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Ziele der Forumsgründung 1989.

Eine Retrospektive

von Prof. Dr. Paul Philippi, Ehrenvorsitzender des DFDR

Ein Beitrag aus: "DEUTSCHES JAHRBUCH für Rumänien 2002" vom ADZ-Verlag


Voraussetzungen

Mit ihren politischen Formationen haben die Deutschen des heutigen Rumänien in ihrer jüngeren Geschichte nicht viel Glück gehabt. Als sich die zahlenmäßig überlegenen Gruppen der Ungarn und Rumänen Siebenbürgens um 1848, und nachher erst recht, immer eindeutiger bemühten, mit der außersiebenbürgischen, staatsbildenden Mehrheit jeweils ihrer Sprachgemeinschaft eine terretoriale Vereinigung nach ethnisch-nationalen Kriterien zu erreichen - was ihnen schließlich 1867 bzw. 1919 auch gelang -, sahen sich die Sachsen Siebenbürgens, aber auch die noch nicht so zahlreichen politisch-deutsch-bewussten Banater Schwaben nach einem, nach ihrem "großen Bruder" um. Wo war er zu finden?

1867 hatte Österreich seine "treuen Sachsen" (und erst recht seine rechts schwachen Schwaben!) an den ungarischen Staatsnationalismus ausgeliefert. So jedenfalls empfand man es in Hermannstadt. Dass diese Auslieferung durchaus auch im Sinne Bismarcks gewesen sein konnte, bedachten die "sächsisch" sprechenden, aber deutsch lesenden und schreibenden und erst recht "deutsch fühlenden" Siebenbürger nicht. Im Gegenteil: Von dem Aufstieg Bismarck-Deutschlands nach 1870 beeindruckt, schwenkte man mit fliegenden Fahnen (und dieses ist auch wörtlich zu nehmen: man vergleiche nur die in unseren sächsischen Kirchen aufbewahrten Bruderschafts- oder und Frauenvereinsfahnen und deren Jahreszahlen!) - mit fliegenden Fahnen also schwenkte man in eine allgemeine Deutschtums-Begeisterung ein, die sich als immer weniger differenzierungsfähig erwies für die Gemeinsamkeit von Sprache, Kultur, Kirche einerseits und die Verschiedenheit politischer Interessen bzw. Sympathien andererseits: Männergesangsvereins-Pathos, Gustav-Adolf-Begeisterung und Schulvereinsfeste trugen dazu bei, die Grenzen zwischen kultureller und politischer Option zu verwischen, denn das kulturdeutsch gemeinte Nationalgefühl wurde in diffuser Emotionalität gepflegt und präsentiert.

Gegen die politisch gelenkten sprachlichen Madjarisierungstendenzen der Staatsideologie Ungarns musste man sich in der Tat politisch wehren. Österreichs Angebote lieferten dazu keine überzeugende Alternative mehr. Aber pflegte man nicht auch in Wien "alldeutsches" Gedankengut? Von den "reichsdeutschen" Studentenjahren aber brachten die sächsischen Intellektuellen (besonders Pfarrer und Lehrer) den starken Eindruck burschenschaftlicher Ideale mit ins siebenbürgische Zuhause, und so hielten sie denn nicht den politisch den politisch zersplitterten deutschen Staat, sondern das, was sie als 18- und 21-Jährige in Jena, Marburg und Tübingen an Volkstumsidealen aufgelesen hatten, für den Inbegriff alles Deutschseins - eines Deutschseins, das Österreich und die "deutsche" Schweiz selbstverständlich mit meinte. Noch 1971, als ein deutsches Fernsehteam einen Kulturrepräsentanten in Hermannstadt befragte, in welchem Sinn er sich denn als Deutscher fühle, antwortete dieser: "Im Sinne von Goethe und Schiller." Er hätte auch sagen können, "von Wilhelm Tell und Andreas Hofer". Mit diesem Deutschtum wollte man sich (und meinte man sich) zu indentifizieren!

