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Schässburg und Bauernburgen der Umgebung

Juliana Fabritius-Dancu


In Schässburg/Sighisoara, dem siebenbürgischen "Rothenburg ob der Tauber", sind wir die Ringmauer der "Burg" entlanggewandert, die, bloss von wenigen späteren Anbauten unterbrochen, vollständig erhalten, den schmalen, 850 m langen Bergrücken umzieht. Auf der oberen seiner beiden verschieden hoch gelegenen Terrassen haben deutsche Einwanderer Ende des 12. Jh. eine erste Nieder1assung gegründet, in Urkunden schon 1280 als "Castrum Sex" erwähnt. Wir wollten den einzigen, heute noch in ursprünglicher Ausdehnung vorhandenen Mauergürtel einer mittelalterlichen siebenbürgischen Stadtbefestigung kennen lernen, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten sächsischer Wehranlagen im urbanen und ruralen Bereich selbst herauszufinden.

 

Nordansicht von Schässburg um 1740 - Rekonstruktion des damaligen Aspekts von Julius Misselbacher.

Nun ist Schässburg ein weitaus kleineres Städtchen als die "Haupt-Hermannstadt" am Zibin oder Kronstadt im Burzenland, deren mehrfache konzentrische Mauergürte1, mit mächtigen Torbauten und Türmen besetzt, dem anstürmenden Feind bedeutend stärkeren Widerstand zu leisten vermochten. Dennoch gilt auch für unser malerisches Kokelstädtchen das gleiche zwingende Gebot, dem sich alle von Siebenbürger Sachsen gegründeten Städte fügten: nämlich den gesamten, anfänglich weniger ausgedehnten Wohnbereich mit schützenden Mauern zu umgürten, während solche Sicherheitsmassnahmen für unsere Landgemeinden undurchführbar waren. Ihre geringe Einwohnerzahl hatte nicht ausgereicht, um einen so ausgedehnten Festungsgürtel auszuführen und zu verteidigen. Sie mussten sich mit dem engen Verteidigungsbereich der Kirchhofbefestigung und seiner Wehrkirche begnügen.

 

Pfarrgässchen in Schässburg mit Blick zur Bergkirche.

Ehe wir zur Besichtigung einiger Kirchenburgen in Schässburgs Umgebung aufbrechen, lassen wir uns vom lieblichen Landschaftsbild und mittelalterlichen Kolorit des einstigen Handwerkerstädtchens auf dem Burgberg einnehmen, der das Gewoge roter Ziegeldächer des unteren, jüngeren Stadtteils um 78 m überragt und dort auf seinem höchsten Plateau - vom massiven, schwerfälligen Baukörper der spätgotischen Hallenkirche (Ende 15. Jh.) gekrönt wird.

Als die "Burg" entstand, samme1ten sich ihre Wohnhäuser um den romanischen Vorgängerbau der im 14. Jh. erstmalig erwähnten Bergkirche; die romanische Krypta (erste Hälfte 13. Jh.) hat sich, als einzig in Siebenbürgen, unter dem heutigen gotischen Chor erhalten. Die schmucklosen, gedrungenen Formen des Glockenturms und seine südöstlich von der Längsachse des Langhauses abweichende Position weisen seine Entstehung in die zweite Hälfte des 13. Jh. Wie alle Stadtkirchen der Siebenbürger Sachsen blieb auch dieser Kultbau unbefestigt - der hohe, mit Wehrtürmen besetzte Stadtmauergürtel der Burg machte den wehrhaften Ausbau der Bergkirche überflüssig. Hingegen bildet im engen Schutzbereich der dörflichen Kirchenburgen die Wehrkirche mit ihrem zum Bergfried umfunktionierten Glokkenturm, mit Wehrgängen über Chor und Schiff, eine zweite Verteidigungslinie, hinter die sich die Bauern zurückziehen konnten, wenn der Feind die Ringmauern erstürmte.

 

Der Stundturm

Schässburgs Wahrzeichen

Die ungegliederten, nüchternen Fronten der Bergkirche trugen mutmasslich einst den Schmuck farbiger Bemalung - Spuren davon sind an der Apsis erkennbar. Das Kircheninnere war wohl vollständig mit Fresken bemalt - stellenweise treten guterhaltene Gruppen zutage -, 1483 und 1488 ausgeführt, wie Inschriften besagen. An ländlichen Sakralbauten sind Aussenfresken bei uns sehr selten. In Durles/Dîrlos, nordöstlich von Mediasch, besitzen wir ein einziges guterhaltenes Beispiel dafür (Komm mit ´75).

Zweiter Blickfang im Weichbild des mittelalterlichen Stadtkerns und Schässburgs Wahrzeichen ist der "Stundturm" mit seinem von zwei Zwiebelkuppeln unterbrochenen Spitzhelm, dessen buntglasiertem Ziegelbelag das Kokelstädtchen, zusammen mit dem farbenfrohen Anstrich der Häuser, sein fröhliches Lokalkolorit verdankt. Diese bewegte, expressive Silhouette erhielt das 34 m hohe Turmdach, den Steinturm um das Doppelte überragend. Erst 1677, ein Jahr nach dem Grossbrand. Von seiner Uhr, die bereits zu Beginn des 17. Jh. mit zwei riesigen Zifferblättern der Unterstadt und der "Burg" die vollen Stunden anzeigte, leitet sich die Bezeichnung des "Stundturms" her. Erst 1648 baut der aus Königsberg stammende Uhrmacher Johann Kirschel auch einen Minutenzeiger ein, den Mechanismus des Viertelstundenschlags und ein weiteres Werk, das die von ihm geschnitzten Götterfiguren betätigt, nach denen die Wochentage lateinisch benannt sind - die Mondgöttin Diana, Mars, Merkur, Jupiter, Venus, Saturn und Sol, die Sonne. An jedem der sieben Wochentage tut eine andere Figur in eine Mauernische neben dem Zifferblatt. Später ersetzten Barockfiguren die vom Grossbrand 1676 vernichteten Götter.

