Rumänien ´97
Reisebericht von Mario und Axel aus Leegebruch (bei Berlin)
Donnerstag, 31.07.97:
Notizen aus der Provinz: "Noroc-Tour 97". Es fängt gleich anders an, als ein typischer Ballermann-6-Urlaub! Es geht bis Blankenburg. Dann geht der Stuhl mit mir durch. Fast eingemacht, was will man mehr. 19.45 Uhr Dresden Hauptbahnhof. Die Atmosphäre macht mich traurig! Absolut leer, keiner fährt mit. Vor 10 Jahren war`s spätestens hier die Hölle. Aber egal: Mario und ich sind wenigstens dabei. Mario trinkt schon "Bergenbier". Stunden später: "Schließmuskelschwund ist nicht gesund, Du riechst am Arsch genau wie im Mund".
Freitag, 01.08.97:
13.20 Uhr: Wir sind irgendwo zwischen Szolnok und Arad. Der Conductor trinkt Berliner Bier und wird lockerer. Das Wetter, das von Deutschland bis nach Budapest beängstigend ist, gestaltet sich freundlicher. 14.30 Uhr Curtici. 15.00 Uhr verschluckt. "Ouo in der Atemröhre hella, hella, hello, macht das Atmen mächtig schwere hella........... . Vorher getauscht (lustig). Millionär! 100,-DM = 390.000 Lei. Relativ pünktlich in Arad. Wollen Tickets nach Baia Mare (16.20 Uhr) und keiner will uns verstehen.
Im Bahnhofsrestaurant merken wir warum: Wir haben die Stunde Zeitverschiebung vergessen. Zug längst weg. Anschluß nach Cluj-Napoca um 17.33 Uhr. Das Wetter ist viel besser! Arad (17.45 Uhr): Vielleicht sollten wir etwas zu trinken mitnehmen. Mario rennt zum Bahnsteig A, um Wein zu holen und schafft es gerade so. 2 Flaschen "Viile Banatului". Nach einer bin ich alleine und muß in Cluj durchsehen. Mario schläft, aber er kommt gerade nochmal zu sich. Am späten Abend sind die Rocker in Cluj-Napoca. Anschluß nach Sighetu Marmatiei aber erst 03.05 Uhr also......richtig, wir trinken ein paar schöne Bierchen an einem Stand vorm Bahnhof. Hier tobt das Leben noch bis tief in die Nacht.
Wir lernen einen semioffiziellen Rumänen kennen, der uns nicht von der Seite weicht. Da noch Zeit, gehen wir in ein Restaurant im Bahnhofsgebäude. Dort klinkt sich Mario langsam aus. Drei rumänische Studenten setzen sich zu uns. Da im Suff mein Englisch perfekt ist, können wir uns unterhalten. Sie durchreisen ihr Land, solange das Geld reicht. Ich gebe 50,-DM für die Urlaubskasse.
Samstag, 02.08.97:
Der Semioffizielle bringt uns zum Bahnsteig und will dafür auch Geld (10,-DM). Mario schläft quer über dem Bahnsteig. 03.05 Uhr: Der Zug ist brechend voll. Wir schlafen auch ziemlich bald auf dem Fußboden ein. Angeblich dauert die Fahrt eine Stunde. Aber früh um 07.00 Uhr werde ich von Mario geweckt. es geht durch eine wunderschöne Landschaft. Ich habe auf einem rumänischen Fischsandwich geschlafen. Toll! In Sighet nehmen wir ein Taxi nach Sápânta, um uns den Friedhof anzuschauen. Kulturell hochwertig, obwohl anders vorgestellt. Aber dann wohin hier? Eine Art Gasthaus ist in 2 km ausgeschildert. Es geht ins Nichts. Hier kehren wir ein. Ein überdachter Biergarten, sowie vier Bungalows zur Vermietung. Wir sind total hin. Mario trinkt ein Bier, ich einen Tee. Dann nehme ich erstmal`ne Mütze Schlaf am Tisch. Danach, es regnet bestialisch, wird diniert. Forelle mit Maisbrei. Ausgezeichnet!