Auf solchem Hintergrund erfolgten die politischen Optionen eines Adam Müller aus Guttenbrunn (der ja ebenso gut österreichisch wie deutsch sein wollte), aber auch die der "Jungsachsen" oder der "grünen" Parteigänger bei den Sachsen. Vor dem Ersten Weltkrieg versuchten dann wohl "kleinsächsische" Konzeptionen das Postulat der deutschen kulturellen Identität mit der politischen Verankerung der Sachsen im Heimatstaat besser zu verbinden. Aber die Generation, die damals in den Krieg zog, war so sehr vom kulturnationalen Alldeutschtum durchdrungen, dass nach ihrer Heimkehr die Gemeinsamkeitsgefühle mit Deutschland schwerer wogen als die Behauptung der politischen Eigenständigkeit im neuen Staate Rumänien - der einen seinerseits, nach ersten freundlichen Umarmungsgesten, mit seinem einseitig ethnisch-nationalen Staatsverständnis doch so sehr am Rande stehen ließ, dass die kulturnationale Verbundenheit der "Sachsen" und "Schwaben" Rumäniens zum größten Land deutscher Sprache dennoch zu deren wichtigstem eigenen Identifikationsmerkmal aufrückte.

In diese Gefühls- und Bewusstseinslage drängte sich dann der Erfolg der deutschen Nationalsozialisten. Zwar setzten die führenden politischen Kreise der Rumäniendeutschen den nationalsozialistischen Imitatoren aus ihren eigenen Reihen zähen, was aber die Inhalte betraf nur halbherzigen Widerstand entgegen. Da sie isch bezüglich der Deutschland- und Deutschtumsverehrung von den Voraussetzungen der rumäniendeutschen NS-Kreise kaum signifikant unterschieden, konnten die plumperen und radikaleren Nachahmer deutschländischer Einrichtungen die Oberhand gewinnen und schließlich 1940 eine politische Organisation der Rumäniendeutschen durchsetzen, die sich ganz als Exekutivorgan deutschländischer Partei-Interessen verstand. Freilich schien es dieser "Volksgruppenführung" der Rumäniendeutschen auch zu gelingen, manch alte Desiderate der kollektiven Selbstverwaltung innerhalb des rumänischen Staates zu verwirklichen. Dass die Verwirklichung dieser älteren Desiderate unter dem Druck der Übermacht und im Zeichen Hitler-Deutschlands geschah und damit das rumänische Nationalgefühl kränkte; dass auch die Art der Verwirklichung zugleich dem Charakter rumäniendeutscher Gemeinschafts-Traditionen widersprach: das alles sollte nach dem Zweiten Weltkrieg natürlich negative Auswirkungen auf die Selbstvertretung der Deutschen Rumäniens haben, ja es erschwerte auch noch den Beginn einer neuen politischen Selbstvertretung der Rumäniendeutschen nach 1989.

In den Jahren des Kommunismus hatten während der 70er Jahre die sogenannten Räte der Werktätigen deutscher (und anderer) Nationalität eine Art politischer Selbstvertretung der Minderheiten vorspiegeln sollen. Diese "Räte" waren von kommunistischen Parteigremien ernannt und einberufen. Die jeweils dazu Einberufenen haben dann zwar zeitweise versucht, aus ihrer eigenen zugewiesenen Rolle das Beste für ihre Gemeinschaft zu machen. Doch war auch dieses Instrument zentralistischer partiegelenkter Minderheitengängelung in den 80er Jahren so sehr degeneriert, dass die "Räte" jedwedes Prestige verloren hatten. Selbst der evangelischen Kirche und ihrem Bischof, die auch auf Gemeideebene noch relatives Vertrauen genossen, konnte man politisch keine wirksamen Initiativen mehr zutrauen.

Erfolgreiche Initiativen waren hingegen seit den frühen 60er Jahren von den in der Bundesrepublik Deutschland organisierten "Landsmannschaften" ausgegangen, und durch die Übernahme solcher Initiativen in die Regie der Regierungen von Düsseldorf und Bonn, hatte dies dazu geführt, dass die Aussiedlung der Rumäniendeutschen zur fast alleinigen politischen wirksamen Strategie geworden war. Diese Politik wurde über die Köpfe der davon Betroffenen Rumäniendeutschen hinweg von anderen betrieben und dem kommunistischen Diktator gut bezahlt; letztlich sicherlich im Einverständnis mit einem Großteil der Betroffenen - doch dieses erst, nachdem vorher die politische Meinungsbildung unter ihnen und noch mehr ihre Möglichkeit, sich politisch selbst zu artikulieren, längst abgewürgt worden, bzw. noch von Leitlinien der Zeit vor 1945 missverständlich beeinflusst war.

