Ein Streifzug durch die Moldau ...

oder ... Bunte Eier und wie´s geht!

Eine Recherche von Gudrun Pauksch und Wilhelm Scherz / Fotos: Wilhelm Scherz

April 2005. Gudrun Pauksch und meine Wenigkeit, zwei hoffnungslos "rumänieninfizierte" Wesen, auf dem Weg in die Moldau (Bukowina). Am frühen Morgen sind wir im Kloster Râmet erwacht und nahmen den langen Weg durch das Siebenbürgische Becken auf uns. Viel Stress auf den Strassen Richtung Turda - Cluj-Napoca - Dej - Bistrita. Hinter Bistrita hatte der Stress dann ein Ende. Einige Kilometer weiter führt die hier wenig befahrene -17- (E 58) hinauf in das Bârgau-Gebirge. Nahe dem Pasul Tihuta (1200 m) eröffnen sich schöne Ausblicke auf das nahe Caliman-Gebirge (siehe oberes Foto). Ab Poiana Stampei verläuft unmittelbar neben der Strasse, Rumäniens höchst gelegene Bahnstrecke, welche von der Endstation in Dornisoara kommend, nach Vatra Dornei hinabführt. Wir tauchen ein, in die traumhafte Landschaft der rumänischen Moldau-Region, welche in etwa innerhalb der heutigen Bezirksgrenzen des Judetul Suceava verläuft. Zum späten Abend erreichen wir unsere Pension in Manastirea Humorului.


 

Manastirea Humorului

Zu Zeiten von Alexandru cel Bun befand sich hier in der Gegend eine kleine Mönchklause. Ein Satthalter (vornic) aus der Umgebung, stiftete eine Steinkirche, die neben der hölzernen Mönchklause errichtet wurde (15. Jahrhundert). Diese neue Stätte erhielt unter anderem eine Schenkung von "Stefan cel Mare" (Stefan der Große), das berühmte Evangelienbuch mit seinem Bildnis: "Evangheliarul de la Humor". Die alte steinerne Kirche existiert nicht mehr. Im Jahre 1530 wurde, ca. 500 m vom alten Standpunkt entfernt, die neue, heute noch existierende Kirche erbaut (links im Bild).

 

Klosterkirche Humor

Die Kirche wurde um 1530 erbaut. Eine Inschrift verweist auf die Stifter Teodor Bubuiog und seiner Gemahlin Anastasia. Die Kirche hat einen länglichen Trikonchengrundriss, ohne Turm und mit offener Vorhalle. Bei den Aussenwandmalereien dominiert das sogenannte "Rot von Humor". Bedeutende Abbildungen an der Nordwand stellen Szenen aus der Belagerung Konstantinopels dar, welche sich auf die Belagerung der einstigen Hauptstatt des Byzantinischen Reiches durch die Perser im Jahre 626 beziehen.

 

Der Pronaos ...

... verfügt im Innern über eine schön ausgebaute Kuppel, die auf schmuckvollen Bögen ruht. Im Jahre 1535 wurde die Kirche aussen, sowie im Innnern bemalt. Neben einigen anonymen Malern ist der Name "Toma" bekannt, ein Maler der ansonsten am Hofe des Fürsten Petru Rares wirkte. Vom Pronaos gelangt man zunächst in die Grabkammer. Hier befindet sich auch das Stifterbild des Kanzlers (logofat) Teodor Bubuiog.

 

Im Naos ...

... finden sich unter den prachtvollen Wandmalereien auch ein Abbild der Familie des Fürsten Petru Rares.

 

Traditionelles Bauernhaus ...

... zwischen Manastirea Humor und Gura Humorului.

 

Manastirea Moldovita

Das Kloster wurde im Jahre 1532 erbaut. Zuvor gab es an diesem Ort eine aus dem 14. Jh. stammende Holzkirche. Später wurde unter Alexandru cel Bun im Jahre 1410 eine Steinkirche erbaut. Reste der Kirche sind am Eingang zum Dorf Vatra Moldovitei, nahe des Flusses sichtbar. Der Klosterkomplex besteht aus der Kirche, einer Umfassungsmauer mit drei massiven Türmen, dem Fürstensitz (im nordwestlichen Bereich des Hofes) und der aus dem 18.-19. Jahrhundert stammenden Abtei (Südostseite).

 

Die Klosterkirche ...

