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Durchs Harbachtal auf den Spuren der Romanik

Autorin: Juliana Fabritius-Dancu


Der Harbach, kaum mehr als ein Rinnsal mit hohen, weidenüberhangenen Ufern, in deren Schatten die Frösche ein beschauliches Dasein führen; die Landstraße, nun bald vollständig asphaltiert, die Schmalspurbahn mit ihrem von Wegwarte überwucherten Puppengeleise; die Hügel sind nicht hoch, die Wälder nicht ausgedehnt - sanftes, lichtgrünes Weideland hat sie auf die Kuppen zurückgedrängt. Weder Wein noch Weizen gedeihen hier auf dem mageren Lehm- oder Torfboden - nur Hafer und Hanf -, nannte man doch ehedem das Harbachtal "Haferland". Im Überfluß gibts nur das Grün - die samtenen Matten der Berghalden mit kurzabgeweidetem Gras, die Felder und Wiesen der Flußaue, die dunklen Eichen- und die dunkleren Föhrenwälder.

Am schönsten ist die Fahrt durchs Harbachtal im leuchtenden Maigrün, wenn die Flur wahrhaftig lacht und aus den uferlos sich fortsetzenden grünen Wellen nur ab und zu am Straßenrand ein Birnbaum sein triumphierendes Blütenweiß emporhebt, das selbst die kleinen blauen Häuser hinter dem Holzzaun überglänzt. So bescheiden, sanft und anspruchslos, blieb diese Landschaft vom Ehrgeiz menschlicher Betriebsamkeit verschont - anachronistische Ruhe und Stille liegen über dem Tal, wo das Grün noch allenthalben vorherrscht.

Die vier Orte des unteren Harbachtals, die wir heuer kennenlernen wollen - Holzmengen / Hosman, Marpod, Leschkirch / Nocrich und Alzen / Altina - gehören als freie Königsbodengemeinden zur Verwaltungseinheit des "Leschkircher Stuhls", um dessen Vorortschaft Alzen und Leschkirch über 200 Jahre stritten. Kaum hatte sich eine der Gemeinden von Türkeneinfällen, Seuchen, Brand, Hagel und Mißernten dank der sprichwörtlichen Tüchtigkeit ihrer Bewohner erholt, als sie auch schon bestrebt war, ihre wirtschaftliche Überlegenheit auch durch den Sitz des Stuhlrichteramtes geltend zu machen. Die mächtige Gräfenfamilie Gerendi von Alzen spielte dabei eine entscheidende Rolle. Die weiter östlich gelegenen Orte, die unsere Reise berühren soll, Agnetheln / Agnita, Werd / Vird, Zied / Veseud und Kirchberg / Chirpär, gehörten zum "Schenker Stuhl", dessen Vorort Großschenk / Cincul Mare - wie auch Agnetheln ein Marktflekken mit alter Handwerkstradition und gut organisiertem Zunftwesen - im 15. Jh. oftmals Klage beim König führte, weil dieser auch Agnetheln das Recht, Jahrmärkte abzuhalten, zugebilligt hatte - eine Konkurrenz, die auf so engem Raum spürbar ins Gewicht fiel.

Im Süden der von Sibiu / Hermannstadt nach Leschkirch führenden Landstraße liegt das 1318 als Holzmenia erstmalig urkundlich erwähnte Dorf Holzmengen / Hosman; die Schreibweise von 1494: Holczmang weist auf die toponimische Bezeichnung Holz-Wang hin - das bedeutet Wald und Wiese -, an die bewaldeten Hügel und Halden gemahnend, zwischen denen der Ort eingebettet ist. Auf einer Bergnase steht die Kirchenburg, die sich mit doppeltem Mauerring zu Beginn des 16. Jh. um eine romanische Basilika schloß, deren aufschlußreiche Stilelemente den Bau um 1275 datieren. Ihr Anlageplan - dreischiffiges Langhaus, quadratischer Chor mit halbrunder Apsis, über dem Westende des Mittelschiffes ein fünfgeschossiger Glockenturm, dessen mit Kreuzgewölbe überführtes Erdgeschoß sich in drei großen Rundbogenarkaden gegen die drei Schiffe öffnet - gleicht den Grundrissen der sächsischen Dorfbasiliken des 13. Jh. aus der Umgebung von Sibiu. Ob die 1794 abgetragenen Seitenschiffe die typischen Apsidiolen am Ostende, das Charakteristikum dieser frühen Basiliken, besaßen, läßt sich nicht mehr feststellen.

 

Die Kirchenburg von

Holzmengen / Hosman

Der vom ursprünglichen Bau herrührende, durch seine architektonische Plastik interessanteste Teil sind die drei Untergeschosse des Glockenturms, mit dem in seiner Westfront gelegenen spätromanischen Hauptportal, dessen Figurenschmuck den ganzen Bau datiert und ihn den Basiliken von Freck / Avrig, Sakadat / Säcädate und Tarteln / Toarcla zuordnet, deren ähnlich ornamental gestaltetes Westportal sie zu einer Gruppe zusammenschließt, die in der siebenbürgischen Plastik einen Sonderfall darstellt und in Abhängigkeit von der Bauhütte des Doms von Alba Iulia / Karlsburg, dem bedeutendsten spätromanischen Sakralbau Siebenbürgens, steht. Seine Bauhütte hat Werkleute des süddeutschen Raums angezogen - stilistischen Analogien beweisen, daß einige auch aus Wien von der Bauhütte des Stephansdoms kamen -, weniger geschickte, zu gröberen Arbeiten verwendete Gesellen vielleicht, die hier einen besseren Verdienst erhofften; da sie den Ansprüchen der Dombauhütte aber wohl doch nicht entsprachen, an bescheideneren Dorfkirchen der eben genannten Orte Beschäftigung fanden. Der Einfluß des Riesenportals vom Stephansdom offenbart sich in Thematik und Komposition des Portals von Holzmengen, das - mit viermal abgetrepptem Gewände und drei Rundsäulenpaaren - die am reichsten gegliederte Leibung der Gruppe aufweist. Auf den Säulenkapitellen stehen sich geflüglte Chimären gegenüber, ein Motiv, das vom Hauptportal des Stephansdoms übernommen zu sein scheint.