Weit älter als sein imposantes Dach und Uhrwerk ist der Steinkoloss des Turms, der das Haupttor der Burg am Ostrand des unteren Bergplateaus bewachte. Im 14. Jh. noch niedriger, im 16. erhöht und mit einem Gussschartenkranz - Maschikulis - ausgestattet, erhebt sich das massive Mauerwerk über den zwei Durchlässen der Haupteinfahrt. Im ersten Stockwerk darüber tagte bis 1556 der Stadtrat; nur das dritte Stockwerk trägt ein gotisches Gewölbe, die übrigen Balkendecken. Als fünftes Geschoss bietet eine offene Holzgalerie dem Besucher einen entzückenden Weitblick über die zwischen grünen Hügeln eingebettete Stadt. Von dieser Turmgalerie liessen sich an Feiertagen die Stadtmusikanten hören, deren Blasinstrumente der Stadtrat schon 1619 angeschafft hatte. Heute beherbergt der "Stundturm" ein wertvolles Geschichts- und Heimatmuseum, wo vor allem die Gegenstände aus der Vergangenheit der Handwerkerzünfte unser Interesse erregen. Eine dem Turm vorgelagerte doppelte Barbakane erhöhte den Schutz der Fallgatter, die einst die Durchfahrt verschlossen. Mit ihren Wehrgängen und Maschiku1is erinnert gerade diese doppelte Torwehre an jene des bayrischen Rothenburg.

Auch Schässburg erlebte den allgemeinen Aufschwung von Gewerbe und Handel, der Siebenbürgern im 14. Jh. kennzeichnete. 1369 zur Stadt erhoben, war Schässburgs Verteidigungssystem erweitert, die Ringmauer um beide Bergterrassen geschlossen worden. Dem Gelände angepasst, seinen Angriffspunkten Rechnung tragend, sind die 14 Mauertürme verteilt, jeweils von einer Handwerkerzunft errichtet und nach ihr benannt.

Die Goldschmiede, Seiler, Fleischer, Weber, Schneider, Schuster, Schlosser, Schmiede, Fassbinder, Gerber, Balbierer und Zinngiesser hatten ihren Turm nicht nur aufzurichten und zu verteidigen, sondern auch für die nötige Munition und Instandhaltung zu sorgen. Die Zunftordnung sah vor, dass je vier bis sechs Verteidiger bei Feindangriffen im Turm zu stehen hatten, während sich das Aufgebot der waffenfähigen Männer auf dem Marktplatz bereithielt, um dorther zur Verstärkung an gefährdete Punkte beordert zu werden.

 

Romanischer Glockenturm in Grosslasseln, mit Ansatzspuren der einstigen Basilika.

Die meisten Wohnhäuser, die der anfänglich gezinnte später mit einem Wehrgang umgebene Ringmauergürtel einschliesst, entstammen dem 16.-18. Jh. Ein besonderer Reiz des Stadtbildes ergibt sich aus der Anpassung der geschlossenen Strassenzüge und einzelner Häuser an das ansteigende Gelände, viele schmiegen sich halb dem Berghang ein. Keller und Erdgeschoss der alten Häuser sind fast durchwegs mit Tonnengewölben überführt, die Obergeschosse tragen Balken- oder Stuckdecken. Aus der Reihe einfacher Bürgerhäuser tritt manche Individualität hervor - wie das Eckhaus am Marktplatz, mit spitzbogigen Zwillingsfenstern das an venezianische Gotik erinnert. Von der unteren Burgterrasse steigt die ganz aus Holz gezimmerte, überdachte Schülertreppe mit 175 Stufen den Steilhang zur Bergkirche und das ihr benachbarte Gymnasium auf - eine weitere Besonderheit Schässburgs, die bescheidene Nachahmungen in der Birthälmer und Bussder Kirchenburg erfuhr (Komm mit ´75).

Um nun auch einige der nahegelegenen Kirchenburgen anzusehen, fahren wir vom Busbahnhof in Richtung unseres Hauptziels ab: Malmkrog/Mälîncrav, wo uns die schönsten Wandmalereien Siebenbürgens erwarten. Zuvor besuchen wir aber noch die an der Strecke liegende Gemeinde Grosslasseln/Laslea, besser gesagt den Veteranen der einstigen Wehrkirche, der uns, bei aufmerksamem Lauschen auf die Sprache der Steine, über die Beschaffenheit des alten, 1838 abgetragenen Kultbaus unterrichtet. Beim Neubau einer klassizistischen Saalkirche, 1842, deren Längsachse nordöstlich ausgerichtet ist, hatte man das unregelmässige Oval der einfachen Ringmauer im O gradlinig abgeschnitten, da sie hier weit in die heutige Hauptstrasse des Dorfes hinaustrat.

Hinter dem der Häuserzeile eingefügten neuen Ringmauerabschnitt sehen wir gleich den neoklassizistischen Sakralbau, der an die Dorfkirchen von Zendersch, Nadesch und Dunnesdorf erinnert, die derselbe Schässburger Architekt Samuel Teutsch gebaut hat. Durch den Pfarrgarten betreten wir den Kirchhof und gewahren nun auch unseren Gewährsmann, den einsam aufragenden alten Glockenturm im Westteil des Burghofes. Sein Überleben beim Abbruch des alten Kultbaus verdankt er dem Umstand, dass die neue, turmlose Saalkirche erst nach Fertigstellung einen seitlich stehenden Glockenträger erhalten sollte. Bis dahin sollte der alte Glockenturm weiter seinen Dienst versehen. Dass er dies heute noch darf, bedingte ein Riss im 1843 begonnenen Turmneubau, der dessen Unterbrechung erforderte. Ganz aus graugelbem und rotem Sandstein aufgeführt, blieb der alte Turm unbeworfen.

 

Westansicht der Basilika von Malmkrog, mit wehrhaften Glockenturm und einfachem Bering.