 

Neubeginn

Da platzte in diese auf Untergang hin kanalisierte Situation der Umbruch des Dezember 1989. Er war für die einen, die sich zur Aussiedlung entschlossen hatten und die durch die Vorhölle der "Einreichungs"-Prozeduren ("Einreichen" war der Terminus für die Eingabe des Ausreiseantrags) schon hindurchgegangen waren, das Signal zum raschen Aufbruch nach Deutschland. Sie lösten damit eine Lawine aus, die auch viele der damals Unentschlossenen mitriss. Andere freilich, denen das Besondere ihrer "deutschen" Existenz als Siebenbürger Sachsen (wohlbemerkt: sie waren ja Siebenbürger [!] Sachsen) und als Banater[!] Schwaben wichtig geblieben war, hatten sich teils schon im Vorfeld, teils mit dem ersten Signal der Dezember-Wende 1989 zusammengetan, um die politische Selbstvertretung der rumänischen Gemeinschaften in ihrem angestammten Wohngebiet wieder zu organisieren. Sie wurden zu Gründern des "Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien".

Das "angestammte Wohngebiet" heißt gemeinhin "Heimat". Diesen mit Gefühlswerten verbundenen Begriff meinte ich jetzt vermeiden zu sollen. Denn Heimatgefühle beanspruchen für sich auch die Ausgewanderten - wohl mit gewissen Recht; auch dann, wenn diese Gefühle oft zu bloßer, von geschönten Erinnerungen gefärbter Nostalgiepflege werden, aus der sich gegenüber dieser Heimat kaum mehr Verbindlichkeiten ergeben. Im "angestammten Wohngebiet" aber waren (und sind?) die "Heimat"-Gefühle fast automatisch mit politischer Verbindlichkeit gepaart, weil sie sich mit nüchternen Sachzwängen verbinden - etwa mit der Bereitschaft´, das zähe Ringen um die Durchsetzung eigener Positionen auf sich zu nehmen, sowie das neue Abwägen und Werten dieser Positionen samt dem Risiko, mit all diesen Bemühungen zu scheitern. Das war die uralte Heimatwirklichkeit siebenbürgischer Existenz gewesen, und in der Zwischenkriegszeit dann auch die Praxis rumäniendeutscher Existenz insgesamt geworden. Die Gründer des Forums waren bereit, diese Praxis neu aufzunehmen - in der Hoffnung freilich, dies nun im Zeichen guter, neuer Voraussetzungen zu tun. "Wir möchten im gemeinsamen Haus Europa innerhalb Rumäniens auch unser Zimmer einrichten können." So ähnlich hat es am 16. Januar 1990 eine Teilnehmerin der Herrmannstädter Begegnung mit dem deutschen Außenminister und Vizekanzler Hans Dietrich Genscher formuliert.

Das eigene Zimmer einrichten! Die Gründung des Forums war sicherlich mit der Grundvorstellung der Initiatoren verbunden, ab sofort wieder aktiv im politischen Geschehen mitzutun und die Interessen der rumäniendeutschen Gemeinschaften mit eigener Stimme selbst vertreten zu können (und darum auch zu sollen!). Insofern war dies ein Anknüpfen an eine gut eingeübte Tradition - ein Anknüpfen, das sich nicht fürchtet, mit den Fehlleitungen der NS-Zeit verwechselt oder gar von ihnen überfremdet zu werden. Man meinte, innerhalb Rumäniens wieder als kollektives Subjekt handeln zu können, und genau dieses wollte man auch tun.

 

Identität innerhalb Rumäniens

Dabei stand sicherlich das Anliegen im Vordergrund, durch aktives politisches Handeln die eigene Identität zu wahren. Dieses Anliegen musste innerhalb der Neuformierung der Bukarester politischen Szene durchgeetzt werden - nicht zuletzt durch parlamentarische und somit gesetzliche Absicherung der wichtigsten Bedingungen für das staatlich bejahte Bestehen dieser Identität und für deren Weiterentwicklung. Dazu musste für die Anerkennung und die Beseitigung geschehenen Unrechts eingetreten werden, bzw. für dessen eventuell noch mögliche Wiedergutmachung. Sodann mussten die schulischen, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine auch in Zukunft mögliche Existenz als deutsche Minderheit in Rumänien durchgesetzt und das "Klima" für deren Akzeptanz geschaffen werden. Das Demokratische Forum hat solche Ziele in seinen ersten Verlautbarungen anvisiert und durch seine parlamentarische Mitarbeit auch einiges erreicht - z.B. dies, dass die 1945 in der Sowjetunion Deportierten in das Gesetz über die politischen Gefangenen der kommunistischen Zeit mit einbezogen wurden.