 

Archivolte und Säulenbasis des

Portals von Holzmengen / Hosman

Der Figurenschmuck der Archivolten verbindet streng romanische Linienführung der Gewandfalten und die Behandlung der Gesichter mit der Aufnahme naturalistischer Einzelheiten. Blaue und rote Farbspuren zeugen von einstiger polychromer Fassung. Das ikonographische Thema veranschaulicht die der Seele drohenden Gefahren und ihre Erlösung durch gute Werke. Als interessantes Detail treten hier an den Sockelecken statt des üblichen Eckblatts flach gemeißelte Katzenköpfe auf. Die Einstiege zu den in der Mauerdicke hochführenden Treppenstollen liegen im Norden und Süden, vormals aus den Seitenschiffen zugänglich. Die Ostecken umkrümmend, münden sie in der überwölbten Turmempore des zweiten Geschosses, das sich in einer breiten Rundbogenarkade zum Mittelschiff öffnet. Von Mühlbach bis Draas ist diese Empore im zweiten Turmgeschoß ein gemeinsames Merkmal der romanischen Glockentürme der zweiten Hälfte des 13. Jh.. Den Raum erhellt ein Rundfenster in der Westwand, dem eine Steinplatte mit Vierpaßdurchbruch eingesetzt ist. Dieses Ornament weist auf einen Beitrag der Zisterzienserbauhütte hin, deren Stilelemente sich von der Mitte des 13. Jh. ab von der in Kerz am Alt errichteten Zisterzienserabtei über Siebenbürgen verbreiteten. Durch die Westwand führt ein weiterer Treppenstollen zum dritten Geschoß hinauf. Die durch Balkenplattformen getrennten Obergeschosse besitzen hohe, schmale Rundbogenfenster mit schmalen Schließschlitzen. Unter der hohen Pyramide des Turmhelms umgibt ein holzverschalter, auf Hängebögen ruhender Wehrgang, der auch den Glockenstuhl beherbergt, den Turm.

 

Burgtor des äusseren Mauerrings

von Holzmengen / Hosman

Von der Basilika haben sich außer dem Glockenturm noch die Längswände des Mittelschiffs erhalten, deren von Pfeilern getragenen Arkadenbogen beim Abtragen der Seitenschiffe mit Ziegelfüllung verschlossen wurden. Chor und Apsis sind von den Grundmauern auf neu errichtet, heute deckt statt der alten Flachdecke ein Barockgewölbe Saal und Chor.

Der innere Ringmauergürtel bildet ein perfektes Oval, während der äußere ihn als unregelmäßiges Viereck umgibt. Im Nordwesten verbindet der dreigeschossige Tortum die beiden Mauerringe, seine Einfahrt kann durch eines der wenigen guterhaltenen Fallgatter aus eisenbeschlagenen Eichenstangen versperrt werden. Zwei vorspringende Wehrtürme verstärken im Süden und Osten den inneren Bering, einen Teil der Westfront nimmt ein wehrhaftes Fruchthaus ein. Ein Absatz in halber Höhe der 7 - 8 m hohen inneren Ringmauer sowie die Einsatzlöcher der Tragebalken deuten den Verlauf eines Wehrgangs an, von dem aus die Schießscharten bedient wurden. Solche öffnen sich aber auch im unteren Teil der Mauer. Die beiden Türme des äußeren Mauergürtels, im Osten und Westen der Südfront, sind nur noch teilweise erhalten. Trotz seiner abseitigen Lage war Holzmengen eine oft heimgesuchte Gemeinde. 1449 von Vlad Tepes niedergebrannt, verödete der Ort.

 

Der innere Bering von

Holzmengen / Hosman im Osten

Um 1500 wird er unter den Gemeinden des Leschkircher Stuhls mit 15 Wirten angeführt, einem Hirten und - trotz der geringen Einwohnerzahl - einem Schulmeister! - Eine Sage berichtet, wie Holzmengen während der Kuruzzenkriege, 1703 - 1711, fast alle seine Dorfinsassen verlor und von 400 Hauswirten nur 15 übrigblieben. Die Flurnamen gewisser Hattertteile, "an der Mürde" oder "am Mürderack", erinnern an ein hier stattgefundenes grausames Gemetzel. Während die von Kuruzzen belagerte Burg von den darin verschanzten Bauern verteidigt wurde, warf die Bughüterstochter die Bienenkörbe aus dem Garten auf die Angreifer. Von den Bienen verfolgt, wendeten sich diese dem Wald zu und stöberten dort die versteckten Frauen, Kinder und Greise auf, an denen sie alsbald blutige Rache nahmen. Das Wehgeschrei der Frauen brachte den Männern Kunde vom Überfall, sie stürzten hinaus, um ihre Angehörigen zu retten, hätten die Kuruzzen auch besiegt, wäre nicht von Hochfeld her ein neuer Trupp zu ihnen gestoßen, der die erschöpften und verwundeten Bauern bis auf den letzten Mann niedermetzelte. Aus 15 Wirten setzte sich danach eine neue Gemeinde zusammen.

