungspräsident und Leiter des Christlichen Jugendzentrums ILIENI empfangen werden. Es wird uns ein gutes Mittagessen serviert, und Pfarrer Kadar hätte uns am liebsten als Gäste für den Rest der Woche aufgenommen, da er so - neben den Spenden aus den Niederlanden und der Unterstützung des HEKS - eine kleine Finanzspritze hätte erzielen können.

Stichworte für ILIENI: Konferenzzentrum, Kinderdorf, Baugeschäft, Schreinerei, Ausbildungen, Landwirtschaft - insgesamt sind es 600 Projekte, die bereits laufen oder in Vorbereitung sind. Alle diese Projekte wollen und müssen finanziert werden ...

Nachdem unsere Besichtigungen regelmässig unseren Zeitplan überschreiten, streichen wir das vorgesehene Heldsdorf und fahren direkt nach HONIGBERG / HERMAN, eine weitere Kirchenburg. Obwohl eigentlich schon geschlossen, wird für uns noch einmal geöffnet, und wir sehen eine "kleinere", noch zu restaurierende, Ausgabe von Tartlau.

Am Abend werden die Geburtstage gefeiert, derjenige von Heinrich Hablützel am 2. Juni wird vorgezogen. Alle Damen werden "verdonnert", die Geburtstagskinder zu küssen - und somit stehen drei Herren in Reih und Glied bereit zum Empfang von Küssen, begleitet vom "Happy Birthday" des Hotel-Trios - geniessen sie es wohl? Es scheint so, denn die Geburtstägler revanchieren sich mit einer Runde "Tuica" - der Abend endet in bester Stimmung.

 

Dienstag, 2. Juni 1998

Abfahrt befohlen um 07.00 Uhr - wie barbarisch in den Ferien .... Die sehr zaghaft vorgebrachte "Palastrevolution" einiger Reiseteilnehmer wird von Werner Adams mit der "Drohung" gekontert, die "Schraube noch mehr anzuziehen und morgen um 06.00 Uhr zu starten" - zwar Protest von unserer Seite - aber: grosse Quizfrage: wer setzt sich wohl durch?

Heute ist ein Tag der langen Distanzen - in nordöstlicher Richtung geht es durch eine liebliche, aber dafür nicht so fruchtbare Landschaft, ausser für Wein und Hopfen, ca. 150 km bis nach MEDIAS. Bei der Ankunft erwartet uns bereits Herr Schneider, Bezirkskirchen-Kurator von Medias. Die Gründung von Stadt und Kirchenburg Medias mit seinen heute 75.000 Einwohnern ist 1283 urkundlich belegt (Urkunde heute im Staatsarchiv Budapest). In Medias findet sich eine grosse ungarische Minderheit und 15 Konfessionen. Erdgasfunde in diesem Jahrhundert haben die Industrie gebracht. Der Fluss KOCKEL / TARNAVA verursacht immer wieder Überschwemmungen, die letzte im 1997.

Die 1488 eingeweihte Kirche, gebaut auf Fundamenten einer vorhergehenden Basilika, hat einen spätgotischen Flügelaltar eines unbekannten Meisters aus der Wiener Schottenstift-Schule, eine barocke Orgel, die 1755 aufgestellt wurde und heute von Organisten aus der ganzen Welt zum Spielen begehrt wird. Die Konzerte werden rege besucht.

Medias ist stolz, das "Mekka der Weltraumfahrt" gewesen zu sein mit Hermann Oberth, der seine Dissertation "Wege zur Weltraumfahrt" nach Ablehnung in Deutschland an der Universität Medias einreichen konnte. Das Schuller-Haus, ein schöner Renaissance-Bau, unlängst restauriert und mit internationaler Beteiligung eingeweiht, beherbergt heute ein Kultur- und Bildungszentrum, mit Hauptgewicht auf Ausbildung von Studenten aller Nationalitäten zu Lehrern für die deutsche Sprache.