... hat einen Kleeblattgrundriss. Die Aussenwandbemalung stammt aus dem Jahr 1537. Rechts im Bild erkennt man das zwischen 1610-1612 erbaute Fürstenhaus, das einst als Fürstenresidenz und Bischofssitz diente und in der Zeit zwischen 1955-1957 restauriert wurde. Seither beherbergt das Gebäude ein Museum, welches zahlreiche Kunstwerke beherbergt. Heute werden von den Nonnen hier aufwendig bestickte Gewänder für Priester und Bischöfe gefertigt.

 

Eine Besonderheit ...

... der Klosterkirche ist der eigenwillige Aufbau der offenen Vorhalle.

 

Der Naos ...

... verfügt, wie auch die Gräberkammer, über etwas grössere Ausmasse im Vergleich zur Kosterkirche Humor.

Wichtig zu erwähnen, die Äbtissin Tatiana Drelciuc des Klosters, spricht fliessend Deutsch und bietet bei Voranmeldung auch Führungen in deutscher Sprache an und kann Unterkünfte vermitteln. Kontaktmöglichkeit:

Tatiana Drelciuc ... Manastirea Moldovita ... 727595 Vatra Moldovitei ... Jud. Suceava ... Tel. 0040 230-336348 / Mobiltel.: 0040 740-483222.

 

Die Aussenwandmalerei ...

... ist insbesondere auf der Südseite gut erhalten. Die Nordfassade weisst nur noch wenige Fragmente auf. Dominierende Grundfarbe ist hier die Grundfarbe Gelb.

 

Auf Besuch bei Glikeria Hretiuc

... im häuslichen Atelier. Vielen Rumänienfreunden und Interessierten sind die kunstvoll bemalten Eier durchaus bekannt. Dieses alte Handwerk zu erleben, war eines der ganz grossen Ziele unserer Rumänienreise. Tatiana Drelciuc, die Äbtissin des Klosters Moldovita gab uns schliesslich diesen entscheidenden Tipp. Wir wurden bei Familie Hretiuc freundlich eingelassen und bekamen einen Einblick in die hohe Kunst des Eier-Bemalens.

 

Es gibt zwei Techniken!

Die hier im Bild gezeigte neue Technik eines Dickschichtverfahrens mit eingefärbten Wachs, was neben den traditionellen Mustern auch Motive jeglicher Art ermöglicht. Wir erleben hier nichts anderes als die Geburt einer neuen Tradition! Uns aber interessierte zunächst die alte Technik, also zur Sache: ...

 

Die Vielfalt ...

... der kunstvoll bemalten Eier ist gross und auch die Herkunft der Eier ist interessant. Die billigsten Sortimente stammen von Hühnereiern. Kunstvoller und beliebter sind Eier von Gänsen und Enten. Die Äbtissin Tatiana Drelciuc wiess bei nachfolgenden Recherchen darauf hin, dass Enteneier mitunter die schönsten seien, weil sie von Natur aus eine sehr glatte (glasige) Schale haben. Glikeria Hretiuc bemalt auch Strausseneier, die sie aus Amerika zugesendet bekommt. Übrigens noch bis vor der Revolution wurden die Eier gekocht und bemalt. Erst jüngst werden die Eier ausgeblasen.

 

Die Arbeitsmaterialien ...

... sind schnell aufgelistet: Das beheizbare Reservoir, welches den Wachs auf + 60 Grad warm hält; die Werkzeuge zum Auftragen des Wachses auf die Eier, bestehend aus einem Holzstab, mit einer vorn mit Kupferdraht fixierten Hohlnadel (Hohldraht); die verschiedenen Farben; ein Gasbrenner u.a. Utensilien.

 

Die Arbeitsschritte

Prinzip erkannt?

 

Zu Beginn ...

... wird mit heissem Wachs ein erstes Muster aufgetragen. Alle dunkel eingefärbten Flächen geben später nach dem Ablösen des Wachses die weisse Grundfarbe wieder. Anschliessend wird das gesamte Ei in gelbe Farbe getaucht und der Prozess des Wachsauftragens wiederholt sich. Also - alle Linien und Flächen, die später gelb erscheinen sollen, werden nun erneut mit Wachs abgedeckt (gezeichnet). Bei Verwendung grüner Farbgebung, wird nun direkt mit einer blauen Farbe auf das Gelb aufgetragen, wobei während der Vermischung der zwei Grundfarben das Grün hervorgeht. ...

 

Erneut wird das Ei ...

... nun in rote Farbe getaucht. Nun werden alle Linien und Flächen, die später rot erscheinen sollen, mit Wachs abgedeckt. Am Ende wird das Ei komplett in schwarze Farbe getaucht. Alle bisher nicht mit Wachs abgedeckten Flächen bleiben am Ende Schwarz.