Diese Zielsetzungen hatten also zuerst im Auge, die rumäniendeutschen Interessen im Rahmen der rumänischen Binnenpolitik durchzusetzen. Dass es dabei auch darum gehen würde, in der rumänischen Öffentlichkeit Vorurteile, bzw. Unkenntnis und Fehlmeinungen zu überwinden, die sich während 50 Jahren bezüglich deutschen Gemeinschaften des Landes verbreitet hatten, war den Forums-Protagonisten, wie schon angedeutet, ebenfalls klar. Andererseits konnte man in der politischen Öffentlichkeit auch mit dem frischen Wind guter Absichten rechnen, der durch die Wende aufgekommen sein mochte. Da man jedoch gerade in Siebenbürgen mit einem Fundus politischer Umsicht gewappnet war, entstand in Hermannstadt 1991 ein erster Entwurf für ein Minderheiten(schutz)gesetz. Dieses blieb dann freilich lange in den Schubladen der wechselnden Regierungen liegen, und führte endlich, mit anderen Entwürfen kombiniert, vermischt und verändert, zu einem entsprechenden Regierungsentwurf, der nun seinerseits bis heute noch nicht ins Parlament gelangt ist. Ebenfalls von Hermannstadt ging eine Initiative aus, die Abgeordneten der sogenannten Kleinen Minderheiten zu einer poarlamentarischen Fraktion zusammenzufassen (1992), und dieses wieer mit dem Ziel, die Interessen der eigenen Minderheit im Rahmen der neuen demokratischen Ordnung des Landes angemessen und somit effizienter vertreten zu können. Das die tatsächliche Effizienz dieser "Fraktionsbildung" von vornherein nicht überschätzt wurde (die Interessen der 15 parlamentarischen "kleinen Minderheiten" sind oft zu disparat), machte die Initiative dennoch nicht überflüssig.

Darüber hinaus bedurfte es und bedarf es in verstärktem Maß einiger Anstrengungen, um in der "politischen Klasse" Rumäniens bekannt zu werden und unter deren Meinungsmachern guten Willens jenes Vertrauen zu erwerben, das für die Einbeziehung der rumäniendeutschen Gemeinschaften in die politischen, ulturellen und wirtschaftlichen Vorstellungen für die Zukunft des Landes wichtig ist. Um den Siebenbürger Sachsen in Großrumänien den ihnen zukommenden Platz zu sichern, hatte Nicolae Iorga es 1919 für gut und wichtig angesehen, der rumänischen Mehrheit, die wenig von den Verhältnissen in den damals neuen Landesteilen wusste, in einer Broschüre "die Siebenbürger Sachsen" vorzustellen, "wer sie sind und was sie wollen" (Ce sunt si ce vor sasiidin Ardeal"). Das Forum brachte diese Schrift 1990 mit einem Nachwort wieder heraus und verteilte sie allen Angehörigen des neuen (damals noch provisorischen) Parlaments.

 

Partner Deutschland

Als ein weiteres Gebiet erwies sich für die "Politik des Forums" wichtig die Vertretung der deutschen Minderheit gegenüber Partnern aus dem Ausland., insbesondere natürlich gegenüber der Bundesrepublik Deutschland. Schon am 24. Januar 1990 erschien in Hermannstadt eine "Immediatkommission" der Bundesregierung, die ankündigte, den Rumäniendeutschen solle "schnell, wirksam und zeichenhaft" geholfen werden - gewiss auch in der Absicht, diese in ihrer Heimat tunlichst zu "stabilisieren" - wie der in Bonn neu kreierte Terminus alsbald lauten sollte. (Die Sprecher des Forums haben demgegenüber immer betont, dass es zur "Stabilisierung" der eingetretenen Lage zu spät sei, dass es jetzt vielmehr um Ansätze gehe, die Restminderheit unter den Bedingungen zu einem Neuanfang zu ermutigen.) Zur "Stabilisierung" sollten sicherlich auch die anfangs "schnell" und reichlich fließenden materiellen Hilfen und Planungen führen, die damals großenteils anliefen, ohne mit den Gremien des Forums koordiniert worden zu sein, und die daher von rumäniendeutscher Seite auch nur teilweise als zukunftsweisen wahrgenommen werden konnten und insofern nicht immer so "wirksam" waren, wie man es in Bonn wohl erhofft hatte. "Zeichenhaft" waren am ehesten zwei bundesdeutsche Großmaßnahmen: der Bau der großen Altenheime in Temeswar und Hermannstadt (eine vertrauensbildende Maßnahme für alle die, die isch Sorgen machen mussten, wie sie ihre letzte Lebensphase würden in Rumänien verbringen können), und die Errichtung der Generalkonsulate, zuerst wieder in Hermannstadt und dann auch in Temeswar: diese zweite Maßnahme wie (ebenso wie die gemeinschaftsbezogene Funktion des Temeswarer AMG-Hauses) nach vorne, und hatte mit der Zuwendung zu den Zentren der deutschen Minderheit Rumäniens auch deren Umfeld, die rumänischsprachige Mehrheit und die Gruppen andersprachiger rumänischer Mitbürger im Blick: ein für die Zukunftsmöglichkeiten der deutschen Gemeinschaften Rumäniens unverzichtbarer Doppelbezug.