Am Schuster-Haus, Apotheke während vier Generationen, erinnert eine Tafel an den letzten Sohn, der es vorzog, aus der Tradition auszubrechen, ein Lehrer und der in Siebenbürgen meist geschätzte Dichter-Humorist unter den Namen SCHUSTER-DUIZ zu werden. Vor einem Gewitterregen flüchten wir zum Mittagessen in´s Restaurant TRAUBE, dem ersten Haus am Platz. An der Einweihung nach der Renovation wollte der rumänische Bürgermeister nicht teilnehmen, da ihn der deutsche Name störte - aber der war halt schon immer deutsch ...

Weiter geht´s nach BIRTHÄLM / BIERTAN, Interims-Bischofssitz für drei Jahrhunderte, auf den Hügel zur im 15. Jahrhundert erbauten gotischen Hallenkirche mit verkürztem Schiff aus topographischen Gründen. Der Flügelaltar aus deutscher Schule ist zeitgleich mit demjenigen in Medias. Beachtenswert ist das Türschloss zur Sakristei - bestes siebenbürgisches Handwerk.

In SCHÄSSBURG / SIGHISOARA, auf der Tarnava-Hochebene gelegen, heute eine Stadt mit 39.000 Einwohnern, unternehmen wir einen Spaziergang durch die voll unter Denkmalschutz stehende Altstadt. Schässburg, 1191 gegründet und 1367 in den Rang einer Stadt erhoben, auch das "Nürnberg Siebenbürgens" genannt, gilt als eine der weltweit am besten erhaltenen mittelalterlichen Städte. Die Klosterkirche mit dem aus dem 14. Jahrhundert stammenden Glockenturm konnen wir anschauen, zum Aufgang zur Bergkirche reicht unsere Zeit leider nicht.

Auf der Rückfahrt begegnen wir zwei echten Zigeuner-Planwagen, von "Mähren" gezogen, wie Herr Hellmann sich ausdrückt.

 

Mittwoch, 3. Juni 1998

Wiederum Aufstehen um 06.30 Uhr zur Abfahrt um 07.30 Uhr in südwestlicher Richtung, vorbei an der Zisterzienser Basilika St. Bartholomäus über Neustadt, das sich sichtbar in einen rumänischen und einen sächsischen Teil gliedert, und Rosenau mit seiner Fluchtburg hoch auf einer Hügelkette gelegen. Aus der Ebene heraus erblicken wir den 2.500 m hohen schneebedeckten "Königsstein". In dieser Landschaft findet sich eine vielfältige Fauna mit Bären, Hirschen, Wildschweinen, Adlern und Geiern, nur Hasen wurden durch Jagd und Entzug ihres Lebensraumes dezimiert. Wanderbienenzucht ist sehr verbreitet, die Imker folgen jeweils der frühen Blüte aus der Donau-Ebene in das Gebiet von Süd-Siebenbürgen der späteren Blüte, und dann zurück den Sonnenblumen entgegen.

Über den 1.400 m hohen TÖRZBURG / GIUVALA - Pass fahren wir durch die liebliche, waldreiche Landschaft der alten Walachei bis zum MEMORIAL für die Gefallenen des ersten Weltkriegs und zurück zum Schloss TÖRZBURG / BRAN aus dem 14./15. Jahrhundert, welches der Stadt Kronstadt gehörte und mit wechselnder Eigentümerschaft Geschichte geschrieben hat, nur niemals mit einem Eigentümer namens Dracula. Für unseren historisch absolut versierten Herrn Hellmann ist "Dracula" ein "Reizwort", eine blosse Erfindung von Märchenerzählern und eigentlich nicht einmal einer Erwähnung wert. Aber dennoch: Schloss BRAN gilt als Heimat von Prinz Vlad Tepes, auf dem die Figur des Dracula basiert. Und die einfallsreichen Rumänen haben diese Erfindung genutzt und am Fusse des Schlosses eine kleine Touristen-Industrie mit Marktständen und Souvenirs aufgebaut, denen wir alle nicht widerstehen könnnen. Einkauf mit viel Spass und in grossem Stil ist angesagt .....