 

Das Ende!

Nachdem das Ei der schwarzen Farbe entnommen wurde und etwas getrocknet ist, wird das schwarze Ei über eine Gasflamme leicht und behutsam erhitzt. Das dadurch aufgetragene Wachs erweicht und kann nun mit einem Tuch vorsichtig abgewischt werden. Zurück bleiben die jeweils unter dem Wachs befindlichen Farbschichten und das endgültige Muster kommt zum Vorschein.

 

Traditionelle Produkte

Diese Eier wurden - wie zuvor beschrieben - auf traditionelle Weise bemalt. Muster und Grundfarben können sehr unterschiedlich sein. Hier in der Moldau unterscheiden sich die bestimmenden Farben gelegentlich nach den Orten, wo sie gefertigt werden: in Moldovita dominiert das Rot, bei Paltin das Schwarz und in Breaza die Farbe Grün, ...

 

Das neue Verfahren ...

... ist bestimmt durch das Auftragen von gefärbten Wachs. Dadurch ist der Künstler freier in der Wahl seiner Motive. Verzierende Farbpunkte stehen oft wie kleine Perlen hervor.

 

Die Preise ...

... für die hier gefertigten Eier beginnen bei den kleinen Eiern bei 3 Euro. Für die etwas grösseren Enteneier beginnt der Preis je nach Form der Bemalung und Aufwand der Motive bei 6-9 Euro. Grosse, bemalte Strausseneier kosten natürlich weit mehr und werden oft nur nach Auftrag und in Absprache gefertigt. Natürlich bietet sich fast immer die Möglichkeit auch spontan hier ein bemaltes Straussenei käuflich zu erwerben.

 

Die Auswahl ...

... hier im Alelier von Glikeria Hretiuc ist natürlich gross und auch ich hatte so meine Probelme mit der Wahl. Aber selbst für einen Karpatenwilli fand sich ein passendes Ei mit zwei Karpatenbären darauf (!!!), und natürlich noch einige andere Exemplare. So eines mit der Maria und dem kleinen Jesuskind mochte ich auch. ...

 

Kontakt:

Wer das Haus von Glikeria und Stefan in Moldovita sucht, braucht sich nur nach der STIL-Vertretung durchfragen. Stefan Hretiuc spricht fliessend Deutsch und Glikeria beherrscht dies einigermassen. Telefonische Voranfragen sind also kein Problem:

Stefan & Glikeria Hretiuc ... Moldovita ... Tel.: 0040 230-336422, Mobiltel.: 0040 744-311254

 

Meine Reisepartnerin, ...

... die Gudrun Pauksch (www.gudrungudrun.de), konnte nicht umhin, auch vor dem Kloster Moldovita noch einige Eier zu kaufen.

 

Pasul Ciumârna (1100 m)

Von Moldovita setzten wir unsere Tagesreise fort über die -17 A-, hinauf zum Ciumârna-Pass. Anschliessend ging es talwärts nach Sucevita.

 

Manastirea Sucevita

Die ältesten Gebäude des Klosters Sucevita stehen heute ausserhalb des eigentlichen Klostergeländes. Bereits vor 1580 begann unter Leitung des Bischofs von Radauti, Gheorghe Movila, der Bau einer steinernen Kirche, die 1581 geweiht wurde (Die Taufe des Herrn). Nach 1832 fungierte die erste Kirche und der dazu gehörige Glockenturm (rechts im Bild) als Pfarrkirche. 1582-1586 begann man mit dem Bau einer neuen Klosteranlage grösseren Ausmasses.

 

Die mächtige Befestigungsanlage ...

... umschliesst das Kloster Sucevita in einem beinahe quadratischen Grundriss (100x104 m). Die 6 m hohen Mauern haben eine Stärke von ca. 3 m und wurden aus Stein und Mörtel errichtet. Links im Bild zu sehen, der Glockenturm (nordwestlicher Bereich). In der ersten Etage des Turmes befindet sich ein Atelier für Ikonenrestauration. Im obersten Stockwerk befinden sich die Glocken, von denen zwei eine Schenkung von Ieremia Movila sind. Eine Inschrift auf der grossen Glocke datiert die Schenkung auf das Jahr 1605.

 

Die Klosterkirche ...

... widerspiegelt die architektonischen Gesamteinflüsse damaliger Moldauer Baukunst um die Zeit des 15.-16. Jahrhunderts. Der Grundriss der Kirche ist dreilappig, byzantinischer Prägung. Die Kirche unterteilt sich in Altarraum, Schiff, Grabhalle, Vorschiff und Vorhalle (Exonartex). Über der Grabhalle befindet sich die Geheimkammer, in der einst die Schätze des Klosters und damaliger Herrscher in Kriegszeiten aufbewahrt wurden.