Von 1992 an wurden die Deutschen Rumäniens hinsichtlich der ihnen von der Bundesrepublik zugedachten Hilfen von offiziellen Stellen dann mehr und mehr als Partner mit angesprochen. Der damals postulierte Grundsatz, es solle "über uns nicht (mehr) ohne uns" geredet werden und erst recht nicht entschieden werden, fand nicht nur verbale Zustimmung, wenngleich die Praxis weitgehend, auch später noch von Interessen auf Ebenen bestimmt wurde, zu denen das Forum kaum Zugang hatte. Immerhin sind seit damals Begegnungen mit manchen der Entscheidungsträger möglich geworden, und dieses heißt: eine - wenn auch bescheidene - Möglichkeit der politischen Einflussnahme ist den demokratischen Repräsentanten der Rumäniendeutschen in diesen Beziehungen eröffnet worden. Dieses zu erreichen war, um es auszubauen ist eines der Ziele des Forums. Darum suchte und sucht das Forum auch Kontakte zu den Repräsentanten aller Länder des deutschsprachigen Raumes, insbesondere natürlich zu denen Deutschlands, aber auch zu denen Österreichs, der Schweiz und Luxemburgs. Dass dieser Wunsch der Forumsleitung auch Verständnis findet und teilweise intensiv erwidert wurde, ja dass fallweise auch zu den Botschaften anderer Länder Verbindungen zustande kommen, liegt durchaus im Bereich der Zielsetzungen. Denn die Deutschen Rumäniens wollen, nach dem Konzept ihres Forums, nicht von Vormündern vertreten werden, weder von solchen im Ausland noch von solchen im Inland; wohl aber werben sie hier wie dort um Freunde und Fürsprecher. Duch Vorsprachen beim (und Einladungen vom) Hohen Komissar für die Minderheiten, durch seine´n Beitritt zur FUEV, der Förderalistischen Union Euopäischer Volksgruppen u.ä. hat das Forum auch erste kleine Schritte auf europäischem Parkett getan.

 

Neue Selbsteinschätzung

Das alles mag ein wenig hochgestochen klingen. Doch ist es eine unerlässliche Voraussetzung für jenes "eigene Zimmer", das sich die Rumäniendeutschen seit 1990 im europäischen Rumänien einrichten wollen. Wohl wäre es wünschenswert, dieses "eigene Zimmer" dann auch nach eigenen Vorstellungen, d.h. nicht mach Maßen einzurichten, die von einer Außenperspektive (Bukarest oder Bonn/Berlin) bestimmt werden. Aber, dass mit dieser Außenperspektive gerechnet und gearbeitet werden muss, liegt bei der Schwäche der eigenen Position auf der Hand. Es waren in diesem Sinne positive Signale, wenn bei Besuchen hoher deutscher politischer Würdenträger (wie z.B. den Bundespräsidenten oder den Ministerpräsidenten deutscher Länder) Forumspräsentanten auf rumänischer Seite ebenso zugezogen wurden wie bei den Besuchen des rumänischen Staatspräsidenten in Deutschland oder bei Besuchen parlamentarischer Delegationen im Ausland. Es sollte den Rumäniendeutschen wichtig, den Staatsführungen Rumäniens und Deutschlands aber bewusst sein, dass die "rumänischen Staatsbürger deutscher Nationalität" (so ihr offizieller Name), deren "deutsche Mentalität" ebenso unbezweifelt ist wie deren jahrhundertealte Erfahrung im Umgang mit dem rumänischen Partnervolk, dass also diese Rumäniendeutschen das Potential eines Katalysators darstellen, der den Prozess der Verbindung zweier unterschiedlicher Elemente duch seine Einbeziehung in diesen Prozess, begünstigt.

