Ein Tag im Canionul Jghiabului

Fotos: Wilhelm Scherz (September 2003)

Diese Seite ist eine Ergänzung zur Fotoserie: "Schluchten zwischen Jiul de Vest und Strei". Bereits damals wurde angemerkt, dass es eine ergänzende Exkursion in das Canionul Jghiabului geben würde, was im September des Jahres 2003 dann auch geschah. Dank neuen Informationsmaterials vom rumänischen Höhlenforscherclub "PROTEUS" in Hunedoara, war ich gerüstet für einen kleinen Tagesausflug in diese südliche Bergregion des Sureanu-Gebirges. Da ich mich eh schon in der Comuna Pui befand, war die Anreise schnell getan. Am Tage verkehren auf der Strecke zwischen Hateg und Petrosani regelmässig Maxi-Taxis.


 

 

Aufstieg zum Einstieg

Durchfährt man auf der -66- (E 79) den Ort Baru in Richtung Petrosani, so kommen ca. 2 km weiter die ersten Häuser des Dorfes Crivadia. Die Strasse steigt an zum Pasul Banita. Ca. 1 km vor der grossen Brücke zweigt ein Forstweg nach links ab. Dieser ist als "Drum Forestier Tecuri" ausgeschildert und allerhöchstens mit einem Allradfahrzeug noch befahrbar. Ab hier gehts aber zu Fuss hinauf zur Pestera Gaura Oanei. Nach einem ersten Anstieg eröffnen sich schöne Ausblicke über das Karstgebiet, über dem sich ein alter dakischer Wachturm (Turnul medieval) befindet.

 

Turnul medieval

Dieser alte dakische Wachposten thront über der tiefen Crivadia-Schlucht. Wenn man auf der -66- (E 79) die Brücke überfahren hat, kann das Auto an einer nahen Bushaltestelle geparkt werden. Links der aufsteigenden Strasse führt ein kleiner, schnell zu übersehender Fusspfad hinauf zum Turm. Von diesem Aussichtspunkt geht es weiter in Serpentinen bergauf. Vor der letzten Biegung macht die Forststrasse eine etwas weiter geschwungene Kurve, in welcher ein zweiter Weg nach rechts abzweigt und durch den hier etwas geweiteten Talgrund führt. Diesen Weg gilt es einzuschlagen. Im Talgrund verläuft ein Bachbett, welches oft trocken ist, oder nur wenig Wasser führt. Diesem Bachbett folgt man nach rechts. ...

 

Alle Wege verlassend ...

... folgt man dem zumeist trockenen Bachbett talwärts und gelangt nach wenigen Metern in eine kleine Schlucht. ...

 

Der kleinen Schlucht folgend ...

... kommt man an eine Felsbarrikade, die durch einen kleinen Tunnel zu unterlaufen ist. Dann sind es nur noch wenige Meter bis zum grossen Strudeltopf.

 

Der Strudeltopf ...

... markiert sogleich das Ende für alle, die im Klettern nicht sonderlich geübt sind. Vor vielen Jahren, als ich schon einmal das obere Höhlenportal der Pestera Gaura Oanei besuchte, da war der Abstieg hinter dem Strudeltopf über einen angelehnten Baumstamm noch leicht. Diesmal war kein Baumstamm mehr da. Was also tun? Springt man erst einmal breitbeinig in das ca. 2 m tiefe Strudelbecken, dann gibt es an den abgerundeten Oberkanten kein Zurück mehr. Nun, meine Freunde in Pui wussten ja wo ich am heutigen Tage bin und sollte ich mir gar ein Bein brechen, dann würden sie am Abend kommen, mich bergen und das Beinle mit einer grossen Tuica-Flasche schienen :-))) ! ... Ich sprang also in das Becken und schaute über den unteren Rand in den ca. 8 m tiefen Abgrund. Links der Felswand (von oben nicht zu sehen!) befindet sich ein Abseilhaken. Aber was nützt dieser, wenn man kein Seil dabei hat. Ich kletterte den Abschnitt über drei kleine Absätze schliesslich unbeschadet hinunter und alles war gut! Dort auf dem Grund befindet sich linksseits ein weiteres Höhlenportal. Allerdings ist diese Höhle keine 20 Meter lang. Im Bildhintergrund sieht man bereits das grosse obere Höhlenportal der Pestera Gaura Oanei.