Die rundum in 2 m Vertikalabstand, in einer Horizontalen sichtbaren Gerüstlöcher erzählen von mittelalterlicher Bautechnik: man mauerte so hoch die Arme reichten, legte dann junge schlanke Baumstämmchen quer über das wachsende Mauerwerk und darüber einige weitere Steinlagen zu ihrer Befestigung. Die seitlich vorstehenden Stammenden konnten nur die Trittbretter tragen um das Mauerwerk von solcher Plattform aus höher zu führen. Nach Vollendung des Turms kappte man einfach die vorstehenden Enden der Gerüstträger dicht an der Mauerflucht. Der eingemauerte Holzteil ist eingetrocknet, vermodert, teils herausgefallen und liess bloss Löcher zurück, die vom einstigen Arbeitsgang zeugen. Betrachten wir die Ostwand des Turms mit einem Rest der ungleich daran ansetzenden Mittelschiffsmauern: die südlicbe mit der Turmsüdfront gleichlaufend, die nördliche etwas hinausgerückt, so dass der Turm nicht genau in der Längsachse des Mittelschiffs der alten Basilika stand. Dass es eine dreischiffige Basilika war, beweisen die gleichfalls am Turm vorhandenen Ansätze der Westmauern von den einstigen Seitenschiffen. Sie verlaufen bündig mit dem Turmmauerwerwerk in Linie seiner Ostfront und bewahren noch die Ansatzspuren ihrer Tonnengewölbe.

Der Glockenturm stand also nach drei Seiten hin frei vor der Westfront des Mittelschiffs und öffnete in seinem Erdgeschoss drei Rundbogenarkaden, durch die man zum Westportal der Basilika gelangte. Das Turmerdgeschoss bildete also eine kleine, von einem kunstvoll aus Stein gefügten Kreuzgewölbe gedeckte Vorhalle. Die Ansätze der Mittelschiffsmauern enden in gleicher Höhe mit der weissgetünchten Fläche, die an der Turmostwand den Schildbogen des Mittelschiffsgewölbes, einer Halbtonne, markiert. Darüber zeichnet sich in weissem Mauerputz das spitzwinklige Dreieck des Dachgiebelansatzes ab. Der Dachfirst ragte also bis dicht unter den Wehrgang empor, der dem Glockenturm der romanischen Basilika bei seiner Wehrbarmachung als höchstgelegener Beobachtungsposten aufgesetzt wurde, um das Herannahen des Feindes von weitem zu sichten und durch die erregte Stimme der Sturmglocke die friedlich arbeitenden Bauern zu warnen, mit Hab und Gut noch rechtzeitig in den Schutz der Ringmauern zu flüchten. Den Bretterbodenbelag des auf Hängeböcken vorgekragten Wehrgangs konnte man stellenweise abheben und durch die so entstandenen Fussscharten die Feinde mit Steinen und Holzscheiten bombardieren. Natürlich wurden sie auch von der offenen Galerie des Wehrgangs her mit Pfeilen oder Flintenkugeln beschossen. Das geschah auch durch die schmalen Schiessschlitze, die sich in jedem der vier Obergeschosse des Turms öffnen. Den Schlitzen entsprechen nach innen zu ausgeweitete mannshohe Nischen zur Aufstellung der Bogenschützen.

 

Nordostansicht der wehrhaften Basilika von Malmkrog

Bei der Wehrbarmachung, die wir mit einem Steuernachlass des Jahres 1504 in Verbindung setzen - "Laszlo relaxati (sunt) ad structuram ecclesiam florin 3, denar 25" -, ist wohl der Turm zum Bergfried umgestaltet worden, indem man die Rundbogeneingänge der Vorhalle zumauerte und vom Kirchhof isolierte. Letzte Zuflucht der Bauern waren die Obergeschosse des Turms, nur durch einen Einstieg von der Orgelempore und aus dem Dachboden her zugänglich. Ob die noch dem 13. Jh. entstammende Basilika weiter befestigt war, ist nicht mehr festzustellen, aber kaum anzunehmen. Somit tritt uns hier der einfachste Typ einer Kirchenburg entgegen: einfacher, ovaler Bering und wehrhaft ausgebauter Glockenturm, der die Rolle des Bergfrieds einer Ritterburg übernimmt.

Für das Alter des romanischen Sakralbaus bürgt auch eine Urkunde aus 1309, die unter den Dechanten, die beim Kardinallegat Gentili um Bestätigung des siebenbürgischen Bischofs ansuchen, auch den "Decanus de districtu de sancte Ladislao" aufzählt. Da also Lasseln Sitz eines Dechanten war, muss seine Kirche schon lange vor dem genannten Jahr bestanden haben. Wie viele sächsische Dörfer des Zwischenkokelgebiets, war auch Lasseln anfänglich eine untertänige Gemeinde, Besitz der mächtigen Abtei von Koloszmonostor bei Klausenburg. Diese konnte sich aber, wohl der grossen Entfernung wegen, im Besitz von Lasseln nicht behaupten. Um 1500 ist der Ort unter den freien Königsbodengemeinden des "Schässburger Stuhls" mit 77 Wirten, 16 wüsten (verlassenen) Höfen, einer Mühle und drei Hirten angeführt.

 

Das Freskenensemble des Malmkroger Chors (Ende 14. Jh.)