Davon, dass diese Einsichten schon den Forumsgründern wesentlich erschienen, zeugen Zeitungsartikel der Gründungswochen, in denen auf die doppelte Kompetenz rumäniendeutscher Qualifizierung hingewiesen wurde: Werde der Rumäniendeutsche nur in deutschen, bzw. nur in rumänischen Bezügen beansprucht, so gehe ihm selbst, vor allem aber denen, die ihn in Anspruch nehmen, ein Teil seiner Mitgift - seine rumänische bzw. seine deutsche Kompetenz - verloren. Gerade darum lohne es sich für alle Teile, etwas für die Präsenz und Neu-Konsolidierung des Rumäniendeutschtums zu tun, denn da könne es sich in seiner doppelten Qualifizierung entfalten.

Wer aber ist nun dieses "Rumäniendeutschtum"? Schon der Begriff lässt sich wohl in Rumänien, kaum aber mehr in der Bundesrepublik der 90er Jahre verkaufen. Das "Deutschtum", für dessen Bewahrung die Schwaben und Sachsen jahrzehntelang belobt wurden, ist im binnendeutschen Sprachraum keine gefragte Kategorie mehr. Eher im Gegenteil. Zwar nimmt die deutsche Regierungspolitik es mindestens als eine Erblast des Zweiten Weltkriegs weithin wahr, dasss deutschsprachige Gruppen außerhalb der deutschen Grenzen damit rechnen (können, müssen), durch die Bundesrepublik gestützt zu werden. Aber in der Öffentlichkeit gibt es breite Strömungen, die, unteschwellig oder direkt, fragen, warum solche Gruppen in ihrer "deutschen" Identität erhalten zu werden verdienen. Ist nicht schon dieser Identitätswunsch als solcher "rechts"-lastig? "Deutschtum" wird mit "Deutschtümelei" gleichgesetzt.

Das mag verständlich sein, wenn man das Kurzzeitgedächtnis und die staatsdeutsche Perspektive in Rechnung stellt, die sich aus dem Erbe Bismarcks und aus dem Missbrauch ergibt, der im Hitlerreich mit den "Volksdeutschen" getrieben wurde. Bis zur Wende von 1989 hat sich die Bundesrepublik bemüht, für Folgen dieses Missbrauchs aufzukommen, insbesondere durch die Aufnahme der direkt oder indirekt "Heimatvertriebenen". Wie aber soll es nun weitergehen? Die Rumäniendeutschen wurden zwar durch massiven politischen und finanziellen Einsatz der Bundesregierungen bis 1989 großenteils nach Deutschland ausgesiedelt, und mit der Wende folgte erst recht jene schon erwähnte Lawine von Auswanderern/Einwanderern nach. Konnte und wollte man aber auch den in Rumänien Verbliebenen eine Zukunftsperspektive aufbauen?

Dieses Problem haben die Forumsgründer noch nicht in aller Deutlichkeit gesehen, denn die Antwort Bonns im januar 1990 war ja ein klares JA (siehe oben). Die Forumsgründer erkannten auch nicht sofort, was es für das Konzept der "Hilfen für die deutsche Minderheit in Rumänien" bedeutete, dass diese im Wesentlichen über das Bundesinnenministerium (!) abgewickelt wurden und nur die Kulturhilfe über das Außenamt lief, während die wirtschaftlichen Hilfen größeren Stils, die über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) finanziert wurden und werden, nicht für Anliegen der deutschsprachigen Bürger Rumäniens gedacht waren (sofern sich diese als solche zu erkennen gaben und über das Forum an das BMZ herantraten).

In seinem eigenen Konzept ging und geht das Forum davon aus, dass die Bundesrepublik Deutschland daran interessiert bleibt, die Gemeinschaften der rumänischen Bürger deutscher Nationalität in ihrer Existenz und Funktion zu unterstützen, weil sie als Brücke zwischen den Staaten Deutschland und Rumänien angesehen werden. So wird denn auch die Frage nach dem ideologieverdächtigen "Deutschtum" vermieden, und das nichtdeutschsprachige "Umfeld" Rumäniens, das bei den Hilfen für die deutsche Minderheit immer mit gemeint ist, wird ins Konzept einbezogen. Das reale Vorhandensein der deutschen Minderheit und die Folgekosten der vor 1990 auf diese Minderheit hin getätigten deutschen Politik werden also von und im Verhältnis zu Deutschland durchaus pragmatisch behandelt. Und das ist gut so.

