Ein Exkurs zur Geologie des Apuseni-Gebirges

von: Carl Strutinski

Muntii Apuseni, wie sie im Rumänischen heißen, bedeutet zu Deutsch "die westlichen Berge" oder, noch treffender, "die Berge in Sonnenuntergang". In der deutschsprachigen Literatur sind sie auch noch unter Apuseni-Gebirge oder West-Gebirge anzutreffen. Sie erscheinen in Form einer großen, aufragenden Gebirgs-Insel, bzw. Halbinsel, die im Westen an die Pannonische Tiefebene, im Osten und Norden an die Transsylvanische Hochebene grenzt. Bloß im Süden setzt sich das Apuseni-Gebirge in den Südkarpaten fort, allerdings durch das tief eingeschnittene Mures-Tal geomorphologisch von letzteren abgegrenzt.

Im Unterschied zu den Geologen, sprechen die Geographen den ganzen westlichen Teil der rumänischen Gebirgslandschaft als "West-Karpaten" an, verstehen darunter also sowohl das Apuseni-Gebirge, als auch den westlichen Abschnitt der Südkarpaten (Poiana Rusca, Semenic-, Almaj-, Anina- und Locva-Berge). In geologischem Sinne jedoch, versteht man unter Westkarpaten den slowakischen Teil des Karpatenbogens (Hohe Tatra usw.). Das sollte uns aber nicht verleiten, anzunehmen, dass das Apuseni-Gebirge entwicklungsmäßig nicht den Karpaten angehöre. Es hat aber eine ganz eigene geologische Beschaffenheit, die mit seiner Lage in der ehemaligen alpinen Geosynklinale, d.h. dem am Beginn des Mesozoikums herausgebildeten marinen Ablagerungsraum, zusammenhängt. Es wird angenommen, dass dieser Ablagerungsraum sich in west-östlicher Richtung erstreckte und erst spät, während des Neozoikums, verformt wurde, wobei u.a. der Alpen- und dessen natürliche Fortsetzung, der Karpatenbogen, entstanden.

Stellt man sich nun ein Profil (= senkrechter Schnitt durch die Erdoberfläche) vor, welches das Apuseni-Gebirge und die südlich davon gelegenen Südkarpaten in nord-südlicher Richtung durchquert, so erhält man in ungefähr einen Querschnitt der ehemaligen W-O-orientierten Geosynklinale, wobei der nördliche Abschnitt des Profils, genauer gesagt, das nördliche Apuseni-Gebirge dem südlichen, der südliche (Südkarpaten) aber dem nördlichen Teil der Geosynklinale entspricht. Das wird leicht verständlich, wenn man sich die Geosynklinale als breites Band vorstellt, das im Verlaufe seiner Entwicklung durch Bögen und Schleifen verformt wurde, wie das in den nachstehenden Skizzen aufgezeigt wird.

 

In den beiden Skizzen entspräche das schwarze Quadrat der Position des Apuseni-Gebirges vor (A) und nach (B) der Umwandlung des geradlinigen Verlaufes in eine Schleife

 

Dabei muss man sich vor Augen halten, dass das Transsylvanische Hochland, wie auch das Pannonische Tiefland eigentlich nur abgesunkene Teile innerhalb der ehemaligen Geosynklinale darstellen.

Es würde zu weit führen, die Entwicklung vom Band zur Schleife zu erklären, besonders, da es verschiedene Deutungsmöglichkeiten gibt, die sich z.T. stark widersprechen.

Wir wollen hier, im Hinblick auf das Apuseni-Gebirge, nur vermerken, dass sich innerhalb der Geosynklinale höher gelegene Plattformen befanden, die - zumindest in bestimmten Zeitabständen - von so genannten Trögen unterbrochen waren, die eine starke Einsenkung und intensive tektonische Beanspruchung erfuhren, was sich in den verschiedenartigen Sedimentgesteinen widerspiegelt, die auf den Plattformen, bzw. in den Trögen zum Absatz kamen. Die Tröge hatten eine lang gezogene Form und verliefen mehr oder weniger parallel zur Geosynklinale als Ganzem.

Dank dieser Vorwegnahme, haben wir es nun relativ leicht, die geologische Zusammensetzung des Apuseni-Gebirges zu verstehen. Dieses wird nämlich aus zwei völlig verschiedenen Teilen aufgebaut.

Das nördliche Apuseni-Gebirge entstand aus einer ehemaligen Plattform der Geosynklinale. Hier wurden - über kristallinem Untergrund und über dem Abtragungsschutt eines spät-paläozoischen Gebirges - während Trias, Jura und unterer Kreide vorwiegend kalkige Sedimente abgelagert (Karbonat-Plattform, z.T.). Im Laufe der Oberkreide wurden diese zu Kalkstein verfestigten Sedimente gefaltet und übereinander geschoben, wobei schließlich sogar der kristalline Untergrund über den Kalken zu liegen kam.

Ganz anders das südliche Apuseni-Gebirge. Es gehörte vielleicht bis Mitte Jura derselben Karbonat-Plattform an, wie das nördliche Apuseni-Gebirge. Danach aber setzte eine kontinuierliche Absenkung ein, die das Gebiet in einen Trog verwandelte, in dem sich nur noch Gesteinsschutt ansammeln konnte. Dieser kam durch das Abrutschen der immer steiler werdenden Trogabhänge zustande. Es wurden hier während des oberen Jura und der unteren Kreide größtenteils Sandsteine, Tone und Mergel abgelagert, in die große Kalksteinplatten, so genannte Olistolithe, eingekeilt sind, die sich von der angrenzenden Karbonat-Plattform losgelöst hatten. Währenddessen stiegen aus der Tiefe entlang von Spalten riesige Massen basaltischer Schmelzflüsse hoch. Die ganze Trogfüllung wurde ebenfalls in der Oberkreide erstmals gefaltet.

Kompliziert wird die Struktur sowohl des nördlichen, als auch des südlichen Apuseni-Gebirges, durch intensive magmatische Tätigkeit, die konzentriert während der Oberkreide und - nur im südlichen Apuseni-Gebirge - im Neogen stattfand.

Die wichtigsten Konsequenzen der unterschiedlichen Entwicklungen, die das nördliche und das südliche Apuseni-Gebirge durchlaufen haben, sind vor allem wirtschaftlicher Natur. Den Reichtum des nördlichen Apuseni-Gebirges bilden die Kalksteine und die fast nur auf Kalksteinen sich bildenden Aluminium-Erze (Bauxit). Den Reichtum des südlichen Apuseni-Gebirges bilden hingegen die Gold-Silber-Kupfer- und Blei-Lagerstätten, die sich im Zusammenhang mit dem neogenen Vulkanismus gebildet haben.

Unter rein touristischem Aspekt ist zudem im nördlichen Apuseni-Gebirge, Dank der großen Verbreitung der Kalksteinformationen, die Entwicklung von Karstfeldern und - damit im Zusammenhang - die große Anzahl der Höhlen nennenswert, die es in ihrer Vielfalt, Schönheit und Ausdehnung mit den weltweit berühmtesten aufnehmen können.

 

Skizze des Apuseni-Gebirges nach M. Bleahu (1976)

1-3 - Einheiten des nördlichen Apuseni-Gebirges
4 - südliches Apuseni-Gebirge
5 - Neogene Magmatite
6 - Kretazische Magmatite

 

zurück / înapoi

-------------------------------------------

zurück zur Rumänien-Startseite

eMail