 

Intrarea amonte

Der obere Eingang der Pestera Gaura Oanei. Das grosse Portal hat eine Höhe von knapp 20 Meter. Die sich anschliessende Galerie setzt sich im innern in gleicher Höhe fort. Im hinteren Bereich des ca. 30 m langen Saales verringert sich die Deckenhöhe. Hier zweigen zwei Gänge ab. Linksseits ein aktiver Gang, mit einem zumeist konstant fliessenden Rinnsal, der sich nach ca. 50 Meter erneut in zwei Gänge aufteilt. ...

 

Geht man nun links, ...

... so verjüngen sich Gangquerschnitt und Deckenhöhe zunehmend. Nach etwa 80-100 Meter endet der aktive Höhlengang, der hier nur noch eine Deckenhöhe von etwa 1,2 Meter hat.

 

Geht man nach rechts, ...

... so endet der Gang schon nach ca. 20-30 Meter. In einer kleinen Galerie befindet sich eine schöne steinerne Kaskade (siehe Bild).

Im grossen Höhlensaal schliesst sich desweiteren ein Gang nach rechts an. Dieser hat eine Deckenhöhe von etwa 10 Meter und verläuft zunächst nur leicht absteigend bis zum mittleren Eingang der Höhle, dem "Intrarea din mijloc". Wer sich auf keine weiteren Klettertouren einlassen möchte, der folge hier einem kleinen Fusspfad, über welchen man wieder zum Tecuri-Forstweg gelangt. Diesen Abzweig aber beim Anmarsch zu finden, ist schwer.

 

Intrarea din mijloc

Ein kurzer Ausstieg aus der Höhle zeigt das Portal von aussen. Der Zugang rechtsseits führt nur in eine kleine Galerie, der absteigende Zugang linksseits führt direkt in die Höhle.

 

Weiter talwärts!

Hinter dem mittleren Eingang zur Höhle kommt eine Auswölbung linksseits, in der ein einstiger komplett versedimentierter Höhlengang mit nachfolgend überzogener Kalkformation zu sehen ist. Im Anschluss daran steigt das Gefälle steiler hinab zum unteren Höhlenausgang. Auf dieser Strecke finden sich die schwierigsten Passagen. Über mehrere Gefällestufen, deren Höhe aber kaum mehr als 2 m übertrifft, besteht aufgrund des hier fliessenden Wassers grosse Rutschgefahr!

 

Intrarea de jos

Das untere Höhlenportal hat eine Höhe von ca. 10 Meter. Ein erster Blick ins Freie lässt bereits erahnen, was für eine wilde Landschaft den Besucher hier erwartet. Die Gesamtausdehung der Höhle beträgt 1262 Meter. Die Höhle mit der Registriernummer: 2067/9 wird vom Höhlenforscherclub "PROTEUS" betreut, der in er nahen Umgebung an die 45 Höhlen erforscht und kartographiert hat. Bis auf wenige Ausnahmen haben die Höhlen eine Länge zwischen 10-50 Meter. Eine Ausnahme ist da die nahe "Pestera de la Malul Rosu" mit einer Gesamtlänge von 1003,5 Meter. Aber das ist ein Ziel späterer Exkursionen!

 

Nach dem unteren Höhlenausgang ...

... beginnt ein Abschnitt in völliger Wildnis.

 

Immer wieder Steilstufen!

Die erste Passage nimmt man problemlos, sofern es nicht regnet und das Gestein rutschig wird. An diesem Punkt allerdings ist ohne Abseiltechnik Schluss. Das Areal muss umgangen werden. Talwärts gesehen, ist eine Umgehung nach rechts hinauf beinahe niemals möglich. An diesem Vorsprung war ein Aufstieg zunächst zu beiden Seiten nicht machbar und so hiess es, zurück zum unteren Portal der Pestera Gaura Oanei.

 

Zurück am Portal!

Kurz unterhalb des Portals besteht eine steile Aufstiegsmöglichkeit linksseits (talwärts gesehen). Man steigt schlicht so weit hinauf, bis man problemlos dem Verlauf der Schlucht folgen kann. An einer steilen Rinne, über welche auch viel altes Laub in die Schlucht gerutscht ist, bietet sich gleichfalls ein möglicher Abstieg.

 

Abstieg gelungen!

Nach der Umgehung der ersten Barriere steht man unterhalb des riesigen umgestürzten Baumstammes, welcher auf dem ersten Blick ebenfalls für einen Abstieg taugt. Allerdings ist der Stamm so dick, dass selbst ich mit meinen relativ langen Armen diesen nur zur Hälfte umfassen kann, was letztendlich im Falle eines Abrutschens ein Festhalten unmöglich macht. Die hiesige Kaskade hat eine Tiefe von etwa 6-7 Meter.