In Rumänien besteht grundsätzlich kein Vorbehalt gegenüber dem Willen einer Minderheit, sich in ihrer Identität zu erhalten. Offen ist nur die Frage, was diese Identität im politischen Raum umfassen und wie die Identität sich politisch artikulieren darf. Die demokratische Legitimation von Verbänden, die sich ethnisch definieren, ist oder war nicht unbestritten. Auf Fragen, die sich daraus ergeben, muss auch das Forum seine Antwort zu geben vorbereitet sein. Die Situation von 1989/90 machte ihm aber seine Konstitutionierung nicht allzu schwer. Das Wahlgesetz erleichterte es ihm seit 1992, mit einem Abgeordneten (freilich nur mit einem!) in die bgeordnetenkammer einzurücken. Wohl signalisierten manche Rumänen früh Neid und Befürchtungen im Vorblick auf eventuelle Rückerstattungsforderungen, der nach 1945 hart benachteiligten Rumäniendeutschen. Doch gab es auch Demonstrationen, die an die Deutschen appelierten, im Lande zu bleiben. Viele Mitbürger aus der Mehrheitsbevölkerung besannen sich auf das, was sie am deutschen Element im Lande haben oder hatten. So war für die deutsche Minderheit eine im Ganzen günstige Atmosphäre vorhanden. Darum bedurfte es keiner besonderen Legitimation für den politischen Zusammenschluss der Deutschen Rumäniens.

 

Förderalistische Identität

Doch stellte sich für das Forum die Aufgabe, die nach Geschichte und emotionalem Zusammengehörigkeitsgefühl recht unterschiedlichen Gruppen der Rumäniendeutschen zu einer gemeinsamen Interesenvertretung, ja zu einem Gemeinschaftsbewusstsein zusammenzufassen. Interessanterweise wurde ernstlich nie daran gedacht, getrennte Verbände etwas der Banater Deutschen (Schwaben und Berglanddeutsche), der Sathmarer Schwaben und der Siebenbürger Sachsen zu gründen, um auf diese Weise drei oder gar mehr Abgeordnete ins rumänische Parlament zu entsenden. Die Zusammengehörigkeit der Deutschen Rumäniens war, obwohl durch das nationalsozialistische Vorspiel der frühen 40er Jahre belastet, durch die Schicksalsgemeinschaft der Kriegs- und Nachkriegszeit sowie der kommunistischen Jahrzehnte und der bundesdeutschen Reaktionen zu selbstverständlich geworden.

So bestand denn eine der vorzüglichsten Aufgaben des Forums darin, neben der Interessenvertretung gegenüber Bukarest und Bonn auch die unbezweifelte politische Zusammengehörigkeit aller Rumäniendeutschen zu einem wirklichen Zusammenhalt zu führen. Es wurden fünf Regionalverbände gegründet und deren Vorsitzende wurden durch eine demokratisch abgestimmte Satzung zu stellvertretenden Landesvorsitzenden erklärt - erst waren dies nur die drei Regionalvorsitzenden des Banats, Siebenbürgens und des rumänischen Altreichs (Bukarest) gewesen. Die Besonderheiten der Regionen (Altreich, Banat, Bukowina, Sathmar-Nordsiebenbürgen, Siebenbürgen) sollten dabei ebenso wenig verwischt werden wie die Sondertraditionen innerhalb ihrer selbst: Das Forum baute sich als föderalistischer Verband auf. Dass die Federführung für ein die regionübergreifenden Initiativen weitgehend auf Hermannstadt entfiel, darf man in diesem Hermannstädter Rückblick nicht verschweigen. So waren in den ersten Monaten immer wieder Bahnfahrten (man kennt ihre Mühsal) von hier nach Bukarest aufgegeben, wenn dort Sitzungen einberufen wurden - die dann oft nicht stattfanden. Manche überstürzte Bukarester good-will-Initiative zehrte an den Kräften der Hermannstädter Zentrale, wenn sie dann im Sand verlief. Mit der langwierigen Entwicklung des "Minderheitenrates" (genauer: des Rates für die nationalen Minderheiten!) kamen finanzielle Regierungshilfen ins Haus, aber auch ein erheblicher bürokratischer Aufwand betreffend Verteilung und Abrechnung. Die Finanzierung von vier Zeitungen landesweit konnte gesichert werden, kostete aber wieder Nerven und Zeit besonders des Landesforums.