Nachdem sich der Himmel aufgeklärt hat, gehen wir den Weg zurück ins "Zentrum". Da nichts fährt und wir nicht wegkommen, laufen wir in Richtung Sighet. Ein PKW nimmt uns mit. Der Mann lacht sich schief, daß jemand hier Urlaub macht. In Sighet angekommen, nehmen wir für 30,-DM ein Schwarztaxi nach Viseu de Sus. Hier angekommen, fragen wir uns zur Forstbahn durch. Eigentlich logisch: Morgen ist Sonntag. Sie fährt nicht. Wir laufen das Wassertal einige Kilometer hoch. Dann erwischt und das Unwetter. Wir nehmen eine Scheune als Unterschlupf. Bauen im Regen das Zelt auf. Sieht schlimm aus. Drei rumänische Kinder kommen, uns zuzusehen (mit Folgen). Ich koche Tee und Hühnersuppe. Wir gehen schlafen. es regnet wieder. Da mittlerweile meine Uhr ausgestiegen ist, haben wir keine Uhrzeit mehr.
Sonntag, 03.08.97:
Morgens will ich uns einen schönen Tee machen, aber das Kochgeschirr, Tassen und Kocher sind weg. Somit müssen wir umorientieren. Die Survival-Touren fallen aus. Ich will den Film wechseln, da der erste voll ist. Film spinnt, Kamera geht nicht. Der Glücksgott versagt seine Dienste. Beim zurücklaufen (...ohne Kocher hat weitergehen keinen Sinn) knicke ich mir beim Befestigen der Wasserflasche den Daumennagel gewaltig um. Mario`s Stimmung ist schnell auf Null. Ich denke, das Meißte haben wir schon hinter uns! Das Wetter hat sich leicht verbessert. In Viseu de Sus suchen wir eine Kneipe, um zu essen. Flasche Cotnari, Ciorba und Cebapcici. Sehr ordentlich, aber Mario hat genug. (P.S.: Mario- mir war schlecht und irgendwie krank). Das einzige was Ihn noch hochhält, ist das bessere Wetter.
Wir kommen raus und es regnet. Das war`s! Eigentlich um es nicht zu vergessen, war die Maramures und Bukowina geplant, vorab die Forstbahn, aber nun kommt wohl alles anders. Wir müssen erst von hier nach Viseu de Jos um überhaupt irgendwo hinzukommen. Zwei Polizisten helfen uns, erzählen, der Bus fährt in 5 Minuten. Warten mehr als eine Stunde (P.S.- Mario: waren halt rumänische 5 Minuten) ist aber lustig. Polizei ist aber aufgeschlossener als in Deutschland. Lachen, daß wir mit Rucksack und nicht mit dem Auto gekommen sind. Mit anderen Outfit gibts Mädels schon für eine Westzigarette und eine Barcadi-Cola! Das ist verboten, aber in unserem Fall O.K.! Denn Sie sind die Chef`s. Auch 10,-DM für eine Nacht sind O.K... . Rumänischer Verdienst pro Monat 50,- Dollar. Ion Pop (bezeichnender Name...) spricht die hübschesten Mädchen an, um mit uns mitzugehen. Egal, wir sind treu (P.S.- Mario: SCHÖN BLÖÖD!!!) und fahren nach Viseu de Jos, um weiterzukommen. Hier haben wir ca. 2 Stunden Zeit, um den Zug unserer Wahl zu besteigen. Es geht nach Brasov und wahrscheinlich von dort, wenn man uns nicht vergewaltigt, beklaut oder umgebracht hat, ins Fägäras. Mario`s Ersatzpenis: Negoi-Hütte mit Siggi. (P.S.- Mario: Sind nun mal gute Freunde in herrlicher Landschaft von mir).