 

Wehrkirche von Holzmengen / Hosman,

im Südosten

Ein östlich von der Landesstraße abzweigender Fahrweg führt durch blumigen Wiesengrund zur Nachbargemeinde Marpod, die, 1349 erstmalig urkundlich erwähnt, um 1500 auch nur 13 Wirte zählte, zwei Hirten und einen Schulmeister. Während des Mongolensturmes und der Türkeneinfälle sank auch hier die Bevölkerungszahl so beträchtlich herab, daß es nicht verwunderlich ist, wenn in einem Flurprozeß um einen Teil des Harbachs die Marienkirche von Marpod erst 1402 erwähnt wird. Von dieser alten Kirche ist nur ein spätromanisches Blattkapitell erhalten, das im ersten Südpfeiler des heutigen Chores eingemauert ist. - Es scheint von Anbeginn eine Saalkirche gewesen zu sein, da die im letzten Viertel des 17. Jh. auf den alten Fundamenten neu erbaute Saalkirche um 6 m nach Westen zu verlängert wurde und in ihren Längswänden noch die beiden alten westlichen Eckpfeiler schräg aus der Kirchenmauer herausragen. Der Chor wurde erst 1785 frisch gebaut, 10 Jahre später der Glockenturm. Hingegen stammt die Kirchenburg - in Form eines unregelmäßigen Vierecks - noch aus dem 15. oder von Beginn des 16. Jh., da Marpod 1494, 1504, 1507 und 1509 aus der Kassa der Hermannstädter Provinz nicht unbedeutende Zuschüsse für Bauarbeiten erhielt, die sich nur auf die Ringmauer und vier an ihren ecken stehende türme bezogen haben können.

 

Kirchenburg von Marpod,

von Osten

1528 erhält die Burg zwei Bombarden aus der Hermannstädter Rüstkammer - es ist die Zeit der Bürgerkriege zwischen Ferdinand von Habsburg und Zapolya, dem Woiwoden Siebenbürgens. 1658 verbrannten die Tartaren die Kirche, zu deren Wiederherstellung 1669 dem Dorf eine Almosenkollekte gestattet wird. Trotz der ärmlichen Verhältnisse war auch dieser kleine Ort gezwungen, sich eine schützende Ringmauer zu errichten, von der heute nur noch der Südostsektor in stark verminderter Höhe erhalten ist und die vorspringenden viergeschossigen Wehrtürme am Nord- und Südeck, deren von Balkenplattformen getrennte Geschosse mit Schießscharten versehen sind. Das "alte Rathaus" - heute zur Burghüterwohnung umgebaut, gliedert sich dem Südabschnitt der Ringmauer ein, die vormals am Süd- und Nordwesteck befindlichen Türme sind abgetragen. Einige Daten der Ortschronik berichten von Schicksalsschlägen, die Marpod in der ersten Hälfte des 19. Jh. trafen. Im September 1828 wurden Marpod, Illenbach, Hochfeld und Holzmengen von einem Heuschreckenschwarm befallen, den man mit Glockengeläut, brennenden Strohwischen und Rauch, mit Schellen und Geschrei zu vertreiben suchte. Die Insekten sollen nur die Maisblätter vertilgt haben - im Leschkircher Stuhl wurden 4000 Kübel Heuschrecken aufgesammelt.

 

Romanisches Kapitel am Südostpfeiler

der Saalkirche von Marpod

Auch 1845 war ein Unheilsjahr: am 30. Mai brannten sämtliche strohgedeckten Bauernhöfe ab, nur die mit Ziegeln bedachten blieben verschont. Einen Monat später kam ein so gewaltiger Hagelschlag, daß die Dachziegeln der meisten häuser und öffentlichen Gebäude zerschmettert, das Kornfeld vernichtet wurden - diesmal blieb nur das Maisfeld verschont!

Der rumänische Ortsname NOCRICH ist von Neu-Kirch abgeleitet und besagt, daß hier eine sächsische Kirche an Stelle einer älteren gebaut wurde, während die deutsche Bezeichnug LESCHKIRCH vom Löß- und Sumpfboden herrührt, auf dem ein Teil der Gemeinde steht. Dieser hat denn auch die Bauart einiger häuser an der Marktzeile bedingt - die sogenannten "Herrenhöfe" an seiner Südseite sind außerordentlich breit und flach gebaut, damit die größere Baufläche das Einsinken der Häuser verhindere. Südöstlich vom Markt steht hier heute noch das Geburtshaus Samuel Breckners, der 1721 hier zur Welt kam, des von Maria Theresia geadelten Barons von Brukenthal, ihres intimen Ratgebers, der zwischen 1777 und 1787 Gouverneur von Transsylvanien war. Es ist ein Bau mit zweigeteiltem Barockdach, wie es sämtliche von Baron von Brukenthal ausgeführeten Bauten tragen.

 

Die "Herrenhöfe" am Marktplatz

von Leschkirch / Nocrich

Der alte sächsische Sakralbau des Ortes, dessen Aussehen von keinem Dokument festgehalten ist, wurde 1799 abgetragen und 1806 von der Familie Brukenthal durch einen Neubau in schönem Empirestil ersetzt, der gleichfalls im Hof der alten Kirchenburg errichtet wurde. Diese besaß noch im 19. Jh. sieben Türme, drei davon entstammten dem 15. Jh. und schützten die Nord- und Ostseite der Burg. Der dem Brukenthalhaus gegenüberstehende Südturm überhöhte die Toreinfahrt in den Burghof. 1900 trug man diese drei ältesten Türme ab. Im Nordosteck des rechteckigen Burghofs steht massiv und gedrungen der 1673 errichtete Speckturm - eine Inschrift in doppelbogiger Nische führt das Jahr an. Südlich davon, in der Mitte der Nordfront, steht der Türkenturm - ein Rundturm mit einem Kranz von Gußlöchern an der Basis des Obergeschosses und turbanartig gewundenen Spitzhelm, der gleichfalls im 17. Jh. entstand. Der Mauerabschnitt zwischen diesen beiden Türmen ist das einzige erhaltene Fragment des ehemaligen Berings. Die beiden kleinen viereckigen Türme an den Westecken der Burg stammen aus 1648, sie sind stark eingesunken und wirken daher sehr niedrig. Sie trugen wohl ursprünglich einen Wehrgang unter ihrem Pyramidendach, sind mit kleinen Schießscharten versehen, ihre Eingänge sind heute nicht mehr sichtbar, sie lagern in den eingesunkenen Erdgeschossen.