Das Mittagessen (wie üblich viel zu üppig) wird uns auf der Terrasse des HANUL BRAN serviert mit Brat-Härdöpfeln nach folgendem Rezept, das uns unsere gute Fee Käthe Ruth Wellmann verrät:

"Man nehme: r....... Fett, lasse es gut vergehen; wenn es zu riechen beginnt, werfe man die Hälfte der Kartoffeln hinein, lasse sie fast verbrennen, werfe dann die zweite Hälfte dazu, nehme alles sofort vom Feuer, bevor es ganz verkohlt ist, und serviere es sofort....." - guten Appetit. Diese Art Kartoffeln werden uns auch im Hotel CAPITOL allabendlich serviert - und bis zu diesem Zeitpunkt war man verschiedentlich der Meinung, dass es sich um Pommes Frites und nicht um Bratkartoffeln handle - aber dies ist natürlich unserer kulinarischen Ignoranz zuzuschreiben ....

Unserer chronischen Zeitnot wegen komt Herr Hellmann ganze sieben Minuten zu spät zu einem Termin. Dies passt natürlich überhaupt nicht zur "preussischen Punktlichkeit", die von unserem Disziplinator Werner Adams im höchsten Mass kultiviert wird und die in ziemlichem Gegensatz zum rumänischen Zeitverständis steht. Abends begeben wir uns zum Haus des Forums und der Stiftung "Saxonia" und erfahren von Herrn Dr. Simon vom "Demokratischen Forum der Deutschen", Kreis Kronstadt, viel Wissenswertes, das Samuel Wyder für uns aufgezeichnet hat:

 

Besuch des Forums in Kronstadt

Dr. Simon, Dozent an der Universität Kronstadt, erlautert uns die Aufgaben des Forums. Die Rückwanderung der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben, deren Vorfahren im 12. und 13. Jahrhundert eingewandert waren, nahm nach 1989 ein grosses Ausmass an. Zurück blieb ein kleiner Rest vorwiegend älterer Leute. War früher eine Betreuung "von der Wiege bis zur Bahre" in der intakten Volksgemeinschaft möglich, ist sie heute sehr schwierig geworden.

Schulen: Zahlreiche deutsche Schulen mussten geschlossen werden, weil es keine Kinder mehr gab. Auch der Einsatz von Schulbussen half nicht viel; die Abwanderung war zu gross. Damit die wenigen noch überlebenden Schulen bestehen können, nehmen sie neben den deutschstämmigen Kindern auch Schüler auf, die Deutschkenntnisse erwerben wollen. Diese bilden fast überall die Mehrzahl der Schüler. Gefärdert wird die deutsche Hochsprache; das Weiterbestehen des siebenbürgischen Dialektes ist dadurch gefährdet. Es ist auch schwierig, Lehrerinnen und Lehrer mit guten Deutschkenntnissen zu bekommen, weil diese von der Industrie abgeworben werden. Eine Weiterbildungsstätte in Sibiu ermöglicht den Lehrern in Kursen über das Wochenende oder in den Ferien ihre sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern. Die Schulen bekommen finanzielle Zuschüsse aus Deutschland.

Weitere Aktivitäten des Forums: Organisation von Zusammenkünften in den Räumen des Forums, Abende in deutscher Sprache, Volkstanzkurse, Erwachsenenbildung, Leihbibliothek, eigene Wochenzeitschrift, Lesesaal mit deutschen Zeitungen, unentgeltliche oder stark verbilligte ärzt1iche Behandlung und Abgabe von Medikamenten. Viele Ausgewanderte behielten, neben dem neu erworbenen deutschen Bürgerrecht auch die rumänische Staatsbürgerschaft, weil sie die Häuser in der alten Heimat nicht veräussern wollten, und Ausländer in Rumänien keinen Crundbesitz haben dürfen. Das Forum ermöglicht die unentgeltliche Beratung durch einen Rechtsanwalt und richtet zur Zeit ein Notariat ein. Die Mitarbeiter des Forums sind im Nebenamt tätig, viele ohne Entschädigung, "einzig die Putzfrau ist voll bezahlt". Das Forum zählt etwa 4000 Mitglieder, meistens Rentner. Die Einnahmen stammen zu 60% aus Mitgliederbeiträgen und zu 40% aus Spenden.

