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An solchen Morgen soll man zum Osleagipfel steigen

 


Von Dr. K. H. Ewert (Guben - DDR)

In das Herz des Retezat-Gebirges, bis zum Bucura-See, waren wir bereits aus verschiedenen Richtungen vorgedrungen. Ausgangspunkte waren die Petrile-Hütte, die Gura-Zlata-Hütte, die unter dem schweren Aufstieg zur Cioaca Radesului liegt, und die Buta-Hütte. 

Und nun stehen wir in Câmpusel II auf der Zeltwiese (1180 m) an einem Quellflüsschen des Westschils (Jiu de Vest) im Regen. Es ist ein Julinachmittag. Wir wollen noch einmal von dieser südlichen Peripherie des Hochgebirgs-Nationalparkes aus mit Sack und Pack in die Berge. Aber die Natur wird ringsherum  warm gewaschen und der Kalksplitt auf dem Forstweg in fliessendem Wasser gespült. Das bedeutet: Ruhetag. 

Ein herrlicher Morgen begrüsst uns. Die Täler dampfen, und an den glühenden Höhen lösen sich "vergessene" Regenwolken auf. "An solchen Morgen, an denen die tiefblaue Himmelsfarbe im Zenit Weitsicht verspricht, soll man zum Oslea steigen", heisst es unter Kennern. Also vertagen wir die Tour in den Retezat und schliessen uns mit leichtem Gepäck Bergfreunden aus Craiova an. 

Folgt man der Forststrasse, an der die Zeltwiese liegt, aufwärts, gelangt man nach der letzten Brücke über den Schil auf leichtem Weg in üppigen hochstämmigen Wald. Dann geht es hinauf auf die nach Südwesten auslaufenden grünen Matten der Oslea-Kette. Mit jedem Schritt wächst die gegenüberliegende Talwand über die prächtigen Buchenkronen empor. Der Iorgovan ist der markanteste Buckel aus hartem, hellem Kalkstein, der aus der Kammlinie herausragt. 

Vor uns, auf dieser Seite des Tales, auf der steiler werdenden Alm, die sich bis zum Grat der Oslea-Kette aufschwingt, tummelt sich eine Pferdeherde. Der Boden klingt hohl, als 60 Pferde wie auf Anruf in einen ausgelassenen Galopp fallen. Wir verhalten unseren Schritt, als sie uns ungestüm entgegenstreben. Ihre Neugier erlischt schnell, als sie uns umkreisen. 

In weiter Ferne eine zweite Herde. Hoch oben zieht ein Schäfer mit seiner zu Hunderten zählenden Schafherde auf fest getrampelten Pfaden über den Hang. In südlicher Richtung verläuft das Cerna-Tal. Seitentäler, Schluchten und Bergrücken reihen sich, die Ferne hervorstrebend, gestaffelt hintereinander. Aus den Tälern quillt Wasserdampf, vermischt sich mit dem Himmelsblau, legt sich über das Grün der Bergwälder. Zum Greifen nahe blinkt die Wasserfläche des Stausees bei Cerna Sat herauf. Doch welchen Weg nimmt der Wildbach, ehe er sich in den See ergiesst! 

Idyllischer Lagerplatz

Von hier aus erkennt man, wie willkürlich, aber interessant die Natur gepuzzelt hat, als sie die Reihe der Ciciava-Bergkessel I, II, ... zwischen die Talwände, dem Bach in den Weg setzte. An dem frischen Steinbruch, der das Material für die Staumauer lieferte,  hatten wir vor wenigen Tagen gestanden, nun leuchten die hellen Brüche durch das Fernglas zu uns herauf. Am Ende des Tales, irgendwo in der blauen Ferne, liegt Herkulesbad unter warmen Sonnenstrahlen. 