 

Speckturm, Türkenturm und Wehrturm an der Nordwand

der Kirchenburg in Leschkirch / Nocrich

Bereits 1291 sind zwei Angehörige der mächtigen Alzner Gräfenfamilie Gerendi, Stefan und Gerlach, in einem Kaufvertrag erwähnt. Im 14. - 16. Jh. bemühte sich diese einflußreiche Familie immer wieder um das Königsrichteramt und darum, ALZEN / ALTINA, das 1532 mit 87 Wirten die größte Gemeinde des Leschkircher Stuhls war, zu dessen Vorort zu machen, was ihnen auch zeitweilig gelang. Der Größe des Ortes entsprach auch die auf einem Hügel im Norden der Gemeinde gelegenen Burg, deren doppelter Mauerring sich fast kreisrund um den Sakralbau schloß - eine ursprünglich turmlose romanische Basilika des 13. Jh. mit dem für die sächsischen Basiliken dieser Zeit charakteristischen Anlageplan und im Osten gradwandig abschließenden Seitenschiffen. 1509 erhielt Alzen von der Siebenrichterklasse 6 Gulden für 6 Faß Kalk, was zur Annahme berechtigt, daß in diesem Jahr der Umbau der Basilika zur Hallenkirche begann. Das vormals flachgedeckte Mittelschiff erhielt ein Tonnengewölbe mit Stichkappen, im Dachboden, über dem tiefer ansetzenden Gewölbe, sind noch die alten romanischen Obergaden der Basilika sichtbar. Die erhöhten Seitenschiffe wurden mit Kreuzgewölben gedeckt, bewahrten aber ihre eigenen Pultdächer. Vier Pfeilerpaare, von Quadratischem Querschnitt mit einfachen Gesimsen in Glockenleiste umgeben, tragen die fünf aus dem Mittelschiff in die Seitenschiffe geöffneten Rundbogenarkaden. In ihrem vorletzten Westjoch liegen die Seitenportale einander gegenüber.

Am nördlichen Triumphbogenpfeiler ist eine Marmortafel angebracht, deren Relief ein Wickelkind darstellt, dessen Köpfchen auf einem Polster ruht, von einer Trauerweide überhangen. 1575 stifteten Jakob und Eufrosina Paleolog zum Gedächtnis ihres hier verstorbenen Töchterchens Despina die Tafel. - So ruht denn hier in Alzen ein Abkömmling der griechischen Herscherfamilie Paleolog, die nach dem Fall Konstantinopels, 1453, vertrieben wurde und im Laufe eines Jahrhunderts über Kreta, Italien, Deutschland, Polen nach Siebenbürgen gelangte.

Jakob Paleolog, ein großer Humanist, der mit den deutschen Reformatoren Fühlung nahm, war vom Klausenburger Reformator Heltai eingeladen worden. Dort überraschte eine Pestepidemie die Familie und vertrieb sie nach Alzen, wo sie wohl bei den Gräfen Gerendi zu Gast weilte und ihr Töchterchen verlor. Ein wertvolles Inventarstück ist das kelchförmige, aus Glockenbronze gegossene Taufbecken, auf dessen Cupa in Minuskelschrift steht: "anno domini milessimo CCCCIIII tempore regis Sigismund". Es gehört zur Gruppe der sieben erhaltenen Erztaufen, die aus der Werkstatt Meister Leonhardus` hervorgingen. 1438 ist die im Chor der Stadtpfarrkirche von Sibiu stehende datiert, die übrigen, durchwegs erlesen schöne Werke der Erzgießerei, befinden sich in Mediasch, Schäßburg, Schaas, Henndorf, Denndorf und Kleinschelken.

 

Ostturm der Kirchenburg von

Alzen / Altina

Wann der ältere, mit einem Wehrgang versehene, zur Verteidigung errichtete, 1853 abgetragene Glockenturm an das Westende des Mittelschiffs angebaut wurde, ist nicht bekannt - 1856 ersetzte ihn der heutige Turm. Hier hängt noch eine vorreformatorische Glocke mit der in Siebenbürgen so verbreiteten Inschrift: "O rex gloriae veni cum pace". Die kleine, mit einzelnen Minuskeln beschriftete Johannisglocke stammt aus der in den Türkenkriegen untergegangenen Gemeinde Unterten, deren Hattert zwischen Alzen, Leschkirch und Kirchberg aufgeteilt wurde. - Nirgend ist vermerkt, wann die Kirchenburg entstand - ihre fast kreisrunden Mauern gehören dem ältesten Befestigungstyp an. Um 1500 baute man den Ostturm zum Burgtor aus, seine heute zugemauerte gewölbte Einfahrt war durch ein Fallgatter verschließbar, dessen Gleitrinnen noch außen sichtbar sind. In dem dreigeschossigen malerischen Turm wird heute noch der Speck verwahrt. Im Süden, Westen und Norden war der innere Bering gleichfalls durch Türme geschützt und rundum von einem auf Hängeböcke umstützten Wehrgang umzogen, von dem aus die in 3 m Abstand die Mauer durchbrechenden Schießscharten bedient wurden. Heute sind nur noch die Einsatzlöcher der Tragebalken zu sehen, auch die Fruchtkammern, die unterhalb des Wehrgangs die Mauer umstellten, sind zu Beginn des 20. Jh.abgetragen worden.