Unser nächstes Reiseziel Malmkrog/Mälâncrav war von seiner Gründung an ein Hörigendorf, Besitz der ungarischen Adelsfamilie Apafi, ebenso wie das Dörfchen Rauhtal und Neudorf, die wir noch aufsuchen wollen. Zusammen mit einigen anderen Gemeinden, wo sich gleichfalls sächsische Erbpächter angesiedelt hatten, gehörten diese Gemeinden zu einem uralten Prädium (Landgut), das, als Komitatsboden vom König an seine Lehnsleute verliehen, zwischen den freien sächsischen Stühlen Schässburg, Mediasch und Schenk eingeschoben lag. 1775 gelangte Malmkrog samt anderen Besitzungen der Apafis durch königlichen Rechtsentscheid in den Besitz der Adligen Bethlen. Zur Zeit der Aufhebung der Leibeigenschaft war Susanne Gräfin Haller letzte Besitzerin des Orts, der damals ausser dem Edelhof nur ein einziges gemauertes Haus besass. Die übrigen Behausungen der Bauern waren Holzbauten mit Stroh oder Ziegelbelag. Daher konnte ein Grossbrand ein Drittel der Bauernhäuser vernichten, dazu das Schindeldach der Basilika von Malmkrog. Danach müssen die nun freien Bauern ihre Wohnhäuser alsbald in Ziegelmauerwerk neu aufgerichtet haben, denn schon 1865 berichtet der englische Reisende Charles Boner in seinen Aufzeichnungen, "dass sie nun alle dasselbe solide Aussehen und denselben Charakter behaglichen Wohlstands haben".

Die Marienkirche von Malmkrog liess Gutsherr Apafi zu Beginn des 14. Jh. mit Hilfe seiner Dorfbewohner errichten, als dreischiffige Basilika, deren Raumverhältnisse noch ganz romanischer Überlieferung verhaftet sind. Der langgestreckte Bruchsteinbau wirkt seiner geringen Höhe zufolge etwas untersetzt, massiv und schwer die ungegliederten, glatten Mauerflächen, deren Fensteröffnungen in den Seitenschiffen rechteckige Steineinfassungen besitzen, im tiefliegenden Obergaden des Mittelschiffs beim gotischen Umbau spitzbogig geschlossen und mit spätgotischen Masswerkfüllungen verziert wurden. Über dem Westende des Mittelschiffs errichtet, öffnet der Glockenturm im Erdgeschoss drei Spitzbogenarkaden, deren bedeutende Höhe jene der Seitenschiffe überragt, weshalb diese in der Turmzone höher geführt und mit Walmdächern gedeckt sind, während der übrige Teil der Seitenschiffe sehr flache Pultdächer trägt. Das mit einer flachen hölzernen Kassettendecke überführte Mittelschiff öffnet je vier Spitzbogenarkaden in die Seitenschiffe.

 

Kopien nach Fresken des Malmkroger Chorgewölbes.

Der zweifarbig-dunkle Anstrich der Holzdecken trägt zur düsteren Wirkung des schwach erhellten Langhauses bei, die auch das 20 m lange Riesenfresko der Mittelschiffsnordwand nicht zu mildern vermag. Es ist nicht nur die grösste, sondern auch von der ikonographischen Thematik her vollständigste und umfassendste gotische Wandmalerei Siebenbürgens im volkstümlich-erzählenden linearen Stil.

 

Torturm über dem Eingang zum Malmkroger Burghof.

53 Kompositionen sind in vier übereinandergestellten Bildstreifen und in den Zwickeln zwischen den Arkadenbögen angeordnet und wollen serpentinenartig von oben nach unten betrachtet werden. Von der früher höher ansetzenden Balkendecke halb verdeckt, schildert der oberste Streifen die Schöpfungslegende auf weissem Grund. Dieser gilt in der byzantinischen Malschule als konventionelles Symbol für den abstrakten, überirdischen Raum. Der folgende Streifen berichtet das Geschehen um Christi Geburt und Jugend, die beiden unteren sind dem Leidenszyklus vorbehalten und der Besiegung des Todes durch Auferstehung und Himmelfahrt. Die Gegenüberstellung der beiden Testamente beabsichtigt wohl, die Leidensgeschichte der Menschheit als Folge des "Sündenfalles" darzustellen. Als fünfter Bildstreifen füllen Szenen aus Heiligenvieten die Bogenzwickel. Nach der Reformation ist das ganze Fresko der Nordwand übertüncht worden - die erst 1914 freigelegte Malerei hat unter Einwirkung der Kalkschicht und deren Entfernung erheblich gelitten. Dennoch beeindruckt auch heute noch die Lebendigkeit der Narration und naturnahe Schilderung - die genaue Beobachtung der Umwelt verrät - nicht nur in den zeitgenössischen Kostümen, sondern auch durch Anspielung auf soziale Zustände, die den damaligen Betrachtern vertraut waren.

So sind Kriegsknechte und Häscher in ungarische Soldatenuniformen gekleidet! In stark vereinfachter, naiver, aber umso ausdrucksstärkerer Zeichnung leben die Gestalten vor allem durch die betonte Konturzeichnung; die sparsame Palette (Weiss, Ocker, Ziegelrot vor graublauem Himmel und brauner Bodenfläche) ist in flachen Farbtönen verwendet, die vor allem die einzelnen Flächen voneinander absetzen wollen. Neben byzantinischem Einfluss macht sich vor allem die Schule der dekorativen Miniaturen religiöser Handschriften bemerkbar; packend ist der beredte, grafische Stil, das tiefe Miterleben des Schöpfers dieser Fresken - mutmasslich ein einheimischer Meister des ländlichen Milieus.

 

Saalkirche und wehrhafter Glockenturm in Neudorf.

Von ungleich höherem Wert sind die vollständig und unversehrt erhaltenen Fresken auf Wänden und Gewölben des Chors. Es ist das schönste, reichhaltigste Wandmalereiensemble Siebenbürgens im verfeinerten "internationalen Stil der höfischen Gotik" - wie ihn der rumänische Kunsthistoriker Vasile Drägut nennt. Von Frankreich ausgehend, erreichte dieser Stil im letzten Jahrzehnt des 14. Jh., die äusserste Grenze seines Verbreitungsbereichs. Im östlichen Raum gingen bedeutendste Impulse von Böhmen und dem Prager Hof aus und erreichten über die Slowakei und Zips gegen 1400 auch Siebenbürgen. Den von der Miniaturmalerei geprägten, dekorativen höfischen Stil kennzeichnet raffinierte Eleganz der überlängerten Gestalten und ihre Kostüme (zweifarbige enge Strumpfhosen, spitze Schnabelschuhe, rumpflanges, enges Wams mit Hüftgürtel und weite Schulterpelerine), asketische Physiognomien mit schmaler Kinnpartie, gebuchteten Stirnen und hochgewölbten Augendeckeln. Vornehm, distant ist auch die kühle Gesamtwirkung der Farbtöne bei fehlendem Rot - Schattierungen von Braun, Grau, ein helles Bergblau herrschen in der Gewandung vor, die sich von intensiv kobaltblauem Grund abhebt, auf den das scharfe Blaugrün der Vegetation abgestimmt ist. Nur das wüstentrockene, von schwarzen Rissen durchfurchte Erdreich tritt in sattem Ocker hervor.