Während sich das Forum vorwiegend mit der kulturellen Forderung der zurückgebliebenen Deutschen befasst, betätigt sich die Kirche im sozialen Bereich. Sie hat die Wende intakt überstanden, besitzt mehrere Gebäude, so auch das Haus des Forums, das sie ihm zu einem symbolischen Mietzins überlässt und führt zahlreiche diakonische Werke. Die Stiftung: Sie wurde nach 1989 gegründet als Ansprechpartner für die Hilfe aus Deutschland und Österreich. Sie hat "grosse wirtschaftliche Kompetenz". Die Stiftung unterstützt deutsche und nichtdeutsche Landwirte, landwirtschaftliche Vereine und Kleinunternehmer. Sie gibt keine Barkredite, hingegen finanziert sie a) landwirtschaftliche Geräte, Maschinen, Saatgut, chemische Produkte usw. b) Einrichtungen für Gewerbe, Maschinen, Apparate z.B. für Zahnärzte, Computer usw. und ist c) auch im sozialen Bereich tätig. Die Stiftung kann Waren ohne Einfuhrsteuer und ohne Zollabgaben einführen, was volle 40% einspart. In vier Jahren muss der Kredit, der zinsfrei gewährt wird, abbezahlt sein, sonst nimmt die Stiftung die Maschinen zurück, was aber selten vorkommt. Die Rückzahlungen der Nutzniesser und die Spenden ermöglichen ihr, stets neue Impulse zu geben.

S .Wyder

Die Geschichte der Siebenbürgen-Sachsen in Rumänien, die eigentlich gar keine "Sachsen" sind, sondern aus dem Rheinland Mosel-Raum stammen, beginnt um 1152 in Vila Hermani mit ihnen eingeräumten Sonderrechten. Ihre Mundart, die dem Luxemburgischen sehr ähnlich ist, hat sich bis heute erhalten. Ihre Privilegien, die nochmals Mitte des 13. Jahrhunderts in einem Freiheitsbrief festgehalten wurden, räumten ihnen fast autonome Selbstverwaltung ein, unter anderem freie Pfarrer und Richter-Wahl. Zusammengehalten wurde diese Volksgruppe, anfangs vor allem Bauern, später auch geschätzte Handwerker und Kaufleute und heutzutage Akademiker, durch den lutherisch-evangelischen Glauben. Die Kirche war Trägerin des Schulwesens. Deutsche Schulen, welche die Sprache und damit die Kultur weitergaben, waren immer so wichtig, dass Lehrer gleichzeitig auch Pfarrer sein mussten. Die Siebenbürgen-Sachsen haben - ihrer eigentlich kleinen Anzahl zum Trotz - den Vielvölker-Staat Rumänien mit seinen ethnischen Minderheiten (heutzutage 17) im Laufe der letzten acht Jahrhunderte massgeblich kulturell geprägt. Ziel des "Demokratischen Forums der Deutschen" ist es, nach dem Exodus aus einer ethnisch definierten Gruppe eine sprachlich definierte Gruppe mit Zukunft in Rumänien zu formen. Ob dies gelingen kann, wird die Geschichte zeigen müssen.