Montag, 04.08.97:
2.00 Uhr, Brasov. Die Zugfahrt hatte einiges zu bieten. Eine Horde Jugendlicher mit mächtigen Palinka-Vorräten lud uns ein zum Umtrunk. Die Jungs wurden aber nach dem Genuß leicht aggressiv, weniger zu uns, aber mehr zu anderen Rumänen. In Brasov essen wir Döner. Mario hat keinen Appetit. Karten nach Fagaras gelöst. Zug fährt 6.14 Uhr. Hier ist alles naß. Deutet auf Regen hin. So richtig haben wir keine Meinung zu nichts. Obwohl wir Fahrkarten haben, chartert Mario ein Taxi nach Porumbacu de Sus. (P.S.- Mario: Taxifahrten in Rumänien sind Kult! Habe immer eine Heiden Angst und Frisch-Fleisch gibt`s auch immer, Hunde, Katzen, Füchse u.s.w.). Der Gute fährt uns noch etwas den langatmigen Forstweg hoch, aber dann wird der Weg zu risikovoll für ihn. Da kann man sich vorstellen, in welcher Verfassung der Weg ist, wenn es ein rumänisches Taxi nicht schafft. Die Tour ist eine der härtesten die ich je gemacht habe. Wir fragen uns, warum wir das alles machen.
Der Weg zur Negoi-Hütte ähnelt einem Fluß, ist eigentlich nicht begehbar. Unheimlich viele Felsen und Geröll hat sich gelöst und blockiert den Weg. Teilweise versacken wir bis zu den Knien im Morast (eine Art Elefantenscheiße). Das schafft kein Wanderschuh. Aber auch wir selbst, haben zum Nichtgelingen beigetragen. Wir haben nicht ein Krümel Essen dabei. Die Tortur dauert von 05.50 Uhr bis 10.40 Uhr, also fast 5 Stunden. Ich stinke mittlerweile wie eine Mistsau, habe den fünften Tag dasselbe an, auch Rekord!
Das Wetter ist hier oben so Scheiße, wie man es von unten erahnen konnte. Was soll das alles? Wir bekommen ein semioffizielles Doppelzimmer. Da Essen erst ab 14.00 Uhr, versuchen wir etwas Schlaf nachzuholen. Beide haben Alpträume (müßte wohl besser Karpatenträume heißen, oder?). Das Zimmer ist feucht. Hier trocknet nichts. Am Abend geben wir unsere Schuhe bei Siggi ab. Er versucht sie auf dem Ofen wieder hinzukriegen. Eine Reisegruppe von ca. 40 Personen aus Tschechien und Slowakien füllt den Gastraum. Das Essen ist rundum gut. Um 21.00 Uhr sind wir schon im Bett. Wie gesagt: Nachholbedarf.
Mittwoch, 06.08.97:
Mitten in der Nacht geht die Welt unter. Gott sei Dank ein Dach über dem Kopf. Die Reisegruppe zeltet vorm Dr.Carl-Wolff-Haus. Da ist bestimmt etwas naß geworden. Wir schlafen fast 12 Stunden. Da die Toilette bzw. Waschmöglichkeit zwischen 10.00 Uhr und 18.00 Uhr geschlossen ist, muß man sich sputen. Endlich: Erste Wäsche nach X Tagen und dann Tee und Omelett. Mario geht etwas spazieren und filmt, ich lese und schlafe. Abends prima Essen, 2 Bier und dann noch 6 Flaschen Wein. Trinken wird Olympisch! Time To Say Good Bye! Wir bezahlen in DM. Trotz Niedrigpreise kriegen wir 100,-DM klein. Wir entschließen uns, zur Bacaciu-Hütte weiterzuziehen. Da die Flüsse extrem viel Wasser führen, müssen wir zweimal die Schuhe ausziehen, um den Weg fortzusetzen.
Nach gut 3 Stunden sind wir da. Kult! Diese Hütte hat wirklich Stil. Wir beschließen hier zu übernachten. Eine größere Gruppe Kinder mit einigen verrückten Erziehern sind hier oben. Viel Trubel. Mariana, die Wirtin kennt Mario noch von 1995 und 1996. Sie versucht Deutsch zu lernen. Mario läßt sein Wörterbuch hier. Nur Supertypen hier oben. Ein Glücksgriff. Wir lernen Jürgen und Anca kennen. Leben in Sindelfingen, sind aber Rumänen. Super Leute mit viel Verstand.