Seine heutige Gestalt erhielt der Chor der Malmkroger Basilika erst Ende des 14. Jh., von den Apafis hochgotisch umgebaut. Vom Mittelschiff trennt ihn ein einfacher, spitzbogiger Triumphbogen, ein Kreuzgewölbe deckt den Chor, seinen Ostschluss ein Stichkappengewölbe. In den Ecken des Raumes steigen die Gewölberippen von Konsolen, an den Längswänden von kleinen gotischen Baldachinen auf die einst Statuen überdachten, und treffen sich im Gewölbescheitel in Schlusssteinen: eine Maske im Rechteckjoch, über dem Chorschluss das Wappen der Apafis mit der Majuskelumschrift "GENTILE SCUTUM APPAE" (Schild der Familie Apafi).

 

Nordwestansicht der spätgotischen Saalkirche und ihres Glockenturms - Neudorf.

Die Wallfahrtskirche von Malmkrog war der Jungfrau Maria geweiht - so beherrscht ihre Legende, zusammen mit dem christologischen Zyklus, die Chorfresken; eigentlich eine Wiederholung der Themen von der Mittelschiffsnordwand, doch in zwangloser Reihenfolge, die nicht der herkömmlichen logischen Anordnung des ikonographischen Programms Rechnung trägt, sondern dem ästhetischen Gleichgewicht der weit]äufigen Gesarntkomposition. Durch Hervorheben einzelner Themenkreise - etwa der Judaslegende - verfolgte der ausländische Maler wohl moralisierende Absichten. Die S-förmige Haltung der überschlanken Figuren, ihre gratiöse Gestik, verleihen dem Ensemble geschmeidige, rhythmische Bewegtheit, verfeinerte Anmut. Diesen Eindruck vertiefen die rüschenartigen Wolkerbänder, von denen die Gewölberippen seitlich eingefasst sind (die wir in gleicher Ausführung auch in der Turmkapelle der Honigberger Kirchenburg antreffen).

Komposition und Raumaufteilung der einzelnen Gruppen und der von Rahmen abgegrenzten Bilder zeugen vom ausserordentlichen Können und Geschmack des Malers. Grazil, überfeinert, wirkt auch das gotische Mobiliar - Baldachinstühle als Sitz der vier hl. Kirchenlehrer Hieronymus, Ambrosius, Gregor und Augustin und ihre Schreib- oder Lesepulte, die sich den Gewölbefeldern etwas gezwungen einfügen, diese nicht ganz ausfüllend. Daher sind die Attribute der Apostel daneben so angeordnet, dass ihre weitschwingende Gestik die Leerstellen überbrückt. Das Betrachten und Entziffern der einzelnen Szenen - deren Bedeutung wir hier im besonderen nicht nachgehen können - und der feinen Details erregt wahres Entzücken und lohnt die Mühe der Anfahrt. Dass dieses erste Wandgemälde Siebenbürgens im internationalen Stil der höfischen Gotik noch Ende des 14. Jh. entstand, beweist auch ein Sgraffito - eine Einkratzung - aus 1405 als Datum ante quem: mitten im blauen Grund des Chorschlusses ist in gotischer Kursivschrift eingeritzt: "anno millesimo quatringentesimo quinto dominus Nicolaus extitisset et fugitivus propter dampnum" (Im Jahre 1405 verschied Herr Nikolaus seiner Verurteilung wegen als Flüchtling).

 

Südwestansicht der Rauhtaler Kirchenburg.

Über diesem erlesenen Kunstgenuss, dem sich auch mehrere schöne Steinmetzarbeiten und der Flügelaltar vom Ende des 15. Jh. zugesellen, wollen wir aber den Wehrcharakter der Kirche nicht aus dem Auge verlieren. Ausser an der Nordostwand des Chorschlusses strebt ein zylindrisches Treppentürmchen hoch, das in einen Wehrgang geführt haben muss, der einst den Chor umgab und dem Brand von 1857 zum Opfer gefallen sein könnte. Anfang des 16. Jh. baute man den Glockenturm zum Bergfried aus: das spätgotische Portal der Westfront wurde zugemauert, ebenso die grossen Schallfenster der Glockenstube im vierten Geschoss zu schmalen Schiessschlitzen verengt, ein fünftes, dünnwandiges Geschoss mit vier Schiessluken aufgemauert und der Turm mit dem üblichen, auf Hängeböcken vorgekragten Wehrgang versehen.

Die auf einer Bergnase gelegene Wehrkirche umgibt ein einfacher Bering vom Anfang des 15. Jh., der mit mehreren Basteien verstärkt gewesen sein soll. Heute steht nur ein niedriger Torturm noch im Südosten über dem Eingang in den Burghof. Eine spitzbogig geschlossene grosse Toreinfahrt öffnet sich im NW der Ringmauer, von Strebepfeilern flankiert. Eine Besonderheit des Kultbaus stellt die Familiengruft der Apafis dar, im 17. Jh. unter der Sakristei angelegt. Hier war, bis zur Überführung, 1916, Fürst Michael Apafi samt Gattin und Sohn beigesetzt.