Donnerstag, 4. Juni 1998Heute führt unser Weg nach Westen, entlang der schneebedeckten Süd-Karpaten, durch eine Landschaft, die man "Storchenland" nennen könnte, via Fagaras / Fogarasch, nach HELTAU / CISNADIE. Heltau ist eine der um 1200 errichteten romanischen Kirchengruppen, wurde im 14./15. Jahrhundert umgebaut und mit einem doppelten Mauerring wehrbar gemacht. Die Basilika hat kein Querschiff, die im Norden und Süden direkt an der Kirche angebauten Wehrtürme ergeben den Eindruck eines Seitenschiffes, die Kirche ist somit direkt in die Verteidigung einbezagen worden (anders als bei den Kirchenburgen). Jakob, der Sohn des Pfarrers, erzählt noch die lustige Geschichte des reichen Kirchenschatzes, der vor den anstürmenden Türken versteckt, eingemauert, fast vergessen und erst bei Einbau eines Blitzableiters (des ersten in Siebenbürgen) im 18. Jahrhundert wieder gefunden wurde. Von MICHELSBERG, auf einem steilen Berg gelegen, gibt es eine lehrreiche Geschichte zu erzählen: jeder Bräutigam musste vor der Hochzeit einen Stein den Berg hinauf rollen - der Beweis seiner Manneskraft diente gleichzeitig zur Anschaffung der benötigten "Munition" auf der Kirchenburg. Im Freilichtmuseum MUZEUL ASTRA (dem "Ballenberg" von Siebenbürgen) im Wald vor Hermannstadt feiern wir den Geburtstag von Ursula Bächtold mit einem Apèro aus Brot/Käse/Wein. Endlich in HERMANNSTADT I SIBIU angekommen, geniessen wir erst einmal das "Essen der Woche und das WC der Woche" - spontaner Ausruf von Rüdi Meier und wunschgemäss pflichtschuldigst vermerkt - im GASTHOF CLARA. Es gibt für einmal kein Fleisch und keine Kartoffein, sondern: "Sarmalute - cu Mamagliga" = gefüllte Weinblätter mit Mais. Die rumänische Bezeichnung stamt natürlich von Käthe Ruth Wellmann, die in Sibiu aufgewachsen ist und die uns nicht nur als gute, sondern "beste Fee" begleitet, zuständig für Gesundheitspflege, Streicheleinheiten, Übersetzungen, Briefmarken, Einkäufe und sonst noch allerlei - wie wäre es uns wohl ohne sie ergangen?

HERMANNSTADT, heute mit rund 170.000 Einwohnern, ist einer der im 12. Jahrhundert gegründeten Hauptorte Siebenbürgens, kulturelles Zentrum, Bischofssitz und mit den schon restaurierten Gebäuden wie "Schatzkästel" = Gewandhaus, Petrus-Haller-Haus und Brukenthal-Rokoko-Palais rund um den kleinen und grossen Ring = Marktplatz sehr wohl einen Stadtrundgang wert.

Die Stadtkirche, als Basilika in einer ansprechenden, verspielten, nicht überladenen Gotik erbaut, ist kleiner als die schwarze Kirche in Kronstadt, das Südschiff als Halle ausgestaltet, mit einem ungewöhnlichen Saal-Chor und einem nicht so wertvollen Altar aus dem letzten Jahrhundert, aber noch mit dem originalen Steinfussboden ausgestattet. Auch hier wieder zu bewundern: wertvollste Fresken aus vor-reformatischer Zeit. Bemerkenswert: ein Bild von 1545 (Christus am Kreuz), dessen eher katholisch anmutende Szenerie mit Bibelsprüchen in lateinischer Sprache übermalt wurde. An der Nordwand finden sich Epitaphe des 17./18. Jahrhunderts.

Ein heisser Tag, der uns alle rechtschaffen ermüdet hat, geht mit Verspätung im Hotel zu Ende, bei einem Nachtessen ohne Brat-Härdöpfel. Warum dies? Lilly Thalmann verrät es uns: "es war kein r....... Fett mehr vorhanden".....

 

Freitag, 5. Juni 1998

Durch die Ebene der drei Stühle geht es über rein ungarisch bewohnte Bezirke nach Norden in ein Gebiet mit 2.000 Quellen, die Mineralwasser gegen Magenleiden und Herz- und Kreislaufbeschwerden hervorsprudeln. Gut für einen Kuraufenthalt, aber die "Kurorte" wie z.B. BAILE TUSNAD könnten Auffrischungen gebrauchen.