 

In dieser Kaskade ...

... fliesst immer ein kleines Wässerchen daher, weshalb eine vorsichtige Rutschpartie darin dann auch einen feuchten Hosenboden zur Folge hat. In jedem Falle sei bei diesem ca. 5 m hohen Absatz die Rutschgefahr zu beachten!!!

 

Danach ...

... scheint zu Schlucht zu enden. Das Areal weitet sich etwas und ein Aufsteig zu beiden Seiten wäre möglich. Ein schmaler Hirtenpfad kreuzt den Bachlauf und verschwindet wieder im aufsteigenden Hochwald.

 

Denkste ...

... Und wieder wirds abrupter!

 

Die Schlucht ...

... nimmt märchenhafte Formen an. Wo sind nur die Waldgeister geblieben?

 

Und wieder kommt eine Kaskade!

In der Bildmitte endet die Passage abrupt an einer ca. 5-6 m tiefen Kaskade, der sich eine zu beiden Seiten abrupte Schlucht anschliesst. Auch hier ist ohne Abseiltechnik kein Hineinkommen und eine Umgehung linksseits erneut erforderlich. Darum gehts zunächst einige Meter zurück. ...

 

Ein Stück zurück ...

... und bei dem alten Baum rechts hoch. Dann folgt man auf einigen Wildpfaden dem oberen Verlauf der Schlucht, bis sich ein neuer Abstieg zum Talgrund findet.

 

Wieder auf dem Grund!

Die im Hintergrund zu sehende, ca. 6 m hohe Kaskade ist das untere Ende jener Schlucht, die umgangen werden musste. Nun sind es nur noch wenige Meter bis zum Ende des "Canionul Jghiabului", bis dieser direkt in der Crivadia-Schlucht endet.

 

In der Cheile Crivadia ...

... gibt es zwei Möglichkeiten: 1. nach links den Weg durch die hier beginnende Schlucht fortzusetzen, oder ...

 

Zurück in die Zivilisation!

... 2. leicht rechts zum Ausgang der Crivadia-Schlucht zu gehen. Im Hintergrund sieht man schon die grosse Brücke, die von Crivadia kommend, hinauf zum Pasul Banita führt. Am rechten Brückenfuss führt ein schmaler Pfad hinauf zur Brücke.

 

Steigt man an der Brücke wieder talwärts, ...

... dann kommt irgendwann rechts der Strasse ein guter Unterkunftstipp:

HANUL BOLESTILOR (sat. Petros)

Das "Motel" verfügt über 11 2- bis 3-Bettzimmer (Preis pro Zimmer ca. 10 Euro) und zudem einer guten Gastronomie!!! Voranmelden muss man sich hier kaum.

 

Nach den Bergen ...

... folgt die wahre Zivilisation! Neugierde ist immer ein entscheidendes Mittel, Menschen vor Ort kennen zu lernen. Diese herbstlichen Impressionen bäuerlichen Schaffens, trieben mich auf den Hof und die Einheimischen frugen sich: "Wer ist denn das?"

 

Nach dem Kennenlernen ...

... und einem guten Selbstgebrannten gibts dann noch ein Abschlussfoto!

 

Und was ist passender ...

... an so einem erfüllten Wandertag, als eine Besichtigung der nahen Kirche in Baru/Petros, der Biserica Orthodoxa Petros. Und schaut man hinauf zu den Wandmalereien, wie da das Jesuskind in der Höhle liegt, so kommt mir in den Sinn, dass meine Tour durchaus auch ein bischen was mit Religiösität zu tun haben könnte. Allerdings sollten wir uns in einer modernen Gesellschaft dahingehend besinnen, dass Mutter Erde und der Herr-Gott sicher ein und das selbe sind!

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Für all jene, die ein Interesse haben, mit ortskundigen Höhlenführern einmal diese Region zu bewandern und Höhlen zu begehen, nun noch folgende Kontaktinformationen:

Clubul Speologilor "PROTEUS" Hunedoara

http://proteushd.freehosting.net

proteushd@hotmail.com

oder telefonisch unter:

Báicoaná Marinas ... 0040 / 254 729030

Breban Radu ... 0040 / 254 729119 oder 0040 / 740 113654

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Zum Höhlenverzeichnis: Sureanu-Gebirge

Karte zur Region: http://www.karpatenwilli.com/retezatk.jpg


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