Neudorf/Noul Säsesc liegt nur wenige Kilometer westlich von Malmkrog und wurde als sekundäre Siedlung dieses Orts gegründet - wie auch der Name besagt - und ist unter anderen Besitzungen der Apafis l3O5 erstmals urkundlich erwähnt. Wegen einem Hattertstreit um das Tal "Lapus", ein uralter Steinbruch der umliegenden Kokelgemeinden, unternahmen im Jahre 1345 die Gräfen Petrus und Georg von Kirtsch, Petrus von Seiburg, mehrere Männer aus Keisd, Denndorf, Bodendorf und Halvelagen einen Überfall auf Neudorf und Rauhtal, beraubte die dort ansässigen magyarischen Adelsfamilien und zündeten Neudorf an, das bis auf fünf Höfe abbrannte, wobei auch die hölzerne Katharinenkapelle dem Feuer zum Opfer fiel.

 

Sonnenseite der Hauptgasse in Rauhtal.

Gegen diese Gewalttaten und Schadenstiftung erhoben die Apafis Klage beim Vizewoiwoden. Dieses Protokoll bestätigt also die Existenz einer Katharinenkapelle, die die den gleichen Standort hatte wie die heutige, hoch über der Gemeinde auf einer Bergnase gelegene spätgotische turmlose Saalkirche, die aber höchstens dem 15. Jh. Entstammt, also wohl noch einen Vorgängerbau gehabt bat.

Der Unterbau des langgestreckten Saales und dreiseitig geschlossenen Chors besteht aus Bruchstein, das Fundament ist metertief im Erdreich verankert. Als spätgotische Elemente haben sich die spitzbogigen Steineinfassungen des Nord- und Südportals erhalten, deren einfache Form mit abgeflachten Kanten genau den Kirchenportalen von Rauhtal und Denndorf gleicht. Ein gotischer Triumphbogen trennt den flachgedeckten Saal vom Chor, der mit einem quadratischen Kreuzgratgewölbe überführt ist und über seinem Ostschluss ein scharfgratiges Stichkappengewölbe trägt. 1810 schädigte ein Erdbeben das Kirchlein: eine Sakristei musste abgetragen, der obere Teil der Saalwände durch Ziegelmauerwerk erneuert werden. Dabei wurden über den langen schmalen Saalfenstern der Südwand drei Rundfenster angebracht, um dem dunklen Saal mehr Licht zu spenden. Das bescheidene Kirchlein des einstigen Leibeigenendorfes hat noch viele Reparaturen benötigt, 1827 musste seine Westwand neu aufgerichtet, Emporen und Gestühle erneuert werden. Nach 1960 hatte man den Hausschwamm zu bekämpfen, musste den Innenraum frisch verputzen, den Bodenbelag erneuern.

 

Ostansicht der Kirchenburg a. d. Kokel.

Zwei stumme Zeugen bürgen für das Alter des Kultbaus - ein Taufbecken in Form eines gotischen Kelches, mit Nodus und abgestuftem Ständer, das, ganz aus einem Eichenstamm gemeisselt, jenem der Durleser Kirche gleicht, und auch im 16. Jh. entstand. Die kleinste Kirchenglocke trägt die Jahreszahl 1508. Sie hängt in dem südwestlich vor der Kirche, am Rande des Berghangs stehenden dreigeschossigen Turms, der seinem Nachbarn in Rauhtal ganz ähnlich sieht. Der heute über eine Holztreppe erreichbare Einstieg in den alten Wehrturm liegt in seinem zweiten Geschoss; das Erdgeschoss, nur aus dem Innern erreichbar, öffnet gegen S und W je eine Schiessscharte, um beide Aufgänge zum Kirchenhügel kontrollieren zu können. Der Turm hat also zweifellos der Feindabwehr gedient und bot wohl den wenigen Verteidigern des kleinen Ortes genügend Raum. Das im Innern des Turms roh gefügte Steinmauerwerk ist - ähnlich den Fachwerkbauten - um ein Eichenholzgerüst gebaut; das dritte Geschoss ist als Glockenstube 1828 aus Ziegel frisch aufgemauert worden. Die Höhenlage des unbefestigten Kirchleins machte einen Bering vielleicht überflüssig, jedenfalls ist keine Spur davon vorhanden.

1658 brandschatzten die gegen den abgesetzten Fürsten Georg Rákoczy anrückenden tatarischen Truppen auch Neudorf. Der Turm mag damals standgehalten haben, seine mittlere Glocke trägt nämlich die Majuskelinschrift "CAMPANA RENOVATIO ECCLESIA NOVILLANA ANNO 1648 M. PAULUS NEIDEL CORONENSIS".

Wie Neudorf ist auch das unweit nördlich davon gelegene Dörfchen Rauhtal/Roandola von Malmkrog aus gegründet worden, und zwar zwischen 1305 und 1322, da es ja einem Teilungsvertrag aus 1305 noch nicht unter den Besitzungen der Familie Apafi aufgezählt ist, 1322 aber unter diesen figuriert, als Magister Gyagus und Comes Johannes sich beim Landtag beklagen, dass der Graf von Kokelburg ihre Besitzungen Malmkrog, Kreisch, Peschendorf, Neudorf, Felsendorf und Rauhtal unter seine Gerichtsbarkeit bringen wolle.

 

Zwischen bewaldeten Berghängen eingebettet, folgt die Hauptgasse des kleinen Rauhtal dem Wasserlauf des Tales und bietet mit ihren buntgetünchten Häuserzeilen einen reizenden Anblick. Die zweifenstrigen Gassenfronten der Häuserzeilen mit dem charakteristischen Stutzgiebel des 18. Jh. über den Dachluken steht im rhythmischen Wechsel zu den hochgespannten Torbögen, neben denen noch das kleine Gassentürchen die Hofmauer durchbricht. Die Einheitlichkeit dieser Giebelfronten und Hoftore - stets sich wiederholende Glieder einer Kette - steht sinnbildhaft für die architektonische Einheit, die unsere sächsischen Siedlungen bildeten. Der an das Wohnhaus anschliessende Wirtschaftshof liegt noch ebenerdig, während der Hausgarten dahinter die Berglehne bis zum Waldessaum hinaufsteigt. Die zahlreich darin hausenden Wildschweine besuchen als ungebetene Gäste oft die sorgsam gepflegten Gärten.