Und dann, am westlichen Rand der Oslea-Kette stehend, traut man seinen Augen zunächst nicht, aber es bleibt Realität: Im Süden blinken matt Donaubögen in der Tiefebene aus dem mittäglichen Flimmern  von Orschowa und dem Eisernen Tor herüber. Ganz nahe jedoch, hangabwärts, schlängelt sich der Weg über Berg und Tal, auf dem die Hirten ihre Produkte wöchentlich nach Tismana transportieren. Im Klosterdorf, wir hatten es vor einigen Tagen besucht, wird gebaut und renoviert. Titanweisse Wände umfrieden Hof und Kirche. 

Nach kurzem Anstieg gelangen wir auf die Kammlinie und zum Gipfel. Jeder kramt in seinem Rucksack: Paprika, Tomaten, ein paar Nüsse, Brot und Konserven ... Die atemlose Stille ganz nah unter dem Schönwetterhimmel wird von unserem Drei-Sprachen-Kauderwelsch und vom "Lied der Berge" unterbrochen. Der Wind streicht zeitweise die Alm herauf, verstärkt sich in der Höhe und bringt die kurze alpine Flora am Grat zwischen Luv und Lee zum Schwingen. Wir fühlen uns um zweitausend Meter aus dem Alltäglichen herausgehoben. In der Luft, mit sausendem Geräusch aus dem Sturzflug sich immer wieder kurz über uns abfangend, treiben gabelschwänzige Mauersegler ihr Spiel. 

Von unserer Gipfelhöhe aus blickt man über die Schil-Talwand wie über eine Mauer aus Kalksteinfelsen.  Welch ein Panorama! In der uns gegenüberliegenden Bergwelt reihen sich die Repräsentanten des Retezat wie Zinnen und Dächer, Türmchen und Mauerwerk einer gewaltigen Granitburg aneinander. Die Karte, der Kompass und das Fernglas erhöhen die Freude an diesem Rundblick. Uns zu Füssen erkennt man auf der Talsohle die muschelförmig aufragende Wand, die Cimpusel das Gepräge gibt; spielzeuggleich, selbst durch das starke Fernglas gesehen, liegt eine Stîna am Hang im kurzen Scorota-Tal. 

Nun geht es quer über die terrassenförmigen Trampelpfade der Schafe zur Stîna din Stirbu, unserem nächsten Wanderziel. Hinter unserem Rücken türmt sich die Oslea-Kette. Kurz vor der Hütte bemerken uns die Hunde; sie gehen mit wütendem Gekläff in Stellung. Nicht nur bei ihnen sträubt sich das Nackenfell. Bei jeder Senne läuft eine ähnliche Begegnung zwischen Hund und Wanderer ab. Ein entgegenkommender Hirt klärt die Lage. Unsere Bergfreunde aus Craiova waren schon vom Vorjahr hier bekannt. Nach kurzer Rast werden wir zu einem kleinen Imbiss eingeladen. Noch nie haben Mamaliga, Schafkäse und saure Schafmilch so vorzüglich gemundet. 

Inzwischen ist die Sonne auf die Höhenzüge gesunken. Schwere Wolken in den Farben des Abends lugen über dem Kamm. Die gemolkenen Schafe lagern vor der Hütte, die Hunde schlafen; sie haben ihre verdiente Pause. Während wir uns zum Abstieg rüsten, werden Dank und gute Wünsche ausgetauscht. Der Hirt begleitet uns noch ein Stückchen Weges. Als wir vom absteigenden Weg noch einmal hinaufwinken, sehen wir ihn, den zottigen Pelz, die hohe Mütze, auf den Stab gestützt, wie eine Statue im abendlichen Gegenlicht. Er hatte in diesem Jahr noch keine Gäste in seiner Stîna bewirtet. 

Als wir am Abend wieder zurück auf die Zeltwiese gelangen, sitzen schon einige Urlauber am Lagerfeuer, das schemenhaft die Nacht erhellt. Wir gesellen uns zu ihnen, um über die Tageserlebnisse zu berichten. 


Dieser Artikel wurde mit ausdrücklicher Genehmigung durch die "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" (ADZ - Nachfolgezeitung und Rechtsnachfolger des "Neuen Weg") der Karpatenwilli-Homepage zur Verfügung gestellt!

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