So wurde Hermannstadt durch die übernommene zentrale Rolle auch ziemlich belastet. Ob dadurch für die Entwicklung des eigenen Zentrumsforums Kräfte blockiert worden sind, kann ernstlich gefragt werden. Die Bereitschaft oder der Wille zur Mitarbeit war begrenzt. Dass hier auch andere Institutionen der Deutschen weiterhin vorhanden waren und Engagement sowohl beanspruchten als auch fanden, kann über eine in Stadt und Umgebung verbreitete Müdigkeit nicht hinwegtäuschen. Gute Ansätze, wie etwa die der Errichtung einer Organisation von Sympathisanten rumänischer Ethnie, verloren bald an Schwung und Durchschlagskraft. Solche Ansätze warten jetzt auf Erneuerung. Anderes, wie ein ausgearbeitetes Programm des Landesforums, das für die kommenden Kommunal- und Parlamentswahlen Stimmen anziehen, und Zukunft sichern hilft, wartet seit Jahren auf seine Ausführung. Die Zielsetzungen der Forumsgründung haben an Aktualität nicht verloren. Sie haben sich im Gestrüpp der konkreten Politik, scheint mir, durchaus bewährt, auch wenn es mit ihrer Verwirklichung zähflüssiger geworden ist als man es hoffte und wünschte.

Ein solches Hindernisrennen musste der politische Durchsetzungswille immer auf sich nehmen. Er muss das auch heute. Wesnetlich scheint mir nach den vielen Turbulenzen der letzten hundert Jahrem dass - im Unterschied zu den Leitgedanken früherer Jahrzehnte - die konzeptionellen Grundlagen der Forumsgründung sich in zukunftsweisende Rahmenvorstellungen der modernen europäischen Gesellschaft einfügen, und darum im Prinzip auch praktikabel sein werden, ungeachtet der retardierenden Widrigkeiten, die durch Kräfte in Rumänien, aber auch durch Zögerlichkeiten entstehen, die aufseiten von bundesdeutschen Partnern auftreten (können), denen es von ihren traumatischen Erfahrungen her schwer fällt, die ethnisch definierte Gemeinschaft der Rumäniendeutschen als solche zu bejahen (wenn oder weil sie deren Wesenskomponenten halb verstanden haben). Für beide Seiten, die bundesdeutschen wie für die rumänischen Partner, aber auch gegenüber den eigenen Landsleuten, wird darum der Standpunkt bzw. das Programm des Forums geduldig weiter geklärt und in zeitgemässer Weise weiter entwickelt und formuliert werden müssen, einschließlich etwa dessen, was die ethnische Selbstdefinition der Deutschen Rumäniens kulturelle Identität meint und dass darin wohl eine geschichtsbezogene und soziale (also politisch verantwortliche), jedoch keinerlei rassistische Komponente mitschwingt. Dabei ist es sehr zu wünschen, dass der schon angesprochene Durchsetzungswille nicht durch die self fulfilling prophecy derer kaputt geredet werde, die selbst im Blick auf eine Zukunft der Rumäniendeutschen längst kapituliert und aus ihrer Kapitulation sowohl die Konsequenz der Auswanderung gezogen haben, als auch das verständliche Bedürfniss haben, ihren Schritt sich selbst und anderen gegenüber als richtig zu rechtfertigen.

Dieses aber: den gegenwärtigen und zukünftigen Wert der rumäniendeutschen Gemeinschaften für das Zusammenleben im pluralitären Rumänien einerseits und für die Integration Rumäniens in Europa andererseits zu erweisen, ist eine Aufgabe des Forums, bei deren Erfüllung es auf die Zusammenarbeit mit vielen Freunden, die seinen Weg begleiten, angewiesen bleibt.

Ein Beitrag aus: "DEUTSCHES JAHRBUCH für Rumänien 2002" vom ADZ-Verlag

ISBN - 973-99655-9-8

Verlag der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien"

ADZ International Press

79777 Bukarest, Piata Presei Libere 1


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