 

Die Kirchenburg in Scharosch a. d. Kokel von Nordwesten.

Mit freundlich weiss gekalkten Mauern und neuen roten Ziegeldächern erhebt sich das Saalkirchlein auf einer Terrasse am Südhang des Tales. Wie das von Neudorf, muss es auch in Rauhtal einen Vorgängerbau gehabt haben, denn erst zu Beginn des 16 Jh. ist die Saalkirche aus dem in der ganzen Gegend verwendeten Sandstein des Steinbruchs "Lapus" errichtet worden. Der schmale Rauhtaler Chor gleicht jenem der gleichzeitig entstandenen spätgotischen Saalkirche des nahegelegenen Dunnesdorf: das gleiche tiefausgebuchtete Kreuzgratgewölbejoch über dem Chorquadrat, die gleichen fünf scharfgratigen Stichkappen über dem Ostschluss, die gleichen schmalen, langen Spitzbogenfenster und an den Aussenecken des Chorschlusses zweimal abgetreppte Strebepfeiler.

In Rauhtal ist das Chorgewölbe später durch zwei runde Gurtbögen abgestutzt worden, deren westlicher den Triumphbogen ersetzt, der östliche grenzt das Chorquadrat vom Ostschluss ab. Dieser zweite Bogen schneidet eine in der Südchorwand eingetiefte, rundbogig geschlossene Altarkredenz, so dass nur ihre Westhälfte noch sichtbar ist. In der Nordchorwand öffnet sich ein spitzbogiger Steintürstock in eine nachträglich angebaute Sakristei, die eine flache Balkendecke trägt. In einer tiefen Nische ihrer Ostwand, die mit einer Steinplatte ausgelegt ist, richtet sich eine Schiessscharte auf die Strasse aus. In- und ausserhalb des Chors ist das Erdreich so hoch aufgeschüttet, dass die Altarkredenz heute fast ebenerdig liegt. Der Kirchensaal besteht im Unterbau aus Steinmauerwerk, nur der obere Wandteil ist in Ziegel erneuert worden, wobei man die zwei grossen stillosen Fenster aussparte. Das Südportal hat seinen spitzbogigen spätgotischen Steintürstock mit abgeflachten Kanten behalten, ihm entsprach ein gleicher im heute zugemauerten Nordportal. In der Nordwand des flachgedeckten Saales öffnet sich eine Schiessscharte der Strasse zu.

Auffallend ist die 1,5 m dicke Westwand des Saales - hier muss ein Glockenturm gestanden haben, der zugleich mit der Kirche gebaut wurde, wie stellenweise vorhandene Steine beweisen, die beim Abbruch des Turms stehenbleiben mussten, da sein Mauerwerk in das der Kirchenwand übergriff. Heute dient als Glockenträger ein ehemaliger Wehr- und Torturm im O der Kirche, an den einst ein Bering anschloss, dessen Trasse nicht mehr feststellbar ist. Sowohl die bescheidenen Ausmasse des Kultbaus als auch das Fehlen wehrhafter Ringmauern und Türme erklären sich aus der sozialen und wirtschaftlichen Lage des einstigen Hörigendorfes; nach Aufhebung der Leibeigenschaft, 1848, war ihre Errichtung nicht mehr notwendig.

 

Gedeckter Aufgang und Torturm der Kirchenburg in Scharosch.

Über Waldhütten/Valchid, das wir in "Komm mit ,76" vorstellten, erreichen wir nordwärts wieder die Asphaltstrasse 14 B und sehen uns auf dem Weg nach Mediasch noch die stattliche Kirchenburg in Scharosch/Saros an der Kokel an. Im 15. Jh. nahezu ganz aus Ziegel errichtet, passt sich der einfache Ringmauergürtel in unregelmässigem Oval der flachen Bergnase an, auf der die Kirche im Mittelpunkt der Burg steht. Die Angriffsseiten des im NO sanft abfallenden Hanges werden von drei Basteien und zwei Türmen geschützt. Die tonnengewölbten Keller der drei Basteien von rechteckigem Grundriss sind so an den Hang gebaut, dass man ihr zweites Geschoss ebenerdig vom Burghof her betritt. Die vor dem Bering vorspringenden Mauerfluchten der Basteien sind von Gusslöchern mit abwärts gesenkter Sohle durchbrochen, darüber öffnen sich kleine, hochrechteckige Schiessscharten für Feuerwaffen. Die schmalen Giebelfronten der Basteien sind durch steile Satteldächer verbunden, während der Nordturm ein spitzes Pyramidendach trägt, der Torturm im S ein schräg zum Burghof abfallendes Pultdach. Über der Toreinfahrt ragen drei Pechnasen aus der Mauer, hübsch mit Staffelgiebeln geziert und dekorativ getarnt, um ungebetene Gäste mit Güssen siedender Flüssigkeit, Pech, Wasser oder Fett, unversehens zu begrüssen. Als ebenso aparte Tarnung der todbringenden Öffnungen umzieht ein Steinwulst das Obergeschoss des Nordturms und wölbt sich geschmeidig über die Gusslöcher. Zusätzlich trägt dieser einst beheizbare Wohnturm unter seiner breiten Traufe ein schwarz aufgemaltes Linienmuster von Schlingen und Zacken mit roten und weissen Tupfen verziert, das sehr an die Bemalung des Marktschelkener Wehrchors (1563) erinnert. Die 8-10 m hohe Ringmauer bewahrt noch unter ihrer Mauerkrone Gusslöcher und Schiessscharten, die von einem gedeckten Wehrgang aus bedient wurden. Heute sind nurmehr die Einsatzlöcher seiner Balkenträger vorhanden und deuten den Verlauf des Wehrgangs an.