In einer Urkunde aus 1280 zum erstenmal als Santa Agatha erwähnt, ehemals ein Handwerkerstädtchen mit noch halb ländlicher Wirtschaftsform, berühmt durch seine Gerber, Schuhmacher, Kürschner, Schneider, Faßbinder, Töpfer und andere Zünfte, war AGNETHELN / AGNITA von altersher der Handelsplatz des vom Hauptverkehr zwischen den siebenbürgischen Städten nicht berührten Harbachtals und ist heute zum Industriestädtchen dieses Gebietes angewachsen. Zur Faschingszeit erinnert das Urzellaufen mit seinen seltsamen Masken, dem Rösseltanz der Schneider, immer noch an die Umzüge der Zünfte. Hier wird zum Faschingszug noch die alte Uniform der Bürgergarde angelegt, mit breitverschnürtem Dolman und hoher Iltismütze - sonst muß man, um der Vergangenheit nachzuspüren, das städtische Museum in einem Barockbau der Hauptstraße aufsuchen, wo zahlreiche Dokumente und Gegenstände aus dem Leben der Zünfte, ihre schön geschnitzten Insignien, Zunftladen und Privilegien aufbewahrt werden und vielerlei kunstreich gefertigte Schmiedeeisen- und Keramikgegenstände von einer hochentwickelten Handwerkskultur berichten.

 

Zunftzeichen der Schuster

von Agnetheln / Agnita

Als 1466 König Mathias Corvinus Agnetheln das jus gladii - die eigene Blutsgerichtbarkeit - verlieh, erteilte er auch die Erlaubnis, daß selbst bei allgemeinem Heeresaufgebot die Hälfte der wehrpflichtigen Bürger "zur Verteidigung ihrer Burg" im Ort bleiben dürfe. Dieses Privileg bestätigt also für 1466 die Existenz einer Kirchenburg, die wohl gleichzeitig mit der 1409 auf den Grundmauern einer romanischen Basilika errichteten gotischen Hallenkirche entstand, welch letztere im ersten Viertel des 16. Jh. ihre Umgestaltung zur Wehrkirche erfuhr. Die Kirchenburg besaß einen dreifachen, in mehreren Etappen angelegten Mauergürtel. Ihre vier heute noch stehenden Wehrtürme aus Bruch- und Flußsteinmauerwerk gestatten, den Verlauf des inneren Berings zu rekonstruieren, der an ihre Innenecken anschloß. Im Zentrum der Nordfront gab der Faßbinderturm mit gewölbtem Einfahrtstunnel und Fallgitter Zutritt zum inneren Burghof. Im Osten steht der Schneider- oder Hottentottenturm, im Süden der Schmiedeturm, im Südwesten der Schusterturm, heute der letzte Speckturm der Gemeinde, wo immer noch zwei Stockwerke des luftigen Gemäuers mit Speckseiten vollbehangen sind, die - bloß mit dicker Salzschicht bestreut - zwischen Dezember und April zum zarten, mürben, berühmten sächsischen Speck ausreifen. Sonntag morgens öffnet der Burghüter die zwei schweren Schlösser der eisenbeschlagenen Eisentür, die Hausväter stellen sich mit langem Messer bewaffnet ein, um die Wochenration abzuschneiden, wobei die Schnittfläche jedesmal mit dem Eigentumszeichen gestempelt wird; obwohl hier noch nie Übergriffe auf nachbarliches Gut vorkamen, wird der alte Brauch respektiert.

 

Nordansicht der Burg von Agnetheln / Agnita

mit Fassbinder- und Schneiderturm

Nur im Südabschnitt, zwischen dem Schuster- und Schneiderturm, ist ein Teil der Ringmauer erhalten, an den die mit schräg zum Burghof abfallendem Dach gedeckten Schopfen anschließen. Die vier bis fünf Geschosse der Wehrtürme sind mit kleinen, für Feuerwaffen bestimmten Schießscharten versehen. Mit Ausnahme des Schneiderturms sind die Erdgeschosse gewölbt, die Einstiege lagen im zweiten Turmgeschoß und waren nur über bewegliche Leitern erreichbar; heute führen gedeckte Holztreppen hinauf. Ihre Benennungen verdanken die Türme den Zünften, die verpflichtet waren, sie zu verteidigen und instand zu halten. Zwischen dem ersten und dem zweiten, an den Außenecken der Türme ansetzenden Mauerring war der Zwinger eingeschlossen, wo in Belagerungszeiten das Vieh untergebracht wurde. Der dritte Mauergürtel von unregelmäßig vieleckiger Führung umgab einen Wassergraben, außerhalb erschwerte ein Sumpfgelände und der nahe Bach das Bestürmen der Burg.

 

Fassbinderturm

vom Burghof aus

1845 wurde zunächst die äußere Ringmauer abgetragen, 1867 mußten die nicht mehr benötigten Vorratskammern weichen, 1870 fielen auch die restlichen Teile der Ringmauern, so daß die Türme heute ganz isoliert dastehen. Den Mittelpunkt der Kirchenburg bildete der 1409 zur Hallenkirche umgestaltete Sakralbau. Chor und mittelschiff erhielten Tonnengewölbe mit Stichkappen, über dem Nordseitenschiff baute man eine Empore, das südliche wurde bis zur Höhe des Mittelschiffgewölbes erhöht. Die Rundbogenarkaden der Basilika wurden zu Spitzbogen vergrößert, den sie tragenen Pfeilern Pilaster angeblendet, die das Gewölbe stützen, alle Fenster und Portale spitzbogig geschlossen. Die Profile wirken derb und rustikal - hier waren nur lokale Kräfte am Werk. Der Westfront baute man einen auf drei Seiten freistehenden Glockenturm vor, dessen Erdgeschoß mit drei großen Spitzbogenarkaden eine Vorhalle bildete. Der Turm ist mit Schießnischen versehen und trägt auch heute noch seinen Fachwerkwehrgang.