 

Ässere Wandmalerei

Im Bild zu sehen: "Die Stufenleiter der Tugenden" auf der Nordfassade, stammt vermutlich von dem griechischen Maler Stamatello Cotronas. Die Leiter zeigt 30 Sprossen, wobei jede Sprosse einer Tugend entspricht, die die Mönche (heute Nonnen) zur Erlangung ihrer Vollkommenheit nachweisen müssen. Die letzte Stufe symbolisiert die Dreiheit von Liebe, Hoffnung und Glaube. Ist diese Stufe erklommen, so wird der Mönch (Nonne) vom Sohn Gottes in die Welt der Engel aufgenommen. Zwei Dreiecke demonstrieren die Gegensätze vom himmlischen Reich der Engel (rechts oben) und der Chaos-bestimmenden Hölle (links unten).

 

Der Tortum ...

... im Bild rechts der Kirche zu sehen, befindet sich mittig der Nordseite des Klosters. Über der gewölbten Einfahrt befinden sich zwei Stockwerke. Im ersten Stockwerk ist die Kapelle "Maria Verkündigung" beherbergt.

Zur Kirche und deren Aussenbemalung: Die Zentralapsis beherbergt "Das Gebet aller Heiligen". Weitere Darstellungen: Szenen aus der Genesis; Das Leben des Hl. Pahomie, Szenen aus dem Lobgesang; Der Brautschleier der Mutter Gottes; Der brennende Scheiterhaufen; Der Empfang der Gesetzestafeln; Krönung der Mutter Gottes; Der Stammbaum Jesse; ... Keine Erklärung findet sich darüber, warum die Westfassade nicht bemalt wurde.

 

Die Innenmalerei

... beherbergt Motive wie: Das Gebet auf dem Berg (Kirchenschiff); Jesus vor Pilatus (Ks); Jesus vor Hannah und Kaiphas (Ks); Die Leugnung des Hl. Petrus (Ks); Gott der Vater (Ks); Das Weinen der Engel (Ks); Der Hl. Erzengel Gabriel und der Prophet Salomo (Grabhalle); Die Zeichen der Evangelisten (Gh); Ikonostase (Vorschiff); Die VII. Ökumenische Synode, NICÄA 787 (Vs); Die Geburt des Herrn (Vs); Der Hl. Simon, der Zelote (Vs); Die 40 heiligen Märtyrer (Vs); Die Hl. Kaiser Konstantin und Helena (Vs); Die Hl. Märtyrer Hadrian und Natalia (Vs); Szenen aus dem Leben des Hl. Nikolaus (Vs); Die Hl. Euphemia (Vs); Der Hl. Makarios (Vs); Aus dem Leben des Hl. Georg (Vs); Das Martyrium der Mönche von Sinai (Vs); Sankt Eustratius (Vs); ...

 

Ein Dankeschön an Elena Macovei, ...

... die Wirtin unserer Pension im Dorf Manastirea Humorului, wo wir gutes Quartier, noch besseres Essen und viel besseren Selbstgebrannten bekamen. Hier die Kontaktadresse:

Pensiunea Elena Macovei ... Strada Barbu Lautaru, Nr. 344, Tel.: 0040 230-572800

Weitere Unterkünfte in der Moldau


Empfehlung:

Die Äbtissin Tatiana Drelciuc aus dem Kloster Moldovita empfindet es als Herzenssache, darauf hinzuweisen, nicht den Fehler zu unternehmen, dem viele Touristen verfallen sind. Sie kommen an einem Tag und bereisen viele der Moldauklöster im Schnelldurchlauf. Am Ende können sie die Klöster kaum voneinander unterscheiden, geschweige, dass ihnen Zeit blieb, die wunderschöne, liebliche Wald- und Weidelandschaft der Moldau wahrzunehmen oder Bekanntschaften mit einheimischen Bauern zu machen. Es ist generell empfohlen, pro Tag höchstens zwei Klöster zu besichtigen und die Besuche mit anderen Zielen zu kombinieren, etwa ein Besuch des Klosters Moldovita mit der Besichtigung des Ateliers der Eiermalkünstlerin Glikeria Hretiuc zu verbinden, oder ein Besuch des Klosters Sucevita und der Keramikwerkstätten von Sucevita. ...

Weitere Infos aus der Moldau HIER


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