Zum ersten Mal besuchen wir eine katholische Stätte: das Franziskaner-Kloster NAGY SOMLIO, urn 1803 im provinziellen Barock erbaut, das es geschafft hat, seine voll funktionierende Existenz durch sämtliche politischen Wirren, auch dieses Jahrhunderts, zu bewahren. Für uns ein Phänomen: die Klöster in Rumänien haben überhaupt keine Nachwuchssorgen, im Gegenteil, es bestehen Wartelisten und minimum eine Matur, wenn nicht sogar ein abgeschlossenes Studium, ist Voraussetzung für einen Eintritt als Mönch. Das Kloster beherbergt eine wundertätige Madonna, die an den jeweils am Pfingstmontag stattfindenden Wallfahrten bis zu 25.000 Leute anzieht. Das uns irritierende Doppelkreuz auf den ungarischen Kirchen hat eine sehr "weltliche" Erklärung: es ist das slowakische Doppelkreuz, das sich auch in Ungarn´s Flagge findet. In diesem wald- und tierreichen Gebiet um MIERCUREA-CIUC erwarten wir bei unserem Waldspaziergang, von Bären begrüsst zu werden, aber diese scheinen - wie Dracula in Bran - "im Ausgang" zu sein..... Das Restaurant HOMOROD empfängt uns zu einem guten Mittagessen aus diesem Jahrhundert - aber die WCs wurden zum letzten Mal im letzten Jahrhundert geputzt Im nördlichsten Punkt unserer Reise, dem Töpfer- und Korbwaren-Dorf CORUND, gibt es wieder Gelegenheit zum Shopping - und die wird rege benutzt, sogar Doris Katz wird ihren Frosch heil bis in die Schweiz bringen .... Faszinierend auf der Rückfahrt: die friedliche Co-Existenz auf den Strassen: Holzwagen, von Stuten mit Ponykind an der Seite gezogen, Kühe, Cars, LKWs. Vor allem die weder angebundenen noch eingeThunten Kühe und Pferde laufen keineswegs "wie die Hühner" auf den Hauptstrassen herum, sie finden ganz allein zu ihrer Haustür und in ihre Ställe zurück.

Der an diesem Nachmittag gegründete "Chor der Genealogen" überrascht uns mit seinen schönen Stimmen. Die Chefin Theres Meili und der Chef Willi Bächtold wollen sich doch bitte mit Werner Adams zur weiteren Koordination für zukünftige Anlässe in Verbindung setzen.

 

Samstag, 6. Juni 1998

Heute ist zwar "freier Tag", aber der Car steht zur Verfügung für einen Ausflug in südlicher Richtung zur Schulerau und wird auch benützt. Von dort geht´s weiter mit der Seilbahn auf den Schuler (1.805 m hoch, mit Wetterstation und militärischen Anlagen) zu Spaziergängen und/oder Wanderungen. Und hier geschieht Helene und Fritz Wüthrich, was uns bisher versagt blieb: eine Begegnung mit einem leibbaftigen Bären in voller Grösse. Gemäss ihren Aussagen haben sie sich ganz still verhalten, denn ganz genau wisse man ja nicht, was für Gedanken so ein Urs hegen könnte....

Unser Abschiedsabend führt uns nochmals auf die Schulerau und endet in bester Stimmung mit Vorträgen von Eva Uhlmann, Werner Adams und Rüdi Meier, die hier im Anhang nachzulesen sind. Herr Hellmann dankt uns dafür, dass wir ihn "ertragen" haben, aber wir wissen es: die profunden Kenntnisse unseres "Cicerone" haben uns alle überaus bereichtert.

 

Sonntag, 7. Juni 1998

Bei einem frühmorgendlichen Spaziergang durch KRONSTADT, entlang der Stadtmauer mit Weber-Bastei und Katharinentor und einem Besuch der byzantinisch-orthodoxen Kirche St. Nikolaus, nehmen wir Abschied auf dem HONTERUS-Platz vor der schwarzen Kirche - so schliesst sich der Kreis unserer Reise.


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