 

Der vom Töpferturm ummantelte

Glockenturm von Agnetheln / Agnita

Bei der Wehrbarmachung der Kirche um 1500 ummantelte man den Turm bis zur Höhe des zweiten Geschosses mit einem Töpferturm genannten Wehrbau, der mit den Obergeschossen des Turmes in Verbindung stand. Zu diesem wehrhaften Westteil der Kirche trat ein Wehrgeschoß über dem Chor, dessen vor die Mauerflucht vorgeschobene Wand auf den zwischen den Strebepfeilern gespannten flachen Ziegelbögen ruht, in deren Schatten verborgen sich die Gußscharten öffnen, aus denen man die Angreifer mit siedendem Pech und Wasser übergoß. Bei der Verwüstung des Ortes durch Söldnertruppen brannte 1600 die Kirche ab und wurde 1614 renoviert. 1890 erneuerte man Teile des Gewölbes im Osten der Südhalle, und 1892 mußte das baufällige Wehrgeschoß über dem Chor abgetragen werden. 1908 deckte man die Kirche neu ein.

 

Tabernakel im Chor von

Agnetheln / Agnita

3 km von Agnetheln entfernt, auf der Straße, die nach Kirchberg führt, liegt die kleine Gemeinde WERD / VÄRD, von deren Kirchenburg mit rechteckig angelegter Ringmauer nur noch ein Fragment im Westen erhalten ist. In der heute nur noch mannshohen Wehrmauer aus Bruch- und Flußstein sind keine Schießscharten mehr vorhanden. Der 1924 zum größten Teil abgetragene Mauergürtel umschloß auch ein Burghüterhaus, eine Bastei, deren Obergeschoß als Speckkammer diente; ebenso stand das Lehrerhäuschen im Burghof. Mehrere unterirdische Gänge führten von hier in die gegenüberliegenden Höfe, jenseits der Straße, deren Eingänge zum Beginn dieses Jahrhunderts zugeschüttet wurden. Demnach muß die Ringmauer ursprünglich doch eine Höhe von mindestens 6 - 7 m erreicht haben, da sie den einzigen Schutz der Verteidiger bedeutete. Der Sakralbau im Burghof ist - mit Ausnahme des Glockenturmes - nicht wehrhaft ausgebaut. Werd ist von den Türken zerstört worden, wobei nur 11 Höfe unversehrt blieben. Über 150 Jahre waren Hatterteile des entvölkerten Werd an Alzen verpachtet, gegen ein Darlehen, das zur Wiederherstellung der Gemeinde erforderlich war.

 

Glocken- und Wehrturm von

Werd / Várd

Als eine der wenigen romanischen Sakralkirchen entstammt der Kultbau inmitten der ehemaligen Burg noch dem Ende des 13. Jh. oder Anfang des 14. Jh.. Ob er vor dem Umbau und der beträchtlichen Verlängerung des Saales gegen Osten hin einen Chor mit halbrunder Apsis besaß, ist nicht mehr feststellbar - jedoch anzunehmen. Die alte Westhälfte des Saales ist ganz aus Bruchstein errichtet. Wohl noch im 14. Jh. wurde am Westende des Salles ein viergeschossiger Glockenturm aus Stein errichtet. Der Turm, von rechteckigem Querschnitt, ebenso breit wie der Saal, hat im Erdgeschoß keine Arkaden aufzuweisen - in 4 m Höhe liegt hier der Einstieg zur Orgelempore im Westende des Saales. Die Turmmauern verjüngen sich an der Basis eines jeden Geschosses, auf den so entstehenden Mauerabsätzen ruhen die Balken der Holzplattformen, die die Geschosse trennen. Im obersten, vierten Geschoß, der Glockenstube, öffnen sich vier große Schallfenster, von denen aufwärts der Turm in Ziegelkonstruktion erhöht ist - wahrscheinlich als das Saalgewölbe ausgeführt wurde und ein neues, steileres Satteldach erhielt, dessen Giebel eine Schießscharte an der Ostwand des Turmes verdeckt. Schießnischen mit schmalen Schlitzen an der Außenseite öffnen sich in allen drei Obergeschossen.

Im Glockenstuhl hängt die zweitälteste Glocke Siebenbürgens, aus 1438. Dicht unter dem Glockenhals verläuft zwischen zwei gewundenen Schnüren die schöne Minuskelinschrift: "ano do m° CCCC XXX VIII". Eine ganz und gar aus Holz gefertigte Turmuhr war bis 1924 im Gang. Im alten Teil des Saales läuft an der Nord- und Westwand eine Galerie mit holzgetäfelter Brüstung entlang, mit hübschen Rokokomotiven bemalt. Ein als Fahne gestaltetes Epitaph hängt im Saal, das die Eltern eines 1792 verstorbenen jungen Burschen stifteten, der in Werd bei einer Frau einquartiert war und angeblich von ihr durch einen Wurm vergiftet worden sein soll. In einem Medaillon ist der junge Mann in der alten sächsischen Tracht dargestellt - zu seinen Füßen ringelt sich der Wurm - etwas überdimensional - aus weißen Ringen zusammengesetzt. Der Bursche trägt einen langen weißen Schaflederrock, die Peltzmütze unter dem Arm, schulterlanges Haar. Die Beine stecken in engen weißen Hosen und hohen schwarzen Schaftstiefeln - ein wichtiges Dokument zur Trachtenforschung.