Im Zentrum der Südfront ist die halbrunde Apsis und Südwand der Ruine einer kleinen romanischen Kapelle dem Bering eingegliedert, wie wir das schon in anderen Kokelgemeinden (Meschen, Kiertsch und Schaal) antrafen, wo die einstigen Kapellen Vorgänger der heutigen grossen Kirchen waren. So wird man sich auch in Scharosch anfangs mit der einräumigen romanischen Kapelle begnügt haben, ehe die Gemeinde genügend erstarkte, um in der ersten Hälfte des 14. Jh. eine dreischiffige turmlose gotische Basilika zu errichten. Es fällt uns auf, dass auch heute noch der Auffahrtsweg zum Burgtor, am Ostrand des Berghangs, genau auf die kleine Kapelle zuführt - die gotische Basilika liegt 15 m nördlich der Kapelle, ihr West- und Hauptportal hätte einen andern Aufgang erfordert.

Dass die gotische Basilika in ihrer zweiten Bauphase 1422 vollendet war, erhellt aus einer Wandinschrift der Sakristei: "Dedicatie huius ecclesiae peragitur Domenica post 11 000 Virginium anno Domini 1422 (Die Weihe dieser Kirche wurde vollzogen nach dem Sonntag der 11000 Jungfrauen). Aus der ersten Bauphase hat sich der langgestreckte Chor mit kunstvollen Masswerkfenstern erhalten, von zwei rechteckigen Kreuzgewölbejochen und einem Stichkappengewölbe über dem Chorschluss entdeckt. Die steinernen Gewölberippen mit Birnstabprofilen steigen von Halbsäulen auf; die schlanken Dienste sind zur Unterbrechung ihrer grossen Höhe in der Mitte durch Kegelkonsolen mit gewelltem Mantel unterbrochen, ähnlich wie im Durleser Chor. Die Schlusssteine über dem Chor sind in Form von Lutherrosen gemeisselt, aus deren Mitte merkwürdige Gesichter herabschauen; über dem Chorschluss verschlingt sich Blattwerk zu einer Maske und kündigt in diesem Schlussstein schon die in Siebenbürgen erst mit dem 16. Jh. einsetzende Renaissance an. Ein Renaissancetürstock mit dem typischen, am unteren Ende einwärts abgewinkelten Stabprofil, führt durch die Nordchorwand zur Sakristei.

 

Bewohnbarer Mauerturm der Scharoscher Kirchenburg.

Dem schrecklichen Türkeneinfall von 1438, dessen Wucht und planvolle Zerstörungswut dem Mongolenstrurm von 1241 gleichkam und alle südsiebenbürgischen Dörfer bis zur kleinen Kokel in Schutt und Asche legte, fiel auch die Basilika von Scharosch zum Opfer und konnte von der geschwächten Gemeinde nie mehr im alten Umfang aufgebaut werden. Die zerstörten Seitenschiffe wurden zu zwei Dritteln, bis zu dem Ostteil, abgetragen, ihre zum Mittelschiff geöffneten Spitzbogenarkaden zugemauert, so dass der Kirchengrundriss nun die Form eines lateinischen Kreuzes erhielt. Eine Urkunde aus 1502 berichtet, dass Pleban Petrus von Scharosch in Rom vom Papst Reliquien für die Kirche seiner Heimatgemeinde erbat; damals mag die dritte Bauphase der Kirche abgeschlossen gewesen sein. Von der Anastasius-Kirche "Zur Himmelsstiege" - "ad scalam coeli" - erhielt Scharosch Reliquien der 10 000 Märtyrer für seine dem hl. Nicolaus von Bari und St. Helena geweihte Kirche.

Im Zuge der hier mit dem 16. Jh. einsetzenden Wehrbarmachung baute man einen Glockenturm ans Westende der Kirche und verlegte ihr Hauptportal in die Südfront. Vom alten Westportal blieb nur ein oberes Drittel übrig, als östlicher Einstieg in den Turm aus dem Kircheninneren her. (Der Eingang ins Turmerdgeschoss wurde an dessen Südfront erst 1770 geschaffen.) Die hohen Turmmauern erfahren eine Verjüngung in drei Abstufungen, die Obergeschosse sind durch Balkenplattformen getrennt und mit Schiessscharten versehen. Ursprünglich trug der "Bergfried" einen holzverschalten Wehrgang, der im 18. Jh. Abgetragen und durch einen spitzen Pyramidenhelm ersetzt wurde. Dabei erhielt der Turm noch ein Obergeschoss zur Aufnahme des Uhrwerks. Die an der Südchorwand unter der Traufe in den Bewurf geritzte Zahl 1649 weist auf Reparaturen hin, die in diesem Jahr ausgeführt wurden. Solche erfolgten auch 1770 / 1772, als man auch die Orgelempore im Westteil des Mittelschiffs einbaute. Das Datum 1810 an der Ostchorwand bezieht sich auf die Erhöhung des Schiffs und die Ausführung seiner Stuckdecke sowie neuer einfacher Spitzbogenfenster. Zur Erweiterung des Innenraums baute man damals westlich an den Südflügel anschliessend einen zweigeschossigen Raum an, der über dem Südportal eine Vorhalle mit Kreuzgewölbe bildet. Die vielen Umbauten haben Wohl die Massverhältnisse der Scharoscher Kirche gestört, doch ist es interessant, den Ursachen baulicher Veränderungen nachzugehen und sie aus dem geschichtlichen Zusammenhang zu verstehen.

Anhand dieser Ausführungen konnten wir miterleben, wie siebenbürgisch-sächsische Kirchen, durch die Zerstörungen der Türken- und Tatareneinfälle bedingt, Gestalt und Aussehen veränderten und zur Verteidigung der Dorfgemeinschaften mit Wehranlagen versehen wurden.

  Impressionen aus Sighisoara / Schäßburg (Fotos: 565 KB)

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