Außerdem einen Kultmenschen aus Apolda (de Sus), der Leegebruch und die Fleischerei "Fetter" kennt. Wenn man nicht hinguckt, denkt man Arnold (P.S.-Mario: Studien- und Saufkumpel von Axel) ist hier und erzählt Müll. Reden über`s System und lassen kein Haar an den Wessis. Jürgen läßt den Tuica kreisen. Mario schreit die Alm zusammen. In der Nacht wird ein großes Lagerfeuer gemacht und gesungen. Mario dankt ab. Wir schlafen an bekannter Stelle. Unser altes Zimmer von 1986. Gegen 2.00 Uhr ist auch bei mir Sense.
Donnertsag, 07.08.97:
Ich wache um 9.00 Uhr mit überlasteter Blase auf. Ein Rumäne furzt. Was ich geträumt habe, überbietet alles! Weltmeisterschaften im Holzsärge-Rudern um die Aschenbahn vom Leegebrucher Sportplatz. Mein Partner ist kein geringerer als Frank Schütte. Er gibt sich keine Mühe. Ich gebe auf und werde wach... . Es regnet. Tee und Omelett ist früh Standart. Um etwas zu bestellen, muß man in der Rezeption die Maus drücken. Unsere lustige Truppe zerfällt, da die anderen Richtung Negoiu ziehen.
Für`s Waschen haben wir heute nichts übrig, da man sowieso wieder schmutzig wird. 10.30 Uhr geht`s runter. Ca. 3 Stunden brauchen wir bis zur Cabana Poiana Neamtului. Dort ein Bier und eine Suppe, da es bis Avrig noch 14 km sind. Vielleicht nimmt uns ja jemand mit. Ungefähr 5 km weiter stoppen wir für einen Drink in einer neuen Hütte. Leider müssen wir bis Avrig zu Fuß. Um 18.00 Uhr sind wir endlich da. Eine junge Frau spricht deutsch und hilft. Sie studiert in Augsburg, hatte vorher keine Deutschkenntnisse. Es ist sehr schwer, aber sie hat Sehnsucht nach Deutschland. So verschieden sind die Geschmäcker. Einmal hat Sie in der Schule einen Vortrag halten müssen. Sie erzählte von sich und das Sie sich wie Aschenputtel fühlt und auf einen Prinz wartet. Leider hatte Sie etwas verwechselt. Seitdem ist Ihr Spitzname: Aschenbecher.
Am Bahnhof angekommen, beginnt der Kampf gegen die Uhr, mein Darmproblem zu lösen. Wir müssen von hier nach Sibiu. Hier essen wir in Ruhe und warten auf den Zug nach Arad. Im Warteraum (Mutantenstadl) trifft man viele außergewöhnliche Gestalten. Da ist Ex-Eintracht Frankfurt Trainer Stepanovic als Union-Fan verkleidet. Und Terry Jones von Monty Pyton als rumänischer Transvestiti- ein sogenannter Transfagasas, inmitten der Flodders. Irgendwann nachts um 2.00 Uhr gehts nach Arad. Wir riechen.
Freitag, 08.08.97:
In Arad sind wir kurz vor 6.00 Uhr. Der nächste Zug nach Berlin geht erst um 15.30 Uhr. Umdisponieren. Ein Zug nach Budapest hat 50 Minuten Verspätung und fährt so gegen 7.00 Uhr. Der ungarische Zoll hält uns für Drogendealer. Um 11.00 Uhr. Der Zug ließ eine Körperwäsche nicht zu. Mario tauscht 50,-DM zu Schweinekonditionen. Wir geben unser Gepäck auf, da der Zug erst kurz vor 19.00 Uhr fährt. Über Budapest bleibt nur soviel zu sagen, daß es bestialisch heiß ist, Mario mir die reudigsten Kneipen der Stadt zeigt und das die ungarische Durchschnittsbrust wohl 2/3 größer ist, als das deutsche Vergleichsmodell. Abends besorgen wir uns einen Liegewagenplatz direkt beim Schaffner und lassen uns beim Bierkauf im Zug sportlich rollen. 11 kleine Antilopenseche-Abfüllungen in Dosen für 40,-DM. Der deutsche Michel muß halt beschissen werden. NOROC!!!
Mario & Axel