In kaum einstündiger Fußwanderung steigt man durch alten Eichenwald in ein liebliches Tal zum kleinen Ort ZIED / VESEUD hinab, wo auf einer Anhöhe die alte Wehrkirche die beiden langen Häuserzeilen überragt. Von der einstigen Burg hat sich nur ein 20 m langes, 5 m hohes Mauerfragment im Süden erhalten, außen - gegen den abfallenden Hang zu - von Strebepfeilern abgestützt. Der geradlinige Verlauf der Bruch- und Flußsteinmauer bestätigt die in Siebenbürgen für das 16. Jh. kennzeichnende Anlage des Burghofs. Im Westteil des noch stehenden Wehrmauerfragments war bis 1968 ein feingemeißelter dreilappiger Steintürsturz eingemauert, dessen Mitte die typische Zisterzienserrosette ziert - die Sonnenblume -, wie sie auch in Kerz, Mühlbach und Draas, Hamruden, an Bauten zu finden ist, wo Zisterzienser mitgewirkt haben. Einen Beweis für solche Beteiligung eines Steinmetzen der Zisterzienser Bauhütte in Zied erbringt demnach dieser heute im Harbachmuseum befindliche Sandsteintürsturz - oder Lünettenrelief eines Portals -, der jedenfalls noch von einer alten Basilika des 13. Jh. stammt. Diese besaß wohl auch die halbrunde Apsis, die entfernt wurde, als man Ende des 15. Jh. einen fünfgeschossigen Wehrturm über dem Chor errichtete, der nun gegen Osten gradwandig geschlossen ist. Die Außenmauern des Chores wurden vedoppelt, um die Last des Turmes tragen zu können, der von einem Fachwerkwehrgang auf Hängeböcken gekrönt ist. Da das Chorgewölbe viel tiefer ansetzt als das der heutigen Hallenkirche, erfolgte der Einstieg vom Kirchendachboden aus ins zweite Turmgeschoß. Im Nordwesteck des Saales öffnet sich der Eingang in ein kleines rundes Treppentürmchen, das zum Dachboden hinaufführt. Die Steinschwelle am Fuße der Treppe ist das Barometer des Dorfes: Wenn sie feucht wird, ist unweigerlich Regen im Anzug. Von der romanischen Basilika blieb allein der halbkreisförmig geschlossene Triumphbogen erhalten.

 

Wehrkirche in Zied / Veseud,

von Nordosten

Beim Umbau der Basilika zur gotischen Hallenkirche - zu Beginn des 16. Jh. - wurden die Seitenschifflängswände erhöht. Ein kleiner Mauervorsprung in anderthalb m Höhe und die nach oben verjüngte Wand lassen den Ansatz der von hier ab höher geführten Mauern erkennen. Die rechteckigen Arkadenpfeiler der Basilika erhielten eine Verstärkung an der Nord- und Südseite, so daß ihr Querschnitt nur ein kreuzförmiger ist. Sie tragen drei rechteckige Kreuzgewölbejoche über dem Mittelschiff und drei quadratische über den Seitenschiffen. Gegen Westen verlängerte man das Mittelschiff um 2 m und schloß es durch einen niedrigen, schmalen Zwischenbau an den Westturm an, welcher der ursprüngliche Torturm der Burg gewesen sein könnte - hat er doch eine tonnengewölbte Einfahrt und ist in den Obergeschossen zur Verteidigung eingerichtet, trägt den gleichen Fachwerkwehrgang wie der Ostturm. Nach der Umgestaltung bietet die Architektur der Wehrkirche ein bewegtes, sehr malerisches Bild. Wertvolles altes Chorgestühl, mit kunstvoll geschwungenen Bauernblumen bemalt, ziert den Innenraum.

Ein Feldweg führt zwischen abwechslungsreichen Hügelketten und bewaldeten Höhen durchs grüne Tal weiter nach KIRCHBERG / CHIRPÄR, das in zweistündigem Marsch erreicht ist - wenn man nicht den über eine neuangelegte Straße fünfmal täglich verkehrenden Autobus nach Agnetheln vorzieht. In einen Talkessel eingebettet, schart sich die 1337 erstmalig urkundlich erwähnte Gemeinde um den Kirchenhügel, dem sie ihren Namen verdankt. Auf dem Plateau dieses Hügels ragte vom Beginn des 16. bis zum Ende des 19. Jh. eine so feste Burg auf, wie im Harbachtal nur in Agnetheln eine ähnlich starke stand. Heute ist noch der West- und Ostabschnitt des die Wehrkirche umgebenden rechteckigen Berings erhalten, doch kein einziger der sechs Wehrtürme, die auf einem einzigen graphischen Dokument festgehalten werden, das wir zufällig in einer Mappe bei der Malerin Trude Schullerus in Sibiu entdeckten, die den Nachlaß ihres Ur-Urgroßvaters Daniel Joseph Gottschling enthält - ein begabter Kupferstecher, Zeichner und Aquarellist.

 

Kirchenburg in Kirchberg / Chirpár,

nach einer Zeichnung von

Daniel Joseph Gottschling (Fragment)

Von Beruf Pfarrer, amtierte er zu Beginn des 19. Jh. in Kirchberg. Die einzige von ihm überkommene Landschaft (aus der wir ein Fragment veröffentlichen) stellt stellt mit fotografischer Exaktheit in panoramischer Sicht die stattliche Gemeinde Kirchberg dar. Da auf diesem Blatt das 1804 erbaute, an seinem zweiteiligen Barockdach leicht zu erkennende Pfarrhaus (links von der Burg) bereits eingezeichnet ist, bedeutet dieses Jahr ein wertvolles Datum post quem. An den vier Ecken des Burghofs stand je ein Wehrturm, da der Steilhang des Hügels die Süd-, Ost- und Westseite schützte, verstärkten die höchsten, mit Überladerwehrgängen versehenen Türme die Ost- und Westecken der Nordfront, wo das Gelände sich eben zur Gemeinde hin fortsetzt. Der somit gefährdeten Nordfront war ein zweiter Rechteckhof, der Zwinger, vorgelagert, an dessen Außenecken gleichfalls zwei Türme wachten. Bis 1891 stand im Hof dieser Vorburg das "alte Rathaus" an Stelle des heuteigen Schulgebäudes. An den noch in ursprünglicher Höhe erhaltenen Mauerfragmenten verraten die Einsatzlöcher der Hängeböcke den Verlauf eines Wehrgangs, von wo aus die Schießscharten bedient wurden.

Das mit einem Tonnengewölbe überführte Erdgeschoß des Nordwestturms bildete die Einfahrt in den Burghof, die mit eisenbeschlagenem Eichentor verschlossen werden konnte. Der Südostturm, der halbkreisförmig vor die Wehrmauer vorsprang, ist als letzter 1968 eingestürzt. Die sorgfältig ausgeführte Miniaturzeichnung läßt erkennen, daß zu Beginn des 19. Jh. noch der Großteil der Wirtschaftsgebäude mit Stroh gedeckt war, auch der die ganze Gemeinde umziehende, auf älteste Siedlertradition zurückgehende Bodemzong - ein aus Ruten geflochtener "Bodenzaun" oder Dorffrieden - ist deutlich sichtbar. Die Zeichnung hält die inmitten des Burghofs stehende, zur Wehrkirche umgebaute Basilika fest, ehe das Mittelschiffdach niedriger gesetzt wurde und mit demjenigen des Chores zu einem einzigen Dachstuhl vereinigt wurde. Am hohen Ostgiebel des Chores sind noch die in drei Reihen übereinanderliegenden Schießscharten zu erkennen, darunter das Halbkegeldach der Ostapsis.

 

Basilika in Kirchberg / Chirpár,

von Nordosten

Die dreischiffige romanische Basilika von Kirchberg entstammt noch dem Anfang des 13. Jh. und gliedert sich der Gruppe der kurzen, stark in die Breite entwickelten Basiliken von Michelsberg, Burgberg, Rothberg ein (die wir in KOMM MIT`79 vorstellten). Nur drei schmucklose, unprofilierte gedrungene Pfeilerpaare von rechteckigem Querschnitt (wie jene in Michelsberg) trennen die drei Schiffe und tragen drei Rundbogenarkaden. Die drei Schiffe sind heute noch flach gedeckt, allerdings wurde die alte Balkendecke 1862 durch einen stuckverzierten Plafond ersetzt. Der Chor behielt sein Kreuzgratgewölbe, die Apsis ihre Halbkalotte, ebenso die ursprüngliche wabenförmige Pflasterung mit hexagonalen Ziegelsteinen, die schon zu Römerzeiten in Siebenbürgen nachweisbar und auch in den Apsiden von Tarteln, Scharosch und Kleinschenk anzutreffen ist, ebenso in den abgetragenen Seitenschiffen von Holzmengen vorhanden war. Sämtliche romanischen Rundbogenfenster der Basilika sind leider vergrößert und flachbogig geschlossen worden.

Im Süden und Norden liegen einander die üblichen Seitenportale gegenüber, leider auch nicht mehr rundbogig geschlossen. Über dem Westende des Mittelschiffes erhebt sich der höchste Glockenturm des Harbachtals mit sieben Geschossen. Ursprünglich von den Seitenschiffen flankiert, bildete sein Erdgeschoß die typische, in drei Rundbögen in die Schiffe geöffnete überwölbte Vorhalle. In seinem zweiten Geschoß liegt die Turmempore, die sich in einer Rundbogenarkade zum Mittelschiff öffnet, in Kirchberg jedoch nicht übewölbt ist. In den starken Ostpfeilern führen die aus dem Mittelschiff zugänglichen Treppenstollen zur Turmempore hinauf, die Obergeschosse sind durch Balkenplattformen getrennt und waren von steingefaßten Rundbogenfenstern erhellt. Innen und außen erfährt die Turmmauer mehrere Einziehungen an der Nord-, West- und Südseite, während die Ostwand gradlinig aufstrebt.

 

Glocken- und Wehrturm

der Basilika in

Kirchberg / Chirpár

Im 15. Jh., als die Türkeneinfälle in Siebenbürgen zur periodisch wiederkehrenden Gefahr wurden, erfuhr auch der Kirchberger Glockenturm seine Umgestaltung zum Bergfried, als letzter Zufluchtsort der bedrängten Bauernschaft. Sämtliche Öffnungen des Turmerdgeschosses, somit auch das Westportal der Basilika, wurden zugemauert, die Fenster der Turmgeschosse durch Ziegelfüllungen zu Schießnischen mit je zwei schmalen Schlitzen verengt. Als siebentes Geschoß wurde ein auf Hängeböcken ruhender Wehrgang aufgesetzt, über dem das steile Pyramidendach aufsteigt. Die Lage der Gemeinde in einem tiefen Talkessel bedingte die außergewöhnliche Höhe des Turmes, der dem Wächter als Wachposten diente, um über die bewaldeten Kuppen der Hügel hinweg das Herannahen des Feindes rechtzeitig erspähen zu können, so daß beim Läuten der Sturmglocke die Bauern noch genügend Zeit hatten, mit Hab und Gut in die Burg zu flüchten. Zur Verteidigung des Turmfußes wurden die ihn flankierenden Teile der Seitenschiffe abgetragen. Die drei massiven, bis zum vierten Geschoß emporragenden Stützpfeiler an den Ecken und in der Mitte der Westwand wurden später aufgeführt, ebenso ein kurzer, das Gewölbe des Erdgeschosses stützender Mittelpfeiler. Der heute in der Westwand des zweiten Geschosses gelegene Eingang stammt aus jüngster Zeit.

Dicht am Fuß des Turmes stehend, hat man den Eindruck, zu einem steinernen Riesen aufzublicken, dessen imposante Vertikalgliederung und das aus verschiedenen getönten Steinen gefügte Mauerwerk die bewegte Lebendigkeit eines gewachsenen Organismus hervorruft. Allein der Anblick dieses Turmes lohnt die Mühe, den etwas abgelegenen Ort aufzusuchen.

Aquarelle und Zeichnungen von der Autorin


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